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Buch – Monteverdi – Geschichte einer Schweizer Automarke

Monteverdi – diesen Namen verbinden viele Autofans heute noch mit dem Rennsport und auch mit den in der Schweiz hergestellten Automobilen von besonderer Güte. Die hierzu bisher erschienen Bücher lassen sich an einer Hand abzählen und ein neues Buch verspricht einen umfassenden Blick auf die Geschichte einer Schweizer Automarke.

Das Buch kommt mit schlichten, roten Bezug auf dem lediglich das Monteverdi-Logo thront und der eigentliche Titel wird lediglich auf dem Buchrücken sichtbar. Es ist im relativ großen Format gehalten und bietet so ausreichend Platz für eine umfassende Aufarbeitung der Historie von Monteverdi. Die beiden renommierten Autoren Roger Gloor und Carl L. Wagner nutzen als Basis ihr bereits 1980 herausgebrachtes Buch über Monteverdi und reicherten es um weitere Fakten und Bilder an. Dazu gibt es weitere komplett neue Teile im Buch, die in dieser Form noch nicht veröffentlicht wurden. Herausgeber des neuen Buches ist niemand geringeres als Paul Berger, der Lebensgefährte von Peter Monteverdi. Zudem war Berger Geschäftsleiter von Monteverdi und bewahrt nach dem frühen Tod von Peter Monteverdi im Jahr 1988 sein Erbe. In dieser Konstellation kann der Leser sicher sein, das alle Information wirklich aus erster Hand stammen und somit von höchster Güte sind. Beste Voraussetzungen also für ein Buch über eine verhältnismäßig kleine Schweizer Automarke und seinen Schöpfer. All diese Details erfährt der Leser schon im Vorwort ehe das Buch mit den eigentlichen Inhalt startet. Das Buch teilt sich generell in vier Teile, wobei der erste Teil der umfassendste ist und schon knapp 150 Seiten einnimmt.

Neben der reinen Geschichte zur Automarke bietet das Buch noch viel mehr und stellt gleichzeitig eine Dokumentation und Biografie vom Menschen Peter Monteverdi dar. So startet das Buch auch mit dem Großvater von Peter Monteverdi der im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts als Emigrant von Italien zur Schweiz übersiedelte. Der erste in der Schweiz geborene Monteverdi war dann der 1900 geborene Rosolino, der Vater von Peter. Dieser eröffnete mit jungen 24 Jahren seine eigene Werkstatt, ehe zehn Jahre später Peter zur Welt kam. Schnell zeigt sich bei ihm das Interesse an schnellen Autos aber auch einige wichtige Charakterzüge wie Kampfgeist und Einfallsreichtum kamen schon früh zum Vorschein. Hierzu leider das Bild eine tolle Anekdoten aus der Kindes- und Jugendzeit. Nach einigen Überlegungen entschied sich Peter schließlich zu einer Lehre zum Automechaniker und kam beim renommierten LKW-Hersteller Saurer unter. Während dieser Zeit kam er auch zum ersten Mal in direkten Kontakt mit dem Motorsport, der ihn sofort faszinierte. Auf Basis eines Fiat 508 C Barilla 1100 schuf er dann schon früh sein erstes eigenes Fahrzeug, den Monteverdi Special. Parallel bot sich ihm die Möglichkeit als Rennmechaniker Erfahrung im Team von Franz Hammernick zu sammeln, was sein Bestreben nach Geschwindigkeit nochmals erhöhte. Der Rennvirus hatte ihn endgültig gepackt und so fuhr er im Jahr 1953 zu seinem ersten Rennen hinter dem Lenkrad. Mit einem Fiat 500 C Giardiniera Belvedere gewann er gleich den Eisslalom auf der Kunsteisbahn in Basel. Eine vielschichtige Rennkarriere fand ihren Anfang.

