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Buchbesprechung – Alfa Romeo Giulia

Eines der bekanntesten Modelle der italienischen Marke Alfa Romeo ist ohne Frage die Giulia. Als Nachfolgerin der sehr erfolgreichen Giulietta trat sie bei Erscheinen im Jahr 1962 aber ein schweres Erbe an. Die sportliche Limousine weckte mit einer recht kantigen Form erste Schritte in modernes, aerodynamisch ausgefeiltes Automobildesign. Die dagegen fast schon barocken Formen der Giulietta waren hingegen nicht mehr zeitgemäß. Ein Buch aus dem Heel Verlag blickt auf das wichtige Modell von Alfa Romeo, welches inzwischen auch einen modernen Nachfolger gefunden hat.

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Das Buch vermittelt bei ersten Betrachten ein durchaus soliden Eindruck und kommt im relativ großen Format daher, zudem wird es von einem Schutzumschlag umhüllt. Geschrieben wurde das Buch von italienischen Autor Lorenzo Ardizio und der Verlag Giorgio Nada Editore brachte das Buch im Original im Jahr 2012 auf den Markt – passend zum 50 jährigen Jubiläum der Giulia. Der deutsche Heel Verlag adaptierte das Buch in die deutsche Sprache durch Mark Oliver Pohl und veröffentlichte es schließlich im Jahr 2013. Durch die große Beliebtheit der sportlichen Limousine auch in Deutschland eine sicher sehr gut Wahl. Das Buch startet schließlich mit einem kurzen Vorwort des Autors und das erste Kapitel bietet eine Einleitung mit einem Rückblick auf die Tradition der sportlichen Limousinen von Alfa Romeo. Hier zeigt das Buch schon einige großartige Abbildungen, unter anderem aus altem Prospektmaterial. Der direkte Vorgänger der Giulia war die Giulietta und dieses nach dem zweiten Weltkrieg durchaus wegweisendes Automobil wird in einem weiteren Kapitel kurz vorgestellt.

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Schließlich beginnt der Blick auf die Entwicklung der Giulia und hier zeigt das Buch einige seltene Fotos von diversen Designstudien und Prototypen. Die offizielle Vorstellung erfolgte schließlich am 27. Juni 1962 bei einer Präsentation auf der Rennstrecke von Monza. Tiefer ins Detail der einzelnen Komponenten der Giulia blicken dann noch die folgenden Kapitel. So war bei der Entwicklung der Karosserie auch die passive Sicherheit ein wichtiges Thema und erstmalig wurden auch klar definierte Knautschzonen berücksichtigt. Weitere Aspekte der Sicherheit wie eine mehrteilige Lenksäule oder die Berücksichtigung von Sicherheitsgurten wurden ebenso berücksichtigt. Mit diesen Aspekten warb Alfa Romeo und die alten Anzeigen bleiben dem Leser nicht verborgen. Wichtig für eine sportliche Limousine ist ohne Frage auch das aerodynamische Design. Und obwohl die Giulia auf dem ersten Blick eher kantig und wenig aerodynamisch wirkt ist die Wahrheit eine andere. Durch die ausgefeilte Entwicklung und auch die schon gewonnenen Kenntnisse mit dem sogenannten Kammheck war das Ergebnis durch und durch beeindruckend. Wieder finden sich viele alte Aufnahmen in Buch und der Text bietet unter Zuhilfenahme direkter Zitate von beteiligten Personen und auch zeitgenössischen Berichten der Presse ein gut recherchierte Basis. Im nächsten Kapitel folgt auch der Blick in den Innenraum und zeigt unter anderen den Aufbau des Armaturenbretts.

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Die Technik bleibt dem Leser keinesfalls verborgen und das Buch blickt ins Besondere auf das Fahrwerk und die Motoren. Aber auch das Getriebe und die anfangs noch verwendeten aufwendigen Trommelbremsen werden vorgestellt. Durch die Einführung der Scheibenbremsen wurde die Trommelbremsen allerdings schnell durch solche mit Scheiben ersetzt. Einer der wenige Kritikpunkte der Presse war damit abgehakt, obwohl die Leistung der speziellen Trommelbremse durchaus beeindruckend war. Die aufwendige Entwicklung zur Serienreife zeigt ein weiteres Kapitel auf in dem die vielschichtigen Aspekte gut beleuchtet werden. Neben zahlreichen Fahrtests stehen auch Belastungstest einzelner Komponenten auf dem Plan. Mit speziellen Simulatoren wird zum Beispiel die Belastbarkeit der Sitze getestet und auch das Öffnen und Schließen der Türen wird aufwendig simuliert. Die Tests mit extremen Temperaturen wirken da schon fast obligatorisch. Einen Blick in die damaligen Produktion erhält der Leser ebenso und wird mit viel Bildmaterial in die damals neue Fabrik in Arese entführt. Dabei liefert der Text weitere Information zur Produktion.

