Die besten Geschichten aus 70 Jahren auto motor und sport bietet das neuste Sonderheft aus der hochwertigen ams Edition. Hiermit feiert die Motor Presse Stuttgart sein stärkstes und ältestes Zugpferd und gleichzeitig den Ursprung aller Automobilmagazin nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland. Die erste Ausgabe von der damals noch „Das Auto“ genannten Zeitschrift erschien im Dezember 1946. Paul Pietsch, Ernst Troeltsch und Josef Hummel waren damals die Verantwortlichen.
Die Aufmachung der ams Edition zeigt auf den ersten Blick ein großzügig veredeltes Cover und vor allem eine immense Stärke. Mit knapp unter 300 Seiten ist diese Ausgabe die stärkste je erschienende der ams Editon und zeigt auch beim Gewicht von gut 1.000 Gramm Format. Der Leser kann begeisternde Geschichten im Original nachlesen und neu erleben. Eine echte Zeitreise. Nach dem Vorwort der aktuellen Chefredakteure der auto motor und sport, Jens Katemann und Ralph Alex gliedert sich der Inhalt hierarchisch und startet mit der Zeit von 1946 bis 1959. Zu jedem Zeitabschnitt gibt eine kurze Einleitung die zurückblickt auf die wichtigsten Thema der damaligen Epochen. Aus einigen der ersten Ausgaben folgt eine Kollage von kurzen Artikeln, die auch einen Blick auf die Gestaltung der damaligen Zeit zulassen. Der erste Report aus dem Jahr 1949 blickt schließlich in das Autoland USA und der erste Test stellt den Porsche 1.3 Liter ins Rampenlicht. Dieser wurde von Paul Pietsch getestet und beurteilt. In der Nachkriegszeit waren Kleinwagen sehr beliebt und der Report von Werner Oswald aus dem Jahr 1952 blickt auf die deutsche Konkurrenz mit dem Kleinschnittger F125, dem Fulda-Mobil, dem Fend-Flitzer, dem Trippel SK 10 und dem Brütsch L300. Der Kabinenroller KR200 von Messerschmidt wird in einem Test noch intensiver vorgestellt. Ein herrlicher Artikel über Stoßstangen ist aus dem Jahr 1959, ebenso wie die Erfahrungen am Lenkrad der damals aktuellen Rennwagen.
Er folgen die 60er Jahre und nach der Einleitung folgt einer der wohl bekanntesten Artikel aus einer deutschen Automobil-Zeitschrift in dem Fritz B. Busch in einem Essay den Jaguar E-Type beurteilt und Begriffe wie „die Flunder“ und „Whiskey pur“ einbringt. Die Sicherheit bei Rennveranstaltungen war noch nicht erfunden und so musste für den lange Zeit erfolgreichsten deutschen Formel 1-Rennfahrer Wolfgang Graf Berghe von Trips ein Nachruf nach seinem Unfall in Monza verfasst werden. Im umfangreichen Test zeigt sich der Renault 4L und einen interessanten Besuch in der Rennfarbik von Alfa Romeo wird ebenfalls wieder aus der Schatzkammer geholt. Die Nachlieferung des wunderschönen Alfa Romeo 33 Stada zum Test in Stuttgart ist dabei inbegriffen. Mit dem Porsche 904 Carrera GTS steht eine Rennwagen im Test der auch auf der Straße zugelassen war und von dem rennerfahrenen Autor Paul Frère geschrieben wurde.
Die 70er Jahre brachten durch die Ölkrise auch viele negative Schlagzeilen und offenbarten die Abhängigkeit durch das Öl. Der erste Bericht aus dem Jahr 1970 blickt hingegen auf eine Rennsaison im NSU TT mit dem Privatfahrer Werner Schruf. Der Film „Le Mans“ von Steve McQueen war und ist eine aufwendig inszenierte Hommage an den Langstreckenklassiker. Der Film wurde an den Kinokassen kein Erfolg, aber eine Reportage aus dem Jahr 1971 blickt hinter die Kulissen des heute anerkannten Kultstreifens. Ein sehr ungewöhnlichen Bericht über die IAA im Jahr 1973 schrieb Fritz B. Busch und stellt dabei nicht die Automobilen Neuerscheinungen in der Fokus. Unbedingt lesen! Ein weiterer Blick in den Motorsport zeichnet die damaligen Kritikpunkte zur Nordschleife des Nürburgrings nach dem Unfall von Niki Lauda im Ferrari nach. Zum Abschluss stellt sich der Clénet Roadster dem Testurteil von Götz Leyrer, ein erstes Retroautomobil mit vielen Zitaten an vergangene Zeiten und einer hohen Exklusivität.
Die 80er Jahre folgen und zeigen den Weg in die Moderne durch viele Innovationen. Der erste Bericht zeigt die Vorbereitung der ONS-Streckensicherungsstaffel für den Ernstfall an der Rennstrecke. Ein Reisebericht blickt in die Kaffeehäuser in Wien und deren einmalige Atmosphäre. Die legendäre Cobra wird in den 80er Jahren als AC Cobra Mk IV wiedergeboren und wie selbstverständlich lieferte die auto motor und sport auch hierzu Impressionen. Das Thema Reise ist bei der nächsten Reportage ebenfalls Thema und zeigt die Reise von Clauspeter Becker nach. Dieser fuhr mit einem Peugeot 504 nach Togo um ihn dort zu verkaufen. Ein Pionier dessen Idee heute diverser Veranstaltungen erfolgreich nachahmen. Das Albert Uderzo mit neben Asterix und Obelix auch eine intensive Leidenschaft zu Ferrari pflegt, zeigt eine Reportage aus dem Jahr 1983. Die Versuche mit dem Telefon ein Chef der großen Automobil-Hersteller zu erreichen scheiterte zwar, aber die Erlebnisse von Matte Jürgens werden wirklich erstklassig geschildert. Warum ist der Volkswagen Jetta ein Fahrzeug mit einem besondern Reiz? Dieser Frage ging Klaus Westrup im Jahr 1987 nach. Aus dem selben Jahr stammt eine Reportage über einen Chaffeurkurs, ebenso wie der Versuch von Oskar Weber auf der IAA den frisch vorgestellten BMW Z1 direkt auf dem Stand zu erwerben.
