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Buch – Wie man ein Auto baut

Adrian Newey ist einer der herausragenden Ingenieure, welche die Rennwagen der Formel 1 über seine aktive Zeit nachhaltig geprägt hat. Mit immer wieder außergewöhnlichen Konstruktionen sorgte er gleichfalls für Aufsehen und Erfolg. Im österreichischen Pantauro Verlag von Benevento Publishing ist die Biografie von Newey erschienen, welche sein Leben und Wirken reflektieren soll.

Eine durchaus edle Aufmachung zeigt das Können von Red Bull.

Das Buch ist für eine eher textlastige Umsetzung im recht großen Hochformat ausgeführt und verfügt zudem über einen Schutzumschlag. Die Farbgebung orientiert sich augenscheinlich an den Rennwagen von Red Bull Racing, für dessen Erfolg Newey maßgeblich mitverantwortlich war. Auch am abgebildeten Verlags-Logo zeigt sich der Bulle und verdeutlicht die Verbindung zum großen Medienkonzern. Das die Experten ihr Handwerk verstehen wird dann beim Blick auf den Schutzumschlag deutlich. Auf den ersten Blick scheint nur eine schlichte Silhouette eines Formel 1-Wagen das Titelmotiv zu sein, aber durch einen geschickte partielle Lackierung lassen sich auch unterschiedliche Konstruktionszeichnungen entdecken. Dreht man das Buch im Licht, so sind diese klar und deutlich zu erkennen. Auch die leuchtende, orange-rote Kontrast-Farbe zum dunkelblauen Hintergrund sorgt für einen hohe Aufmerksamkeit. Auf der Rückseite finden sich neben einem kurzen Klappentext auch noch Zitate von angesehnen Medien zu Adrian Newey wieder, welche einen ersten Eindruck seinen Wirkens zulassen. Ohne Schutzumschlag ist der Bezug dann vollkommen ohne Text ausgeführt und zeigt die Konstruktionszeichnung in einen etwas heller Blauton. Somit kann das Buch mit einer sehr gelungenen Gestaltung, der für den Verkauf wichtigen Außenseiten überzeugen und schafft ein erstes Highlight.

Auch einige Aufnahmen aus der Jugendzeit von Newey finden sich im Buch wieder.

Auch der Vorsatz zeigt nach dem Aufschlagen nochmals die Zeichnungen, ehe das Inhaltsverzeichnis einen ersten Überblick über den Inhalt gibt. Das Buch teilt sich in elf „Runden“, bei denen je ein Rennwagen aus der Historie von Adrian Newey namensgebend ist. So findet man hier, neben Red Bull auch weitere elitäre Namen wie March, McLaren oder Williams wieder. Für Motorsport-Begeisterte geht sicher hier schon das erste Mal vor lauter Vorfreude das Herz auf.
Im Prolog erinnert sich Newey dann vorab zunächst an seinen ersten Einsatz hinter dem Lenkrad eines Formel 1-Rennwagens. Im Jahr 1993 stieg Newey für einen Veranstaltung von seinem damaligen Arbeitgeber Williams in das Cockpit des damals aktuellen FW15. So machte der Ingenieur erste Erfahrung in seinem Rennwagen aus der Sicht der Fahrer, welches in einer kurzlebigen Art und Weise mit dem gut geschriebenen Text wiedergegeben wird. Dieser Stil zeigt sich im ganzen Buch, so dass man oftmals das Gefühl hat Newey erzählt einem persönlich die Geschichte seines Lebens.
Am Start lautet dann der erste, größere Abschnitt im Buch, welche aber noch nicht zu den oben genannten Runden zählt. Schließlich erfährt man hier den Weg Newey hin zum Rennwageningenieur. So legte Newey schon früh die Basis für seine Leidenschaft für schnelle Automobile an der sicher auch die Fahrzeuge des Vaters mit Schuld waren. Auch die damaligen frühen Eindrucke von diversen TV- und Kino-Abenteuern verfestigten den Wunsch danach in der Zukunft schnelle Fahrzeuge zu konstruieren. Wenig später strebte er dann nach einem Job in der Königsklasse des Rennsports – der Formel 1. Diese Ziel wollte er unbedingt erreichen und setzte sich nachhaltig auf dem notwendigen Weg dorthin ein. So studierte er Luft- und Raumfahrttechnik, denn hier hoffte er die Basis-Kenntnisse der Aerodynamik und auch des Leichtbaus zu erlernen.

Mit dem IndyCar für March schuf Newey schon früh eine beeindruckende Konstruktion.

