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Buch – Porsche 911R

Der österreichisch/deutsche Verlag TAG Books ist bekannt für sehr hochwertig Bücher und setzt nicht auf Quantität, sondern vielmehr auf Qualität. Nun ist das mittlerweile fünfte Buch erschienen und diese handelt erneut von einem bestimmten Porsche-Modell. Der 911R ist ein schon in der Ur-Version des Porsche 911 erhältlicher, besonders schneller Porsche. Eine Neuauflage erschien in limitierter Auflage im Jahr 2016, dass Konzept war dabei so begeisternd, dass der Wagen extrem schnell ausverkauft war.

Das Buch ist auf dem ersten Blick ein echtes Highlight und kommt in einem edlen Schuber daher. Dieser präsentiert sich in einer passenden Farbkombination und kombiniert einen silbernen Leinenbezug mit grünen Streifen. Es gibt auch eine englische Variante des Buches, dieses verfügt dann über rote Streifen. Beide Farbkombination waren für den Porsche 911 R von 2016 offiziell erhältlich. Das Buch selbst ist im Format groß ausgelegt und punktet weiter mit einer ungewöhnlichen Aufmachung. So wird hier Leder mit einem Hahnentritt-Muster kombiniert und durch die Doppelnaht scheint das Buch wie ein Original-Sitz aus dem Fahrzeug. Dazu rundet ein Schriftzug in Silber den eigentlichen Titel des Buches ab, eine wirklich aufwendige und schöne Optik, die auf einen tollen Inhalt hoffen lässt. Auch beim ersten Aufschlagen zeigt sich, dass das Buch mit viel Hingabe umgesetzt wurde. Schon der Vorsatz wurde in einem passendes Grünton gewählt und ein Aufkleber mit Hologramm zeigt die einmalige Nummerierung des Buches an. Die deutsche Version ist auf 991 Exemplare limitiert, während die englische Edition auf 1.500 Exemplare kommt. Nach Danksagungen und Impressum folgt schließlich das Vorwort der Autoren, in dem diese darlegen warum die Wahl auf den exotischen 911 R fiel. Hier findet sich auf der gegenüberliegenden Seite auch schon das erste Bild eines aktuellen 911 R wieder und beim folgenden Inhaltsverzeichnis sind dann schon beide Varianten des 911 R zu entdecken.

Das erste Kapitel startet dann mit einem Blick auf den ersten 911 R aus dem Jahr 1967 und beleuchtet zunächst die damaligen Verhältnisse. Der Porsche 911 hatte erst vor kurzem den 356 abgelöst und sollte durch ein Einsatz im Motorsport für die Kunden attraktiver werden. So gab es unterschiedlichste Überlegungen bei Porsche wie man den neuen 911 im Motorsport einsetzen konnte. Hierzu findet der Leser auch die damaligen Renn-Gruppen der FIA wieder und auch die dazu notwendigen, hergestellten Exemplare zur Homologation. Eine wichtige Rolle im Rennsport nahm auch der Porsche 904 ein, der als letzter Porsche sowohl auf der Rennstrecke, als auch auf der Straße gefahren werden konnte. Der folgende Porsche 906 war dann schon ein reines Rennfahrzeug und hob das Niveau noch mehr. Durch die Entwicklung und den Bau dieser beiden Fahrzeugen war Porsche sehr gut ausgelastet und hatte keine Ressourcen mehr frei um auch dem 911 ernsthaft das Rennen beizubringen. Bei der Rallye Monte Carlo im Jahr 1965 hatte dann aber trotzdem der Porsche 911 seine Motorsport-Premiere. Hier kam es aber vor allem auf das Ankommen an, um den neuen Wagen auch in Monte Carlo präsentieren zu können. Dieses gelang auch mit den Fahrern Herbert Linge und Peter Falk. 1966 war dann für interessierte Käufer ein Sport-Kit für den 911 S erhältlich, mit dem der 911 S besser auf den Einsatz im Motorsport vorbereitet war. Dies mündete letztendlich im 911 R, der zunächst als Rallye-Versuchsfahrzeug aufgebaut wurde und durch diverser Anpassungen für seine Bestimmung optimiert wurde. Dies mündete in eine Kleinserie von 20 Exemplaren, die aber von den Käufer nicht wirklich angenommen wurde. Der Verkauf der 911 R gestaltete sich als schwierig und langwierig. Neben dem sehr Informativen Text finden sich im Buch auch viele Bilder wieder, die zumeist historisch sind. Es finden sich zum Ende des Kapitels aber auch tolle, neue Studioaufnahmen eines klassischen 911 R wieder, die auch einen Blick auf viele Details zulassen.

