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Buch – Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke

Porsche ist heute ein hochangesehenes Unternehmen, welches für seine lange Tradition im Bereich Sportwagenbau weltweit bekannt ist. Doch mit SUV und Limousine umfasst das Modellangebot heute noch mehr als nur Sportwagen und so blieb Porsche auch erfolgreich. Die Anfänge von Porsche als Konstruktionsbüro liegen schon lange zurück und es dauerte einige Jahre, bis das erste Automobil mit dem eigenen Namen verwirklicht werden sollte. In einer Studie blickt Wolfram Pyta in einem Buch aus dem Siedler Verlag zurück …

Das Buch ist wie ein klassischer Roman umgesetzt und macht schon auf den ersten Eindruck deutlich, dass es sich um einen sehr textreichen Titel handelt. Der Autor ist anerkannter Historiker und Professor am historische Institut der Universität Stuttgart und hat schon einige Bücher geschrieben. Diese waren ohne automobilen Hintergrund, sondern blickten vor allen auf die Zeitgeschichte zurück. In der Einleitung stellt das Buch dann gleich vier zentrale Themen heraus, welche in der Geschichte der Firma Porsche seit ihrer Gründung im Jahr 1931 bis zum Tod des Gründers Ferdinand Porsche sehr prägend waren. So beeindruckt die technische Vielfalt, welche das Konstruktionsbüro bediente und dabei besonders wichtig war die Konstruktion und auch der Einsatz von Rennwagen für den Motorsport. Die politische Lage kann in dieser schwierigen Zeit natürlich keinesfalls außer Acht gelassen werden und bildet auch einen wichtigen Faktor, den Porsche musste sich der prekären Lage stellen. Die vierte Aspekt ist die Tradition als Familienunternehmen, welches immer die Intention von Ferdinand Porsche war und auf die er stets achtete. So wird klar, welchen Ansatz das Buch verfolgt, nämlich die einzige Wahrheit über den Aufstieg von Porsche dem Leser nahezubringen. Dazu hatte Pyra auch die Unterstützung der Porsche AG, welche die Forschungen unterstütze und Zugriff auf die Archive gewährte.

Kapitel 1 steht dann unter der Überschrift Wagemutiger Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit und blickt auch auf den bisherigen Werdegang von Ferdinand Porsche, bevor er sich selbstständig machte. Für Porsche war die Gründung eines Unternehmens aber keine von langer Hand geplanter Schritt, sondern war mehr eine Tat der Verzweiflung. Denn in seinen bisherigen Stellen in großen Unternehmen auf einer leitenden, technischen Position fühlte er sich sicher und konnte seine Konstuktionsgabe ausleben. Immer wieder wurde er aber auch mit Menschen konfrontiert, denen es um die Erzielung eines möglichst hohe Profits ging und bei denen gleichzeitig der Anspruch auf technische Feinheiten nicht besonders ausgeprägt war. Doch Porsche wollte seinen Unabhängigkeit und so wagte er nach prägenden Zeiten bei Austro-Daimler in Wien und der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Stuttgart den Schritt in die Unabhängigkeit. Auch die erste schwierigen Schritte der neuen Firma werden beschrieben, denn nach nur etwas mehr als zwei Jahren stand Porsche fast vor dem Untergang.
Vom Ende der Durststrecke und Durchbruch berichtet dann das zweite Kapitel. Der 17. März 1933 war der Tag, an dem die Auto Union die Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH beauftragte einen Rennwagen zu konstruieren. Dies war ein Auftrag nachdem sich Porsche gesehnt hatte, denn um auf der Rennstrecke gewinnen zu können war zumeist das Beste gerade gut genug. So erhielt Porsche viele technische Freiheiten und mit Adolf Rosenberg war sogar ein ehemaliger Rennfahrer der kaufmännischer Direktor seiner Gesellschaft. Er unterstützte die Porsche GmbH zudem mit finanziellen Mitteln ein ums andere mal und konnte bei der neuen Aufgabe mit seiner Erfahrung einiges beisteuern.
MIt Auto Union in die Erfolgsspur ist dann die kommende Entwicklung, welche im nächsten Kapitel die Basis bildet. Der P-Wagen, wie er zunächst genannt wurde eroberte die Rennstrecken der Welt und Porsche war zumeist zugegen. Viele hing vom erfolgreichen Abschneiden des ungewöhnlichen konstruierten Wagens ab. Bei Erfolg konnte sich Porsche mit einem ersten Meisterstück feiern lassen. Erste Anerkennung erhielt er aber schon durch die Platzierung des Motors zwischen den Achsen und durch die Tatsache, das ein V16-Motor verbaut wurde. Die größte Konkurrenz war Porsche’s ehemaliger Arbeitgeber, die Daimler AG. Entscheidend für den Erfolg war auch die Zuwendung der Nationalsozialisten, die neben Daimler nun auch der Auto Union Mittel zur Entwicklung zur Verfügung stellten.
Die Gesellschaftliche Entwicklung und Aufgabeprofil des Konstruktionsbüros von 1933 bis 1939 ist dann schon das nunmehr vierte Kapitel. Hier wird unter anderem das Patentrecht vorgestellt, welches durch geschickte Platzierung ein erträgliches Geschäft sein konnte. Denn durch entsprechende Lizenz-Gebühren waren Patente auch für Porsche eine wichtige Grundlage.