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Das die Giulia nach ihrer Vorstellung im Jahr 1962 ständig weiterentwickelt wurde zeigt das Kapitel „Die Familie wächst“. Das Buch blickt hierbei lediglich auf die Limousine, die Coupé- und die Spider-Versionen werden später erwähnt. Für das Coupé empfiehlt sich das Buch Der Bertone ebenfalls aus dem Heel-Verlag. Eine Beschränkung auf die Limousine macht durchaus Sinn und sorgt für eine bessere Übersichtlichkeit. Ziel von Alfa Romeo war seit jeher die Nutzung der Giulia im Motorsport und bereits 1963 war das Homologationsmodell Giulia TI Super verfügbar. Gegenüber dem normalen TI konnten 90 kg Gewicht eingespart werden und die Leistung des Motors konnte gleichfalls um 20 PS gesteigert werden. Eine beeindruckende Sportlimousine die heute ein gesuchtes Modell darstellt. Die Modellpalette nach unten erweitert wurde schließlich durch den 1300 der ab 1964 verfügbar war. Das erste Modell leistete lediglich 80 PS und war wenig beliebt. Im Jahr 1966 kam dann der 1300 TI auf den Markt, der mit 85 PS und Fünfganggetriebe schon eher dem Geschmack einer günstige Giulia-Variante entsprach. Die letzte Ausbaustufe des 1300 stellte schließlich die 1970 präsentierte Giulia 1300 Super dar. Bereits im Jahr 1965 wurde auf dem Turnier Autosalon die Giulia Super mit 1,6 Liter Hubraum und 98 PS vorgestellt. Statt den Motor des TI zu optimieren baute Alfa Romeo eine gedrosselte Variante des Doppelvergaser-Motors aus der Giulia Sprint GT in die Limousine ein und sorgte somit für ein besonders agiles Automobil. Der Nachfolger der mit einem Vergaser ausgestatteten Giulia TI stellte hingegen die Giulia 1600 S von 1969 dar. Nach zehnjähriger Bauzeit stehen die Nachfolger der Giulia mit der Berlina und dem Alfetta in den Startlöchern und Alfa Romeo strafft das Angebot der Giulia auf zwei Versionen. Die nun benannten Super 1.3 und Super 1.6 werden bereits nach zwei Jahren von den Giulia Nuova abgelöst. Die Modernisierung der Karosserie nutzte Alfa Romeo um den Namenszusatz Nuova zu etablieren. Die Technik blieb hingegen unverändert. Mit dem Super Diesel zog aber auch noch eine Dieselvariante in die Modellpalette ein, mit nur 6.573 hergestellten Exemplaren war ihr aber kein Erfolg vergönnt. Das Buch zeigt so alle Versionen der Limousine und bietet wichtige Informationen und tolle Abbildungen zu jedem Derivat.

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Das Buch hat aber noch einiges mehr zu bieten und zeigt auch einige Spezialversionen der Giulia. Neben dem Umbau zum Kombi Giardinetta der durch externen Firmen erfolgte, wurde unter anderem auch ein Pickup für den Einsatz in Südafrika umgesetzt. Für den Besuch des italienischen Staatspräsidenten Giuseppe Saragat im Werk in Arese wurden zwei Giulia durch den Karosseriebetrieb Colli in offene Versionen namens torpedo umgebaut. Auf eine Initiative des Inhabers der Automobilzeitschrift Quattroruote entstand mit dem Gran Sport Quattroruote eine Roadster-Nachbildung die an die 30er Jahre erinnerte. Für den harten Behördeneinsatz war die Giulia auch ein beliebtes Modell und das Buch stellt die notwendigen Umbaumaßnahmen vor.
Auch die Einsätze der Limousine im Motorsport kann der Leser nachverfolgen und mit abermals tollen historischen Bildmaterial wird diese Kapitel geschmückt. Die Ableger der Giulia werden in einem weiteren Kapitel ebenfalls kurz vorgestellt wie die Erben Alfetta und Giulietta.
Für alle die eine Giulia besitzen oder nun mit dem Gedanken spielen sich ein Modell anzuschaffen ist das Kapitel „Grosse Inspektion“ sehr wertvoll. Hier zeigt das Buch alle zu beachtenden Details auf, bei denen die Giulia das ein oder andere Problem offenbaren könnte. Dann folgen noch die technischen Daten der einzelnen Modelle der Giulia Limousine, ergänzt um Produktionszahlen und dem damaligen Preis in Lire. Zum Abschluss wird noch das Registro Italiano Alfa Romeo vorgestellt und die Fahrgestell- und Motornummern aufgeführt.

Fazit: Eine Monografie die zurückblickt auf eines der wichtigsten Modelle von Alfa Romeo. Die konsequente Ausrichtung auf die Limousine zeigt die aus der Modellreihe heute vermutlich am wenigsten beachtete Limousine in einer beeindruckenden Tiefe. Durch viele historische Aufnahmen wird der damalige Zeitgeist zudem perfekt wiedergegeben und im Text liefern einige Zitate und auch Blicke auf damalige Testberichte einen tollen Rahmen. Der Leser erfährt von der hochkomplexen Entwicklung und auch der ständigen Weiterentwicklung. Auch die wichtigen Einsätze im Motorsport bleiben nicht verborgen, ebenso wie ein Blick auf die Vorläufer und Nachfolger der Giulia. Eine durch und durch runde Umsetzung einer Modellmonografie.
Technisch lassen sich bei Druck und Bindung keine großartigen Schnitzer erkennen. Der Druckpuder ist bisweilen aber recht deutlich spürbar. Alles in allem aber eine solide Umsetzung.
Das Buch ist für Fans der Giulia eine absolute Pflichtlektüre, die zudem mit 24,99€ ein günstiges Angebot darstellen. Im deutschsprachigen Raum stellt dies Buch das Standardwerk zur Alfa Romeo Giulia dar!

Bibliografie:
Titel: Alfa Romeo Giulia
Autor: Lorenzo Ardizio
Umfang: 128 Seiten, ca. 280 Abbildungen
Format: 248 x 277 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 2013
Preis: 24,99 €
ISBN-Nr.: 978-3-86852-695-0
Bestellbar beim Verlag unter: www.heel-verlag.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Alfa Romeo, Marco Rassfeld