Dann folgt ein Blick auf den Motor des 911 R, oder besser gesagt auf die Motoren. So werden folgenden Motortypen von Porsche beleuchtet: 901/01, 901/02 und 901/20. Dazu wird auch der Achtzylinder Typ 771 und der Typ 916 mit vier Nockenwellen vorgestellt. Als Besonderheiten wird noch die mechanische Benzineinspritzung und die Schmierung genauer beleuchtet. Der Motor 916 wurde im 911 R im Rennen eingesetzt, so kamen 1968 bei der Tour de Corse gleich drei 911 R mit diesem Motor zum Einsatz. In der Kleinserie war der Einsatz des 901/22-Motors geplant, die bis auf einen Ausnahme auch vermutlich so ausgestattet wurde. Da der Verkauf sich schwierig gestaltete und über eineinhalb Jahre hinzog wurde nachweislich ein 911 R auch mit einem Motor des 911 S mit Sport-Kit ausgeliefert.
Die Werkseinsätze mit den klassischen 911 R sind dann die Basis zum dritten Kapitel und dies blickt zurück auf die wichtigsten Rennen, in denen der Porsche antrat. Eine Übersicht liefert zu Beginn gleich einen Blick auf die fünfzehn Veranstaltungen, die von 1967 bis 1969 in Angriff genommen wurden. Seinen ersten Gesamtsieg holte der 911 R beim Marathon de la Route 1967. Besonders erfolgreich war Gérard Larrousse am Steuer des 911 R und gewann beeindruckende drei Veranstaltungen im Jahr 1969, wobei er nur bei vier antrat und beim Rennen Stuttgart Lyon Charbonnieres wegen einem Motorwechsel disqualifiziert wurde. Neben Aufnahmen der einzelnen Rennen finden sich auch einige Karten im Buch wieder, welche den jeweiligen Streckenverlauf darstellen.
Einen nicht geplanten Einsatz hatte der 911 R dann noch bei einer Weltrekord-Fahrt im Jahr 1967. Hier wollten die Schweizer Dieter Spoerry und Rico Steinemann einige Langstrecken-Weltrekorde brechen und setzten dabei auf ihren Porsche 906. Als Strecke musste man mangels Alternativen das Hochgeschwindigkiets-Oval in Monza nehmen. Dessen Strecken war aber nicht mehr im besten Zustand und so stieß auch der 906 an seine Grenzen und musste den Rekordversuch nach nicht einmal 24 Stunden abbrechen. Als Alternative machte man bei Porsche schnell den 911 R aus und schickte zwei Exemplare direkt nach Italien. Trotz der nicht so hohen Leistungsfähigkeit gegenüber dem 906 brach man schließlich fünf Weltrekorde und dazu auch noch 11 internationale Rekorde. Ein voller Erfolg für Porsche, den Sponsor BP und den schweizer Rennfahrern.
Das Buch zeigt dann auch noch einiges über die Dokumentation des 911 R. So werden die Betriebsanleitung, die Ersatzteilliste und weitere, Porsche-interne Dokumente abgebildet. Somit ist die Betrachtung des klassischen 911 R abgeschlossen.

Der erst zweite 911 R in der langen Geschichte des Porsche 911 kam dann, für viele überraschend, im Jahr 2016 auf den Markt. Die Generation 991 wurde auf der IAA im Jahr 2011 zum ersten Mal in Form des Carrera und Carrera S präsentiert. Nach und nach wurden weitere Modelle vorgestellt und neben dem Targa und Turbo waren auch die sportlichen Ableger GT3 und GT3 RS geplant. Auf den 911 R trifft dies allerdings nicht zu. Der GT3 wurde zum entscheidenen Modell zur Entwicklung des 911 R, denn zum ersten Mal war in dem sportlichen Ableger des 911 kein manuelles Getriebe mehr verfügbar. Stattdessen war der GT3 mit einem Doppel-Kupplungsgetriebe ausgestattet worden und auch als Option konnten die Käufer kein manuelles Getriebe erwerben. Während der Phase der Entwicklung des GT3, in der noch nicht feststand mit welchen Getriebe das Modell ausgerüstet werden würde, entstand ein Versuchsträger mit einem manuellen Getriebe. Dieser Versuchsträger wurde nach der Entwicklung des GT3 nicht vergessen und wurde von den Ingenieuren weiter verfeinert. So verzichtete man bewusst auf Spoiler und reduzierte nach und nach auch das Gewicht. Dies alles geschah ohne echten Auftrag und die Bewährungsprobe für den 911 R sollte im Juni 2014 folgen. Der Wagen wurde dem Vorstand vorgestellt und in dieser Zeit war auch Walter Röhrl bei Porsche. Andreas Preuninger stellte Röhrl das noch einmalige Modell vor. Dieser war sehr angetan von der Idee und wollte solch einen Wagen unbedingt besitzen. Der Verkauf von Versuchsträgern ist mittlerweile aber aus diversen Gründen unmöglich und schließlich fragte Röhrl nach der Präsentation des GT3 RS nochmals bei Porsche an und setzte so das Projekt vermutlich endgültig mit in Bewegung. Der Bau des 911 R wurde mit einem engen Zeitplan verknüpft und besprochen. Besondere Aufmerksamkeit galt hierbei der Aerodynamik, der manuellen Schaltung, dem Einmassenschwungrad und dem Fahrspass.
Das Buch wirft dann einen sehr genauen Blick auf viele Teile des 911 R und zunächst steht die Karosserie im Fokus. Hier wird die hochinteressante Entwicklung der einzelnen Teile dargelegt und es folgt auch ein genauer Blick auf das Interieur, die Farben und weitere zahlreichen exklusive Bestandteile des 911 R. Als Besonderheit finden sich in diesem Kapitel auch zwei Folienseiten wieder, die den Blick unter die Karosserie freigeben und den Leser dann auf das Fahrwerk und den Antreibsstrang blicken lassen.

