Porsche und Le Mans – eine Verbindung die schon in der Frühzeit der Marke seinen Ursprung hat und eigentlich nie wirklich unterbrochen wurde. Mit vielen Erfolgen bewies der Hersteller aus Zuffenhausen schon oftmals sein Können, wobei ein Meilenstein das Jahr 1970 darstellt. Mit dem 917 gelang hier der erste, lang ersehnte Gesamtsieg, welcher nun in einem neuen Buch vom Motorbuch Verlag in den Fokus genommen wird.
Natürlich gibt es schon unzählige Bücher über Porsche und deren Erfolge in Le Mans, aber dieser Titel ist in vielen Teilen eine echte Besonderheit. Schon die Aufmachung ist schlicht und durchaus gelungen und nutzt ein Querformat zur optimalen Abbildung von vielen Bildern. Das Titelbild zeigt ein bekanntes Bild des später siegreichen 917 von Porsche Salzburg und den Fahrern Hans Herrmann und Richard Attwood. Das Negativ wurde augenscheinlich händisch mit möglichen Rahmen versehen, um den Ausschnitt zur Reproduktion zu definieren. Das es sich hier gar um die Farben Blau und Rot handelt, ist vermutlich Zufall aber entspricht natürlich auch den Farben der französischen Nationalflagge. Diese Farben nimmt dann auch der Titel auf und zeigt in großen Buchstaben die Farben Blau, Weiß und Rot. Auf dem Titel finden sich dann auch noch im unteren Bereich das Verlagslogo und der Hinweis, dass es sich um ein Buch aus der offiziell Edition Porsche Museum handelt. Die Rückseite zeigt dann keinerlei Klappentext, sondern nur einen kleinen textlichen Hinweis auf die Sprache. Neben Deutsch ist das Buch auch in Englisch und Französisch erhältlich, schließlich ist das Rennen eines der internationalen bekanntesten und angesehenste Ereignis im jährlichen Motorsport-Kalender. Auf dem schwarzen Hintergrund findet sich dann, nur als Lack bestehend, die angedeutete Jahreszahl 1970 wieder, welches für eine Aha-Erlebnis sorgen kann. Lackiert ist auf dem Titel im übrigen auch der Buchtitel. Während das deutsche und englische Buch den Titel „24 Hours of Le Mans 1970“ trägt, nutzt die französische Variante die Original-Bezeichnung „24 Heures du Le Mans 1970“.
Durch den fehlenden Klappentext wird man in diesem Fall vollkommen bewusst von einem weiteren Einblick in den Inhalt des Buches abgehalten und kann sich nur von dem Motiv und der tollen Aufmachung überzeugen lassen. Eine weitere Besonderheit kann man dann aber noch auch von außen bei genauem Hinsehen entdecken. So ist das Buch mit gleich drei Lesebändchen ausgestattet, welche erneut die Farben der Tricolore zitiert. Man merkt also durchaus schon bei der ersten Betrachtung, dass sich viele Gedanken um die einzigartigen Umsetzung gemacht wurde um so eine besonderes Buch zu realisieren.
