Der deutsche Rennfahrer Jochen Mass war von 1968 bis 1991 in vielen unterschiedlichen Rennklassen aktiv. Hierbei war er einer der erfolgreichsten deutschen Fahrer zu jener Zeit und bislang gab es noch kein umfassendes Buch zu seinem Rennfahrerleben. Diese Lücke sollt mit dem neuen Buch aus dem VIEW Verlag geschlossen werden …
Das Buch wirkt gleich auf den ersten Blick recht stattlich und lässt die Erwartung auf eine umfangreiche Aufarbeitung hoffen. Dazu ein klassische Format in der Höhe ein wenig kleiner als DIN A4, dies gibt die Möglichkeit auch Bilder großformatig zu platzieren, ohne dabei die Handlichkeit zu beeinflussen. Stilvoll ist auch das gewählte Titelbild von Jochen Mass in schwarz-weiß sowie sehr reduzierter Schrift. Das Inhaltsverzeichnis zeigt schon eine Übersicht der Vielseitigkeit von Jochen Mass in dem vielen verschiedene Rennteams auftauchen. Das Vorwort liefert dann Sydne Mass, die Ihre Erinnerungen an das Aufwachsen mit einem Rennfahrer schildert. Dann startet schließlich das Buch mit dem Blick auf die Kindheit und Jugend von Jochen Mass. Aufgewachsen in der Nachkriegszeit hatte Mass es keinesfalls leicht und musste wie viel andere auch zu dieser Zeit mit einigen Einschränkungen leben. Sein Vater starb schon früh und trotzdem bekam Mass die Leidenschaften für die Pferde als auch für die Seefahrt augenscheinlich vom Vater vererbt. So beendete Mass mit 17 vorzeitig die Schule um nach zweijähriger Kadettenzeit auf einem Segelschulschiff auf dem Schiff Ahrensburg als Schiffsjunge anzuheuern. Er sammelte aber auch früh Erfahrungen mit Autos und schien diese schnell zu beherrschen, so war die Zeit in der Fahrschule besonders kurz, ehe er seinen Führerschein erhielt. Nach drei Jahren auf See hatte Mass genug von der sich nicht einstellenden Seefahrer-Romantik und begann bei Alfa-Hähn eine Lehre zum Mechaniker. Dies nicht ganz ohne Hintergedanken, den Hähn setzte auch einige Autos im Rennsport ein. Inzwischen war Mass durch einen Besuch Eberbacher Bergrennen mit dem Gedanken eine Rennfahrerkarriere anzustreben infiziert worden.
Schon in diesem ersten Kapitel wird die Verwendung von vielen historischen Bildern deutlich und immer wieder sind auch Zitate von Jochen Mass zu finden, die auf seine persönliche Art die Vergangenheit reflektieren. Zudem liefert das Buch noch einen Kurzüberblick über die Ergebnisse in den einzelnen Jahren abseits der Rennstrecke. Hier werden auch die Formel 1- und Sportwagen-Weltmeister aufgeführt. Das zweite Kapitel blickt dann auf die ersten Rennen mit Alfa Romeo zurück. Im Jahr 1968 fuhr Mass sein erstes Rennen und diese Premiere feierte er beim Eberbacher Bergrennen im April. Am Steuer einer Giulia Super konnte er sich aber nicht qualifizieren, ebenso wenige beim zweiten Rennen, der Wasgau-Bergprüfung. Aber der erste Sieg gelang ihn gleichfalls noch im selben Jahr. Beim 2. ADAC Flugplatzrennen in Ulm-Laupheim gewann er seine Klasse auf einem Alfa Romeo GTA. Seinen endgültigen Durchbruch hatte Mass dann im Jahr 1969 in dem er bei stattlichen 27 Rennen teilnahm und nur bei sechs Veranstaltungen nicht auf dem Treppchen landen konnte.
