100 Jahre Automobilgeschichte – die französische Marke blickt in diesem Jahr auf einen lange Tradition zurück und passend dazu ist nun ein neues Buch im Heel Verlag erhältlich. In 100 Jahren wurde natürlich viele Automobile bei Citroën produziert und zudem hat die Marke einige Höhen und Tiefen durchlebt. Zur Erzählen gibt es so sicher genug, wie auch schon der Umfang von 416 Seiten unmittelbar belegt.
Das Buch verfügt über ein stattliches Gewicht und hat auch eine beachtliche Größe, so dass schon der erste Eindruck beeindrucken kann. Auf der Titel zeigt sich unverkennbar der vordere Kotflügel von einem Citroën 2CV, hierzlande besser bekannt als Ente. Dazu ziert der Titel noch ein, im edlen Gold ausgeführter Citroën-Schriftzug, der Untertitel, die Autoren und der Verlag. Ein gelungener Auftritt, der deutlich dezenter und eleganter daher kommt als das französische Original. Auf der Rückseite des Buches findet sich eine dynamische Fahraufnahme von einem Citroën SM wieder, der auf den Betrachter zufährt. Dazu noch vier kleinere Fotos von weiteren Modelle und der Klappentext. Unter den Schutzumschlag ist das Buch dagegen klassisch mit schwarzen Feinleinen umgesetzt, ergänzt durch eine Heißfolierung des Buchtitels auf der Vorderseite und dem Rücken, so dass zur jeder Zeit auch eine Identifizierung im Bücherregal möglich ist.
Im Buch findet sich nach einer kurzen Vorbemerkung das Inhaltsverzeichnis wieder, welche die Unterteilung in acht Kapitel zeigt, welche unterschiedlichste Themen die Geschichte der französischen Marke beleuchten.
Das erste Kapitel trägt dann die schlichte Überschrift Wurzeln und der vorhandene Untertitel André Citroën, der Mann und sein Werk klärt dann schon mehr über den Inhalt auf. Hier nimmt das Buch den Leser mit auf die Geschichte des Firmengründers, welches gar mit seinen niederländischen Wurzeln startet. Nach seinen persönlichen Werdegang werden seine ersten unternehmerischen Tätigkeiten vorgestellt, bei denen sich vor allen eine Zahnrad-Fabrik als besonders erfolgreich herausstellt. Es folgt die Rettung des Fahrzeugherstellers Mors und die ersten Planungen zum Bau einer größeren Fabrik. Durch die Mithilfe der amerikanischen Firma Budd realisiert Citroën schließlich den Bau der ersten Fahrzeuge mit seinem Namen. Als Besonderheit erhielt man bei Citroën ein komplettes Fahrzeug, welches damals noch nicht üblich war. In den meisten Fällen wurden in den Fabriken lediglich die Fahrgestelle mit einem Motor versehen und die Kunden konnte die Karosserie bei einem Betrieb ihrer Wahl anfertigen lassen. André Citroën unternahm zur Verbesserung seiner Produktivität immer wieder Reisen in die USA um die dortigen Fertigungsmethode zu studieren. So konnte man auch während einer Epoche beobachten, dass das Design an den amerikanischen Stil angepasst wurde. Das Buch spricht hier sogar von einer „Chryslerisierung“. Bis zu seinem tragischen Tode kann der Leser das Leben von André Citroën in allen Zügen nachvollziehen und erhält einen umfassenden und gleichfalls kritischen Eindruck über den Firmengründer.
Strategie – Die Entwicklung Citroën nach Citroën lautet dann das zweite Kapitel, welches zeitlich unmittelbar am ersten Kapitel ansetzt. Nachdem Citroën in Schwierigkeiten geraten war, wurde das Unternehmen von Michelin übernommen. Hierbei gab es bei der Übernahme durchaus eigenartige Verbindungen mit bestimmten Personen, welche eine geplante feindliche Übernahme nicht komplett ausschließen. Offiziell belegt wurde dies aber bis heute nicht und ist sicher auch nicht mehr zu erwarten. Es ging durchaus turbulent durch die folgenden Jahren, ehe die Marke schließlich unter die Obhut von Peugeot kam. Dabei war diese Übernahme seitens Peugeot nicht unbedingt erwünscht, aber der französische Staat drängte die Firmen in Teilen dazu, auch um die wichtigen Arbeitsplätze zu sichern. Nach einigen innovativen Automobilen war man nun auf die Zusammenarbeit angewiesen und lief Gefahr das Gesicht der Marke zu verlieren. Doch durch geschickte Maßnahmen konnte eine gute Diversifizierung der Marken hergestellt werden und dabei auch die entsprechenden Stärke und Tugenden berücksichtigen. Neben der Entwicklung der Modelle im Laufe der Jahre finden sich in diesem Kapitel auch alle wichtigsten Menschen wieder, welche den Weg von Citroën mit beeinflussen konnten. Auch die Nutzfahrzeuge werden hierbei noch berücksichtigt.
Kapitel 3 blickt dann auf die Gesellschaft – Citroën in der Alltagskultur und macht deutlich wie sich die Fahrzeuge im Leben des Menschen integrierte. Dabei fängt das Kapitel wieder mit den Anfängen an und führt den Leser in chronologischer Reihenfolge durch die wichtigsten Ereignisse. Hierbei werden die Autohäuser von Citroën vorgestellt, die prägender Eigenschaften einzelne Modelle und auch die Fahrzeuge für die französischen Präsidenten.
