Der VW Golf ist vor allem in Europa eines der beliebtesten Automobile und mittlerweile in der siebten Generation in der Produktion. Seit der Einführung des Golf I im Jahr 1974 hat sich viel getan und ein Buch aus dem Motorbuch Verlag versucht die lange Historie des Bestsellers aufzuarbeiten. Die VW Golf Story – Alle Generationen seit 1974.
Die englische Original-Ausgabe von Russell Hayes erschien im Verlag Behemoth aus Wincanton. Der Motorbuch Verlag hat das Buch aber nicht 1:1 übersetzen lassen, sondern durch Joachim Kuch wurde der Titel auch um einige Details erweitert und verfeinert. Dies erfährt der Leser im vorgelagerten Vorwort und somit kann sich der Leser auf eine „eingedeutschte“ Umsetzung mit der Berücksichtigung vieler Testberichte der bekannten, deutschen Magazine freuen. Die neusten Modellen wurde hinzugefügt und die zahlreichen Sondermodelle erwähnt. Zudem wurde das Buch um ein Kapitel rund um die sportlichen Ableger des Golf – Scirocco und Conrado ergänzt und mit nun 320 Seiten ist das Buch immerhin 32 Seiten stärker als das englische Original. Alle Änderungen wurden in Absprache mit dem Autor getroffen und umgesetzt.
Schließlich zeigt das erste Kapitel die Entwicklung zum Golf ab dem Jahr 1967. Die interessante Geschichte auf dem Weg zum Golf ist äußerst facettenreich und geprägt von unterschiedlichen Köpfen die in Wolfsburg am Nachfolger des Käfer beteiligt waren. Die unterschiedlichen Modellreihen neben dem Käfer bzw. Golf werden hier auch genannt und auch einige Entwicklungsaufträge finden sich in Wort und Bild wieder. Im gesamten Buch finden sich zudem grauhinterlegte Extrageschichten, die konkreter auf einzelne Themen intensiv eingehen. So finden sich im ersten Kapitel unter anderem die Themen Heinrich Nordhoff und die Entstehung der Stadt Wolfsburg wieder. Der Golf I findet sich im nächsten Kapitel wieder und zeigt alles rund um den neuen, im Vergleich zum Käfer revolutionären Kompaktwagen der schnell ein Erfolg wird. Der sehr komplette, aber nie langweilige Text führt den Leser durch die Geschichte und ein gesundes Maß an Bildmaterial liefert das Buch ebenfalls. Selbstverständlich bleibt weder das Cabriolet oder der Jetta unerwähnt, sogar Sondermodelle wie der GTI 16S für Frankreich finden sich wieder. Beeindruckend sind die vielen Zitate von Zeitzeugen, die die Authentizität ungemein steigern.
1983 erscheint die zweite Generation des Golf und durch die sehr hohe Qualität sind heute noch einige Exemplare im täglichen Einsatz. Mit der Generation kam zum ersten Mal im Golf der Allradantrieb syncro zum Einsatz ebenso wie ein 16-Ventil-Motor im GTI 16V. In der Ära übernahm Volkswagen zudem Seat und Skoda und somit entstanden schnell auch direkte Konkurrenzmodelle innerhalb des Konzerns. Zwei Eigenheiten bot der Golf II mit dem höhergelegten Golf Country und das mit G-Lader ausgestattete Homologationsmodell Rallye Golf.
Auch ein Blick in die Tuningszene und die Umbauten zu Cabriolets finden sich wieder.
Das Design der folgenden dritten Generation unterschied sich schon durch die Scheinwerfer deutlich von den Vorgängern und bot mit dem VR6 auch den ersten Sechszylinder unter der Motorhaube, die nur durch die äußerst kompakte Bauweise wurde der Einbau ermöglicht. Die sportliche Fraktion hingegen wurde beim dritten Golf ein wenig vernachlässigt und auch der erneute Einsatz eines Golf in der Rallye-WM kam nicht zustande. Der Jetta wurde zum Vento und neben einem neuen Cabriolet welches ab 1993 verfügbar war, konnte der Kunde im selben Jahr nun erstmals einen Kombi namens Variant erwerben. Durch die Einführung der TDI-Motoren gewann der Diesel immer mehr Marktanteile und mit dem Ecomatic verfügte er gar über eine automatische Motorabschaltung.
Unter dem Druck der Premiumhersteller wurde 1997 der Golf IV präsentiert und dieser verfügte über eine exzellente Qualität, die sich auch heute noch im täglichen Straßenbild widerspiegelt. Die Ansprüche waren gewachsen und auch die Sicherheit stand immer mehr im Vordergrund. Das Cabrio wurde durch kosmetische Maßnahmen an die neue Generation angepasst und mit dem New Beatle kam der Käfer zurück auf den Markt – auf Basis des Golf. Der GTI verkam immer mehr zur reinen Ausstattungsvariante und der erste Golf R, der neue technische Spitzengolf, wurde 2002 vorgestellt und verfügte über 241 PS und serienmäßigen Allradantrieb. Mit Audi A3, Seat Leon, Skoda Octavia und dem sportlichen TT wurden im Konzern weitere Modelle auf Golf-Basis umgesetzt.