Das Buch ist hiermit noch lange nicht am Ende angelangt und fährt fort mit der umfangreichen Betrachtung des 911 R der Baureihe 991 von Porsche. So folgen einzelnen Kapitel zur Aerodynamik, zum Antrieb, zum Fahrwerk und auch zu den Ausstattungen. Hier geht der Titel dann auch auf die Anforderungen einzelner Märkte ein und blickt zudem auf die Farbgebung aller 911 R. Entgegen der eigentlichen Idee möglichst wenig Fahren anzubieten wurden doch noch Sonderwünsche möglich und so entstanden viele einmalige und individuelle Porsche 911 R. Neben des Serienfarben Weiß und GT-Silbermetalllic waren auch Racing Gelb, Lava Orange und Schwarz erhältlich. Wem diese Auswahl nicht ausreichte konnte gegen einen nicht kleinen Aufpreis eine individuelle Farben wählen und so entstanden weiter 38 Farbgebungen die sich auch auf einer beeindruckenden Übersicht zeigen. Auch weitere Bilder zeigen dann die einmaligen 911 R und ebenso wie beim klassischen 911 R zeigt das Buch auch noch beeindruckende neue Studio-Aufnahmen eines 911 R mit vielen Details.
Ein Blick in die Fertigung und auf die PR & Presse-Events folgt dann noch, ehe das Buch einen Überblick über alle 911 R bietet. Zu jedem einzelnen der 991 Exemplare findet der Leser die Fahrgestellnummer, das Land, die Farbe, die Innenausstattung, die Felgen, die Scheinwerfer, die Sitze, das Schwungrad und den Hinweis aus Rechts- oder Linkslenker. Dazu gibt es auch noch die technischen Daten beider Modelle und ein Anhang, in dem noch die Drucksachen und weitere Sonderheiten vorgestellt werden.

Fazit: Nach dem Muster des Carrera RS-Buches liefert der TAG Verlag erneut ein extrem umfangreiches Buch zu nur einem Modell ab. Der 911 R stellt in der Geschichte des Porsche 911 eine Ausnahme dar und verdient damit ohne Frage ein solches Werk. Das dabei mit viel Hingabe an der Erstellung des Buches gearbeitet wurde, lässt sich an vielen Stellen entdecken. Sei es die einmalige und erstklassige Aufmachung mit besonderem Einband und Schuber oder die exzellenten Studio-Aufnahmen im Buch, die beide 911 R mit vielen Details dem Leser wirklich näher bringen. Der Text liefert dazu eine absolut umfassende Betrachtung der Modelle und allen wichtigen Eigenheiten sowie die entscheidenden Ereignisse in der Entstehung und der Geschichte der Modelle. Auch die technische Betrachtung ist über jeden Zweifel erhaben und wird sicher jeden Leser zufriedenstellen. Das es dabei zu einigen Wiederholungen im Verlauf des Buches kommt ist nachzuvollziehen, da sicher kaum jemand das Buch am Stück lesen wird, sondern eher als Nachschlagewerk nutzen wird. Ein durch und durch gelungenes Standardwerk, welches auch technisch sehr gut umgesetzt wurde.
Der hohe Preis von 387 Euro macht das Buch zwar nicht zum Schnäppchen, aber die Limitierung auf 991 nummerierte Exemplare für die deutsche Edition und die schon beschriebene Aufmachung sorgen beim Leser sicher für ein wenig für Verständnis. Die Besitzer und auch viele Fans des 911 R werden sicher zuschlagen und sich dieses besondere Buch in Regal stellen. Eine Wertsteigerung ist wie bei 911 R auch bei Buch keinesfalls ausgeschlossen.

Bibliografie:
Titel: Porsche 911R
Autoren: Christoph Mäder, Georg Konradsheim und Thomas Gruber
Umfang: 384 Seiten, über 500 Bilder und Illustrationen, 135 Abbildungen historischer Dokumente
Format: 260 x 299 mm
Bindung: gebunden mit Schuber
Auflage: 11/2017
Preis: 387,– €
ISBN-Nr.: 978-3-9818419-4-7
Bestellbar beim Verlag unter: www.tag-motorbooks.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: T.A.G. Motor Books, Porsche, Marco Rassfeld