Nach den Anfängen im Rennsport mit Fiat-, Volkswagen- und DKW-Modellen war Peter in der Lage sich einen Porsche 356 Super anzuschaffen und hatte damit deutlich bessere Chancen im Rennsport. Der plötzliche Tod seines Vaters schockte dann seine komplette Familie und machte aus Peter Monteverdi mit jungen 22 Jahren zum Besitzer einer Reparaturwerkstatt. Er nahm die Übernahme zum Anlass um den Betrieb komplett umzustrukturieren. Dabei verfolgte er hohe Ziele und wurde aufgrund geschickter Verhandlung sogar schnell zum ersten Schweizer Importeur für Ferrari. Nachdem er zunächst einen Ferrari gebraucht erworben hatte, kaufte er einen Testa Rossa direkt von Werk um damit weiterhin seiner Rennleidenschaft nachzugehen. Die Geschäfte liefen gut und Monteverdi konnte sowohl sein Geschäft als auch seine Rennkarriere vorantreiben. Neben dem Testa Rossa kam alsbald auch ein Ferrari 750 Monza zum Einsatz und aus diesem Rennwagen entstand die zweite Konstruktion von Peter Monteverdi. Es entstand der Ferrari-Monteverdi 750 GT, ein Rennwagen mit neuer Karosserie und Flügeltüren. Auf der Rennstrecke konnte Peter Monteverdi dann auch einen Monoposto bewegen und musste sich erst an das Fahrverhalten gewöhnen. Schnell war er aber fasziniert und testete kurze Zeit später sogar einen Formel 1-Wagen, den Maserati 250 F. Die Monoposto-Seiren sollten ihn noch lange begleiten denn neben der Gründung der Écurie HOBA war seine nächste Konstruktion ein Rennwagen für die Formel Junior.

Hier tauchte nun der Namen MBM auf unter dem Monteverdi seine Konstruktion zum Kauf anbot. Immerhin 18 Fahrzeuge wurden für die Formel Junior hergestellt. Dabei gab es vier unterschiedliche Typen die sich immer weiter verbesserten. Der Typ D war die letzte Ausbaustufe der Formel Junior und wies den direkten Weg zum ersten Rennwagen für die Formel 1. Dieser feierte als erster Formel 1-Wagen aus der Schweiz beim Rennen auf der Solitude im Jahr 1961 seine Rennpremiere in der höchsten Motorsport-Klasse. Vorher hatte Monteverdi erste Einsätze bei einigen Bergrennen mit dem Formel 1-Wagen gefahren. Immer saß Peter Monteverdi persönlich am Steuer, aber auf der Solitude fiel er schon nach zwei Runden mit Motorproblemen aus. Das nächste Rennen auf einer Rundstrecke fand in Hockenheim statt und sollte ein Schicksalsrennen werden. Bei einem schweren Unfall wurde der Wagen arg in Mitleidenschaft gezogen und auch Peter Monteverdi zog sich Verletzungen zu. Schon zu Beginn seiner Rennkarriere schwor er sich das Rennfahren an den Nagel zu hängen, sollte ihn ein schwerer Unfall ereilen. Und dies tat er dann auch mit sofortiger Wirkung. Das Wrack des Formel 1-Rennwagens wurde bei Umbaumaßnahmen in seinem Betrieb sogar einbetoniert. Im selben Jahr in dem Monteverdi den Formel 1-Wagen präsentierte stellte er mit dem MBM Sport ein erstes Straßenfahrzeug vor, der Roadster bleib beim Einzelstück. Mit dem MBM Turismo folgte ein geschlossenes Coupé dieser blieb aber abermals ein Einzelstück. Peter Monteverdi zog sich als Automobilkonstrukteur zurück – vorerst.

