Master Motorsports Photographer, so der schlichte und passende Untertitel für ein Bildband aus dem Motorbooks Verlag. Mit seinen Motorsport-Bildern sorgte Louis Klemantaski schon vor dem zweiten Weltkrieg für Aufsehen. Seine Perspektiven waren oft ungewöhnlich und zeigten die Ereignisse aus einer komplett neuen Sicht. Das Buch blickt in das große Archiv und es gibt einige Schätze zu entdecken …
Zunächst ist sehr erfreulich, dass das Buch wirklich großformatig ausgeführt wurde. Das verwendete Querformat ist für ein Bildband aufgrund der zumeist auch querformatigen Bilder prädestiniert und gibt diesen so auch den entsprechenden Raum. Das massive Buch ist damit aber nachvollziehbarer Weise nicht handlich und empfiehlt sich stattdessen als klassisches Coffee Table Book. Das Vorwort stammt von Peter Sachs, der heute mit The Klemantaski Collection eine echte Schatzkammer an historischen Fotografien verwaltet und anbietet, unter anderem sind auch die Aufnahmen von Louis Klemantaski im Angebot. Er blickt dabei zurück in die Vergangenheit und erzählt von seinen ersten, prägenden Begegnungen mit den Bildern von Klemantaski. Er lernte den britischen Fotografen auch persönlich kennen und erzählt von der Begegnung. Seit 1990 sind alle Motorsport-Aufnahmen vom Klemantaski im Archiv von Sachs verwahrt und das Buch zeigt eine Auswahl.
Die folgende Einführung eröffnet dem Leser dann noch den Werdegang von Louis Klemantaski näher und bringt dabei auch interessante und kuriose Anekdoten zum Vorschein. Das ganze aber ohne dabei den Inhalt einer Seite zu überschreiten, um den Werken des Künstlers auch den angemessenen Platz wegzunehmen. So ist die kurzweilige Einführung ein guter Start für das Buch und im ersten Abschnitt bilden die Jahren noch für dem zweiten Weltkrieg von 1935 bis 1939 die Grundlage. Eine weitere, zeitbezogene Einführung blickt dann noch etwas tiefer auf die Ereignisse in dieser Zeit und führt die Verhältnisse auf. Hier erfährt der Leser auch wie Klemantaski zum Motorsport-Fotograf wurde und sich der Sache mit einer hohen Faszination annahm. Auch die ersten Gehversuche in der Fotografie werden erläutert ehe auf der Folgeseite schon zwei Bilder das Renngeschehen im Jahr 1935 in Brooklands zeigen. Hier lässt sich als erstes der Fraser Nash von Adrian Cobbs bei der British Empire Trophy entdecken. Dabei ist die rudimentäre Ausstattung der Rennstrecke mit Strohballen zur Abtrennung zu erkennen und man entdeckt sogar gleich mehrere Menschen auf der Rennstrecke. Heute unvorstellbar!
Im gesamten Buch werden alle Bilder in chronologischer Reihenfolge dargestellt und immer wieder finden sich Texte zu unterschiedlichen Details wieder. Sei es bestimmte Veranstaltungen, besondere Fahrer oder bemerkenswerte Rennwagen, vieles wird statt nur mit dem reinen Bild auch textlich sehr gut dokumentiert. Aber auch zu jedem einzelnen Bild liefert das Buch die entsprechende Geschichte zu den gezeigten Rennwagen oder Fahrer, oft ist in den Texten auch das Resultat der entsprechenden Veranstaltung zu finden. So erhält der Leser neben wirklich toll wiedergegebenen, herausragenden Aufnahmen auch immer interessante Informationen und kann sich in die jeweilige Szenerie eindenken. Die damaligen Bedingungen waren natürlich keinesfalls mit den heutigen Standards zu vergleichen, so kommen viele unwirkliche Bilder zum Tragen. Neben den reinen Rennen fing Klemantaski aber auch oft die Menschen und Details ein, diese sorgen dafür, dass das Buch noch interessanter ist und das Stöbern eine Menge Spaß bereitet. Schon aus dem Jahr 1938 lassen sich sogar die ersten Farbaufnahmen entdecken!