Kapitel 5 verdeutlicht dann das Streben von Ferdinand Porsche, dass Unternehmen immer in Familienhand halten zu wollen. Familienunternehmen pur – das Hinausdrängen von familienexterner Gesellschafter steht als Kapiteltitel schon selbstsagend dafür. Es gab in der Geschichte immer wichtige Personen, die in hohen Positionen bei Porsche tätig waren, aber allen gemein ist der spätere Abgang. So war der schon angesprochenen Adolf Rosenberg vor allem durch seine persönlichen, finanziellen Möglichkeiten ein wichtiger Gönner der ersten Stunde. Auch die Tatsache, dass er Jude war zwang Porsche mehr oder weniger dazu sich von ihm zu trennen. Die politische Lage spitzte sich mehr und mehr zu und man sah sich auch um des Wohles Rosenbergs dazu gezwungen.
Eine alte Verbindung von Porsche zu Daimler sollte nach dem Verlust von Auto Union als Kunde wiederbelebt werden. Dabei waren beide Vereint zur Rekordjagd: Porsche und Daimler-Benz. Ziel war bei den damals überaus beliebten und international angesehenen Rekordfahrten die Bestmarke zu erreichen und so war auch der politische Hintergrund schnell deutlich. Ausgestattet mit einem Flugzeugmotor sollte der T80 getaufte Rekordwagen echte 650 km/h erreichen. Bis zum Einbruch des Krieges konnte der Wagen aber nicht komplettiert werden und so bleib es beim Wunsch.
Porsche war gleichzeitig in vielen Projekten aktiv und setzte bei ganz unterschiedlichen Gebieten seine Fähigkeiten ein. Die Geschichte von Porsche und der Volkswagen war eine der langwierigsten und gleichzeitig wichtigsten in der Entwicklung der Firma. Der Ansatz einen einfachen Wagen für das Volk zu konstruieren ist dabei keinesfalls einfach und verlangte Porsche einiges ab. Hierbei kam es zu einigen Unstimmigkeiten zwischen den etablierten Herstellern, die sich natürlich auch dazu berufen fühlten einen solchen Wagen zu konstruieren. So galt es sich immer wieder auf unterschiedlichsten Ebenen zu beweisen und nicht nur das technische Know How zu bestätigen. Der hieraus entstandene Volkswagen wurde zur wichtigen Basis des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg und brachte Porsche bis heute hohe Anerkennung ein.
Die Ansprüche an das Konstruktionsbüro wurden immer umfassender und so zeichnet das Kapitel 8 die Strategische Erweiterung des Unternehmens zu einem Entwicklungsbetrieb die erforderlichen Schritte nach. Gerade der Auftrag für den Volkswagen machte diese Entwicklung unausweichlich, sind doch die ersten Exemplare noch in der Familienvilla gebaut worden.

