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Buch – 911 LoveRS

Der Porsche 911 ist sicher eines der am best dokumentierten Automobile der Welt. Unzählige Bücher setzen den Sportwagen aus Zuffenhausen in den Fokus und so scheint kaum eine Lücke ungefüllt zu sein. Durch die inzwischen schon über 50 Jahre lange Bauzeit sind viele Bücher aber nicht in der Lage auf jedes Detail und Modell einzugehen. Delius Klasing hat sich nun einer besonders sportlichen Version des 911 angenommen und blickt mit dem neuen Buch 911 LoveRS auf die R- und RS-Modelle und ihr Besitzer.

Das Buch kommt im großen, quadratischen Format daher und reiht sich somit nahtlos in die schon erhältlichen Love-Titel des Verlages ein. Gleich auf dem Titelbild lässt sich auch die konkrete Idee hinter dem Buch erkennen, denn es zeigt den ersten 911 R und den aktuellen 911 R in Fahrt auf einer kurvigen Landstraße. Das Buch zeigt dann beim Inhaltsverzeichnis auch die passende Überschrift: Von R zu R – 50 Jahre Porsche 911 RS. Bei weiteren Einblick in das Inhaltsverzeichnis wird dann auch schnell deutlich, dass alle Modelle aus 50 Jahren 911 R bzw. RS aufzufinden sind und im Buch vorgestellt werden. Bis heute sind diese Modelle durch ihre extrem sportliche Auslegung sehr begehrt und bei Erscheinen eines neuen RS fallen schnell neue Rundenrekorde und der Verkauf der oft limitierten Modelle ist schnell abgeschlossen. Die RS-Modelle wurden im Renntrim dann zumeist zu RSR-Modellen und mit diesem Label konnten einige beeindruckende Erfolge für die Firma Porsche eingefahren werden. Daran erinnert sich auch gerne Wolfgang Porsche, der das Vorwort zum Buch liefert und dabei auf die Geschichte der Modelle zurückblickt. Ein weiteres Vorwort der Autoren zeigt die Sinnhaftigkeit der Motorsport-Modelle auf und macht klar das viele dieser Modelle zunächst meistens ihrer Bestimmung zugeführt wurden und im Rennsport eingesetzt wurden. Dies macht sicher auch einen hohe Teil der Faszination aus, denn mit dem RS war es am ehesten möglich einen eigentlichen Rennwagen auch auf der Straße zu bewegen.

Zum Start blickt das Buch dann auch folgerichtig auf den Ur-911 R, der im Jahr 1967 vorgestellt wurde.  Der gesamte Aufbau des Buches folgt einer chronologischen Reihenfolge, so dass es für den Leser leichter ist die konsequente Weiterentwicklung sowohl des Porsche 911 als auch der Idee der R- und RS_Modelle nachzuvollziehen. Aus den Archiven von Porsche zeigt sich der Ur-911 R dann mit einigen Bildern und einer textlichen Dokumentation der damaligen Ereignisse. Selbstverständlich lassen sich nicht alle Details der mittlerweile über 50 Jahre vergangenen Entwicklung aufdecken, aber alle wichtigen Informationen finden sich in jedem Fall wieder. Der 911 R war als Rennwagen konzipiert, den die Kunden erwerben konnten und zunächst auch vom Werk eingesetzt werden sollte. So entstanden vier Prototypen um den Typ zu entwickeln und eine Serie von 15 Exemplare die in den Verkauf gelangen sollten. Der Leser bekommt hierzu viele Informationen aus erster Hand mit dem Blick in zeitgenössisches Versuchsprotokolle und Pressemitteilungen von Porsche. Auch der Einbau von zwei Experimental-Motoren ist ein interessantes Detail und zeigt das damalige Bestreben deutlich auf. Porsche wollte mit dem 911 R durch das Siegen bei Rennen Werbung für den neuen Sportwagen machen. Da die notwendigen Mittel bei Porsche zu damaligen Zeit sehr beschränkt war, wurde auch der Grundgedanke eine Serie von 500 Exemplare zur Homologation schnell fallen gelassen.
Dann zeigt das Buch den Rekordversuch von Porsche in Monza aus dem Jahr 1967 bei dem ein Carrera 6 einige Langstreckenrekorde brechen sollte. Der Rennwagen hielt aber den vielen Schlägen der schlechten Piste nicht stand und nachdem bereits drei Stoßdämpferkolbenstangen gebrochen waren musste der Rekordversuch unterbrochen werden. Man suchte nach schnellen Alternativen, denn wenn die Rekordfahrt binnen 48 Stunden neu aufgenommen werden würde, so wäre er weiterhin gültig. So folgte die Überlegung zu Alternative und man schickte schließlich zwei 911 R nach Italien. Am Ende der dreitägigen Rekordfahrt hat der 911 R fünf Welt- und elf internationale Rekord gebrochen und schloss die Fahrt mit einem Schnitt von 209,233 km/h ab. Auch ein unverzichtbarer Bestandteil der Historie des 911 R.

