Buch – Die Jean Bugatti Story

Ettore Bugatti hat seinen Platz in der Hall of Fame der wichtigsten Menschen rund um das Automobil sicher. Auch heute noch ist der Name vielerorts bekannt und jeder kann den geborenen Italiener mit dem Erfolg der Marke mit seinem Namen und dem Sitz im französischen Molsheim verbinden. Aber auch sein Sohn Jean war für einige, erfolgreiche Entwicklungen von Bugatti verantwortlich und dies nimmt der Leiter des Bugattimuseums in Altlußheim zum Anlass für ein Buch …

Eine Dokumentation kann man noch in großen Buchstaben auf dem Buchtitel entdecken und auch die Begriffe Design, Technik, Aerodynamik und Show finden sich mit je einer passenden Abbildung wieder. Als Aufmacher-Bild kann man Jean Bugatti neben einer seiner bekanntesten Kreationen entdecken – dem T57 Atlantic. Auch die Unterschrift von Jean Bugatti und das Logo der Marke finden sich noch auf der Titelseite wieder und machen diese somit schon recht komplex. Das gewählte Format entspricht fast dem klassischen DIN A4 und die Dicke des Buches sorgt sofort für den Eindruck das sich ein gewaltiger Inhalt im Buch verbirgt. Auf der Rückseite findet sich dann noch ein weiteres Bild einer besonderen Konstruktion von Jean Bugatti und ein Klappentext wieder. Dieser verweist nochmals auf die besondere Berücksichtigung des Einflusses von Jean Bugatti auf die Produktion der letzten, französischen Bugatti für einen langen Zeitraum. Das Buch wird von einem Schutzumschlag umgeben, aber das eigentliche Buch nimmt das Layout von diesem auf. Auf den Klappen vom Schutzumschlag findet sich dann jeweils noch ein Bild von einem lächelnden Jean Bugatti, der somit quasi die Leser durchaus freundlich begrüßt.

Noch ehe man das Inhaltsverzeichnis finden kann, folgt ein kurzes Vorwort vom Autor und eine Doppelseite welche nochmals mit einigen Bilder und wenig Text darlegen möchte wer Jean Bugatti war. Das man hier auch die sehr schlichte Visitenkarten von Jean Bugatti entdecken kann, verdeutlicht schon hier die hohe Leidenschaft mit der dieses Buch zusammengestellt wurde. Der Inhalt gliedert sich dann in neun Kapitel, von denen gleich vier den Namen Jean Bugatti in der Überschrift tragen.
Auf die Wurzeln einer Dynastie blickt dass Buch dann aber zunächst im ersten Kapitel. Hier kann man die italienische Herkunft der Künstlerfamilie Bugatti nachvollziehen und entdeckt das Giovanni Luigi Bugatti ebenso wie Leonardo da Vinci an einer Perpetuum Mobile arbeitete. Der Urgroßvater von Jean Bugatti war darauf versessen diese Maschine zum Laufen zu bringen und setzt dabei das gesamte Vermögen seiner Familie aufs Spiel. Dies sorgte für einen Riss innerhalb der Familie, welcher vor allem für den einzigen Sohn Carlo ein tiefer Einschnitt war. Trotzdem folgte dieser mit einem Studium in Architektur und Design in Mailand in die Fussstapfen seines Vaters, der eben neben der künstlerischen Ader auch in der Konstruktion seine Stärken hatte. Das Buch stellt dann noch auf einer Doppelseite den Stammbaum der Bugattis vor. Hier finden sich alle Familienmitglieder seit Carlo Bugatti und seiner Frau Teresa, geb. Lorio bis heute wieder. Es folgen noch einige Porträts ausgewählter Familien-Mitglieder die einen Einfluss auf Jean und auch die Marke Bugatti haben sollten.

