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Buchbesprechung – Mercedes-Benz W123

An Jahresanfang feierte Mercedes-Benz den 40. Jahrestag der Weltpremiere der Baureihe 123, einem Vorläufer der heutigen E-Klasse. Bei der damaligen Präsentation in Frankreich im Januar 1976 erhielten Vertreter der Presse vorab die Möglichkeit die Limousinen der Baureihe zu er-fahren. Gleich 33 Fahrzeuge standen zur Verfügung und wurden vorher mit einem Sonderzug nach Frankreich gebracht. Der Aufwand wurde belohnt und auch durch ein positives Echo wurde die Baureihe zum Bestseller. Bis zur endgültigen Einstellung der Produktion im Jahr 1986 wurden knapp 2,7 Millionen Fahrzeuge hergestellt. Ein brandneues Buch aus dem Delius Klasing Verlag blickt auf die Baureihe 123.

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Das Buch stammt im Original aus dem Englischen und erschien im Herbst 2015 im Veloce Verlag. Autor Brian Long ist sicher auch kein Unbekannter mehr, bereits vier seiner Bücher wurden hier schon vorgestellt. So ist auch die Aufmachung des Buches bekannt und das übliche fast quadratische Format findet ihre Anwendung. Aufgemacht mit einem Schutzumschlag präsentiert sich der Titel von außen sehr ansprechend. Nach der Einleitung wirft der Autor zunächst einen Blick auf die Unternehmensgeschichte und bildet hier die wichtigsten Ereignisse bis zum Jahr 1959 ab. Im zweiten Kapitel geht das Buch dann auf die direkten Vorgänger vom W123 ein. Auf der IAA 1959 wurde durch die Präsentation des W111, besser bekannt als „Heckflosse“ eine neue Ära eingeleitet. Die Fahrzeuge waren modern gestaltet und boten eine hohen Sicherheitsstandard. Im Jahr 1961 war der W111 auch als Coupé verfügbar und mit Erscheinen des kleinen W110 waren endgültig alle klassischen Ponton-Mercedes abgelöst worden. Mit dem W112 wurde zugleich auch die höhere Klasse bedient. Eine große Modellpalette die sich immer weiter entwickelte und auch ein Coupé und Cabriolet des W112 standen bald im Angebot. Die große Limousine wurde schon 1965 von neuen W108/W109 abgelöst und durch die Vorstellung des /8 wurden auch die kleineren Baureihen abgelöst und zugleich war der direkte Vorläufer zur Baureihe 123 geboren. Ein Blick auf die Historie des Unternehmens und in speziellen auf die wichtigen Vorgängerbaureihen macht Sinn um auch die Entwicklung nach vollziehen zu können.

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Im dritten Kapitel wirft das Buch dann einen Blick auf die eigentliche Entwicklung des W123. Hier finden sich auch Aufnahmen von Modellen zur Designfindung wieder und das Buch geht auch auf einzelne Punkte ein, über die intern kritisch diskutiert wurde. Auch die wichtigsten Personen, die bei der Erschaffung des W123 beteiligt waren werden genannt und oftmals auch im Bild gezeigt. Die Sicherheit der Automobile wurde immer wichtiger und durch die genialen Einfälle von Béla Barényi wurde eine sehr hoher Standard erreicht. So verfügte der W123 über eine Sicherheitsfahrgastzelle mit definierten Knautschzonen. Beim Interieur sorgte Mercedes-Benz für eine Wohnzimmer-Atmosphäre die bis heute legendär zu sein scheint. Technische Details des Fahrwerks stellt das Buch ebenso vor wie die Motoren und Getriebe. Nach Einführung des W123 war die Fahrzeuge im Übrigen so begehrt das den Werksangehörigen die Wagen in den Seitenstraßen von Untertürkheim und Sindelfingen direkt zu guten Erlösen abgekauft wurden. Durch die hohe Popularität gelang es dem W123 im Jahr 1980 sogar einmal die Zulassungsstatistik vor dem VW Golf anzuführen!
Alle weiteren Details zu den frühen Serienmodellen liefert dann das folgende vierte Kapitel. Hier findet der Leser die Preise der einzelnen Modelle wieder und auch die Ausstattung wird kompetent dargelegt. Auch die damals schon erstaunlich langen Aufpreislisten werden aufgeführt und machten die Konfiguration für den Käufer sicher nicht einfacher. Dazu finden sich auch die Farben und Polster wieder und auch die Ländercodes werden erklärt. Schließlich liefert der Autor auch noch die Urteile der Presse und blickt auf die Märkte in den USA, Großbritannien und auch Australien und Japan. Dazu finden sich einige tolle Abbildungen alter Werbung und ein Blick in die Produktion erhält der Leser ebenfalls auf einigen Bildern. Schließlich geht das Buch auch noch auf die Spezialaufbauten ein, die durch Auslieferung des Modells als Fahrgestell (F123) möglich wurden.

