Ein Buch der Fotografin Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein blickt auf die Motorsportwelt der 50er, 60er und 70er Jahre zurück. Der Untertitel „Gentleman-Racer, Jetset, Rennsport-Adel“ gibt schon einen Hinweis darauf was den Leser des Buches erwartet.
Das Buch zeigt auf dem Titel gleich eine erstklassige Aufnahme von Colin Chapman und Graham Hill, die sich im Rahmen eine Formel 1-Grand Prix unterhalten. Beobachtet von einer jungen Dame im Hintergrund, die augenscheinlich sehr interessiert zuhört. Schon das Titelbild zeigt die hohen Fähigkeiten und das künstlerische Auge der Fotografin. Eine perfekte Gesamtkomposition. Durch die Ausführung des Titels im Format 280 x 297 mm ist glücklicherweise gewährleistet das die Aufnahmen mit einer ausreichenden Größe abgebildet werden können um kLeine Details immer wieder neu entdecken zu können. Zum Start des Buches präsentiert sich ein doppelseitiges Bild der Boxengasse und Zuschauertribühnen beim Großen Preis von Deutschland im Jahr 1951. Auch hier sind unglaublich viele Details zu entdecken und die Szenerie ist begeisternd. Zu jedem Bild liefert das Buch eine kurze, textliche Erläuterung, die jeweils in Deutsch und Englisch ausgeführt ist. Diese älteren Aufnahmen sind dem Alter geschuldet noch in Schwarz-Weiß gehalten, aber die späteren Aufnahmen zeigen dann relativ früh schon Farbe.
So zeigt eins Abbildung eine Szene in der Boxengasse bei Porsche im Jahr 1967. Im Vordergrund der coole Fahrer Jean-Claude Killy im Zwiegespräch mit Huschke von Hanstein. Im Hintergrund lässt sich zudem noch Ferdinand Piëch erkennen, der sich mit einem Porsche-Mechaniker kurzschließt, der mit dem Feldtelefon in Kontakt mit einem Außenposten steht. Ein wiederholtes Beispiel für eine tolle Bildkomposition. Durch die Kontakt in der Adel-Szene zeigen sich auch immer wieder Aufnahmen mit rennfahrenden Fürsten. Mit einer Unfallszene mit einem Käfer nach der Taufe von Erbprinz Albrecht zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein lässt sogar Einblick in das private Erinnerungsalbum der Fürstin zu. Ebenso trifft dies auf ein Bild von Peter Prinz zu Sayn-Wittgenstein zu, der beim Besuch in Monza direkt durch den Zaun mit begeisterndem Blick gen Rennstrecke guckt.
Es folgt ein Prolog aus der Feder von Jürgen Lewandowski, der aufzeigt wie sich die Fürstin schon früh der Fotografie verschrieben hat. Trotz Adelstitel achtete ihr Vater sehr genau auf die Finanzen und predigte so seiner Tochter immer wieder, das Sie drauf achten sollte was sie fotografiert. Schließlich war auch die Entwicklung der Bilder mit hohen Kosten verbunden. So prägte sich die Fürstin ein genau zu überlegen bevor sie den Auslöser drückte und der Vater trug sicher eine Teil dazu bei das die Bildkompositionen so begeistern können. Auch der frühe Tod ihres Mannes musste die Fürstin verkraften und stärkte nachhaltig ihr Selbstbewusstsein.
Schnell geht es nach dem Prolog weiter mit Aufnahmen aus dem Archiv der Fürstin. Zunächst kann der Leser in das Familienalbum blicken und zeigt sowohl die Fürstin mit ihrem Mann als auch die ersten Versuche der Fürstin mit der neuen Kamera im Jahr 1930 Fotos zu erschaffen. Durch die Nähe zum Nürburgring zeigen viele Aufnahmen vom Renngeschehen in der legendären grünen Hölle. Selbst bei geheimen Testfahrten von Mercedes-Benz konnte die Fürstin Fotos machen. Immer wieder zeigt sich neben reinen Rennaufnahmen aber auch das Umfeld und im Besonderen auch die Menschen. So kann die damals vorherrschenden Stimmung mit vermutlich einmaligen Aufnahmen des Publikums eingefangen werden. Viele Fotografien zeigen aber auch die Fahrer im Portrait und die Anspannung und Konzentration vor dem Start. Bemerkenswert ist eine Aufnahme des damals üblichen Stratvorgangs. Hier zeigen sich im unscharfen Hintergrund Mike Hawthron und Stirling Moss im Sprint zu ihren Autos die präsent im Vordergrund platziert sind. Das Folgebild zeigt dann direkt, dass Moss offensichtlich über deutliche bessere Qualitäten beim Sprint oder beim Anlassen des Fahrzeugs verfügt. Beim Sprint noch hinten, nimmt er mit seinem Aston Martin als Erste die Rennbahn in Angriff.