So kam es im folgenden Jahr zu Einsätzen im Werksteam von Ford. Rennleiter Jochen Neerpasch hat Mass die Aufgabe der Bergrennen-Europameisterschaft zukommen lassen. Diese konnte er im Gegensatz zu seinen Kollegen in der Tourenwagen-Europameisterschaft gut lösen und war am Ende der Saison Vize-Europameister hinter Ernst Furtmayr im BMW 2800 CS. Im nächsten Jahr durfte Mass dann auch auf der Rundstrecke mit dem Capri antreten und beendete die Saison als Meister in der Deutschen Rundstrecken-Meisterschaft. Auch bei der südafrikanischen Springbok Serie trat er an und wurde Vizemeister hinter John Love. Im nächsten Jahr wurde Mass mit dem Capri dann sogar Tourenwagen-Europameister und krönte sich endgültig zum veritablen Rennfahrer. Sein letzten Renneinsatz für das Ford-Werksteam erfolgte bei dem 1.000 km von Kyalami und abermals beendete Mass das Rennen als Sieger. In diesem Kapitel werden lediglich die Einsätze mit Ford thematisiert, aber Jochen Mass setzte sich schon ab 1971 auch das ein oder andere Mal hinter ein Lenkrad eines Monoposto.
Das nächste Kapitel zeigt dann auf die erste Schritte mit den Monoposto und Mass Einsätze in der Formel Super Vau, Formel 3 und Formel 2. Alles weitere der Jahre 1972 bis 1974 bietet dann noch das nächste Kapitel unter der Überschrift Randgeschichten. Im Jahr 1973 folgte im Team von Rennlegende John Surtees der Einstieg in die Formel 1 zunächst über weitere Einsätze in der Formel 2. Die Rennwagen boten leider nicht die notwendige Performance um sich in der Spitzengruppe zu behaupten, aber schon bald sollte Mass seine Chance bekommen. Das Buch macht aber erst noch einen Abstecher auf See und zeigt die immer noch tiefe Verbundenheit von Jochen Mass zur Seefahrt. Hier lassen sich tolle Anekdoten abseits der Rennstrecke entdecken, die sicher bei den Lesern das ein oder andere Schmunzeln hervorrufen. Dann folgt schließlich die Zeit in der Jochen Mass Rennen für das Team McLaren bestritt. Ohne Frage ein absoluter Höhepunkt in seiner langen Karriere. Sein erster Start für das Team von Teddy Mayer erfolgt bei Kanada Grand Prix in Mosport im September 1974. Im Jahr 1975 fuhr Mass an der Seite von Emerson Fittipaldi nun in einem echten Top-Team und gleich bei zweiten Rennen in Brasilien konnte er sich über einen dritten Platz freuen. Zwei Rennen später in Spanien gelang ihm sogar sein erster Sieg in der Formel 1. Das Rennen wurde aber überschattet von einem schweren Unfall von Rolf Stommelen. Jochen Mass war in einer Zeit aktiv, in der die Diskussion um die Sicherheit der Fahrer immer wieder diskutiert wurde und leider auch noch ihre Opfer forderte. Auch diese Seite lässt das Buch nicht aus und blickt entsprechend zurück. Im weiteren Verlauf der Saison wurde Mass noch zweimal Dritter, erreichte aber auch fünfmal das Ziel nicht. So endete die Saison mit dem achten Platz in der Fahrerwertung, während Fittipaldi hinter Lauda Vize-Weltmeister geworden war. In den beiden folgenden Jahren war James Hunt der Teamkollege von Mass und gleich in seinem ersten Jahr konnte er Formel 1-Weltmeister werden. Mass wurde dabei das ein und andere Mal vom Pech verfolgt und konnte die Saison nur auf dem neuen Platz beenden. Für das Jahr 1977 war somit die Hackordnung im Team McLaren dann klar und Mass war hinter Hunt nur die Nummer 2. Er erreichte in der Endabrechnung aber trotzdem einen sechsten Platz, was gleichzeitig sein bestes Ergebnis werden sollte.
