Ferrari – seit mittlerweile 70 Jahre steht der Namen für faszinierende Sportwagen. Die italienische Marke mit dem berühmten Pferd im Wappen wurde durch Enzo Ferrari gegründet, der zuvor erfolgreich die Rennwagen von Alfa Romeo mit seinem Rennstall Scuderia Ferrari eingesetzt hat. Die Basis war daher auch seit jeher der Motorsport. Ein Buch aus dem amerikanischen Verlag Motorbooks blickt zurück auf die lange Tradition.
Ungewöhnlich ist das verwendete Querformat vom Buch, welches im handlichen aber nicht kleinen Format daherkommt. Auf dem Titel erkennt der Kenner einen 250 Testa Rossa, dessen Bezeichnung auf die damals verwendeten, roten Zylinderköpfen hinwies. Ein heute sehr gesuchtes Fahrzeug, welches nur selten auf dem Markt angeboten wird. Beim genauen Betrachen des Titels fällt auf das für einen besonderen Auftritt der Ferrari in Silber gedruckt wurde und sich so schön abhebt. Schon die ersten Seiten vom Buch zeigen dann einige Modelle von Ferrari mit tollen, großformatigen Abbildungen. Nach dem Impressum, einer Danksagung und dem Inhaltsverzeichnis folgt schließlich das Vorwort. Dieses stammt aus der Feder von Luigi Chinetti Jr.. Der Sohn eines für Ferrari sehr wichtigen Mannes, Luigi Chinetti. Dieser war von Anfang an bei Ferrari involviert und etablierte die Marke auf dem wichtigen, amerikanischen Markt. Dabei erzählt sein Sohn auch aus seinen persönlichen Erinnerungen und liefert somit rare Anekdoten aus wirklich erster Hand. Bevor das Buch nun mit Ferrari-Modellen durchstartet folgt noch eine Einleitung, in der noch ein anderes Fahrzeug im Mittelpunkt steht. Der Cisitalia 202 aus dem Jahr 1947 stellt die optische Basis der modernen, italienischen Nachkriegs-Rennwagen dar und wurde von Pininfarina geschaffen. Die Form ist bis heute noch herausragend und ist Teil der Ausstellung im Museum of Modern Art in New York. Die Fortführung der Linien lässt sich auch noch beim Nash-Healey erkennen, der im Jahr 1953 das erste Fahrzeug für den amerikanischen Markt war, welches von Pininfarina gezeichnet wurde. Pininfarina ist mit Ferrari eng verbunden und eine Vielzahl der Modelle haben eine Karosserie von Pininfarina, eine Verbindung die bis heute besteht.
Das erste Kapitel blickt dann auf die Evolution von Ferrari und startet mit der Geschichte im Dezember 1946 als sich zwei Männer zu einem Gespräch trafen. Es handelte sich um Enzo Ferrari und Luigi Chinetti die über den möglichen Absatzmarkt der Ferrari-Rennwagen in den USA redeten. Chinetti arbeitete schon in den 30er Jahren mit Ferrari zusammen und floh vor dem zweiten Weltkrieg in die USA. Hier erkannte er nun den Markt für die neuen Rennwagen aus Italien, denn schließlich war die USA nicht vom Krieg zerstört und die Leute verfügten auch über die notwendige Kaufkraft. Dazu waren die Rennveranstaltungen sehr beliebt und der Markt noch längst nicht gesättigt. Wie schnell sich dann der Erfolg einstellten konnte wird in knappen, aber prägnanten Texte angerissen und der Leser kann schon das breite Spektrum aus 70 Jahren Ferrari entdecken. Mit vielen Bilder ist das erste Kapitel somit der Appetitanreger für die folgenden, ausführlichen Kapitel.
