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Buch – Porsche 993

25 Years – 1994 – 2019 – schon im vergangenen Jahr konnte der letzte, luftgekühlter Porsche 911 sein Jubiläum feiern. Und schon im Dezember 2019 erschien hierzu ein passendes Buch bei Berlin Motor Books. Der Verlag hat sich den aufwendigen und hochpreisigen Bücher rund um das beliebte Thema Porsche verschrieben und veröffentlicht immer wieder interessante Titel. Mit dem Buch über den 993 können wir hier auch erstmals einen Titel aus dem Verlagsprogramm hier vorstellen. Man darf also durchaus gespannt sein …

Der Schuber zeigt sich glanzvoll mit 993, Ferry Porsche und Wendelin Wiedeking.

Das Buch ist im breiten Hochformat umgesetzt und kann schon beim ersten Anblick für Aufmerksamkeit sorgen. Denn neben der reinen Stärke des Buches kann auch der glänzende Schuber überzeugen. Neben der stilvollen Darstellung einer seitlichen Silhouette des 993 finden sich im Hintergrund Ferry Porsche und Wendelin Wiedeking wieder. Der eine als alter Hase der Porsche-Dynastie, der noch die Vorstellung des 993 erleben konnte und der Andere als neuer Porsche-Chef, der den dringend notwendigen Umbruch bei Porsche mitzuverantworten hatte. Dazu findet sich noch der Schriftzug Porsche und 993 in der markeneigenen Typografie wieder und auch der Untertitel ist neben dem Verlagslogo noch zu entdecken. Dies alles findet sich auf einem gediegenen Grünton wieder, der auch vom eigentlichen Buch genutzt wird. Ein runder, kleiner Sticker weißt auf die Nummer der Limitierung hin, denn das Buch ist in einer Auflage von 1.998 Exemplaren produziert worden. Auf der Rückseite des Schubers findet sich dann noch der Klappentext wieder, welcher auf die Berücksichtigung der beteiligten Personen bei der damaligen Entwicklung des 993 hinweist. Zudem wird auch die Zusammenarbeit mit dem historischen Archiv von Porsche erwähnt, denn diese ermöglichte die Möglichkeit noch unveröffentlichte Aufnahmen aus der Entwicklung des 993 zu berücksichtigen. Das Buch selbst ist dann betont schlicht umgesetzt und nutzt eine rein weiße Typo auf einem grünen Bezug. Auf Bilder oder gar Text wird hier augenscheinlich bewusst verzichtet.

Einige Designskizzen werden großflächig im Buch abgebildet und runden die Erzählungen der Prozesse ab.

Nach dem Aufschlagen findet man auch gleich einen Grund für die Menge der Limitierung des Buches, denn dieses ist Ferry Porsche gewidmet, der am 27. März 1998 verstarb. Am selben Tag endete auch die Produktion des letzten luftgekühlten Porsche 911, ein Zufall der eigentlich unmöglich erscheint, Schließlich schuf Ferry Porsche nach dem zweiten Weltkrieg mit dem 356 den ersten Porsche überhaupt. Der 901 bzw. wenig später der 911 waren der Nachfolger des 356, wenn auch in einer höheren Klasse angesiedelt. Das dann folgende Inhaltsverzeichnis legt die Einteilung in vier Kapitel offen, wobei diese mit unterschiedlichsten Unterkapiteln umgesetzt wurden.
Einen kleinen Vorgeschmack auf den Inhalt des Buches liefert dann schon das Vorwort, welches auf die besonderen Umstände bei der Entstehung des 993 ebenso blickt wie auf einige Highlights aus der Modellpalette. Das gesamte Buch ist in Deutsch und Englisch umgesetzt, wobei das Vorwort sich vollkommen losgekoppelt auf zwei unterschiedlichen Doppelseiten des Buches befinden. Im weiteren Verlauf des Buches werden die Sprachen parallel in zwei Spalten umgesetzt, wobei sich neben dem schwarzen, deutsche Text der blaue, englische Text befindet. So kann sich der Leser optisch schnell orientieren und auch sämtliche Bildunterschriften wurden in diesem Farbschema realisiert, Durch die zwei Spalten im Haupt-Text wird zudem sichergestellt, dass sich die gleichen Information auf einer Seite befinden und so auch die Bilder passend platziert werden konnten.

Die einzelnen Carrera-Modelle werden je Modelljahr und deren Anpssungen vorgestellt.