Als erstes echtes Serienmodell wurde dann der Carrera RS 2.7 zum vollen Erfolg und auch hierzu blickt das Buch in die Archive von Porsche. Er war bei seiner Präsentation auf dem Pariser Autosalon im Oktober 1972 das Messe-Highlight und sollte schließlich in 500 Exemplare gebaut werden, um die Homologation in der Gruppe 3 zu ermöglichen. Diese erste Seite verkaufte sich derart gut und schnell das eine weitere Serie aufgelegt wurde und sogar die Homologation nach dem Regularien der Gruppe 4 erfüllt werden konnte. So wurde das Sportmodell zum vollen Erfolg und bei der Ausstattung wurde deutlich, dass viele Kunden auf ein wenig Komfort nicht verzichten wollen. Das Touringpaket wurde mit großem Abstand öfters verkauft als die Sportversion und machte einen Großteil der damaligen Produktion aus.
Was es heißt einen der begehrtesten Porsche 911-Modelle zu besitzen zeigt dann der erste Bericht über einen Besitzer eines solchen Modells. Dieser bekam schon durch seinen Großvaters die pure Lust am Carrera RS 2.7 vermittelt, denn schließlich besaß jeder einen der begehrten Porsche. Heute hat er selbst einen solchen Carrera RS 2.7 in seiner Sammlung und stellt dabei ein echtes Highlight dar. Ein weiterer stolzer Besitzer ist der ehemaligen Formel 1-Rennfahrer John Watson, der einen schwarzen Carrera RS 2.7 besitzt und am Anfang als Dienstwagen von seinem Rennstall zur Verfügung gestellt bekommen hat. Bis heute ist der schwarze Carrera RS 2.7 noch in seinem Besitz und Watson hat noch keine echten Absichten den 911er zu verkaufen. Ein seltenes Lightweight-Modell besitzt Michael Willis, der ebenfalls auf eine stattliche Sammlung blicken kann und auch die ein und andere spannende Geschichte dazu liefert.
Dann zeigt das Buch ein Einzelstück welches Porsche für Ferry Porsche fertigte und dazu einen 2,8-Liter-Motor im Heck installierte. Hierbei testete Porsche den neuen Motor und stellte gleichzeitig schon erste Weichen zum kommenden G-Modell des 911er. Der Ferry Porsche-Carrera RS 2.8 existiert noch heute, wenn auch mit einem 2,7-Liter-Motor unter der Haube und gibt sich schnell als Übergangsmodell zu erkennen.

Das folgende G-Modell wurde lange Zeit produziert und so wurde mit dem Carrera RS 3.0 und dem SC/RS zwei weitere Homologationsmodelle hergestellt. Dazu wurde für den Star-Dirigenten Herbert von Karajan ein ganz besonderes Modell mit Turbo-Motor verwirklicht. Auch hierzu liefert das Buch einen gelungenen Blick in die Archive und auch drei Berichte zu heutigen Besitzern und ihren limitierten Sportwagen.
Der 964 stellt für viele die letzte Evolution des Ur-911 dar, schließlich kann man die Form noch immer deutlich erkennen und bis heute sind die Modelle auch immer mehr in den Fokus der Sammler gerückt. Der schlicht Carrera RS genannten 911 wurde erneut aus Zwecken der Motorsport-Homologation gebaut und war gleichzeitig die Basis für die Carrera Cup-Rennwagen des immer beliebter werdenden Porsche Markenpokals. Die ursprünglich notwendigen 1.000 Exemplare konnte Porsche wie zu erwarten schnell verkaufen und hatte dabei einen erneuten Volltreffer gelandet. So wurde die Produktion ein weiteres Jahr durchgeführt und man verkaufte schlussendlich 1.853 Exemplare an die Kunden. Für den amerikanischen Markt schuf man eine eigene Variante mit dem RS America und die letzte Ausbaustufe des 964 war der Carrera RS 3.8, der als Basis für die neue BPR-Rennserie entwickelt worden war.
Ein durchaus bekannter Besitzer eines ursprünglichen 964 Carrera RS ist Stefan Bogner, der bekannt ist für die Curves-Magazine in denen ausgewählte kurvenreichen Straßen in ihrer Reinheit präsentiert werden. Dazu gibt es vermutlich kaum ein besseres Auto als einen abgespeckten Porsche 911. Dazu lässt sich ein zum 993 Speedster umgebauter 964 RS entdecken, der ein besonderes Einzelstück darstellt und aus einen Unfall entstand. Auch einen 3.8 RSR lässt sich noch entdecken.
Besagter 993 war dann das letzte luftgekühlte Modell der 911er-Historie und stellt einen Übergang zum deutlich moderneren 996 dar. Aber auch hier schuf Porsche einen Carrera RS, der 1995 vorgestellt wurde. Er war auch in einer Clubsport-Variante erhältlich, die zum direkten Einsatz im Motorsport gedacht war. So kam dieser ohne Innenraum-Verkleidung oder Dämmung aus und verfügte über größere Front- und Heckspoiler. Genau eine solchen Carrera RS Clubsport zeigt sich dann auch noch im Einsatz auf der Straße.