Global – Citroën erobert die Welt berichtet dann in der Folge an die Globalisierung der Marke, welche schon für begann. Mit den legendären Kettenfahrzeuge war man auf diversen Expeditionen unterwegs, welche sich zunächst auf Afrika konzentrieren sollten. Es folgen auch Fahrten durch Asien und sogar in der Antarktis waren die Citroën unterwegs. Hier finden sich auch einige zeitgenössisches Aufnahmen wieder, welche einen groben Einblick in die Fahrten und auf die damaligen Verhältnisse zulässt. Doch auch das Engagement zur Mobilisierung von Afrika mit besonders einfachen Fahrzeugen findet sich noch wieder, wobei sicher der ein oder andere Leser noch überraschende Modelle entdecken kann. China war dann eine neue Herausforderung von Citroën, wobei man schon relativ früh das Potential des Marktes erkannte. 1996 startete die Produktion des Citroën ZX im chinesischen Wuhan mit einem Joint Venture mit Dongfeng Motor. Doch das Modell entsprach nicht dem Geschmack der chinesischen Kundschaft und zudem kamen einige politische Schwierigkeiten dazu. Man war schon kurz vor dem Abzug aus dem Markt, ehe man sich mit eigens geschaffenen Modellen zu neuer Stärke aufschwang.
Kreativität war schon zu Zeiten des Firmengründers gefragt und die notwendige Avantgarde in Design und Technologie prägten die Marke bis heute nachhaltig. Viele erwarten immer etwas besonderes von dem Fahrzeugen Citroëns. Den Ursprung hierzu legte die Marke schon zu Beginn der Fahrzeug-Produktion mit der Ganzstahl-Karosserie. Nach den schon erwähnten Halbketten-Fahrzeugen folgte mit dem Traktion Avant eine echte Innovation in vielen technologischen Gesichtspunkten. Die hydropneumatische Federung wurde zum Ende der Modelllaufzeit auch am Traction Avant erprobt, ehe der DS diesen endgültig konsequent umsetzen konnte. Mit dem GS Birotor war man auch an der Entwicklung des Kreiskolbenmotors beteiligt, welches aber scheitern sollte. Auch beim Design waren die Citroën zumeist extravagant und besonders, welches auch anhand vieler Designstudien deutlich wird.
Ikonen blickt dann intensiv auf Drei Modelle wurden Mythos und ein Symbol für die Zukunft. Hier erfährt der Leser vieles über die vermutlich bekanntesten Modell des Marke. Erneut zeigen sich hier der Traction Avant, mit dem die Franzosen ihrer Zeit in vielen Punkte teilweise deutlich voraus war. Der damals ungewöhnliche Frontmotor oder die erstklassige Straßenlage waren hierbei nur zwei von vielen entschiedenen Vorteilen. Der 2CV war ein echter Langläufer in der Historie der Marke und durchlief in dieser Zeit durchaus unterschiedliche Stadien, in denen die Kundschaft sich im Laufe der Jahre immer wieder ändern sollte. Schließlich ist der DS bzw. ID eine ausnahmslos anerkannte Ikone des Automobilbaus generell und läutete in der Neuzeit sogar die Geburt einer eigenständigen Marke sein.
Kapitel 7 blickt noch auf die Kultur, die auch immer in unmittelbaren Zusammenhang mit der besonderen Marke stand. So finden sich hier monumentale Bauten ebenso wieder wie viele Künstler welche für Citroën gearbeitet haben und einen Anteil an der Werbung und Prospekten der Marken hatten.
Das letzte Kapitel zeigt dann noch die Lorbeeren welche Citroën im Motorsport einfahren konnte. Hier finden sich Rekordwagen ebenso wie Dauerläufer und Rallye-Weltmeister wieder.
In Anhang finden sich noch Hinweise zu den besonderen Liebhabern der Marke wieder, ein Überblick über die Personenwagen aus 100 Jahren und interessante Anmerkungen des Übersetzers.
Fazit: Deutschsprachige Literatur über französische Marken ist eher spärlich und daher kann man dem Heel Verlag nur danken, dass dieses Buch ins Deutsche adaptiert wurde. Das massive Buch liefert eine vielschichtige Aufarbeitung einer 100 jährigen Historie einer Ausnahme-Marke. Statt einer klassischen rein chronologische Aufarbeitung macht die Unterteilung in einzelne Themenschwerpunkte wirklich Sinn. Der Leser bekommt dazu ein Buch mit einer reichen Bebilderung und kann hier auch auf einen viele Motive blicken, der oftmals zeitgenössisches Motive nutzt.
Für knapp unter 100 Euro ist das Buch zwar kein Schnäppchen, aber die Intensität des Werkes kann durch und durch begeistern. So lohnt der Kauf auch nicht nur für Freunde der avantgardistischen Marke, sondern auch für die vielen Interessenten der generellen Automobilgeschichte.
Bibliografie:
Titel: Citroën – 100 Jahre Automobilgeschichte
Autoren: Serge Bellu, Olivier de Serres, Sylvain Reisser
Umfang: 416 Seiten, 800 Abbildungen
Format: 240 x 290 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 10/2018
Preis: 98,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-95843-962-7
Beim Verlag unter: www.heel-verlag.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Citroën, Marco Rassfeld
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