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Buch – N.A.R.T.

A concise history of the North American Racing Team 1957 to 1983 — deutlich über 20 Jahre war das Rennteam North America Racing Team, kurz N.A.R.T. von Luigi Chinetti im Motorsport aktiv. Fraglos eine beeindruckende Zeit, zumal es sich nicht um ein Werksteam handelte. Veloce Publishing hat hierzu ein Buch im Angebot, welches sicher für viele Motorsport-Fans interessant sein könnte. Nicht nur wenn man Ferrari mag …

Das Logo zeigt die enge Verbindung zu Ferrari.

Das quadratische Format des Buches ist beim englischen Verlag fast schon Standard und so wurde auch dieser Titel in dieser Form umgesetzt. Dies ist zwar nicht besonders groß, aber gibt immerhin die Möglichkeit auch große Abbildungen zu ermöglichen. Denn wenn ein Bild im vollen Format über zwei Seiten platziert wird, erhält man auch eine ansprechende Größe. So oder so wird es bei einer prägnanten Geschichte eines langjährigen Rennteams vermutlich nicht viele Möglichkeiten geben, so eine Umsetzung zu realisieren. Der Titel des Buches gibt sich aber schon mal Mühe und zeigt eine große Aufnahme eines Ferrari, bei der man einen Blick auf die Seitenpartie erhält. Prägnant ist hier das Logo von N.A.R.T. zu erkennen, welches neben den bekannten, springenden Pferd von Ferrari auch die Nationalflagge des USA andeutet und den passenden Schriftzug enthält. Kenner werden das Modell auch unmittelbar als Berlinetta Boxer erkennen und die Besonderheiten der Startnummer-Beleuchtung weist darauf hin, dass es sich um einen Einsatz bei einem Langstreckenrennen handeln muss. Der Buchtitel nimmt dann die Farbkombination Gelb-Blau auf, während der Autor sich unten im Bild wiederfindet. Auf der Rückseite finden sich dann noch weitere, kleinere Abbildungen wieder, welche klassische Ferrari-Modelle neben dem Gründer von N.A.R.T. Luigi Chinetti zeigen. Der Klappentext ist schon recht umfangreich und einen zusätzliche Auflistung geben schon einen guten Eindruck über die Inhalte des Buches. Auf den Klappen vom Schutzumschlag finden sich dann auch noch kurze Texte zum Inhalt um den Autor wieder. Entfernt man jenen Schutzumschlag, so bleibt ein schlicht schwarzes Buch mit einer Heißfolien-Prägung auf dem Rücken, ebenfalls eine übliche Umsetzung bei Veloce Publishing.

Schon früh war N.A.R.T. an den Rennen mit der noch neuen Marke Ferrari beteiligt.

Vor- und Nachsatz zeigen nach dem Aufschlagen bzw. kurz vor dem Schließen des Buches die Buchstaben N.A.R.T. in großen Lettern, während dahinter sich, deutlich abgesoftet, das Titelbild wiederfindet. Eine Übersicht über immerhin 14 Kapitel finden sich dann im Inhaltsverzeichnis wieder und legt die chronologische Abfolge dar, bis auf wenige Ausnahmen. Im Vorwort des Autors geht dieser auf die Entstehung des doch besonderen Titels ein, für das auch noch einige Zeitzeugen befragt werden konnten, welche aktiv die Zeiten bei N.A.R.T. miterlebt haben. Dies sichert eine hohe Authentizität und auch einen offene Darstellung der Ereignisse. Auch die Möglichkeit, welche N.A.R.T. bot mit einem Rennwagen in einem Rennen zu starten finden sich hier schon wieder und sind durchaus ungewöhnlich aus heutiger Sicht. So konnte man die Anschaffung eines neuen Ferrari bei Luigi Chinetti mit der Betreuung während eines Renneinsatzes verbinden. Nach den Danksagungen kommt dann noch eine weitere Einleitung in der sich auch die beiden verwendeten Varianten des N.A.R.T.-Logos wiederfinden.
Kapitel 1 blickt dann auf die wichtigste Figur bei N.A.R.T. – Luigi Chinetti. Es ist durchaus interessante die Vita und den Werdegang des 1901 in Italien geborenen, charismatischen und zielstrebigen Chinetti zu erlesen. Schon früh machte er Begegnungen mit dem Motorsport und konnte gar zweimal das 24 Stunden-Rennen in Le Mans gewinnen. Dabei war er jeweils mit einem Alfa Romeo unterwegs und kreuzte dabei schon die Wege mit Enzo Ferrari. Der zweite Weltkrieg zwang Chinetti zur Übersiedlung in die USA und nach dem Ende fand er in Europa keine Heimat mehr. Aber die Verbindung zu Enzo Ferrari nutzte er um schon im ersten Jahr des Bestehens von Ferrari um mit diesem im Motorsport an den Start zu gehen. Wenig später war er der erste Importeur der italienischen Sportwagen in den USA.