Schließlich geht das Buch dann auf die motorsportliche Reise mit der ersten Runde oder Wie man einen Marco 83G baut. Die erste Anstellung trat Newey beim Fittipaldi Formel 1-Team an, welches erst kurz zuvor durch die Fusion von Fittipaldi Automotive und Wolf Racing entstanden war und seinen Sitz in Reading hatte. Eingestellt wurde er im übrigen von Harvey Postlethwaite, der unter anderem durch seine Erstkonstruktion der hohen Nase an einem Formel 1-Rennwagen berühmt wurde. Die Entwicklungen liefen aber nicht gut, so dass das Team bald am Abgrund stand und der Assistent-Aerodynamiker sich nach einer neuen Stelle umsehen musste. Durch seine ehemaligen Kollegen konnte er zwischen March und Lotus wählen, wobei die Aufgabe bei March ihn mehr reizen sollte. Hier bekleidete er zwei Stellen – am Wochenende Renningenieur und unter Woche als Technischer Zeichner in der Entwicklungsabteilung. Zwar durchaus ein Abstieg, aber Newey erhoffte sich hierdurch nochmals andere Impulse. Bei seinem ersten Einsatz betreute er Christian Danner in der Formel 2, der in aussichtsreicher Position aber ausschied. Schon kam es zum schnellen Break zwischen den beiden und fortan war Johnny Cecotto sein Rennfahrer. Diese wurde durchaus erfolgreich und Newey lernte einige Tricks für sein kommendes Leben. In der Entwicklung wurde er dann mit dem Karosseriekonzept zum kommenden GTP-Rennwagen von March beauftragt. Hier überarbeitete er das bestehende Konzept und konnte schnell Erfolge in der amerikanischen IMSA-Rennserie einfahren.
Es folgte die Konstruktion eines IndyCar-Rennwagens, zunächst in Form des 85C, welcher der erste Rennwagen werden sollte, den Adrian Newey komplett selbst entwerfen konnte. Tatsächlich gelang mit diesem Wagen der Gewinn der Meisterschaft im Jahr 1985 inklusive dem Erfolg bei den legendären Indy 500. Trotz diesen enormen Erfolges wurde Newey wieder als Renningenieur bei den Kunden-Team von March eingesetzt und arbeitet hier mit vielen Größen der Szene zusammen.

Die immer wieder eingestreuten Zeichnungen zeigen tolle Details und Ideen.

Ebenso wie Newey strebte aber auch March die Rückkehr in die Formel 1 an und fand einen auch damals schon unverzichtbaren Geldgeber für die hochtechnologische Rennserie. Robin Herd, eine der Mitgründer von March Engineering fand den Unternehmer Akira Akagi, einem Koreaer welcher sein Geld durch Immobilienhandel in Tokio gemacht hatte. Unter anderem gehörte ihm auch das größste Kaufhaus in Tokio – Leyton House. Nachdem man im Jahr 1987 zunächst mit einem Formel 3000-Rennwagen mit Formel 1-Motor antrat war vor allem der March 881 für das Rennjahr 1988 ein überraschend unkonventionelles Fahrzeug, welche viele neue Lösungen erstmals vorstellte. Der Erfolg war für das kleine Team sehr gut und Newey prägte nun auch wieder seinen Ingenieurs-Namen in der Königsklasse des Motorsports. Doch schon 1990 zogen über Leyton House dunkler Wolken auf und abermals musste Newey sich nach neuen Möglichkeiten umsehen. Er hatte erneut die Wahl zwischen zwei Teams, zum einen Arrows und zum anderen Williams. Er beschloss schließlich aufgrund der bei Arrows auch angespannten, finanziellen Lage die Stelle bei Williams anzutreten. Hier sollte er Direktor für Forschung und Entwicklung werden.
So kommt es schon zu Runde 4 oder Wie man einen FW14 baut. Dies war der erste Rennwagen für den Newey bei Williams mitverantwortlich war. Natürlich nutzte er nun seinen vorhandenen Kenntnisse von den Leyton House-Rennwagen und strebte zudem die Realisierung eines Diffusor an. Der FW14 wurde zum Erfolgsmodell und zum ersten Mal konnte Newey mit seinem Team beide Weltmeisterschaften feiern und wiederholte dies auch in der folgenden Saison mit dem FW14b bzw. dem FW15. Für die Saison 1993 musste sich Newey wie des Öfteren mit einigen Regeländerungen auseinandersetzen und so entstand der FW16. Nachdem die beiden Weltmeister Nigel Mansell und Alain Prost der vergangenen beiden Jahren die Formel 1-Rennfahrer-Ikone Ayrton Senna zur Verzweiflung brachten, wechselte der Brasilianer zu Williams. Der Konkurrenzdruck war enorm und zum Erschrecken aller folgte in Imola 1993 eines der schlimmsten Rennwochenden der Formel 1-Geschichte. Nach einen schweren Unfall von Rubens Barrichello im Jordan im freien Training am Freitag folgte der Tod von Roland Ratzenberger im Simtek im Qualifying. Im Rennen folgte dann noch der Tod von Ayrton Senna, welches das Buch keinesfalls ausblendet, sondern vielmehr eingehend analysiert.