Am 11. September 1967 wurde dann schließlich nach fast fünf Jahren das erste Modell der neuen schweizer Marke Monteverdi vorgestellt – der High Speed 375 S. Mit dieser Konstruktion verband Monteverdi die Technik aus den USA mit dem Karosseriebau aus Italien und natürlich der Konstruktionstechnik aus der Schweiz. Der Motor stammte von Chrysler und die Karosserie wurde bei Frua in Turin hergestellt. Gemeinsam mit dem High Speed 375 S präsentierte Monteverdi auf dem Genfer Salon 1968 auch die 2+2 sitzige Variante 375 L. Beide Modelle konnten sofort überzeugen und boten neben einer stattlichen Leistung auch zuverlässige Technik und ein sehr hohes Ausstattungsniveau. Mit dem 2000 GTI wollte Monteverdi auf BMW-Basis auch ein kleineres Modell anbieten, dieses Projekt musste jedoch auf Betreiben von BMW gestoppt werden. Schnell kam Frua auch an die Grenzen seiner Produktionsmöglichkeiten und für den High Speed 375 L musste Monteverdi nun einen neuen Lieferanten finden. Da Frua zudem sein Recht am Design gelten machte, änderte sich dieses im Serienmmodell geringfügig. Die Produktion führte schließlich Fissore aus Savigliano in der Nähe von Turin aus. Der High Speed 375 S wurde auf der London Motor Show im Oktober 1969 mit überarbeiteter Karosserie präsentiert. So konnte man beide Modelle besser voneinander unterscheiden und die Produktion der Karosserie erfolgte nun auch durch Fissore. Peter Monteverdi war aber weiterhin sehr aktiv und strebte einen Mittelmotor-Sportwagen an. Auf dem Genfer Salon 1970 wurde dann der Hai 450 SS präsentiert. Ein Schmuckstück mit dem Monteverdi schnell weltweite Publicity errang.
Im Buch sind zu dieser Zeit nun gerade einmal knapp über 100 Seiten vorüber und es folgen noch alle Modelle der Marke aus der Schweiz. Mit unglaublich tiefgehenden Texten und auch einer stattlichen Anzahl an Bilder aus dem historischen Archiv erhält der Leser einen sicher einmaligen Einblick in die Geschichte von Monteverdi. So brachte man bald ein Cabrio und eine Limousine auf den Markt, ehe der modernere Berlinetta die Nachfolge zur 375er-Reihe antreten sollte. Leider ohne Erfolg, denn die Ölkrise macht die Anschaffung solcher Hochleistungsfahrzeuge für viele unmöglich. Monteverdi erkannte die Lage aber schnell und schuf mit dem Safari und dem Sahara zwei sehr erfolgreiche, luxuriöse Geländewagen! Beide entstanden mehr oder weniger auf Basis der Fahrzeuge von International. Die Limousine Sierra hingegen war ein Derivat des Dodge Aspen. Monteverdi war aber auch bei der Konstruktion eines Geländewagens für die Schweizer Armee involviert.
Hier ist nun der erste Teil des Buches im Jahr 1980 zu Ende und es folgen die weiteren Episoden mit dem Tiara, dem Aufbau des Museums, der Rückkehr in die Formel 1 und nicht zuletzt dem Hai 650 F1 als Supersportwagen mit Formel 1-Motor.
Im dritten Teil greifen die Autoren alte Bericht aus diversen Zeitschriften auf, um ein noch umfassenderes Bild von Monteverdi zu präsentieren. Zum Schluss folgt noch der Anhang mit einem Überblick über die Rennerfolge von Peter Monteverdi. Dazu werden die technischen Daten und Produktionszahlen sowie Neupreise der Monteverdi-Modellen aufgeführt. So bekommt das Buch sein würdiges Ende.

Fazit: Ein fast unglaublich umfassender Blick auf eine der interessantesten Automarke der Schweizer Geschichte. Der Großteil des Buches stellt die gründlich überarbeitete Fassung von 1980 dar. Hierbei wurde nicht nur der Text überarbeitet, sondern auch knapp 100 neue Bilder berücksichtigt, ein knappes Drittel aller Bilder in diesem Teil präsentiert sich sogar in Farbe. Die Zeit nach 1980 blickt mit gleicher Akribie auf die nachfolgenden Zeiten und runden das Bild perfekt ab. Eine bessere Dokumentation der Ereignisse rund um Peter Monteverdi scheint kaum möglich!
Die technische Umsetzung ist gut und das edle Logo auf dem Titel erfreut die Leser.
Der Preis von umgerechnet etwa 80 Euro scheint für die Fülle der Information mehr als gerechtfertigt und sorgen zudem dazu, das dem Buch eine gewisse Exklusivität nicht abgeht. Hier lässt sich sogar ein direkter Zusammenhang zu den damaligen Modellen von Monteverdi ausmachen. Im Bereich der seltenen Monteverdi-Literatur ist dies Buch das unangefochtene Standardwerk. Fans werden es lieben …

Bibliografie:
Titel: Monteverdi – Geschichte einer Schweizer Automarke
Autoren: Roger Gloor, Carl L. Wagner
Herausgeber: Paul Berger
Umfang: 212 Seiten, 470 Fotos, davon 215 in Farbe
Format: 219 x 297 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 2016
Preis: SFr. 87.-
ISBN-Nr.: 978-3-033-05953-5
Bestellbar beim Verlag unter: www.monteverdi.ch

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Bonhams, Marco Rassfeld