Der 996 brach dann mit vielen Traditionen des 911 und wurde erst nur schleppend von den Käufern angenommen. Heute zählt er als notwendiger Meilenstein zwingend zur 911-Geschichte, denn die Luftkühlung war deutlich an ihre Grenze gekommen. Bis zum 1997 vorgestellten Grundmodell allerdings ein neues RS-Modell erhältlich war, vergingen knapp sieben Jahren, dann betrat der GT3 RS die Bühne. Die GT3-Modelle hatten sich schon vorher um die Belange der sportlichen Kundschaft bemüht und hatte dabei auch großen Erfolg. Doch die Tradition der Homologation sorgte schließlich für den lang erwarteten RS, denn Porsche wollte musste 200 Exemplare herstellen um den RSR nochmals erstarkt auf den Rennstrecken starten zu lassen.
Der 997 bot den Käufern im Laufe seiner Produktionszeit mit drei Modellen die Möglichkeit einen RS zu fahren. Dem GT3 RS folgte nach einer Hubraumerhöhung auf 3.8-Liter auch noch der limitierte GT3 RS 4.0. Mit dem GT2 RS war dann ein neues Spitzenmodell erhältlich, welches mit eine Leistung von 620 PS aufwarten konnte. Sowohl der GT3 RS 4.0 als auch der GT2 RS zeigen sich dann auch noch im Einsatz auf der Straße.
Der 991 wurde 2011 auf der IAA in Frankfurt präsentiert und nach vier Produktionsjahren war der GT3 RS erhältlich, hier gelang Porsche zum ersten Mal die Zulassung von Radhausentlüftungen an der Vorderachse. Allein dies erhöhte den Abtrieb an der Vorderachse gegenüber dem normalen GT3 um den Faktor 3! Die aktuelle Sperrsitze des 911er-Modellprogramms ist der im Juni 2017 präsentierte GT2 RS der mit 700 PS als bisher stärkster Serienporsche gelten darf. Der Porsche-Designer Michael Mauer zeigt sich dann mit einem GT3 RS, eines der ersten Modelle bei denen er bei Porsche beteiligt war.
Die puristische Idee der Ur-911 R wurde dann mit dem neuen 911 R, der im Frühjahr 2016 auf dem Genfer Autosalon enthüllt wurde, fortgesetzt. Er verzichtet auf die teilweise schon wilde Bespoilerung der sportlichen 911er-Modelle und zeigt so auch direkte Zitate zum Ur-Modell. Zum Abschluss des Buches machen sich dann beide 911 R-Modelle von 1967 und 2016 auf den Weg nach Monza, in Gedenken an die schnelle Bereitstellung neuer Fahrzeuge für den damaligen Rekordversuch.

Fazit: Die Sportmodelle des Porsche 911 stellen seit jeher eine besonders begehrenswerte Variante des Sportwagens dar. Ursprünglich vor allem zu Homologation im Motorsport entstanden, waren viele Modelle streng limitiert. Aber fast nie hatte Porsche ernsthafte Probleme diese Modelle zu verkaufen. Heute ist der 911 längst eine lebende Legende und die sportlichen Modelle werden oftmals zu Höchstpreisen gehandelt und sind mehr Spekulationsobjekt. Das Buch blickt mit einer gelungenen Kombination auf die Geschichte der R- und RS-Modelle und auch auf die Menschen, die solche Modelle mit Hingabe noch auf der Straßen bewegen. Schließlich sind die Fahrzeuge mit einem nur schwer zu überbietenden Fahrspaß ausgestattet und sollten ihrer Bestimmung zugeführt werden. Dazu gibt es viele Bilder aus den Archiven von Porsche und zu den einzelnen Vorstellungen liefert das Buch auch ein herausragend gutes Bildmaterial mit viel Stil.
Das Buch ist technisch gut umgesetzt aber lässt leider ein gewisse Extra vermissen, so ist der Titel schlicht aufgebaut und zeigt keinerlei Besonderheiten. So erscheint auch der Preis von stattlichen 98 Euro auf den ersten Blick als sehr hoch. Zumal es vergleichbare Titel aus dem gleichen Verlag für deutlich weniger Geld gibt. Hier spielt dann sicher auch der Porsche-Faktor eine Rolle und mit hoher Sicherheit wird das auch in englisch erhältliche Buch schnell vergriffen sein. Hier lässt sich dann auch eine echte Parallele zu den vorgestellten Automobilen wiederfinden.

Bibliografie:
Titel: 911 LoveRS
Autoren: Jürgen Lewandowski, Bart Lenaerts
Umfang: 264 Seiten, 176 Fotos (farbig), 47 Fotos (s/w)
Format: 297 x 297 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 1. Auflage 2017
Preis: 98,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-667-11058-9
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Delius Klasing, Marco Rassfeld