Das Enzo Ferrari die maßgebliche Person um den Erfolg der Marke ist steht außer Frage und so stellt das Kapitel 2 seinen Werdegang nochmals ausführlich vor. Der 1898 geborenen Enzo sah sein erstes Automobil-Rennen schon im Alter von zehn Jahren, als er gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder ein Rennen in Bologna besuchte. Wie er selbst zitiert wird, hinterließ das Rennen einen großen Eindruck und weckte schnell den Willen Rennfahrer zu werden. Das Jahr 1916 traf das Schicksal Enzo besonders, denn er verlor kurz nacheinander seinen Vater und seinen Bruder. Doch der Wille zum Rennen fahren blieb ungebrochen und nach dem ersten Weltkrieg nahm er im Jahr 1919 am Steuer eines C.M.N. bei der Targa Florio teil. Dabei beendete er das Rennen auf einem beachtenswerten neuen Platz. Nachdem er Werksfahrer von Alfa Romeo wurde, nahmen seinen aktiven Teilnahmen aber immer mehr ab und er kümmerte sich immer mehr und die Organisation in der Boxengasse. Dies endete schließlich mit der Scuderia Ferrari, die zum Schluss das offizielle Werksteam von Alfa Romeo war. Im Jahr 1939, nach zwanzig Jahren löste sich aber die Verbindung mit Alfa Romeo. Noch im selben Jahr wurde sein erster eigener Rennwagen vorgestellt, der Auto Avio Costruzioni 815. Seinen eigenen Namen durfte Ferrari für vier Jahre nicht für seine Produkte verwenden. Nach dem zweiten Weltkrieg waren diese Jahre dann um und am 11. Mai 1947 wurde der erste Ferrari vorgestellt, der Tipo 125 S. Der Beginn einer Erfolgsmarke die sich mit dem 166 MM Touring Barchent fortsetzte. Vorgestellt wird auch noch die letzte von Touring karossierte Barchetta, welche Enzo Ferrari an Henry Ford II verschenkte.
Neben den erfolgreichen Rennwagen wurden auch bald erste Straßenmodelle notwendig um die Rennaktivitäten zu finanzieren. Dazu nutzte Chinetti abermals seine Verbindungen in den USA, wo schon früh nach dem Krieg die Nachfrage vorhanden war. Die Unterschiede zwischen den Renn- und den Sportwagen waren zu Beginn noch sehr fließend und eine starke Trennung wie heute war damals weder nötig noch möglich. Der Wunsch der Kunden war allerdings nicht eine wenig alltagstaugliche Barchetta, sondern vielmehr ein Cabriolet. So bezeichnet das Buch das Cabriolet von 166 mit einer Karosserie von Stabilimento Farina als erstes Straßenauto von Ferrari. Deutlich wurde der Unterschied aber mit dem 212, der 1951 in Produktion ging. Hiermit konnte Ferrari seinen Erfolg weiter untermauern und die produzierten Stückzahlen erhöhen. Der 225 war dann die Evolution des 212 und beide Modelle wurden von Ferrari auch erfolgreich in vielen Rennen eingesetzt.
Die Straßenmodelle der 50er Jahre stehen dann im Fokus des folgenden Kapitels. Neben Pininfarina war auch Vignale für viele Karosserien der Ferrari-Modelle verantwortlich. So konnten die Modelle mit Vignale-Karosserie in den Jahren von 1950 bis 1953 gleich dreimal die Mille Miglia gewinnen und einmal die Carrera Panamericana. Nach dem 212 stellte Ferrari seine ersten America-Modelle vor, die speziell für den amerikanischen Markt konzipiert waren. Dem kurzlebigen 340 America folgten der 342 America und 375 America. 1956 folgte dann der 410 Superamerica der dem in den USA vorherrschen Prinzip nach möglichst großvolumigen Motoren folgte. Nunmehr standen 5 Liter zur Verfügung und die Leistung betrug 340 PS. Ein für die damalige Zeit absoluter Spitzenwert. Mit dem Superfast 1 schuf Pininfarina dann sogar eine Designstudie mit Heckflossen, die der damaligen Mode angepasst waren. Hiermit wurde die Wichtigkeit des amerikanischen Marktes noch unterstrichen. Im Kapitel finden sich dann noch zwei extra Abschnitte zum 250 TR und 250 GTO, welche nur zwei extreme Modelle der überaus erfolgreichen Reihe des Ferrari 250 darstellen. Auch der vierzylindrige 500 Mondial wird noch vorgestellt.