Mit vielen Bildern erhält man einen guten Eindruck der damaligen Fahrzeuge und auch des Umfeldes.

Doch der Motorsport ließ Luigi Chinetti niemals los und auch nachdem er als Fahrer nicht mehr am Volant eines Rennwagens war, wollte er diese Leidenschaft weiterführen. Die Rennen in den USA konnte man nicht mit denen in Europa vergleichen, aber dennoch sah er die Chance hier die Marke Ferrari durch entsprechende Erfolge auch bekannter und gleichfalls populärer zu machen. So kann man im zweiten Kapitel die Jahre 1957-58 als The formative period of NART erlesen. Schon im ersten Jahr sorgte Stirling Moss am Steuer eines Ferrari 290 MM für zwei Siege bei den Nassau Speed Weeks auf den Bahamas. Damals hatten die Teams noch keine festen Fahrer und auch die Werksteams hatten oft nur Einzelverträge je Rennen, so dass sich schon in den ersten zwei Jahre heute noch wohlklingende Namen wie eben Moss, von Trips, Gurney oder Rodriguez wiederfinden. Fraglos lag der Fokus auf den Rennen in Amerika und so trat man auch in Sebring, Lime Rock und Watkins Glen an, aber beständig trat N.A.R.T. auch in Le Mans an um die Kompetenz auch hier aufzuzeigen. Die Bebilderung ist bis hierhin schon durchaus beeindruckend in der Menge, aber leider wird das Format nur selten ausgenutzt. So finden sich kleinere Bilder wieder, welche aber nicht nur die Fahrzeuge zeigen, sondern immer wieder auch einen Fokus auf die Rennfahrer und weitere beteiligte Personen werfen.
Expanding horizons lautet dann die Überschrift zu den Jahren 1959-60 und zeigt eine hohe Vielfalt in den eingesetzten Fahrzeugen. So kamen nicht nur die reinen Rennwagen von Ferrari zum Einsatz, sondern auch die diversen GT-Modelle. Wenn mann heute die Bilder eines 250 GT California auf der Rennstrecke erblickt und um den ungefähren Wert der Fahrzeuge weiß, scheint dies allerdings fast unglaublich. Aber Chinetti bot den Ferrari-Käufer ja auch immer die Möglichkeit die Fahrzeuge im Rennen zu bewegen und viele nutzen diese Möglichkeit in ihrem neuen fahrbaren Untersätzen.

Beachtlich ist auch der hohe Anteil an Farb-Aufnahmen, vor allem in den frühen Jahren.

Zur Saison 1962 änderte sich das Reglement und teilte die Rennwagen im Langstrecken-Sport in Experimental und GT, so dass nun auch eine breite Masse an Fahrzeuge Sieg-Chancen hatten. Durch die enge Verbindung mit Ferrari hatte N.A.R.T. zudem immer Zugriff auf die neusten Rennwagen und konnte hiermit die Konkurrenz oftmals auch schlagen. Die Anzahl der Farbaufnahmen ist für diese Zeit übrigens beachtlich und steigert sich stetig. Schon im Jahr 1960 setzte man auch auf die kleinen Fahrzeuge von OSCA, die sich neben den vielen Ferrari ebenfalls im Bild zeigen. Die Texte hingegen geben die vielen Rennen immer sehr prägnant wieder und damit erfüllt der Buchtitel sprichwörtlich seinen Sinn. Denn lange Ausführungen sind bei der Masse auch kaum möglich, so dass man sich häufig eher wie in einer Aufzählung statt in einem Fließtext fühlt. Aber die wichtigsten Ereignisse werden selbstverständlich auch umfassender dargestellt. Dies gilt ebenso für die Entwicklung in den Firmen von Luigi Chinetti, die wichtig waren um die Hintergründe zu verstehen. Als die FIA den 250 LM nicht als Evolution des 250 GTO anerkennen wollte und diese daher in der Prototypen-Klassen antreten musst brachte dies einen Bruch zwischen Ferrari und der internationalen Rennorganisation. Dies eskalierte soweit, dass Ferrari dem Formel 1-Rennen in Watkins Glen offiziell fern blieb. Stattdessen wurden die nun in N.A.R.T.-Farben lackierten Rennwagen auch von diesem Team eingesetzt. Somit konnte Ferrari sich offiziell nicht am Start zeigen, aber seine Fahrzeuge fuhren trotzdem mit.
1965 kam dann der Le Mans success for NART, wie auch die Überschrift zum fünften Kapitel lautet. Mit einem vermeintlichen Altwagen in Form des 250 LM stand N.A.R.T. mit den Fahrer Masten Gregory und Jochen RIndt am Start. Eigentlich hatte man keine Chance auf den Sieg, denn diesen erwartete man vom 330 P2 oder gar den Ford GT40, aber alle gestarteten Wagen dieser Typen fielen aus und somit konnte das durchaus begabte Rennteam und seine -fahrer einen unerwarteten Sieg feiern. Auch die durchaus interessante, aber unbestätigte Geschichte des Einsatzes von Ed Hugus während des Rennens findet sich im Buch wieder. Erzählt hierbei aus verschiedenen Sichtweisen ohne vollständig aufklären zu können.