Die Zeit nach dem verheerenden Weltkrieg wird vom Buch dann in drei Teil unterteilt um eine besser Übersicht zu gewährleisten. Der erste Teil rückt die Jahre 1946 bis 1949 in den Fokus und trägt den Titel Normalität kehrt zurück, aber nicht in Großbritannien. Der Krieg hatte einige berühmte Rennstrecken zerstört und die Menschen hatten zunächst andere Sorgen, als sich um Motorsport zu kümmern. Auch hier erhält der Leser einen textlichen Einblick in die Zeit und den langsamen Aufbau einer Motorsport-Szene. Aufgrund fehlender Alternativen griffen die Hersteller zunächst auf Vorkriegstechnik zurück und die FIA schaffte langsam aber sicher erste Regeln für unterschiedliche Rennklassen. Aber durch die schnelle Erholung konnten viele Hersteller nach wenigen Jahren schon hochmoderne Rennwagen nach dem damaligen Stand der Technik aufbauen und traten hier bei unterschiedlichsten Rennveranstaltungen an. Gerade die Aerodynamik erlebte hier einen große Boom und die Sportwagen waren eine beliebte Rennklasse in der viele Hersteller wie Aston Martin, Ferrari und Jaguar um die Siege kämpften. Schließlich war ein Sieg auf der Rennstrecke immer noch ein guter Beweis für die Zuverlässigkeit und Schnelligkeit der angebotenen Produkte. Viele der Rennwagen durften auch noch ohne Probleme auf der Straßen bewegt werden.
Es folgt die Zeit von 1950 bis 1957 in der das Engagement der Hersteller immer weiter wuchs und der Kampf um die Spitzenposition im Motorsport verbittert geführt wurde. Die europäische Rennszene bekam nun auch Konkurrenz aus Amerika und Briggs Cunningham war mit seinen ungewöhnlichen Rennwagen oft Gast auf den unterschiedlichen, international bekannten Rennstrecken. Klemantaski war auch oftmals bei den legendären 24 Stunden von Le Mans als Fotograf zugegen und konnte so die weltweite Spanne der Motorsport-Spitze einfangen. Seine Fotografien zeigten oftmals die Rennwagen in voller Geschwindigkeit durch die Kurve fliegen und durch seine Postion nah dann der Fahrbahn wurde die Dynamik sehr gut eingefangen. Dazu ist auch oft der Rennfahrer im Fokus und gerade bei den offenen Rennwagen konnte man dank offener Helme die Mimik sehr gut erkennen. Klemantaski nahm dazu auch an diversen Rennveranstaltung selbst teil, und war ein beliebter Beifahrer, der während der Fahrt einige bis heute vermutlich einmalige Fotos schoss. Vor allem mit Peter Collins verband ihn eine enge Freundschaft und die beiden nahmen unter anderem auch die Mille Miglia gemeinsam in Angriff. Nach dem Tod von Collins 1958 wurden die Aktivitäten von Klemantaski als Motorsport-Fotograf immer weniger und der letzte Teil des Buches führt die Leser von 1958 bis nach 1967, in denen er nur noch bei wenigen Veranstaltungen zugegen war.
Der Epilog blickt dann zum Schluss noch auf Louis Klemantaski und seinen künstlerischen Anspruch an seine Bilder. 1996 fuhr er dann nochmals bei der Mille Miglia mit und wiederholte hier eines seiner Fotos aus dem Cockpit aus dem Jahr 1957.
Fazit: Ein prächtiger Bildband der von 1935 bis 1957 viele damalige Veranstaltungen zeigt. Das die Bildsprache dabei eine hohen künstlerischen Anspruch hat wird bei Betrachten schnell deutlich. Die oft ungewöhnlichen Perspektiven und der immer wieder gewählte Fokus auf die Menschen ist einfach gut. Die Bilder gehören zu den sicher bekanntesten Aufnahmen dieser Ära und vermutlich ist das ein oder andere Bild auch schon bekannt. Durch die großzügige Ausführung wird aber mit Sicherheit jeder Leser noch viele unbekannte Bilder entdecken können. Dazu kommen auch die immer wieder gute Texten, welche auch Hintergrund-Informationen zu den Inhalten darbieten. Die Abbildungen erhalten zudem ihren notwendigen Raum und werden nicht im Micro-Format abgebildet, oft füllen diese auch vollflächig die Seiten und lassen alles sehr nah erscheinen.
Der Preis von aktuell etwas mehr als ungerechnet 50 Euro ist das Buch mehr als Wert. Wer also ein Faible für den historischen Rennsport hat und einen anspruchsvollen Blick in die Vergangenheit werfen möchte, kommt an dem Buch von Paul Parker nicht vorbei. Der Titel wird eine wahre Freude sein und sicher einen Ehrenplatz im Regal der Motorsport-Fans finden.
Bibliografie:
Titel: Klemantaski – Master Motorsports Photographer
Autor: Paul Parker
Umfang: 272 Seiten, 55 Farb- und 302 Schwarz-Weiß-Fotos
Format: 318 x 257 mm
Sprache: Englisch
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 01/2015
Preis: £48.00
ISBN-Nr.: 978-0-76034-644-0
Bestellbar beim Verlag unter: www.quartoknows.com
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Louis Klemantaski ©The Klemantaski Collection, Marco Rassfeld
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