Die 90er Jahre machen den Diesel salonfähig und bot natürlich auch noch weitere Highlights. Was Prominente in der Fahrschule und bei der Fahrprüfung erlebte schilderten diese in der auto motor und sport im Jahr 1993. 70 Jahre unfallfreies Fahren brachten Ilse Hamburger im Jahr 1997 einem Platz im Guiness Buch der Rekord ein. Die Autobasare machten immer mehr ihre Aufwartung und wurde schnell beliebte Handelsplätze, wie man im Jahr 1993 auch in der auto motor und sport nachlesen konnte. Trotz deutlich verbesserten Sicherheitsmaßnahmen war der Rennsport immer noch lebensgefährlich und kostete 1994 in Monza mit Roland Ratzenberger und Ayrton Senna gleich zwei Formel 1-Fahrern das Leben. Im Test zeigt der Porsche 911 Turbo von 1995 seine beachtliche Vielseitigkeit. Was Michael Schumacher bei seinen ersten Tagen im Ferrari-Rennstall erlebte zeigt ein Bericht aus dem Jahr 1995. Mit einem Blick auf den Fiat 600 Multipla aus dem Jahr 1956 blickte die auto motor und sport zurück auf ein wichtiges Modell in der italienischen Historie. Was gutes Design darstellt, beurteilten einige der wichtigsten Designer im Jahr 1999 und zeigen dabei durchaus ungewöhnliche Ansichten. Gerade die Mode des damals aktuellen Retro-Design wird kontrovers diskutiert.
Der letzte Zeitabschnitt fast die Jahr ab 2000 bis 2016 zusammen und zeigt die jüngsten, beachtenswerten Geschichten. Zum 50 jährigen Jubiläum der Formel 1 brachte auto motor und sport die letzten drei überlebenden Starter des ersten Grand Prix wieder mit ihren Fahrzeugen zusammen. Wie erfolgreich das Fotografieren von Unfallszene sein kann, merkte der Schweizer Arnold Obermatt mit der Veröffentlichung seiner Aufnahmen in einem Fotoband. 2004 stieg Bernd Ostmann in den Mercedes-Benz W196 der fünfzig Jahre zuvor sein viel beachtetes Debüt feierte. Der Nachwuchs der Automobil-Begeisterten ist durchaus da, wie ein Bericht aus dem Jahr 2005 bewiesen hat. In der Reise-Sparte nahm Jens Katemann im Jahr 2006 mit einem Chrysler 300 C Finnland ins Visier und René Oma durfte 2008 in einem Jaguar E-Type die Straßen von Südafrika erleben. Henning Busse fuhr schließlich noch mit einem BMW X6 im Jahr 2009 durch Texas. Auf dem Nürburgring entführte Jörn Thomas einen Mini Clubman Cooper SD mit passendem Trailer von Cowley und mit tollem Impressionen trauert Bernd Stegemann dem extravaganten Citroën C6 hinterher. Auf eine klassischen Mercedes-Benz in Form des 450 SEL 6.9 blickt die auto motor und sport im Jahr 2013 und zeigte im selben Jahr die verrückten Seifenkisten bei einem Festival. Der BMW M235i musste sein Können auf der Speedwaybahn unter Beweis stellen und 7 Fakten zur Autobahn lieferte eine Reportage im Jahr 2014. Ein Rückblick auf die vergangenen Reisen mit dem Automobil bietet das Essay von Sebastian Renz, ehe mit dem Honda Mean Mower auch der schnellste Rasenmäher gefahren wurde. Ein Ausflug mit dem Fiat Panda Cross zeigt dessen Stärken auf und wie sich der Navigator bei einer Wüstenrallye fühlt schildert Claus Mühlberger. Den eigenständigen Bau einer Straße in Schottland durch Callum MacLeod bildet eine Reportage nach und die besonderen Reize eine Nachtfahrt schildert ein weiteres Essay. Den Schlusspunkt bildet die Fahrt in einem Rolls-Royce Phantom Drophead Coupé durch die Wege auf dem Wiener Zentralfriedhof.
Fazit: Eine Schatzkiste mit vielen tollen Geschichten einer der erfolgreichsten deutsche Autozeitschriften. Die Auswahl der Artikel ist gelungen und zeigt eine gute Mischung aus diversen Themen und spiegelt den damaligen Zeitgeist wieder. Für 11,90€ kann der Käufer ein Stück Geschichte des Automobiljournalismus erwerben, und viel Zeit beim Schmökern und Lesen verbringen. Das einige Artikel bereits in vorherigen ams Editon erschienen sind ist lediglich ein kleiner faden Beigeschmack. Zugreifen und genießen!
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Motor Presse Stuttgart, Marco Rassfeld
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