Es folgen Aufnahmen vom privaten Anwesen der Fürstin. Hier waren viele Rennfahrer während der Rennen auf dem Nürburgring untergebracht und so entstand auch eine persönlich Nähe zu den Rennfahrern. Auf diversen Parties könnten die Fahrer in lockerer Atmosphäre die Anspannung offensichtlich vergessen und freuten sich ihres Lebens. Ende der 60er Jahre folgen schließlich die ersten Farbaufnahmen die viele Größen des Rennsports der damaligen Zeit zeigt. Jochen Rindt, Jackie Stewart, Rolf Stommelen, Hans Herrmann, Graham Hill, Ronnie Petersen oder François Cevert zeigen sich hier mit einer tollen Nähe.
Schließlich werden wieder Bilder aus den 50er Jahren präsentiert die spektakuläre Aufnahmen der Rennen in Bern und Spa-Francochamps zeigt. Auch einige private Aufnahmen finden sich hier wieder und zeigen abermals die damalige Stimmung nach.
Die Aufnahmen der 70er Jahre zeigen sich dann fast schon selbstverständlich in Farbe und fangen abermals das Geschehen neben der Rennstrecke in einem tollen Stil ein. Sei es die fesselnde Aufnahme der frisch vermählenten Frau von Niki Lauda oder die Szenen der Startaufstellung beim Grand Prix in Hockenheim oder bein 24 Stunden Rennen in Le Mans. Sie alle zeigen eine hohen künstlerischen Anspruch und können ausnahmslos begeistern. Ein Blick auf die Mille Miglia zeigt dann noch Aufnahmen der Jahre 1952 bis 1955 und blickt auf das legendären Straßenrennen zurück. Zum Schluss bixtet das Buch noch ein Epilog von Peter Prinz zu Sayn-Wittgenstein, dem Sohn der Fürstin.
Fazit: Die Bilder in dem Buch von Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein zeigen einen ungefilterten Blick auf die Szene rund um das gefährliche Renngeschehen der 50er bis 70er Jahre. Die Aufnahmen sind dabei keineswegs in eine bestimmte Schublade zu stecken, sondern zeigen mit unglaublich tollen Bildkompositionen ein oftmals einmaliges Bild. Dabei blocken die Bilder oftmals auch neben die Rennstrecke und lassen Einblicke in die privaten Archive zu. Die Digitalisierung der Bilder erfolgte augenscheinlich mit hohem Qualitätsanspruch und so präsentiert das Buch die Bilder im besten Licht. Dazu liefern die Texte die notwendigen Informationen zu den Bildern und geben über Ort und Menschen kompetente Auskunft.
Technisch ist das Buch zudem sehr gut umgesetzt und lässt keinerlei Fehler im Druck oder bei der Bindung erkennen.
Zum Preis von 39,90€ kann der Leser ein perfektes Coffee Table Buch erwerben, welches eine Reise an die Rennstrecken der Vergangenheit bietet. Mit dem hohem Charme und der erstklassigen Umsetzung der Bilder fühlt man sich in die Zeit zurückversetzt. Eine Empfehlung für alle Motorsportbegeisterten, aber ebenso für die Fotografiebegeisterten!
Bibliografie:
Titel: Stars & Sportscars – Gentlemen-Racer, Jetset, Rennsport-Adel
Autor: Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein
Umfang: 176 Seiten, 47 Farbfotos, 71 Schwarz-Weiß-Fotos
Format: 280 x 297 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 2. Auflage 2015
Preis: 39,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-7688-3871-9
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Marco Rassfeld
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.