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Buch – Turbo May

Rennfahrer, Ingenieur und Forscher – Michael May war und ist ein Multitalent dessen bisheriges Lebenswerk nun in einem Buch aus den View Verlag zusammengetragen wurde. In der Automobilszene ist er vor allem für die Etablierung des Turbo bekannt und seine Firma Turbo May sorgte in den 60er und 70er Jahre für viel Aufsehen. Aber auch andere interessante Projekte prägten die Laufbahn von Michael May …

Das Buch wurde im klassischen Hochformat umgesetzt und zeigt auf den Cover gleich einen mit May-Turbo ausgestatteten Motor. Auch der Original-Schriftzug wird abgebildet und ist zugleich des Titel des Buches. Die übrige Umsetzung ist unspektakulär und als kleiner Eyecatcher lässt sich ein rotes Zielfaggenmuster erkennen, welches sich auch im gesamten Buch wiederfindet. Nach dem ersten Aufschlagen findet sich gleich ein persönlicher Gruß von Michael G. May wieder, in dem er die Wichtigkeit der Natur hervorhebt. Es folgt eine großformatige Abbildung des Motors von Titel und dann schließlich das umfangreiche Inhaltsverzeichnis. Hier lässt sich auch das rote Ziehflaggen-Muster wiederfinden. Denn in einem Bild zeigt sich eine Rennszene mit Michael May, Eberhard Mahle und Gerhard Mitter und auch eine Aufnahme von May mit seinem Helm, der eben jenes Muster trägt. Es folgen zwei Vorworte der beiden Autoren Peter Schroeder und Werner Eisele, die auf die Entstehung des Buches eingehen.

Das Buch startet dann, für eine Biografie ganz klassisch, mit der Kindheit von Michael May und nimmt auch die Vorfahren von Michael May nicht aus. Der Unternehmer- und Erfindergeist war in der Familie tief verwurzelt und ermöglichte durch die Erfolge eine sorglose Kindheit für Michael May. Aber auch bei ihm selbst wurden schnell diese Geister geweckt und als Achtjähriger sorgte er sich selbst um die Stromversorgung für seine Modell-Eisenbahn, in dem er den Gleichstrom auf Wechselstrom umwandelte mit einem bestellten Wechselrichter. Ein weiteres Projekt war der Bau eines Bootes welches er mit 15 Jahren abschloss. Eine weitere Entwicklung dazu wurde gleichfalls von ihm nicht verfolgt, denn das Projekt war für ihn abgeschlossen. Eine typische Eigenart, die Michael May auch im weiteren Leben dazu führen ließ, in unterschiedlichsten Gebieten zu forschen und entwickeln. Das Buch zeigt hierbei neben dem Text auch eine große Anzahl an Bildern, die in diesem Fall noch wie ein Familienalbum wirken und dem Leser so ermöglichen von Anfang an die Geschichte von Michael May hautnah zu verfolgen.
Nach der Schulzeit musste May auch in der Schweizer Armee seinen Dienst antreten und selbst hiervon lassen sich interessante Bilder entdecken. Das Motoren eine seiner Passionen waren, zeigen dann die ersten Erfahrungen an einen Zweittakt-Flugzeugmotor. Als während des zweiten Weltkrieges das Benzin knapp wurde, rüstete May den Motor auf Holzgas um. Auch der Drehkolbenmotor war für ihn ein interessanter Ansatz. Schnell war für ihn aber klar, das diese Art von Motor aufgrund des Kosten- und Nutzenverhältnisses kein Erfolg haben würde. Später wurde er aber nochmals von Mercedes kontaktiert um einen Wankel-Motor für den Versuchsträger C111 zu konstruieren. Sein erstes eigenes Fahrzeug war dann mit 18 Jahren eine Kreidler K50 die über einen Motor mit 2 PS verfügte. Selbstverständlich optimierte May auch diesen Motor umgehend und rüstete ihn mit einer Benzineinspritzung aus. Auch die Fahrzeuge der Familie wurden von May immer wieder verbessert.

