Der Motorbuch Verlag aus Stuttgart hat nun einen legendären Rückblick auf 30 Jahre deutsche Automobil-Geschichte neuaufgelegt. Das Buch Deutsche Autos 1945–1975 vom bekannten Journalisten Werner Oswald ist jedem Automaniac sicher schon einmal begegnet, denn es stellt einen wahren Klassiker der deutschen Automobilbücher dar.
Autor Werner Oswald war schon zu Lebzeiten ein angesehener Automobil-Historiker, der mit seinem Büchern über deutsche Fahrzeuge einige Standardwerke schuf. Lange vor Erfindung des Internet war das Buch eine Art Lexikon, in der viele technische Daten und Fakten zusammengetragen wurden. Die letzte Ausgabe erschien 1979 und die Neuauflage von 2018 zeigt sich nun in neuer Frische. Schon die Maßes des Buches können dabei beeindrucken, auch weil das Format nun großer ausfällt als noch beim Original. Mit den über 500 Seiten hat das Buch auch eine beeindruckende Stärke und darauf folgend ein entsprechendes Gewicht. Der Titel wurde im aktuellen Design der Motorbuch-Bücher umgesetzt und zeigt einen BMW 507 prägnant auf dem Titel. Dazu gesellen sich noch ein Porsche 911 und einen Opel Kadett und auf der Rückseite zudem noch ein Käfer. Eine schon große Vielfalt, die aber nur erahnen lässt, was den Leser beim Inhalt erwartet.
Sofort nach dem Aufschlagen bringt das Inhaltsverzeichnis einen Überblick über die einzelnen Marken, welche im Buch vorgestellt werden. Neben den üblichen Verdächtigen werden auch einige kleinere Marken im Anhang berücksichtigt. Dann folgt zunächst das Vorwort, welches der vierten Auflage des Buches aus dem Jahr 1979 entspricht. Hier erläutert Oswald einige Besonderheiten des Titels und macht schon neugierig auf die Präsentation des einzelnen Modelle. Dazu gibt es einen Hinweis auf die Neuauflage, welches nochmals die Wichtigkeit des Buches, vor allem in der Vergangenheit, verdeutlichen soll.
Schließlich beginnt das Buch mit Audi und gibt hierzu einen kurzen Abriss der Historie der Marke. Dann folgt die Vorstellung der einzelne Modelle angefangen mit dem Audi, der zunächst noch ohne Modellbezeichnung verkauft wurde. Dieser entsprach im Prinzip dem DKW F102 mit installierten Viertakt-Motor von Daimler-Benz. Schon nach einem Jahr wurde das Angebot mit den Audi 80 erweitert. Der Audi 60 war dann das Sparmodell von Audi und rangierte an der Basis. Da der erste Audi erst 1965 vorgestellt wurde, ist die Liste der Modelle noch sehr übersichtlich und trotzdem schlichen sich einige Fehler im Buch ein und Modelle werden textlich doppelt vorgestellt.
BMW ist die zweite Marke und zeigt schon eine deutliche höhere Modellvielfalt. Bei Audi gab es zunächst nur klassischen Limousinen und später auch den kompakten Audi 50. BMW hingegen hatte schon kurz nach dem Krieg mit dem 501 und der Isetta zwei vollkommen unterschiedliche Modelle im Programm. Neben dem luxuriösen 501, der mit großen Sechszylinder-Motor ausgestattet war, bot BMW bald auch den 502 mit Achtzylinder-Motor an. Dazu waren die sportlichen und gleichfalls seltenen 503 und 507 im Angebot und schärften das Profil der Marke aus München. Die Isetta hingegen war ein Kleinwagen, der in Lizenz von Iso gefertigt wurde und eher dem Zeitgeist entsprach. Auf dessen Basis entwickelte sich zunächst der größere BMW 600, der optisch deutlich an der Isetta angelehnt war. Der BMW 700 hingegen hatte eine klassische Limousinen-Form wurde aber auch noch vom 600 abgeleitet. Mit dem Programm war BMW aber nicht besonders erfolgreich und eine Übernahme stand unmittelbar bevor. Als erlösendes Modell erschien dann 1962 die sogenannte Neue Klasse – eine moderne Mittelklasse-Limousine, die eine beachtliche Vielfalt entwickeln sollte. Der Verkaufserfolg gab BMW recht und die Marke entwickelte sich fortan sehr gut. Die ersten Baureihen der 5er- und 3er-Serie beschließen die Zeit bis 1975.