Hier darf natürlich auch sein Vater Ettore nicht fehlen, bei dem sich zudem auch die wichtigsten Fahrzeuge wiederfinden, welche von dem genialen Konstrukteur realisiert wurden. Hierbei finden sich auch frühe Werke für Marken wie De Dietrich, Mathis oder Deutz wieder für die Ettore vor der Gründung seiner eigenen Firma im französischen Molsheim aktiv war. Natürlich nimmt auch schon in diesem ersten Kapitel Jean Bugatti einen gewichtigen Platz ein und der Leser erfährt viel über den 1909 im Köln geborenen Gianberto Carlo Rembrandt Ettore Bugatti, wie er mit vollem Namen hieß. Schon nach kurzer Zeit etablierte sich aber der Rufname Jean. Neben einer ersten groben Übersicht auf die Modelle, welche Bugatti unter der Leitung von Jean im Angebot hatte, folgt noch der Werdegang und auch ein Blick in das Familienalbum der Familie. Jean Bugatti wurde nur 29 Jahre alt und umso beeindruckender ist sein Einfluss auf die Marke und seine Stationen im Werk Bugatti. Zum Abschluss von ersten Kapitel findet sich dann noch eine tabellarischen Übersicht der Baureihen aller Bugatti-Automobile von 1910 bis 1952 wieder.
Die Anfänge der Marke Bugatti werden dann im folgenden Kapitel vorgestellt. Hier finden sich unterschiedliche Modelle vom ersten Typ 10 bis zum Typ 40 wieder und werden einzeln vorgestellt. Auch die Entwicklung des Bebé für Peugeot oder die Konstruktion von Flugzeug-Motoren im ersten Weltkrieg finden sich hier wieder. Nach diesem Krieg stellte Bugatti mit dem Typ 30 auch sein erstes Achtzylinder-Automobil vor und wollte damit mehr Leistung für seine Fahrzeuge erreichen. Mit dem Typ 35 gelang Jeans Vater schließlich sein Meisterstück und der Rennwagen wurde zu einem der erfolgreichsten Modelle überhaupt. Mit 19 Jahre werkelte Sohn Jean dann schon an einer besonderen Karosserie für seine Schwester Lidia auf Basis des Typ 40 und wurde immer mehr in die Firmenabläufe integriert.

Jean Bugatti übernimmt Verantwortung lautet dann die passende Überschrift zum dritten Kapitel. Für den unglaublichen Typ 41 Royale entwirft Jean Bugatti die Karosserie mit dem Namen Napolèon Coupé, welche bis heute die meistgezeigte und beeindruckenste Variante des extrem großen Typ 41 darstellt. Dieser trug im übrigen die bis heute bekannte Kühlerfigur in Form eines von Rembrandt Bugatti künstlerisch geformten Elefanten. Auf die wenigen hergestellten Exemplare des Royale geht das Buch dann ebenso ein wie auf die verwendete Technik. Der Erfolg des extrem luxuriösen Royale bleib allerdings aus und drohte auch die Firma Bugatti zu ruinieren – einige Parallelen zu seinem Großvater kann man hier bei Ettore durchaus entdecken. Doch die Verwendung der schon hergestellten Motoren in einem Zug war dann ein geschickter und auch finanziell erfolgreicher Streich. So wurde für die französische Staatseisenbahn der Auto Rail mit den potenten Motoren ausgerüstet. Man verwendete pro Triebwagen gleich zwei oder gar vier Motoren und konnte somit auch einen neuen Schienenrekord mit 196 km/h aufstellen. Somit stieg auch das Ansehen von Bugatti als Motorenbauer, was sich natürlich auch auf die Verkaufszahlen der Automobile niederschlug.
Der große Durchbruch gelang Jean Bugatti dann mit der Einführung des Typ 50, in dem ein von ihm konstruierter Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen verbaut wurde. Mit dieser Konstruktion sorgten die amerikanischen Rennwagen von Miller für Furore und zur Analyse der Technik erwarb Bugatti einige dieser Modelle. Neben der Technik wurde aber auch das Design immer mehr modernisiert und Jean Bugatti war auch für einen Teil der neuen, betont schwunghaften Karosserien des Typ 50 verantwortlich. Sein Einfluss war nun also an allen Stellen zu erkennen und beeindruckte sehr.

