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Buch – An English Car Designer Abroad

Designing for GM, Audi, Porsche and Mazda – für welche Hersteller der englische Autodesigner Peter Birtwhistle aktiv war, lässt sich dem Untertitel des Buches entnehmen. Mit diesem hat er seinen autobiografischen Rückblick realisiert. Bei Veloce Publishing ist vor kurzem der neuer Titel von Peter Birty Birtwhistle erschienen, der auf eine bewegte Karriere in der Auto-Design-Szene zurückblicken kann.

Eine Auswahl an Autos an deren Entstehung Birty beteiligt war, findet sich auf dem Titel.

Das Buch ist im Hochformat ausgeführt und kommt dabei nicht zu groß daher. Damit stellt es in der Reihe der Veloce Bücher schon ein Besonderheit dar und zudem kann auch schon beim ersten Blick die Stärke beeindrucken. Auf dem Titel finden sich dann vier Modelle wieder, an denen Birty, wie er oftmals genannt wurde, mitgearbeitet hat. So findet man den Vauxhall Chevette 2300 HS, den Audi sport quattro, den Rennwagen-Ableger des Porsche 959, den 961 und schließlich ein Mazda MX-5 verdeutlichen durchaus eine Affinität zum sportlichen Automobil. Zugleich zeigen sie aber auch eine bemerkenswerte Bandbreite der Arbeiten, mit denen sich Birty auseinandersetzen konnte. Der Hintergrund bildet dann ein rotes Kreuz, welches scheinbar auf die englische Herkunft des Autors hinweist, denn auch des Wort English strahlt in einem passenden Rotton. Auf der Rückseite finden sich die gleichen Seitenzeichnungen der Autos vom Titel wieder und der Klappentext gibt einen ersten Hinweis, was den Leser erwartet. So kann man sich auch auf Zeichnungen und Fotos aus dem privaten Archiv des Autors erfreuen und auch das private Leben findet sich im Buch wieder.

Bei Vauxhall fand Birty nach seinem Studium seine erste Anstellung.

Nach dem Aufschlagen findet man dann schnell das Inhaltsverzeichnis wieder, welches das Buch in drei Teile und stattliche 35 Kapitel unterteilt. Im Vorwort gibt Birty dann einen kurzen Blick auf die Gründe für die Entstehung des Buches und legt zugleich offen, dass er keinerlei Probleme damit hat für viele bis heute kaum bekannt zu sein. Gerade diese Tatsache macht das Buch aber umso interessanter, denn zu den Star-Designer gibt es viele Bücher. Das er dazu noch selbst für das Buch verantwortlich zeichnet ist ebenfalls ein Punkt der positiv hervorgehoben werden muss. Seit Ende 2014 wurde an dem Buch gearbeitet und etwas mehr als fünf Jahre später ist es schließlich endlich vollendet. Da sich die persönlichen Entwicklungen mit den beruflichen immer wieder schneiden im Leben, kann der Leser auch hierzu einiges über Birty erfahren.
Und so startet Part 1: Education mit der Geburt von Peter und seinem Zwillingsbruder Roger, die am 7. März 1951 in Reading zur Welt kamen. Schon früh wird deutlich, dass man einen ungeschminkten Eindruck in das Leben von Birty erhalten wird, denn mit einigen Details würde sicher nicht jeder hausieren gehen. So ist der Text durchaus amüsant zu lesen und sicher werden sich einige auch in Teilen wiederfinden. Ob nun die Ungleichheit zu seinem Bruder oder die Erfahrungen mit seinen Geschwistern, um nur zwei Beispiele zu nennen. Auch die schulische Laufbahn wird eingehend beschrieben und man kann gar einige Fotos aus dem Familienalbum entdecken. Natürlich fehlen auch die ersten Erinnerungen an prägende Begegnungen mit Automobilen der Zeit nicht, wobei der E-Type sich offensichtlich tief in das Bewusstsein einprägen sollte.

In Deutschland erlebte er den Aufstieg von Audi zu Premiummarke mit.

Schnell machte sich die künstlerische Ader von Birty bemerkbar und sorgte für die Einschreibung im Berkshire College of Art. Wenig später aber konnte er die Jury zu Aufnahme des international angesehenen Royal College oft Art (RCA) überzeugen und das obwohl er die eigentlich notwendige Altersgrenze unterschritt. Durch den Einfluss der amerikanischen Hersteller in England wurde ein spezieller Kurs für angehende Automobil-Designer verwirklicht, denn nach dem verheerenden zweiten Weltkrieg waren sowohl Ford, als auch General Motors und Chrysler dort mit einer Dependance vertreten. Da das amerikanische Design für den europäischen Geschmack nicht wirklich kompatibel waren, suchte man stetig nach jungen Nachwuchskräften. Und so wurden alle Studenten auch von einem Hersteller unterstützt, wobei Birty sich eine Anstellung bei Chrysler sichern konnte. Eine spannenden Zeit aus der Birty noch einige tolle und auch verrückte Anekdoten erzählen kann.
Part 2: Luxon to Leonberg beschreibt dann die Phase in der Anfangsjahre in der realen Arbeitswelt erleben durfte. Nachdem sich eine Weiteranstellung bei Chrysler nicht ergab oder auch wenig sinnvoll erschien konnte Birty zunächst Vauxhall von seinen Fähigkeiten überzeugen. Mit dem Ventora V8 war eine Luxusvariante der Victor-Baureihe geplant, welche aber durch den Ausbruch der Ölkrise nicht realisiert wurde. Entsprechende Zeichnungen und Abbildungen der Modelle zeugen von einen gelungen Stil. Bei Vauxhall lernte Birty auch bekannte Personen wie Geoff Lawson oder gar Bill Mitchell kennen, welche natürlich auch einen nicht zu verachtenden Eindruck hinterließen.