Nach dem Abitur besuchte May dann die Eidgenössische Technische Hochschule um ein Studium zum Maschinenbauingenieur zu beginnen. Die Themen in diesem Studiengang waren Michael May zumeist schon bekannt und forderten ihn wenig heraus. Das Wissen hierzu eignete er sich oft schon im Voraus selbst an und so hatte er noch genügend Zeit um weiterhin an seine Benzineinspritzung zu arbeiten und diese weiterzuentwickeln.
Dazu rückte auch der Motorsport für Michael May immer mehr in der Fokus und bereits nach seinen ersten Rekrutenjahr nahm er an zwei Motorradrennen teil. Schnell wurde er sich aber der hohen Gefahr bewusst und nahm weitere Rennen nur noch mit vier Rädern in Angriff. So tausche er seine Motorrad gegen ein Nardi-Danese 815 Sport, der natürlich auch oftmals optimiert wurde. Hier testete er auch erste aerodynamische Hilfsmittel und später wurde das Auto zu einem Formel Junior-Rennwagen umgebaut. Gemeinsam mit seinem Vetter Peter konkretisierte May seine Ziele im Motorsport und schließlich war es möglich einen Porsche 550 Spyder vom Werk zu erwerben.
Das 1.000 km-Rennen auf dem Nürburgring im Jahr 1956 sollte der erste Einsatz des Porsche für die May-Vetter werden und dies endete in einem bis heute legendären Auftritt. Gegenüber den auch antretenden Werks-Porsche, die einen neueren Entwicklungsstand hatten, hatte May eigentlich keine Chance. Aber der Spyder von den Mays verfügte über einen stattlichen Spoiler über dem Rennwagen, der für ein verbessertes Fahrverhalten sorgen sollte. Mit diesem umgedrehten Flügelprofil generierte der Wagen den erforderlichen Abtrieb. Dazu war der Flügel sogar verstellbar, was zwar noch manuell zu erledigen war, aber für Michael May schnell umgesetzt werden konnte. In Training am Freitag konnte May so die vierbeste Zeit fahren und deklassierte die Werks-Porsche formlich. Denn der beste Porsche mit Stirling Moss am Steuer erreichte nur Platz 21. Dies ließ Porsche reagieren und Huschke von Haustein legte Einspruch ein gegen den Flügel, der so im Rennen auch abmontiert werden musste. Erst Jim Hall nahm Mitte der 60er Jahre die Idee von May wieder auf und stattet seine Chaparral-Rennwagen damit aus.

Der Motorsport stand weiterhin bei Michael May in Fokus und der Formel Junior war schließlich eine für May interessante Rennklasse. Der Umbau des Nardi-Danese brachte aber nicht den vollen Erfolg und so machte man sich auf die Suche nach einer Alternative. Auf dem Genfer Autosalon 1959 entdeckte Michael May dann einen Stanguellini und ermöglichte die Anschaffung durch eine geschickte Teilung der Summe. So nahm der Händler den Nardi-Danese in Zahlung und May trug sein gesamtes Gespartes zusammen. Die offene Restsummer sollte dann am Ende der Saison beglichen werden. So war May zum Erfolg gezwungen und er trat mit dem Stanguellini bei zahlreichen Rennen an. Er hatte das Ziel die Europameisterschaft zu gewinnen. Im Jahr stand neben dem Motorsport aber auch der Abschluss seines Studiums an und auf geschickte Art und Weise gelang May tatsächlich beides.
Im folgenden Jahr wollte May den errungenen Titel natürlich verteidigen und obwohl er eigentlich seinen Helm an den Nagel hängen wollte, konnte er dem Angebot des Teams von Richard Fitzwilliam nicht widerstehen einen Lola zu testen. Seine Hoffnungen wurden aber bei einem Unfall auf den Nürburgring im Juli endgültig zerstört und dies war gleichzeitig das Ende seiner Formel Junior-Zeit. Nach dem Abschluss des Studiums bekam er im gleichen Jahr auch ein Angebot von Mercedes um bei der Entwicklung von Motoren mitzuarbeiten. Seine ersten Ergebnisse lieferte er zur Benzineinspritzung und stellte eine verbesserte Lösung für den 300 SL vor. Sein technisches Verständnis und seine Rennerfahrung sorgten dann auch dafür, dass er für Mercedes an der Rallye Algier-Centrafrique teilnehmen konnte. Dabei gelang May gemeinsam mit Beifahrer Peter Riviere sogar der Sieg gegenüber die favorisierten Citroën ID 19.
Im Jahr 1961 konnte May dann unter der Flagge der Scuderia Colonia in der Formel 1 antreten. Die Scuderia war von Wolfgang Graf Berghe von Trips gegründet worden, dem May schon an der Rennstrecke in der Formel Junior-Zeit aufgefallen war. So kam es zu Einsätzen mit dem vereinseigenen Lotus 18. Beim Rennen in Monte Carlo konnte May dann im Training sogar einen Werks-Porsche fahren und stellte sein Können erneut unter Beweis, denn er war schneller als die Werksfahrer. Später konnte May sogar für die Rennabteilung von Porsche arbeiten, als seine Entwicklungen bei Mercedes nicht in die Serie umgesetzt wurden. Hier konnte er die Leistung des Fuhrmann-Motors schnell steigern und dabei eine höhere Zuverlässigkeit als der neue 8-Zylinder-Motor sicherstellen.