Der Golf V schien auf den ersten Blick nur leicht überarbeitet war aber das erste Modell mit einer Mehrlenker-Hinterachte statt der bisher verwendeten Verbundlenkerachse. Durch den höher werdenden Druck der Konkurrenz vor allem in Form des fahraktiven Ford Focus war diese tiefgreifende Änderungen erforderlich. Das Fahrverhalten verbesserte sich erheblich, dies galt leider nicht für die gebotene Qualität. Der Innenraum glänzte vor allem mit viel Plastik! Im Modellzyklus erweiterte sich die Modellreihe um den Golf Plus und den Touran um keine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Technisch wurde die TDI immer besser und die Benziner wurde ebenfalls durch Direkteinspritzung zum FSI bzw. später zum TSI. Auch ein wieder sportlicher GTI wurde mit dem Golf V angeboten und der R32 richtete sich eher an die leistungshungrige aber komfortorientierte Kundschaft. Der Variant kam sehr spät, da Volkswagen hoffte durch Golf Plus und den Touran keinen klassischen Kombi mehr anbieten zu müssen. Der Eos war das Cabriolet auf Golf-Basis mit Blechdach dar und der Bora wurde wieder zum Jetta.
Der Golf VI wirkt wie ein Facelift des Vorgängers bot aber wieder einen großen Qualitätssprung und viele Features der Premiumklasse an. Für diese Baureihe wurde der noch junge Variant des Golf V am Vorderwagen angepasst. Beim Jetta wurden gar zwei unterschiedlichen Ausführung für USA und Europa produziert. Ein neues, klassisches Stoffdach-Cabriolet wurde wieder angeboten – sogar als GTI war es erhältlich. Der Golf R verzichtete zugunsten eines aufgeladenen Vierzylinders auf den bisherigen V6-Motor. Der Golf VI war nur von 2008 bis 2012 am Markt erhältlich.
Der aktuelle Golf der siebten Generation basiert auf die MQB-Plattform des Volkswagen-Konzern mit dem eine äußerst effiziente und kostenoptimierte Produktion unterschiedlicher Modelle möglich ist. Die Entwicklung des Bestseller Golf ist noch lange nicht am Ende …
Die Sportcoupés Scirocco in mittlerweile drei Generationen und der bis heute einmalige Conrade finden sich auch mit kurzen Beschreibungen in einem Extrakapitel wieder und runden das Buch ab. In zwei Anhängen werden noch die Elektro- und Hybridentwicklungen bis hin zum GTE und e-Golf wiedergegeben und auch die Einsätze im Motorsport werden nicht verschwiegen.
Fazit: Ein wirklich erstaunlich komplettes Buch über ein fast schon schnödes Alltags-Automobil. Jede Entwicklung wird mit der Zuhilfenahme von Zeitzeugen und zeitgenössischen Fahrberichten und Tests wiedergegeben und auch die Entwicklung für den wichtigen USA-Markt werden immer wieder beleuchtet. Durch ein klares Layout und anschaulichem Bildmaterial bleibt kaum ein Detail zum Golf verborgen. Lediglich die Berücksichtigung der ohne Frage vielen Sondermodelle ist nicht wirklich komplett. Der Blick auf die Coupés und den Motorsport sowie die alternativen Antriebe bieten eine gute Ergänzung. Technische Daten der Modelle liefert das Buch leider nicht, aber diese würden den noch kompakten Umfang wohl massiv sprengen.
Die technische Umsetzung von Druck und Bindung sind ohne Fehl und Tadel und bieten keinerlei Anlass zur Kritik.
Zum aufgerufenen Preis von 39,99€ erhält der Leser ein Buch mit vielen Geschichten rund um die Geschichte des Millionsellers Golf. Das Buch bietet mit 320 Seiten einen sehr umfangreichen Blick auf gleich sieben Generationen des Golf und auch die vielen Nebenschauplätze bleiben nicht unerwähnt. Tolles Buch und für Fans fast schon eine notwendige Standard-Lektüre.
Bibliografie:
Titel: VW Golf Story – Alle Generationen seit 1974
Autoren: Russell Hayes
Umfang: 320 Seiten, 70 s/w Bilder & 362 Farbbilder
Format: 230 x 265 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 09/2015
Preis: 39,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-613-03792-2
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Volkswagen, Marco Rassfeld
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