Borgward war nach dem Krieg eine aufstrebende Marke aus Bremen, die interessante Modelle im Angebot hatte, aber schon 1963 musste die Produktion eingestellt werden. Borgward hatte sich offenbar ein wenig übernommen und auch die zugehörigen Marken Goliath und Lloyd konnten den Untergang nicht verhindern. Da diese Marken unmittelbar zusammengehören, werden diese im Buch auch geschlossen vorgestellt,
DKW war wie Audi eine Marke der Auto Union, die 1958 von Daimler-Benz aufgekauft wurde. Im Jahr 1965 veräußerten die Stuttgarter die Auto Union an Volkswagen weiter, das Ende der Marke DKW war aber schon greifbar. Mit dem Fokus auf Zweitakt-Motoren war die Aggregate nicht mehr zeitgemäß und die noch neue Marke Audi lief DKW so schnell den Rang ab. Warum diese Marke, wie bei Borgward nicht gemeinsam vorgestellt werden bleibt allerdings fraglich.
Ford konnte durch seine amerikanischen Wurzeln schon 1948 neue Modelle vorstellen, wobei der Taunus bis auf einige Änderungen dem Vorkriegsmodell entsprach. 1952 wurde die veraltetete Karosserie-Form durch eine moderne Ponton-Form abgelöst läutete so den Weg in die Moderne ein. Ein beeindruckende Vielfalt führte zu vielen Karosserie-Varianten, wobei das Buch auch einige Sonderumbauten vorstellt.
Weitere Marken werden in gleicher Form präsentier und neben den rein textlichen Informationen finden sich immer auch viele Bilder im Buch wieder. Diese sind in der Neuauflage auch das ein oder andere Mal farbig ausgeführt, aber gleichzeitig jederzeit zeitgenössisch. So bleibt die ursprüngliche Vorstellung der Modelle erhalten. Schade, das gerade das Titelbild vom Buch einen mit modernem H-Kennzeichen versehenen BMW zeigt. Hier wäre ein klassisches und vor allem zeitgenössisches Motiv passender gewesen.
Beeindruckend ist zudem die Auflistung vieler technischen Daten zu allen Modellen, welche klar macht war das Buch ein unverzichtbares Standard-Werk darstellte. Auch Preise werden ein ums andere Mal berücksichtigt und so kann mach auch diese Entwicklung im Laufe von stattlichen 30 Jahren verfolgen.
Neben weiteren bekennten Marken liefert der Anhang noch einen Blick auf einige Exoten, welche die Würze der Automobil-Industrie ausmachte und auch heute noch ausmacht. Ob Messerschmidt, Kleinschnittger oder Veritas, viele kurzlebige Marken lassen sich hier entdecken. Auch Produktionszahlen werden zum Schluss in einer Tabelle noch aufgeführt und beschließen den umfangreichen Titel.
Fazit: Ein Muss war der Oswald früher für jeden, der sich auch nur ansatzweise für Automobile interessierte. Schließlich war die Auflistung der Marken und Modelle einmalig und vor allem komplett. Viele Bilder zeigen die unterschiedlichen Modelle und dazu werden umfangreiche, technische Daten wiedergegeben. Die neue Umsetzung lässt ein wenig den Charme vom Original vermissen, da scheinbar bei Layout zwanghaft versucht wurde modern zu wirken. Das gewählte Farbschema ist hier sicher nicht jedermanns Geschmack und dazu schleichen sich auch inhaltlich einige Fehler ein. So finden sich einige Modelle textlich doppelt wieder, während andere komplett fehlen. Gleichzeitig bleibt lobenswerterweise der ehrliche Wortlaut von Werner Oswald erhalten und sorgt heutzutage sicher für einige Schmunzler.
Zum Preis von knapp 50 Euro können alle zuschlagen, die einen Almanach der deutschen Automobil-Industrie suchen. Durch die reiche Bebilderung und den beeindruckendem Umfang ist die Neuauflage dem Orginal überlegen. Charmanter hingegen ist eine der Orignal-Ausgaben, die noch mehr dem Zeitgeist entsprechen.
Bibliografie:
Titel: Deutsche Autos – 1945-1975
Autor: Werner Oswald
Umfang: 520 Seiten, 700 Abbildungen
Format: 230 x 265 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 09/2018
Preis: 49,90 €
ISBN: 978-3-613-04102-8
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: BMW, Marco Rassfeld
2 Antworten auf „Buch – Deutsche Autos 1945–1975“
[…] von Eberhard Kittler erweitert wurden. Das Buch ist sozusagen die Fortsetzung des Oswald-Klassikers Deutsche Autos 1945–1975 und wird in dieser Form erstmalig in einem Werk zusammengefasst. Mit über 600 Seiten entsteht so […]
[…] sich im Bücherregal nahtlos in die Reihe der weiteren Neuauflage der Bücher der Zeiträume 1945–1975 und 1976-1995 einreiht. Für Automobilisten und Historiker ist dieses Buch weiterhin das […]