Mit diesen, schon sehr umfangreichen und vielschichtigen Geschichten ist das Buch aber noch lange nicht am Ende. Lediglich die Hälfte der Seiten sind schon berücksichtigt und der Leser kann in der Folge noch zahlreiche weitere interessante Entwicklung im Leben von Michael May verfolgen. So war sein nächstes Engagement bei Ferrari ist der nächste wichtige Punkt in der beruflichen Vita von May und er konnte mit seinen Entwicklungen die Erfolge der Rennwagen von Ferrari sicherstellen. Auch hier war seine Erfahrung mit der Benzineinspritzung der Weg zum Erfolg und sicherte ihn am Ende gar einen echten Koffer voller Geld.
Richtig wohl fühlte May sich während seiner Anstellungen aber nie, denn er konnte kaum frei entscheiden. Mit dem Geld von Ferrari war schließlich die notwendige Basis geschaffen um einen eigenen Betrieb zu gründen. Im Oktober 1969 wurde dann die Turbo May GmbH in das Handelsregister eingetragen. Fortan war May so unabhängiger Lieferant für viele Hersteller die seine Erfahrung im Motorbau nutzen wollten. Der Turbo war dazu ein neues Spielfeld welches im Fokus stehen sollte. May konnte hier beeindruckende Leistungen aus unterschiedlichsten Motoren erreichen. Dabei war vor allem die Zusammenarbeit mit Ford sehr wichtig, aber auch Alfa Romeo, BMW, LMX oder Opel wurden mit May Turbos ausgestattet.
Beim Lancia Stratos und auch beim energie-optimierten V12-Zylinder-Motor von Jaguar hatte May ebenfalls seine Hände im Spiel und auch der Bootsbau ließ ihn niemals ganz los. Zum Abschluss wirft das Buch dann noch ein Blick auf seinen aktuellen Forschung zum Thema Krebs und zeigt abermals die Vielseitigkeit von Michael May.

Fazit: Michael May ist ein ungemein vielseitiger Mensch, der im Bereich Automobil in diversen Gebieten für Aufsehen sorgte. Wer seine umfangreiche Vita im Buch studiert, wird feststellen dass eine Reduzierung auf den bekannten Turbo May keinesfalls ausreicht. Neben dem Turbo ist auch die Benzineinspritzung ein tragendes, technisches Element zu dem Michael May viel beigetragen hat. Das er dabei die Abhängigkeit einzelner Hersteller scheute zeugt auch von seinem Freigeist. Hierzu liefert das Buch eine tolle textliche und bildliche Basis die einen Streifzug durch das Leben von Michael May darstellt und von der Geburt bis ins heute führt.
Technisch ist das Buch dem Preis entsprechend umgesetzt und man sollte so nicht zuviel erwarten. So ist die Abbildung der Bilder leider durchgehend sehr dunkel ohne dabei ein echtes Schwarz zum Vorschein zu bringen. Auch das Papier scheint nicht den höchsten Ansprüchen zu genügen und wirkt durch seinen Glanz eher günstig.
Für 39 Euro können Interessierte mit dem Buch aber eine wirklich spannende Zeitreise erleben, in denen vor allem Motoren und Motorsport im Fokus stehen. Dabei werden viele sicher auch neue Aspekte eines begnadeten Ingenieurs entdecken können, die bis heute kaum noch bekannt sein dürften. Eine durch und durch lesenswerte Biografie.

Bibliografie: 
Titel: Turbo May – Rennfahrer, Ingenieur und Forscher
Autoren: Peter Schroeder, Werner Eisele
Umfang: 200 Seiten
Format: 210 x 300 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 12/2017
Preis: 39,– €
ISBN-Nr.: 978-3945397114
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorsport-books.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: View GmbH, Marco Rassfeld

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