Viele Nachwuchs-Rennfahrer von späteren Weltformat machten erste Erfahrung in einem Monoposto der Formel Vau. Die Serie ist ein echter Dauerbrenner und sogar heute noch in einigen Teile der Welt aktiv. Auf die lange Geschichte und Tradition der Einsteige-Formel blickt ein neues Buch aus dem VIEW Verlag. So lautet der Untertitel des Buches auch passenderweise „Die Geschichte eines Welterfolges“.
Das Buch hinterlässt beim ersten Blick gleich einen massiven Eindruck. Bedingt durch die Größe, Seitenstärke und Gewicht kann sich der Leser auf ein vermutlich umfangreiches Werk vorbereiten. Die Gestaltung vom Titel ist dabei sehr schlecht und gleichzeitig elegant. Die Zeichnung eines frühen Formel Vau-Rennwagen von Beach liefert das entsprechende Motiv. Nach dem Inhaltsverzeichnis folgen Vorworte von Kurt Bergmann und Arie Luyendyk, die als Konstrukteur und Fahrer die Formel Vau mitprägten. Und auch das Autorentrio Thomas Keßler, Frank Orthey und Lothar Panten sind mit der Serie direkt verbunden und liefern vorab ebenfalls ein Vorwort. Dann klärt das Buch noch über die korrekte Bezeichnung der Formel auf. Generell lässt sich sagen das weder V, noch Vau oder Vee falsch sind, denn in der Historie wurde alle irgendwann und irgendwo mal angewendet. Das Buch teilt sich nun in sieben Kapitel auf in denen je ein Autor die entsprechenden Vorkommnisse schildert.
Der Start zeigt die Rennwagen für Jedermann und die Anfänge der Formel Vau. Hier erfährt der Leser die detaillierte Geschichte zur Entstehung der neuen Formel-Klasse und blickt dabei auf Hubert Brundage, der mit einem umgebauten Käfer bei den 12 Stunden in Sebring im Jahr 1952 viel Aufmerksamkeit erregte. Sein VW Special beeindruckte die Konkurrenz durch den geringen Benzinverbrauch und der hohen Zuverlässigkeit. Im Ziel war der VW Special auf dem elften Gesamtrang und für Hubert Brundage begann eine neue Episode. Kurze Zeit später hatte er einen Vertrag für die alleinige Vertretung von Volkswagen und Florida in der Tasche. Der Motorsport ließ ihn aber keinesfalls los und so gab er bei Nardi in Italien einen Monoposto auf Basis des Käfer in Auftrag. Nach dem damals beliebten Reglement der Formel Junior sollte der Rennwagen aufgebaut werden. Schnell wurde aber klar das gegen die Konkurrenz in der Formel Junior mit der geringen Leistung des Käfer keine echte Chance bestand. Zudem hatte Volkswagen von der Sache Wind bekommen und bat Brundage das Projekt einzustellen. So gelangte der Wagen in die Hände von George Smith und William Duckworth, die eine Vision im Kopf hatten. Sie wollten eine Einstiegsklasse im Motorsport etablieren, bei denen mit gleichen Wagen gegeneinander gefahren werden sollte. Aus dem Prototypen von Nardi entwickelte sich so der Formcar Mk1 und durch die SCCA wurde das entsprechende Regelwerk geschaffen. Die Serie wurde durch den Einwand von Ray Caldwell und Gene Beach noch zu einer Mehrmarken-Serie und erlaubte so auch anderen Herstellern den Bau von Formel Vau-Rennwagen. Eine wichtige Grundlage zur vielschichtigen Entwicklung der Rennwagen. Dies ist nur der Start zu einer langen und spannenden Ära.
Während das erste Kapitel in weiteren Verlauf die ersten Entwicklungen in den USA nachvollzieht, folgt mit dem zweiten Kapitel der Sprung nach Europa. Dieser beginnt mit dem Besuch von Fritz Huschke von Hanstein, Dr. Ferry Porsche und Edgar Barth in den USA. Hier werden die Porsche-Männer auf die Monoposto-Serie auf Käfer-Basis aufmerksam. Auch in Europa bot die Formel Junior keine günstige Einstiegsmöglichkeit mehr um neuen Rennfahrernachwuchs auszubilden. So sahen die Drei eine Chance für die Formula Vee in Europa und orderten zwei Bausätze, je ein Beach und ein Formcar. Zusammengebaut wurden die Rennwagen in Zuffenhausen bei Porsche, bei denen gleich einige Optimierungen berücksichtigt wurden. Seine Rennpremiere erlebten die Rennwagen dann beim Bergrennen in Eberbach im Jahr 1965. Schnell übernahm die ONS das amerikanische Reglement um den Start zu ermöglichen und für das Jahr 1966 sollte schon die erste Rennserie mit den Käfer-basierenden Monoposto in Europa starten. Bei zehn Veranstaltungen wurde die Formel Vau-Wagen präsentiert und durch den günstigen Einstieg stieg die Zahl der Rennwagen immer mehr an. Der Start in die Rennserie war sichergestellt.
Im dritten Kapitel zeigt sich dann, wie die Formel Vau sich rasant verbreiten konnte. In zahlreichen Ländern rund um den Globus stellte die Formel die Basis für erfolgreiche Nachwuchsarbeit dar. Im gesamten Buch finden zudem immer wieder passend eingestreut Berichte zu den Herstellern der Formel Vau wieder. Hier geht das Buch dann konkret auf die vielen Hersteller ein und zeigt die Geschichte dieser nach.