Kapitel 5 wirft dann einen genauen Blick auf den Dino, der als 206 GT vorgestellt wurde und wenig später durch eine Hubraum-Erweiterung zum 246 GT wurde. Ein Einstiegsmodell welches durch sein modernes Design ebenso auffiel wie durch die Anordnung des Motors in der Mitte. Ein Ferrari war der Dino zwar offiziell nicht, aber zur Geschichte gehört er ohne Frage zwingend dazu.
Die 60er und 70e Jahren stehen dann im Fokus vom nächsten Kapitel und schon die 60er Jahre starteten äußerst spektakulär für Ferrari. Mit vielen interessanten Modellen wurde Ferrari immer erfolgreicher und vor allem in Europa stand der Ferrari 250 im Fokus. Mit vielen unterschiedlichen Abarten wurde der 250 zum vermutlich vielseitigsten Modell der später auch Amerika erobern sollte. Immer noch waren viele Modelle auch im Motorsport unterwegs und für die Kunden bestand die Möglichkeit die eigentlichen Straßenwagen auch erfolgreich im Rennsport zu bewegen. Der 250 GT SWB war ein solches Modell der zu den besten Sportwagen der Welt gehörte, der 250 GTO eine speziell zur Homologation im Rennsport erdachte Version die nur in kleiner Stückzahl gebaut wurde. Der Ruf nach mehr Luxus wurde hingegen vor allem in den USA immer lauter und so wurde mit dem 250 GT Spyder California ein weiteres Modell zur Legende.
Die Anforderungen in den USA standen aber nicht immer im Einklang mit dem Willen von Enzo Ferrari. So wollte Luigi Chinetti auf Basis den 275 GTB/4 abermals einen Spyder umsetzen um ihn den Kunden anbieten zu können. Ferrari wollte aber ein solches Modell nicht umsetzten und so schuf Chinetti unter dem Label NART seine eigene Kreation, die mit Hilfe von Sergio Scaglietti umgesetzt wurde. NART stand ursprünglich für North American Racing Team, mit dem Chinetti die Ferrari-Modelle auf den Rennstrecken in den USA repräsentierte. So durfte NART auch das Ferrari-Pferd im Emblem führen und dies nutzte Chinetti um den exklusiv in den USA angebotenen 275 GTS/4 Spyder anzubieten. Im Blick auf Amerika setzte aber auch Ferrari auf bestimmte Modelle wie dem 250 GT Lusso, der dem Drang noch Luxus folgte und auf der Rennstrecke eher nicht geeignet war. Ebenso der 500 Superfast, der dem Wunsch nach einen Gran Turismo entsprach.
In den 70er Jahren kam dann mit dem 365 GTB/4 einer neuer, moderner Look. Der später als Daytona bezeichnete Ferrari verfügt nicht mehr über einen klassischen runden Kühlergrill, sondern verfügte über eine aerodynamisch optimierte Front. Hier waren die Scheinwerfer in einem Band integriert. Hiermit unterschritt Ferrari aber die in den USA gütigen Höhen und so wurde eine alternative Front notwendig. Während die europäischen Modelle mit der charakteristischen Nase erhältlich waren, verfügten die US-Modell über Klappscheinwerfer, welche die erforderliche Mindesthöhe der Scheinwerfer sicherstellten. Auch auf der Rennstrecke wurde der 365 GTB/4 eingesetzt und konnte unter anderem seine Klasse beim 24 Stunden Rennen von Le Mans gewinnen. Am Steuer war hierbei unter anderem auch Luigi Chinetti Jr.. Neben dem Coupé war der Spyder in diesem Fall fast schon obligatorisch und machte den Erfolg er Baureihe perfekt. Einen ganz besonderen Ferrari in Form des 365 GT California Spyder lässt sich aber auch noch entdecken.