Mit dem Typ 57 befand sich Jean Bugatti im Höhenflug und schuf beeindruckende Automobile, welche die Marke Bugatti an die Weltspitze befördern sollten. Es gab hier viele ausgefallene Kundenwünsche bezüglich der Karosserie, von den sich viele im Buch auch im Bild wiederfinden. Neben Bugatti war vor allem Gangloff für einen Großteil der Karosserien des Typ 57 verantwortlich und eine Tabelle gibt einen Überblick über die Karosserien-Typen und die hergestellte Anzahl in den einzelnen Jahren von 1934 bis 1939. Dazu finden sich auch noch ein Überblick über die technischen Entwicklungen und die Preislisten des erfolgreichen Typs im Buch wieder. Detailliert werden die unterschiedliche Serien noch vorgestellt und auch die wichtigsten technische Bestandteile werden umfangreich präsentiert. Mit einer besonders aerodynamischen Karosserie war der Typ 57 G auch auf der Rennstrecke erfolgreich und gewann unter anderen auch das 24 Stunden Rennen in Le Mans. Bei einer Testfahrt mit einem solchen Modell ist Jean Bugatti dann am 11. August 1939 tragischerweise tödlich verunglückt und hinterließ eine nicht zu füllende Lücke.
Letzte Versuche die Marke Bugatti in schwierigen Zeiten während und nach dem zweiten Weltkrieg wieder zu beleben schlugen durch Ettore und Roland Bugatti fehl. Nach dem Typ 252 war der letzte Versuch die Marke zu neuem Ruhm zu verhelfen endgültig ausgeträumt.
In den nun noch verbleibenden Kapiteln blickt das Buch noch auf die Geschichte nach dem Konkurs im Jahr 1963 und zeigt unter anderem den Versuch vom Italiener Romano Artioli die Marke in den 1990er mit dem EB 110 wieder aufleben zu lassen. Dieses gelang im großen Stil schließlich erst unter der Regie von Volkswagen. Es folgt noch ein Blick auf das Bugatti-Museum und schließlich endet das Buch mit den Danksagungen und einem Schlusswort vom Autor.

Fazit: In seinem kurzem Leben schuf Jean Bugatti wirklich Beeindruckendes, kann aber bis heute den großen Schatten seines Vaters Ettore nicht überstrahlen. Das Buch legt den Fokus deutlich auf die Einflüsse von Sohn Jean auf die Modelle und Entwicklungen der Marke, welche mit der Einführung von zwei obenliegenden Nockenwelle einen besonderen Meilenstein darstellen sollten. Zudem war die künstlerische Ader ebenfalls besonders ausgeprägt, wie der immer wieder beeindruckende Atalante eindrucksvoll beweist – und dies bis in die Gegenwart. Das Buch liefert aber auch einen Überblick über die gesamte erste Phase der Marke Bugatti, welche 1910 begann und erst mit dem typ 252 enden sollte.
Schade ist aber das das verwendetet Layout zu dem anspruchsvollen Inhalt nicht recht passen möchte und doch recht robust und altbacken daher kommt. Die hohe Faszination des Autors für die Arbeiten Bugattis sind aber allgegenwärtig und rücken so auch das Design des Buches ein wenig in den Hintergrund.
Der Preis von knapp unter 100 Euro ist recht hoch angesetzt, sollte aber die Fans der Marke kaum abschrecken. man erhält eine unverzichtbare Übersicht über die erste Phase der Marke Bugatti, welche bis heute von diesem Mythos lebt.

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Museum Autovision, Bugatti, Marco Rassfeld