Ehe nun das erste Kapitel startet, folgen zwei doppelseitige Bilder, die auf das Leben von Ferry Porsche zurückblicken. Zu Einem eine Aufnahmen aus dem Jahr 1964 bei er sich mit seinem Sohn den noch neuen Porsche 901 bzw. 911 von unten betrachtet. Zum Anderen folgt ein Blick auf seinen 85. Geburtstag mit zwei Cabriolets des 993 Carrera, Beide Aufnahme zeugen von der langen Zeit und tiefen Verbundenheit von Ferry Porsche mit der Firma, welche auch trotz des gewollten Rückzugs aus dem unmittelbaren Einflussbereich, immer ein großer Teil seines Lebens war.
Der erste Blick auf einen neue Generation des 911 wagte Porsche mit der Studie Panamericana, die im Jahr 1989 auf der IAA präsentiert wurde. Die radikale Umsetzung des selbstbewusst auftretenden Modells zeigte nämlich schon einige Details, die es später tatsächlich in die Serie schaffen sollte. Dieses Einzelstück bekam Ferry Porsche zu seinem 80. Geburtstag geschenkt, war allerdings nicht wirklich überzeugt von dem Designer-Stück.
1989 folgte auch der Entwicklungsstart des neuen Porsche 911, der unter dem Einfluss von Dr. Ulrich Bez und Harm Lagaay stand. Beide kamen vom BMW und waren dort unter anderem auch für den extremen Z1 verantwortlich. Es folgt ein Interview mit dem Designer des 993, Tony Hatter das viele hautnahe Eindrucke aus der Entwicklung des 993 wiedergibt. So war die Modernisierung der seit 1964 produzierten Modellreihe zwingend erforderlich, aber andere Projekte wie der viertürige 989 genossen offiziell höhere Priorität. Dies ließ wiederum eine ruhige Arbeiten am Modell zu und war sicher mitverantwortlich für die besonders gelungenen Linien des 993. Immer wieder finden sich auch im vollen Format platzierte Zeichnungen und Bilder von Designstudien im Buch wieder und lassen einen wirklichen tiefen Blick zu. Auch eine optische sehr gelungen Zeichnung eines möglichen Speedster findet sich hier wieder und sicher kann hier jeder noch etwas Neues entdecken.

Der GT2 war als Homologationsbasis ein wichtiger Bestandteil der 993-Modellreihe und
stellte die sportliche Spitze dar.

Die technische Entwicklung erfolgte unter dem Projektleiter Bernd Kahnau, der sich im folgenden, nicht minder interessanten Interview an diese Zeit zurückerinnert. Auch hier bekommt man ungefilterte Eindrücke aus erster Hand und das Buch kann abermals mit einer gelungenen Bebilderung glänzen. Hier lassen sich unter anderem auch Prototypen auf geheimer Testfahrt entdecken. Um den nicht zu verachtenden Einfluss des Projekts 989 auf den 993 zu unterstreichen, blickt das Buch auch hier noch intensiv auf die mögliche Modellangebots-Erweiterung von Porsche. Mit hohem finanziellen Aufwand wurde an diesem Modell gearbeitet und einige technischen Entwicklungen fanden später auch im 993 ihre Anwendung. Dies war auch notwendig, denn die Firma Porsche stand durch unterschiedliche Einflüsse mit dem Rücken zur Wand und benötigte dringend erfolgreiche Modelle. Umso wichtiger war nach des Einstellung des Projektes 989 der Erfolg des neuen 911 – tatsächlich hin von seinem Erfolg die Zukunft von Porsche ab. Ein weiteres Interview mit Markus Kulla, der am Design des 989 beteiligt war liefert wieder tiefe Einblicke. Hier lässt sich auch ein Mercedes-Benz W124 wiederfinden, in dem Porsche die Technik des neuen Porsche erprobte. Auch die Studie des Boxster, der 1993 auf der Detroit Motorshow präsentiert wurde findet sich hier noch wieder.
Dann folgt schließlich die Vorstellung des Modelljahres 1994, bei Porsche auch als R-Programm geführt. Zunächst finden sich alle Informationen zum 911 Carrera Coupé und 911 Carrera Cabriolet wieder, die einzig verfügbaren Varianten zum Start. Schon ein Jahr später wurde das Angebot erweitert um den RS und ein weiteres Jahr später um den Targa. Jede Anpassung je Modelljahr wird akribisch aufgeführt und schließlich kam 1997 noch der 911 Carrera S dazu. Im Anschluss wird jedes dieser Modell auch noch einzeln vorgestellt und mit tollem Bildmaterial präsentiert. Auch eine Überblick der Preisentwicklung in den letzten Jahren und die technischen Daten lassen sich hier auch noch entdecken.

Auch die unterschiedlichen Motorsport-Varianten vom Einstiegs-Cup-Porsche
bis zum GT2 Evo finden sich im Buch wieder.