Eine Stippvisite bei Porsche brachte interessante Skizzen zu Tage.

Nachdem Birty noch an der Sportversion des Chevette beteiligt war, wurden die Einflüsse durch den amerikanische Mutter mehr. So konzentrierte man sich auf Opel in Deutschland. Die Schwester von Vauxhall sollte nun die zukünftigen Modelle entwickeln und als Vauxhall wurde dieser nur geringfügig geändert angeboten. Diese Aussichten auf reines Badge-Engineering waren für einen Designer natürlich wenig hoffnungsvoll. So zog Birty weiter nach Deutschland, wo er bei der Audi NSU AG ein entsprechendes Potential erkannte. Hier kam er in die Phase wo niemand geringeres als Ferdinand Piëch die Marke in höheren Markt-Segmenten positionieren und etablieren wollte. Die Entwicklung des extrem aerodynamischen Audi 100 C3 war schon im Gange und verdeutlichte schnell die Ansprüche welche Piëch an die Designer hatte. Er wollte ein bestmögliche aerodynamische Effektivität um jedem Preis um diese Eigenschaft dann auch als Verkaufsargument und Besonderheit zu promoten. Natürlich brachte der Umzug nach Deutschland einige Besonderheiten mit sich, die für einen Engländer unverständlich erschienen. So ist das förmliche „Sie“ dort gar nicht bekannt und machte die Eingewöhnung sicher nicht leicht. Wieder war es mit dem Audi sport quattro ein Sportmodell, bei dem sich Birty austoben durfte und bei dem Modell-Optimierung in der Schweiz erlebte er wieder einige unfassbare Anekdoten. Mit dem V8 strebte Audi, immer noch unter der Regie von Piëch, dann nach der absoluten Luxusklasse und auch hier war Birty involviert, wobei sich die Möglichkeit ergab bei Porsche anzufangen.

Lange Jahre verbachte er bei Mazda und war in Oberursel beschäftigt.

Bei Porsche hier kam er mit weiteren, prägenden Designer zusammen wie Tony Lapine. Aber die Aussichten bei Porsche waren in jeden Jahren wenig rosig und schließlich sollte sich bald wieder der Arbeitgeber ändern.
Part 3: 60 times to Hiroshima beschreibt dann die Reise eines englischen Automobildesigners bei einem japanischen Hersteller, der ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum im deutschem Oberursel aufbauen wollten. Birty konnte einige seiner Kollegen von Porsche überzeugen diesen Weg gemeinsam zu gehen und so erhält man im letzten Kapitel weitere interessante Episoden aus seinem Leben. Gerade die Erzählungen der ersten Besuchen in Japan sorgte hierbei für unfassbare Szenen in denen sich ein paar Europäer mit den ungewohnten Kultur und den Gegebenheiten vor Ort arrangieren mussten. Auch das Forschungs- und Entwicklungszentrum in den USA wurde besucht und dort konnte man einen ersten Blick auf den kommenden Nachfolger des Wankel-Sportwagens RX-7 werfen. Doch der vermeintliche Abstand wurde im Laufe der Jahre zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Die erste Aufgabe war die Entwicklung von drei Modellen, die unter einer neuen Luxus-Marke den kommenden Auftritt von Toyota mit Lexus kontern sollten. Die gezeigten Modelle sind durchaus interessant, wurden aber schließlich nicht verwirklicht. Das erste Modell, welches dann in Deutschland entwickelt wurde war die Studie eines Vans, die bei der Eröffnung des Standortes präsentiert wurde. Es folgten viele weitere Modelle im Laufe der Reihe bis hin zum aktuellen MX-5 und der Leser kann auch im letzten Teil des Buches noch vieles entdecken.

Fazit: Eine Lebensgeschichte eines kaum bekannten englischen Autodesigner scheint durchaus riskant, aber das Buch ist fraglos ein Highlight für Automobil-Liebhaber. Zwar findet sich außerordentlich viel Text im Buch wieder, aber die ungeschminkte Wiedergabe der Ereignisse sind extrem lesenswert. Dazu kommen einige Bilder, welche für viele Leser sicher das ein oder andere unbekannte Modell zeigen. Diese sind zwar zumeist recht klein ausgeführt, aber wecken fraglos auch die Neugier. Auch finden sich viele berühmte Namen im Buch wieder, die Birty während seiner Karriere nach und nach prägten.
Für ungerechnet knapp über 40 Euro kann man einen ehrlichen Blick zurück auf 40 Jahre Automobil-Design erhalten. Eine Perle unter den Automobil-Büchern!

Bibliografie:
Titel: An English Car Designer Abroad – Designing for GM, Audi, Porsche and Mazda
Autor: Peter Birtwhistle
Umfang: 256 Seiten, 268 Abbildungen
Format: 207 x 250 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 03/2020
Preis: £37.50
ISBN-Nr.: 978-1-787114-70-8
Bestellbar beim Verlag unter: www.veloce.co.uk

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Mazda, Veloce Publishing, Marco Rassfeld