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Die Karosserieform der Limousine war zwar äußerst erfolgreich aber schon im Jahr 1977 präsentierte Mercedes-Benz auf dem Genfer Salon das Coupé C123. Durch nicht zu vernachlässigende Anpassungen wurde ein elegantes Coupé ohne B-Säule auf Basis der Limousine konstruiert. Das Design war sehr elegant und ist direkt mit einem berühmten Namen verbunden – Bruno Sacco. Der Italiener war inzwischen verantwortlich für die Designabteilung und schuf in seiner langen Schaffensphase bei Mercedes-Benz einige wichtige Modelle. Bei C123 war er verantwortlich für die Umsetzung und schuf ein bis heute faszinierendes Coupé. Gerade die fehlende B-Säule und die schwierigen Fensterführung trugen auch zum Erfolg bei. Neben dem Coupé bot Mercedes-Benz ab September 1977 auch Modelle mit verlängertem Radstand an (V123). Er kam vor allem als Taxi oder bei Hotels im Einsatz um bis zu 7 Personen komfortabel zu transportieren. Erstmals wurde mit der Baureihe 123 auch ein Kombi im offiziellen Programm von Mercedes-Benz eingeführt. Der S123 war schlußendlich sogar erfolgreicher als das Coupé, obwohl es intern durchaus Zweifel an der Einführung gab. Für das Design war abermals Bruno Sacco verantwortlich und schuf damit den ersten Lifestyle-Kombi. Die Entwicklungen der Modelljahrgänge von 1978 bis 1982 zeigt das Buch ebenso auf wie die damals schon sehr fortschrittlichen Versuche mit alternativen Antrieben, die in der Baureihe 123 ausprobiert wurden.

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Für den Motorsport war die Baureihe 123 eigentlich ungeeignet, da er durch die massive Konstruktion zu schwer war und zudem über zu wenig Leistung verfügten. Bei den damaligen Langstrecken-Rallyes war aber vor allem das Ankommen die höchste Priorität. Erich Waxenberger wurde zum Leiter des nicht offiziellen Rallyeteams und die FIA homologierte den 280 E schon 1976 als Gruppe 2-Rennwagen. Durch reglementbedingt nur geringe mögliche Änderungen waren die Kosten überschaubar und die Erfolgsaussichten alles andere als schlecht. Seine Premiere im Rennen erlebte der W123 bei der London-Sydney Rallye im Jahr 1977 und beendete diese mit einem beeindruckenden Doppelsieg! 1978 nahm man noch an der Safari-Rallye in Kenia und der Südamerika-Rallye teil. Siege konnte man zwar nicht mehr einfahren aber die Zuverlässigkeit stellte der W123 nachhaltig unter Beweis. In den Folgejahren wurden die Einsätze im Rallyesport immer weniger, denn durch die Fokussierung auf den SLC kam der W123 immer mehr ins Hintertreffen. Ende 1980 wurde die Einsätze im Rallyesport abrupt beendet und Mercedes-Benz zog sich erneut aus dem Rennsport zurück.
Kapitel 7 blickt dann auf die letzte Serie der Baureihe 123 und bringt in gewohnter Form alles Wichtige rund um die Modellentwicklung zu Tage. Hier finden sich auch viele Abbildungen der amerikanischen Ausführungen des 123 und zeigt zudem tolle Werbemotive aus Japan. Die Produktion der Limousine endete im Jahr 1985 nach beeindruckenden 2.389.140 hergestellten Exemplare, dazu wurde noch 8.373 Fahrgestelle ausgeliefert. Das Coupé wurde 99.884 mal hergestellt und die Produktion endete ebenso wie beim 199.517 mal hergestelltem T-Modell im Jahr 1986.

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Das Buch blickt im letzten Kapitel noch auf die sportlichen Interpretation der Veredler sowie auf die deutsche Clubszene und zeigt die Vielfalt der Minirtur-Modelle, die von der Baureihe 123 entstanden. In drei Anhängen finden Statistiker nach Informationen zu Fahrgestellcodes, Motorspezifikationen sowie Fahrgestellnummern und Produktionszahlen.

Fazit: Ein gewohnt gutes Buch bietet der Delius Klasing Verlag durch die Übernahme des englischen Originals aus dem Veloce Verlag. Das Buch bietet alles zum Thema und liefert eine große Menge an interessanten Fotos und Abbildungen. Dazu alle wichtigen Informationen ohne sich zu sehr in der Technik zu verlieren. Durch den Blick auf die Weltmärkte und die entsprechenden Reaktionen in der Presse wird die Entwicklung des Modells perfekt dokumentiert. Das Layout wirkt aber leider ein wenig altbacken und eine Auffrischung würde den Titeln durchaus gut tun.
Technisch ist das Buch sehr gut umgesetzt und bietet ein gutes Papier, einen guten Druck und auch die Bindung ist gut.
Der Preis von 39,90€ ist durchaus angemessen, da das Buch alle wichtigen Informationen zur Baureihe 123 anbietet. Für Fans des Fahrzeugs ist das Buch absolut empfehlenswert und ist eine sichere Investition.

Bibliografie:
Titel: Mercedes-Benz. Die Baureihe W123 von 1976 bis 1986
Autor: Brian Long
Umfang: 192 Seiten, 154 Farbfotos, 112 Schwarz-Weiß-Fotos, 32 farbige Abbildungen, 17 Schwarz-Weiß-Abbildungen
Format: 259 x 255 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 2016
Preis: 39,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-667-10693-3
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Daimler AG, Marco Rassfeld