Der zweite Weltkrieg sorgte dann auch bei Porsche dafür, dass die Produktion nun nach anderen Bedürfnissen angepasst werden musste. Ultramobilität im Gelände: Kübel- und Schwimmwagen als Erfolgsmodell lautet dann der Titel vom Kapitel 9. Bei der Entwicklung des Volkswagens wurde schon darauf geachtet, dass sich das Fahrzeug auch zu militärischen Zwecken einsetzen ließe. Das erste Modell was diesen Anforderungen entsprach war der Typ 62, gemeinhin bekannt als Kübelwagen. Trotz fehlenden Allradantriebs konnte dieser auch im Gelände gut eingesetzt werden und seine Evolution war der Typ 82, der mit erhöhter Bodenfreiheit die Möglichkeiten im Gelände nochmals verbessern konnte. Eine weitere Entwicklung stellte der Typ 128 dar, der als Schwimmwagen seinem Namen entsprechenden Fähigkeiten besaß. Als Typ 166 wurde der Schwimmwagen dann ebenfalls weiter verfeinert und von diesem konnten knapp 15.000 Exemplare produziert werden. Die Vielfältigkeit der Volkswagen-Konstruktion brachte im Krieg für die deutschen Truppen einige Vorteile und Porsche hatte sein Ansehen hierdurch abermals deutlich gesteigert.
Die Nachfrage nach Rüstungsgütern wurde immer mehr und so wurde Porsche auch bei der Konstruktion von Panzer mit einbezogen. Dabei konnte man auf diesem Gebiet keinerlei Erfahrung aufweisen und begab sich auf komplett neues Terrain. Dies findet sich im folgenden Kapitel wieder und hier ist der Titel erneut sehr vielsagend: „Untauglich“ – Porsche und die Panzerkampfwagenkonstruktion. Man legte dabei in erste Linie aber großen Wert auf die Unterkonsruktion und den oberen Aufbau mit der eigentlichen Kanone überließ man Spezialisten. Der erste Versuch wurde als Leopard tituliert und konnte aber keinen echten Stich machen gegen die Konkurrenz von Henschel. Dann konstruierte man den Tiger, der in drei Varianten erprobt werden sollte. Zum Schluss wurde hier aber auch die Konkurrenz bevorzugt und der Tiger wurde zum Ferdinand umkonstruiert, der nun entgegen der bisherigen Ansätze ein Defensiv-Panzer war und durch seine hohe Feuerkraft angreifende Panzer abfangen konnte. Die Weiterentwicklung trug den Namen Elefant, während die letzte Porsche-Panzer-Konstuktion den niedlichen Namen Maus erhielt. Dabei war er einer der bisher größten Panzer überhaupt ein großer Erfolg wurde er aber auch nicht.
Die Vielseitigkeit von Porsche zeigte sich bei der Komplettierung des Portfolios – Porsche und die Entwicklung von Landmaschinen. Kapitel 11 blickt auf die Entwicklung erster Landmaschinen zur Entlastung der Bauern, die natürlich wiedermal von deutschen Staat gefördert wurde und die Eigenversorgung sicher stellen sollte. Bei der Konstruktion war aus diesem Grund unbedingt darauf zu achten, dass die Maschinen zuverlässig waren und zudem nur geringe Anschaffungskosten verursachten. Doch im Laufe der Zeit wurde das Anforderungsprofil auf Grund der Vorkommnisse im Krieg immer wieder aktualisiert und musste angepasst werden. Nach dem Krieg wurde der Typ 113 schließlich in Lizenz von Allgaier produziert.