Besondere Highlights der zweiradangetriebenen 993 sind fraglos der Targa mit einer komplett neuen Dachkonstruktion, der sportliche RS und der kompromisslose RS Clubsport, welcher auch gesondert vorgestellt wird. Unikate kann man zudem auch noch entdecken, denn sowohl der Speedster für F.A. Porsche und der einmillionste Porsche überhaupt finden sich noch wieder. Letzterer wurde der Polizei übergeben und kam hier bei der Autobahnpolizei im Raum Stuttgart zum Einsatz. Schließlich folgt zum Abschluss des umfangreichen ersten Kapitels noch eine Kaufberatung für die heckangetriebenen Modelle, welche die Stärken und Schwächen der 993 offenbart.
Mit Allradantrieb aus der Krise ging es für Porsche dann mit dem erweiterten Modellangebot in Form des Carrera 4, der ebenfalls als Coupé und Cabriolet erhältlich war. Hier erfährt der Leser auch den hohen Aufwand den Porsche zum Optimieren der Produktion betreib. So kamen japanische Spezialisten zum Einsatz, die schon die Produktion von Toyota mit dem Kaizen-Prinzip perfektioniert hatten. So wurde die Produktivität schnell erhöht und die klammen Kassen von Porsche konnten sich erstaunlich schnell wieder füllen. Eine hohe Verantwortung hat hier fraglos Wendelin Wiedeking, der im Jahr 1993 als Vorstandschef das Ruder übernahm und rumriss. Beim Carrera 4 gesellte sich schon zum Modelljahr 1996 der 911 Carrera 4 S zum Modellprogramm und fand durch seine breite Turbo-Karosserie schnell viele Käufer.
Das Buch widmet sich natürlich auch noch der höchsten Ausbaustufe des 993, dem Turbo. Nachdem man von Super-Turbo, der schon als 965 in der Entwicklung war absah war der Turbo ab 1995 erhältlich setzte sich mit 408 PS schon deutlich von den Basis-Modellen ab. Eine Übersicht nach Modelljahren wie bei der Carrera-Modellen findet sich hier zwar nicht wieder, aber dafür sind alle Information in der Vorstellung der einzelnen Varianten wiederzufinden. Neben dem Turbo zählt hierzu auch der GT2, der extrastarke Turbo S, die wenigen realisierten Turbo Cabriolets und das 2018 realisierte Project Gold.
Im letzten Kapitel finden sich dann auch noch alle Motorsport-Derivate des 933 wieder, die auf den Rennstrecken der Welt in unterschiedlichsten Klassen die Porsche-Fahne erfolgreich hochhalten konnten.

Fazit: Schon jetzt zählt der 993 als letzter, luftgekühlter Porsche 911 zu den besonders begehrten Modellen aus der langen Historie der Porsche-Ikone. Das Buch klärt umfassend über alle Modelle des Modellreihe auf und berücksichtigt dabei auch die wenigen Sondermodelle wie den Speedster oder das Project Gold, der den 993 im Jahr 2018 wiederaufleben ließ. Neben den gut geschriebenen und höchst informativen Texten können dazu auch viele Bilder überzeugen, die auch bisher unveröffentlichte Aufnahmen des 993 zeigen. Dabei gibt es auch einen Blick auf die Designskizzen oder einige Prototypen welche bei der Erprobung des 993 zum Einsatz kamen. Auch wichtige, parallele Projekt wie der viertürige 989 finden sich im Buch wieder und ermöglicht den Leser so auch eine Beurteilung der Gesamtlage von Porsche.
Der Preis von knapp unter 100 Euro ist für die hochwertige Umsetzung fair und kaum ein anderer Titel aus dem reichen Angebot der Porsche-Bücher kümmert sich so intensiv um den 993. Zurecht hat das Buch einen Ehrenpreis bei den Motorworld Buchpreis in der Kategorie Markenbuch erhalten. Für echte Fans des 993 ist dieses Buch eine unverzichtbare Lektüre und zu jeder Porsche-Sammlung gehört es so oder so.

Bibliografie:
Titel: Porsche 993 – 25 YEARS 1994 – 2019
Autoren: Andreas Gabriel, Thomas Nehlert
Umfang: 360 Seiten, über 200 Abbildungen (meist farbig)
Format: 265 x 305 mm
Bindung: gebunden im Schuber
Auflage: 12/2019
Preis: 99,80 €
ISBN: 978-3-9814592-6-5
Bestellbar beim Verlag unter: www.berlinmotorbooks.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Berlin Motor Books, Porsche AG, Marco Rassfeld