Die Randgeschichten von 1975 bis 1977 erzählen dann wieder die kleineren Einsätze in denen Mass unter anderem beim Gelo-Racing-Team einen Mirage GR7 und im Willi Kauhsen Racing Team einen Alfa Romeo 33 TT 12 bewegen konnte und seine erste Erfahrung im Langstreckensport sammelte. 1978 folgt dann das nächste Kapitel in der Formel 1-Karriere von Mass. Er trat im ATS-Team von Günter Schmid an, konnte aber an die Platzierung mit den McLaren nicht heranreichen. Hierzu ist im Buch auch ein zeitgenössisches Interview mit Jochen Mass zu finden, in dem die unglückliche Lage erläutert wird. Die Episode ATS war für Mass schon nach einem Jahr beendet und es folgten Einsätze für das Arrows-Team, welcher sich aus dem insolventen Shadow-Team begründete. Unter anderen der legendäre Konstrukteur Tony Southgate war mit an Bord, nur eine von vielen Personen die Mass hoffen ließ. Dazu konnten Sponsorgelder der Brauerei Warstein gewonnen werden. Aber leider blieben auch hier die erhofften Platzierungen aus und Mass kehrte der Formel 1 zunächst den Rücken. Im Jahr 1982 kehrte er aber wieder zurück und trat im RAM Racing Team an, die in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit March und dem Sponsor Rothmans antraten. Das Team war nicht in der Lage Mass ein siegfähiges Auto zu stellen und so blieb der siebte Platz in den USA seine beste Platzierung. Dazu kam zwei schrecklich Vorkommnisse die Mass zum Rücktritt nach dem Rennen in Frankreich führten. Beim Training zum Großen Preis von Belgien in Zolder kam es zwischen Mass und dem Ferrari-Piloten Gilles Villeneuve zu einem Missverständnis in dessen Folge Villeneuve schwer verunglückte und wenig später verstarb. Bei Frankreich Grand Prix hatte dann Mass selbst einen schweren Unfall der aber glimpflich für ihn ausging. Es sollte aber sein letztes Rennen in der Formel 1 sein.
Auch die Rennwagen von Porsche spielen in der Vita von Mass eine wichtige Rolle. So fuhr er gemeinsam mit Jacky Ickx im Jahr 1976 in der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Beide fuhren in acht gemeinsamen Rennen erstaunliche sechs Siege ein und waren damit ein wichtiger Bestandteil des Porsche-Teams zum Sieg der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Eine Fahrer-Weltmeisterschaft gab es erst ab der Saison 1981. Porsche hatte mit dem 935 und dem 936 zwei herausragende Rennwagen entwickelt, gegen die die Gegner kaum eine Chance hatten. Auch 1977 und 1978 konnte Mass seinen Teil zur jeweiligen Titelverteidigung für Porsche beitragen. 1981 trat er dann im Joest-Team in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft und anderen Rennserien mit diversen Porsche-Modellen an. So bewegte er in diesem Jahr fünf unterschiedliche Modelle aus Zuffenhausen und konnte fünf Siege feiern. Als die Gruppe C iim Jahr 1982 die Gruppe 6 ablöste, war Mass auch mit dem Porsche 956 und dem Rothmans-Team Teil davon. Er wurde dann auch Ziehvater der größten deutschen Rennfahrerhoffung – Stefan Bellof. Bis 1987 war er Fahrer im Porsche-Werksteam und an vielen Erfolgen beteiligt. 1988 zeigte er dann sein Können im Indy-Porsche wurde aber nicht für Renneinsätze verpflichtet.