Die Technik der Formel Vau scheint allerdings bald nicht mehr zeitgemäß und so suchte man abermals zunächst in den USA nach Möglichkeiten um die Technik zu modernisieren. Dabei ergriff man erneut auf das Teileregal von Volkswagen zurück und stattet die Rennwagen zunächst mit dem Motor des Typ 3 aus. Die Basis zu neuen Formel Super Vau liefert dann aber ein auf 1.600 Liter reduzierter Typ 4-Motor. Dieser fand Verwendung im VW 411/412, dem VW-Porsche 914 und auch im VW Bus. Somit war eine abermals solide Basis geboten und durch eine Steigerung der Leistung auf bis zu 140 PS waren die Super Vau den Vau deutlich überlegen. Auch weitere Teil der Technik vom Käfer wurde angepasst um die höhere Leistung auch sicher auf die Rennstrecken bringen zu können. Das vierte Kapitel bringt dem Leser alle wichtigen Fakten zur verbesserten Formel. Die Tatsache das die erste Abneigung gegen die Formel Vau von Volkswagen sich nun komplett gewandelt hatte, ermöglichte der neuen Formel eine durchdachte Öffentlichkeitsarbeit und schnell war die neue Seite etabliert. Seine Premiere erlebte die Rennserie mit international anerkanntem Reglement in Daytona. Hier trafen die Fahrer der neuen Formel im Rahmen der 24 Stunden von Daytona aufeinander und schon hier waren sechs unterschiedliche europäische Konstruktionen an Start. In Europa fand der Start in die Saison im Rahmen des Jim Clark-Gedächtnis-Rennen in Hockenheim statt. Ein geschickter Schachzug, der die neue Serie schnell bei einem breiten Publikum bekannt machte.
Doch auch die Entwicklung in der „kleinen“ Formel Vau waren durch die Einführung der Formel Super Vau nicht am Ende. So zeigt Kapitel 5 die Entwicklungen zur Formel Vau 1300 nach, bei denen nunmehr der Einsatz von zwei Vergasern erlaubt wurde. Zudem waren die Rennwagen durch möglichen Verzicht auf die Käfer-typischen Fahrwerkskomponenten optisch nun deutlich gefälliger. Die hohen Federbeine durften nun auch liegend montiert werden. Zum Abschluss des Kapitels blickt Wendelin Egger zurück auf seine persönliche Geschichten rund um die Formel Vau. Dies ist nur ein Beispiel der im gesamten Buch eingestreuten Interviews und Fahrersteckbriefe, welche dem Leser viele persönliche Eindrücke der Beteiligten aus erster Hand liefern.
Die Entwicklungen der Super Vau führten hingegen immer weiter und gegen Ende der 70er Jahre waren erstmals wassergekühlte Motoren im Einsatz. Hierdurch waren die Formel Super Vau der Formel 3 immer näher gerückt und auch die Kosten wurden unweigerlich nach oben getrieben. Das Ende der Super Vau war somit leider absehbar und die letzte Saison in Europa fand im Jahr 1982 statt.
Doch bis heute lebt die Formel Vau und zeigt in einigen Ländern immer noch ernsthaft betriebenen Rennsport. In Deutschland wurde die Formel Vau-Meisterschaft noch bis 2011 ausgetragen und die Entwicklung der Rennwagen stand keinesfalls still. Dies und mehr lässt sich im letzten Kapitel des Buches entdecken. Hier blickt das Buch auch auf die immer noch aktive Szene in Südafrika und lässt auch das Experiment Formel Volkswagen nicht aus. Die heute vielschichtigen Aktivitäten mit den Rennwagen der Formel Vau im historischen Motorsport werden ebenfalls thematisiert.
Fazit: Ein herausragender Titel rund um die Nachwuchsformel Formel Vau und der stärkeren Super Vau. Das Buch blickt umfassend auf die Geschichte der klassischen Formel Vau und zeigt mit vielen Anekdoten die Entwicklungen nach. Gerade die direkte Verbindung der Autoren zur Szene und die vielen Zitate und Blicke auf die damaligen Rennfahrer sorgen für ein hochgradig authentische Aufarbeitung. Dazu zeigt das Buch ein tolles Layout und viele Aufnahmen aus der damaligen Zeit. Die eingestreuten Blicke auf die unterschiedlichen Hersteller zeigen zudem deren individuellen Entwicklungen nach. Auf eine vermutlich seitenlange Statistik wird verzichtet, diese hätte je nach Umfang aber mit Sicherheit auch den Rahmen total gesprengt.
Der aufgerufene Preis von lediglich 39 Euro ist in diesem Fall wirklich heiß. Schließlich erhält der Leser hierfür ein Buch mit der interessanten Geschichte der Formel Vau vom Anfang bis zum Ende und kann sich zudem über eine umfassende Bebilderung freuen. Freunde der Formel Vau, aber auch des Rennsports allgemein können hier bedenkenlos zuschlagen.
Bibliografie:
Titel: Formel Vau und Super Vau
Autoren: Thomas Keßler, Frank Michael Orte, Lothar Panten
Umfang: 400 Seiten
Format: 210 x 300 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 12/2016
Preis: 39,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-945-39706-0
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorsport-books.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Von Lothar Spurzem – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.0 de, Link, Marco Rassfeld
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