Die Entwicklung von Red Bull Racing zum Top-Team der Formel 1 hat auch Newey zu verantworten.

Nachdem Newey mehr Mitspracherecht bei Williams einforderte, aber von Patrick Head und Frank Williams nicht zugestanden bekam verließ er nach vielen erfolgreichen Jahren den Rennstall. Schon kurze Zeit später gingen die Erfolge schnell zurück.
Newey genoß in der Formel 1 aber durch die nun gezeigten Erfolge einen hohe Anerkennung und konnte sich nun als alleinverantwortlicher technischer Leiter bei McLaren nochmals etablieren. Wie man einen MP4 13 baut verrät in der siebten Runden des Buches die Entwicklung zur Saison 1998. Diese brachte abermals erhebliche Regeländerung zu Verlangsamung der Rennwagen mit sich. Doch die Genialität von Newey sorgte dafür, dass auch hier die Weltmeisterschaft der Fahrer und der Konstrukteure eingefahren werden konnte. Auch in Folgejahr konnte Mika Häkkinen sich den Fahrer-Titel sichern, der Konstrukteurs-Pokal ging aber an Ferrari. Diese sollten in den folgenden Jahre mit dem Ausnahme-Fahrer Michael Schumacher die Formel 1 beherrschen. Nach einigen Jahren überwarf sich Newey mit dem Ron Dennis und wurde förmlich auf die Straße gesetzt. Doch abermals hatte er noch eine weitere Option in der Hinterhand.
Es folgt die vermutlich erfolgreichste Zeit von Adrian Newey in der Formel 1, denn gemeinsam mit Christian Horner führte der das Team Red Bull Racing in wenigen Jahren an die Weltspitze. Das Team ging 2014 aus Jaguar Racing hervor und Newey stieß 2006 dazu um wiedermal mit ungewöhnlichen aber gleichfalls genialen Ideen einige Siegerwagen zu konstruieren.
Doch 2014 entschloss sich Newey mit dem Engagement in der Formel 1 bei Red Bull kürzer zu treten und hatte Optionen bei Mercedes oder Ferrari anzufangen. Stattdessen nutzte er aber seinen enge Verbundenheit zu Red Bull und wechselte zu Red Bull Advanced Technologies um sich um andere Ideen zu kümmern. Gänzlich los lässt ihn die Formel 1 aber bis heute nicht …

Fazit: Mit je zehn Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaften, welche die Rennwagen von Adrian Newey im Laufe der Jahren gewinnen konnten ist er fraglos einer der besten Konstrukteure der Geschichte. Seine Biografie blickt mit umfangreichen, aber erfreulich kurzweilig geschriebenen Texten noch über diese Erfolge hinaus und zeigt auch unbekannte Seiten des Engländers. Ob nun seine Jugendzeit im Kart, seine persönlichen Erlebnisse oder das Erreichen des zweiten Platzes in der Klasse der GT2 bei den 24 Stunden von Le Mans. Das Buch legt vieles offen und klärt auch extrem schwierige Fragen wie den Unfalltod von Ayrton Senna. Einige wenige Bilder liefern dazu eine kleine Auflockerung und Konstruktionszeichnung viele Details.
Bei den günstigen Preis von knapp unter 30 Euro ist das Buch schon heute ein Erfolge, denn aktuell befindet sich die dritte Auflage in der Produktion. Für alle Formel 1-Fans und angehenden Renningenieure eine unverzichtbare Lektüre.

Bibliografie:
Titel: Wie man ein Auto baut
Autor: Adrian Newey
Umfang: 420 Seiten
Format: 183 x 233 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 09/2018
Preis: 28,90 €
ISBN: 9783710500312
Bestellbar beim Verlag unter: www.pantauro.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Red Bull, Pantauro, Marco Rassfeld