Das letzte und mittlerweile schon neunte Kapitel hat dann die schwierige Aufgabe alle folgenden Modelle bis zur Gegenwart abzubilden und ist aus diesem Grund auch erstaunlich seitenstark. Der Start zeigt zunächst die BB-Modelle welche die Sportlichkeit der Straßenmodelle nochmals auf ein neues Niveau heben sollten. Sowohl der 365 GT4 BB als auch der 512 BB und 512 BBi waren Mittelmotor-Sportwagen die an der Spitze der Weltelite standen. Aber auch die komfortbewussten Kunden wurden bedient und fanden im 365 GT 2+2, der später zum 400 und 400i wurden ihre Modelle. Die Reihe wurde immer wieder fortgeführt und die Modellvielfalt ausgebaut. So kam mit dem 308 ein kleiner Ferrari auf den Markt, der später von 328 und 348 abgelöst wurde. In Sonderabschnitten werden noch der 288 GTO, der F50, der limitierte F60 und der LaFerrari vorgestellt und die anderen, sehr vielfältigen Modelle finden sich ebenfalls wieder.
Fazit: Eine Reise durch 70 Jahre Ferrari kann der Leser mit dem Buch von Dennis Adler erleben. Dabei ist auch das Leben von Enzo Ferrari mit seiner Entwicklung berücksichtigt, denn ohne ihn wäre Ferrari heute nicht die legendäre Marke die sie heute ist. Auch das Design spielt eine große Rolle und wird durch den Einstieg mit dem Cisitalia besonders herausgestellt. Dann folgt die Struktur der Zeitgeschichte und lässt so eine gute Verfolgung der Entwicklung der Modelle und der Marke zu. Dabei steht oftmals gerade der amerikanische Markt im Fokus, der für Ferrari eine wichtige Basis darstellen sollte. Zu den guten Texten bietet das Buch eine reichhaltige Auswahl an Bilder von unterschiedlichsten Modellen an. Hierbei werden viele Modelle auch mit einer beeindruckenden Anzahl an Bilder detailliert vorgestellt und lassen auch einen tieferen Blick zu. Die verwendeten Bildunterschriften sind allerdings zumeist nur Wiederholungen aus dem normalen Text und somit doppelt. Im letzten Kapitel werden die Ereignisse ab den 70er Jahren dann aber sehr hastig und komprimiert wiedergegeben und scheinen hierdurch leider sehr schnell und lieblos umgesetzt. Schade, denn die ersten Kapitel liegen den Fokus immer auf ein Thema und können überzeugen.
Die technische Umsetzung des Buches kann gefallen und vor allem der silberne Ferrari 250 TR auf dem Titel sticht heraus ohne dabei besonders aufdringlich zu wirken. Das bedruckte Hardcover kommt dann mit eigenartig platzieren Fotos eines 250 GTO daher und wirkt leider ein wenig billig. Lieder also den Schutzumschlag drumlassen.
Für knapp 35 Euro ist das Buch für Fans der Marke eine Sünde wert und beim lesen kann man auch einige seltenen Modelle entdecken. Da es bei dem Umfang allerdings nicht jedes Modell im Detail vorstellen kann muss dem Käufer allerdings klar sein.
Bibliografie:
Titel: Ferrari 70 Years
Autor: Dennis Adler
Umfang: 320 Seiten, 355 Farb- und 57 Schwarz-Weiß-Fotos
Format: 280 x 222 mm
Sprache: Englisch
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 01/2016
Preis: $40.00
ISBN-Nr.: 978-0-76035-189-5
Bestellbar beim Verlag unter: www.quartoknows.com
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Motorbooks, Marco Rassfeld
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