Kapitel 12 steht dann unter dem Motto Die Politik holt das Unternehmen ein – Porsche im Zweiten Weltkrieg. Hier werden die zahlreichen, unvermeidlichen Verstrickungen mit der Politik darlegt und auch die Position von Porsche zu den relevanten Themen überprüft. Eine für viele Unternehmen schwierige Angelegenheit, denn man konnte sich dem damaligen Regime kaum entziehen und gleichzeitig noch Aufträge und Arbeit zu erhalten. Ein spannendes Kapitel, welches nach so langer Zeit aber keine vollumfänglich Aufklärung mehr betrieben kann. Zum Ende teilte man die Firma zwischen den Erben von Ferdinand Porsche auf und zog die Firmenzentrale in sichere Österreich. Eine wichtige Phase für das Unternehmen in denen sich einige unfassbare Geschichten abspielten, die sich allesamt sehr gut beschrieben im Buch wiederfinden.
Nach dem Krieg war Porsche dann, wie viele andere Unternehmen auch, auf der Suche nach neuen Aufträgen. Da die Firmenzentrale in Zuffenhausen bis auf unbestimmte Zeit von den amerikanischen Besatzer genutzt wurde agierte man fortan aus Österreich hinaus. Ein französischer Volkswagen? – Chancen und Risiken des Neuanfangs nach 1945, so die Kapitelüberschrift über dem nun schon vorletzten Kapitel. Durch Mittelsmänner erfuhr Porsche von Interesse der Franzosen an dem Volkswagen. So arrangierte man ein Treffen und wirklich war der französische Staat sehr von der Leistung Porsches beim Volkswagen angetan und suchte nach einer eigenen Lösung. Hierbei zog man auch in Betracht die Dienste von Porsche zu nutzen um den inzwischen verstaatlichten Renault-Konzern bei der Konstruktion eines kleinen, erschwinglichen Fahrzeugs zu helfen. Für Porsche endete diese Beziehung durch die Anstiftung der französischen Konkurrenz im Gewahrsam, gemeinsam mit seinem Schwiegersohn. Erst durch eine Kaution kamen beide nach geraumer Zeit frei und der inzwischen deutlich gealterte Ferdinand Porsche war gesundheitlich schon angeschlagen.
Das letzte Kapitel blickt dann auch die Entwicklungen bis zum Bau des ersten Porsche, der auf Basis des Volkswagens den langersehnten Sportwagen mit eigenem Namen darstellen sollte. Hierbei wurde zwar immer wieder auf die Künste von Ferdinand Porsche verwiesen, aber wirklich großen Einfluss hatte er bei diesem Modell nicht mehr. Vielmehr hat sich sein Sohn Ferry durch die Emanzipation von Übervater diese Lorbeeren verdient. Mit viele Schwung und großen Willen setzte er den langen Wunsch des Vaters um und konnte ein Fahrzeug mit dem Namen Porsche vorstellen. So war bei seinem Tod im Januar 1951 das Unternehmen nicht mehr Existenz gefährdet, denn sein Sohn hatte das Ruder bis dahin schon fest in seinen Händen.
Es folgt noch ein Resümee und Ausblick, gefolgt von den Danksagungen und den Anmerkungen die sich schon im Anhang befinden dazu. Auch Abkürzungen, ein umfassendes Quell- und Literaturverzeichnis und ein Personenregister finden sich noch wieder.

Fazit: Das Buch ist keinesfalls ein klassisches Automobil-Buch in dem es viele tolle Bilder zu entdecken gibt und die Fahrzeuge beschrieben werden. Vielmehr ist das Buch eine Reise auf den Spuren der Geschichte der Firma Porsche in ihren Anfangsjahren. Dabei werden alle Aspekte aus diversen Bereichen berücksichtigt und somit ergibt sich ein kompetent recherchiertes Bild, bei dem auch sowohl die Tief- als auch die Höhepunkte gleichermaßen berücksichtigt werden. Schonungslos werden auch die Bereiche des Zweiten Weltkriegs aufgearbeitet die Zwangsarbeit oder die Verfolgung des Juden betreffen. Deutlich wird der Grundgedanke von Porsche, der mit seinem Schritt zu Eigenständigkeit sich lossagte von ihm überstellten Entscheidern, die seine Kreativität ein ums andere Mal einschränkten, loszusagen. Das Risiko war groß und gerade die Anfänge auch sehr schwierig, die ersten kaum zu sehenden Vorbereitungen zum Zweiten Weltkrieg brachten Porsche wichtige Aufträge ein und sorgten zudem für eine erstaunlich hohe Vielfalt. So standen nicht nur Zivilfahrzeuge im Mittelpunkt, sondern auch hiervon abgeleitet Militärversionen, dazu sogar noch Panzer und auch Landmaschinen. Alle Aufgaben wurden mit viel Hingabe von Porsche angegangen und wurden mit hohem Aufwand realisiert, unter dem Kopf eines großen Unternehmens wäre dies sicher in diesem Ausmaß nicht möglich gewesen. Das Buch enthält viel Text, kann aber durch einen lockeren Schreibstil zum Lesegenuss beitragen.
Für 28 Euro gibt es den vermutlich einmaligen Rückblick auf die Anfänge von Porsche bis zu dem Zeitpunkt des Todes vom Firmengründer und nimmt den Leser auf textlich herausragende Art und Weise mit in die Vergangenheit. Für Fans der Marke, die auch die Historie verstehen und nachvollziehen wollen ist das Buch eine unverzichtbare Lektüre.

Bibliografie:
Titel: Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke
Autoren: Wolfram Pyta, Nils Havemann, Jutta Braun
Umfang: 512 Seiten, 14 s/w Abbildungen
Format: 150 x 227 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 09/2017
Preis: 28,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-8275-0100-4
Bestellbar beim Verlag unter: www.randomhouse.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Porsche, Marco Rassfeld