Stattdessen kam er bei Sauber Mercedes unter, die mit immer größerer Unterstützung durch die Stuttgarter in die Gruppe C einstiegen. Hier konnte er sogar 1989 das legendäre 24 Stunden Rennen in Le Mans gemeinsam mit Manuel Reuter und Stanley Dickens gewinnen. Dieses Rennen bestritt Mass in seiner langen Karriere gleich elfmal, obwohl er keinen Hehl daraus machte das er da Rennen rund um die Uhr nicht gerade mochte. Im Junior-Team von Mercedes wurde er dann abermals Ziehvater und kümmerte sich um Karl Wendlinger, Michael Schmacher und Heinz-Harald Frentzen. Alle Piloten landeten später in der Formel 1 …
In den weiteren Randgeschichten blickt das Buch auf die Einsätze vom Mass bei der Rallye Dakar, die Überquerung des Atlantik in einem Ballon und einem weiteren Einsatz in Le Mans. Dann folgen zum Abschluss noch einen Blick auf die Tätigkeiten als Markenbotschafter für Mercedes, zeigt die Inspiration, Quellen und Dank des Autors zum Buch und eine Übersicht über aller Rennergebnisse von Jochen Mass von 1968 bis 2009.
Fazit: Ein Buch, welches dem erfolgreichsten deutschen Formel 1-Fahrer der 70er Jahre absolut würdig ist. Es zeigt alle Einsätze in vielen Rennklassen und damit gleichzeitig die Vielseitigkeit von Jochen Mass. Garniert mit einer Vielzahl von historischen Bildern und vielen Zitaten zeichnet das Buch ein direktes und ehrliches Bild des Rennfahrers. Erfreulicherweise finden sich auch immer wieder großformatige Abbildungen und die Fans von heute historischen Rennwagen werden ihre Freude haben. Genauso zeigen die Bilder aber auch immer wieder Mass und sein Umfeld und leisten damit einen weiteren Beitrag um eine hohe Authentizität zu erreichen. Der Text ist sauber geschrieben und lässt sich gut lesen, ab und an sind kleinere Fehler zu entdecken die den Lesefluss aber nicht stören. Er bringt neben den entsprechenden Rennverlauf auch viele Anekdoten und Geschichten zum Vorschein, die kaum bekannt sind dürften. Die Strukturierung nach Rennteams ist bisweilen ein wenig unübersichtlich, da Mass in vielen Klassen gleichzeitig antrat, aber eine reine hierarchische Aufarbeitung seiner Renngeschichte wäre auch keine gute Lösung. Von daher sind die Zusammenhänge innerhalb der Teams sicher besser zu verstehen und zu verfolgen.
Die technische Umsetzung des Buches ist sehr gut und das Buch kann mit einem edlen matten Finish und auch einem guten Papier aufwarten. Die Bildwiedergabe ist ebenfalls gut und bringt die Bilder optimal zur Geltung.
Zum Preis von knapp 50 Euro kann der Leser ein erstklassiges Buch über Jochen Mass erwerben, welches alle Rennen nachzeichnet und auch einen Blick über den Tellerrand wirft. Möglich ist auch der Erwerb einer Personal Edition, die sich durch die Unterschrift von Jochen Mass auszeichnet und zudem mit einem Cover im Helm-Design von Mass aufwartet. Die hier zu investierenden 20 Euro mehr machen das Angebot sehr interessant.
Bibliografie:
Titel: Jochen Mass
Autor: Prof. Dr. Peter Schroeder
Umfang: 296 Seiten, über 240 Farb- und S/W-Bilder
Format: 240 x 280 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 12/2016
Preis: 49,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-945-39705-3
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorsport-books.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: VIEW GmbH, Marco Rassfeld
2 Antworten auf „Buch – Jochen Mass“
[…] die sich auf neun Kapitel ausdehnt. Das entsprechende Vorwort stammt dann aus der Feder von Jochen Mass, der sich lange Zeit auch am Steuer der Sauber-Mercedes Gruppe C-Rennwagen beweisen konnte. Dabei […]
[…] Auch die Fahrer machen die Serie aus und so finden sich hier auch schon illustre Namen wieder wie Jochen Mass oder Hans Heyer. Das Buch selbst ist im reinen Schwarz eingebunden und nimmt nur auf dem Rücken […]