Endstufe des Renn-Berlinetta Boxer war der 512 BBLM, mit dem man natürlich auch in Le Mans antrat.

Ende der 1960er Jahre entstanden bei Ferrari sehr interessante Prototypen, aber man ging immer mehr dazu über die wenigen Modelle im Werkseinsatz zu nutzen. So blieb für N.A.R.T. oft nur der Einsatz von nicht aktuellen Modellen, welches die Chance auf einen prestigeträchtigen Gesamtsieg deutlich schmälern sollte. Dennoch konnte das Team immer wieder erstaunliche Ergebnisse einfahren und sorgte auch für den Renneinsatz des ASA 1000 GT, der von Enzo Ferrari entwickelt wurde. Und der Rennsport wurde auch immer kostenintensiver, wenn man an der Spitze mithalten wollte. Dies belegen die Anschaffungskosten der Rennwagen, welche im Buch auch offengelegt werden. Mit dem 512S und dem 512M stellte Ferrari noch zwei letzte Modelle für die Langstrecken-Rennen her, ehe man sich zum Rückzug entschloss. Schon die Niederlagen gegen den Ford GT40 waren schwer zu verkraften, aber mit dem Porsche 917 kam erneut ein übermächtiger Gegner auf die Rennstrecke. Das Werk konzentrierte sich so fortan auf die Formel 1. Für N.A.R.T. eine schwierige Situation, aber keine von der man sich unterkriegen ließ. So war man mit den 365 GTB4 erfolgreich und stand auch in der legendären CanAm am Start. 1975 war ein weiteres Jahr in dem einiges passieren sollte, denn man versuchte den neuen 365 GTBB rennreif zu machen. Dazu wollte man auch, wie in jedem Jahr, in Le Mans antreten. Aber Unstimmigkeiten über die Einstufung des unterschiedlichen Modelle führte dazu, dass Chinetti seinen Einsatz kurz vor dem Start des Rennes noch zurückzog. Es entstand ein Riesenchaos, in dem es auch zum ersten und bis heute einzigen, illegalen Start in Le Mans kam.
Noch bis 1983 war N.A.R.T. aktiv und trat zum Schluss mit einem 512 BBLM an. Leider konnte man in den letzten Jahren nie mehr an die großen Erfolge anknüpfen.

Fazit: N.A.R.T. ist eine Buchstabenkombination welche viele Motorsport-Fans auch heute noch aufhorchen lässt. Und auch Luigi Chinetti war ein echtes Original, der schon vor dem Krieg selbst zweimal das 24 Stunden Rennen in Le Mans als Fahrer gewinnen konnte. Somit ist ein Buch zu diesem Thema fraglos interessant und führt über einen beachtlichen langen Zeitraum des Motorsports. Im Buch kann man vieles entdecken, was auch an den in großer Anzahl platzierten Bildern liegt. Die Rennwagen von N.A.R.T. stammten fast ausschließlich von Ferrari und fuhren oft sehr erfolgreich mit. Neben vielen Reglements-Änderungen war auch der Rückzug von Ferrari aus dem Langstreckensport für den Untergang von N.A.R.T. mitverantwortlich. Aber auch die notwenigen finanziellen Mitteln für erfolgreiche Renneinsätze wurden immer höher, so dass private Teams nach und nach verschwinden sollten.
Umgerechnet knapp 67 Euro sind für das Buch zu offiziell zu bezahlen, dies ist allerdings nur eingeschränkt nötig, da in Großbritannien keine Buchpreisbindung gilt. So sind 40 Euro eher realistisch und dann auch passend zum gebotenen Inhalt und Umfang.

Bibliografie:
Titel: N.A.R.T. – A concise history of the North American Racing Team 1957 to 1983
Autor: Terry O’Neil
Umfang: 256 Seiten, 295 Abbildungen
Format: 248 x 248 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 10/2015
Preis: £60.00
ISBN-Nr.: 978-1-845847-87-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.veloce.co.uk

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Darin Schnabel ©2017 Courtesy of RM Sothebys
, Veloce Publishing, Marco Rassfeld

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