Nach dem Aufschlagen des Buch zeigt sich eine unscharfe Aufnahme der Tribüne in Le Mans in der Nacht mit erkennbaren Lichtern eines vorbeifahrenden Fahrzeugs, welches man aber nicht erkennen kann. Der künstlerische Anspruch ist hiermit immer mehr spürbar, im Übrigen zeigt auch der Nachsatz ein solches Motiv. Nicht das gleiche, aber ebenfalls eine verwischte Nachtaufnahme. Dann kommt der Hinweis black & bright als reiner Text, denn die Bilder welche im Buch verwendet werden sind ausnahmslos Schwarz-Weiß-Aufnahmen und entsprechen so den damaligen, technisch üblichen Gegebenheiten. Eine weitere Aufklärung für den Leser erfolgt dann im Vorwort. Denn alle Bilder stammen von Klaus Reichert, der für Porsche das Rennen und auch das Drumherum begleitete. Wir schon erwähnt sind einige Bilder überall bekannt, ob nun durch die Nutzung in Bücher oder auf Plakaten. Viele weitere hingegen waren bisher im Archiv verborgen und kommen nun, zum 50. Jubiläum im Jahr 2020 endlich an die Öffentlichkeit. Man darf also vollumfänglich gespannt sein, was einen noch erwartet …
Die Nähe zu Porsche bringt auch im Buch einige interne Dokumente zum Vorschein und so folgt nun eine Hausmitteilung vom 2. Juni 1970 in der der Zeitplan der 24 Stunden von Le Mans kommuniziert wurde. Dieser startet mit der Wagenabnahme am 9. Juni 2020 und endet mit dem Ablaufen der Protestfrist zwei Stunden nach Beendigung des Rennens. Hier wird zu einen deutlich, dass Porsche auf unterschiedliche Teams setzte und die Einsätze von Porsche Salzburg, Martini International und J.W. Automotive Ingineering Ltd. anvertraute. Zum anderen verdeutlicht das Ende der Protest-Frist als letzter Punkt, dass man sich auf jede Möglichkeit vorbereitet hatte. Anschließend wird noch das Titelbild erläutert und auch der Fotograf vorgestellt. Schon hier kann man schnell feststellen, dass das Buch vor allem auf Fotos setzt und diesen auch den notwendigen Raum gibt um wie gewünscht zu wirken. Das dann folgende Inhaltsverzeichnis teilt das Buch recht lose in einzelne Tage auf. Vom 10. Juni 1970 bis zum 24. Juni 1970 lässt sich von dem Auflaufen in Le Mans bis zu den Siegesfeiern einiges entdecken. Es gibt also in jedem Fall mehr zu entdecken, als „nur“ das Rennen selbst …
Nach einem Überblick über die eingesetzten Porsche 917 im Rennen, in dem auch die Startnummern, Fahrgestell-Nummern, Bauform, Team, Fahrer und Motor und Getriebe aufgeführt werden, folgt noch ein Telegramm von J W Automotive aus dem Archiv von Porsche. Dies zeigt die Vielfalt des gewaltigen Unternehmens-Archives von Porsche in dem viele Informationen die Geschichte perfekt dokumentieren.
Es wird ernst. Das war ohne Frage das Motto für die 24 Stunden von Le Mans im Jahr 1970 aus der Sicht von Porsche. Mit der Entwicklung des 917 hatte man alles daran gesetzt nun endlich das legendäre Rennen als Gesamtsieger zu beenden. Die Kosten waren enorm und so war bei einem nicht zur erzielenden Erfolg so gar das Unternehmen in echter Gefahr. Ein kurzer, einleitender Text klärt den Leser über die Vorbereitung der Fahrzeuge von Porsche Salzburg und Martini International in der Werkstatt in Teloché auf. Obwohl diese durch die bekannte Porsche-Mannschaft erfolgte, setzte man die Wagen nicht als Werksteam ein, auch um das beschlossene Engagement von John Wyer Automotive Engineering (JWAE) nicht zu untergraben. Im Buch werden nicht nur die Bilder in Schwarz-Weiß gehalten, vielmehr ist das komplette Buch so umgesetzt, Gerade beim Einsatz von großen schwarzen Flächen merkt man aber leider immer wieder das raue Druckpuder. Auch ein gewisser Glanz lässt sich dabei erkennen und beides trübt das perfekte Erlebnis ein wenig. Als erstes Bild entdeckt man dann die technische Abnahme der Gulf-917 von JWAE am Morgen, während man in Vorbereitung auf das Training auch noch nicht fertig lackierte 917 entdecken kann. Weder die Nummer 25 von Porsche Salzburg noch der legendäre Hippe-917 von Martini mit der Startnummer 3 waren fertiggestellt als die ersten Sessions begannen. Dann finden sich weitere Bilder auch mit unterschiedlichen Fahrzeugen von Porsche wieder. Das Buch reduziert sich also hier keinesfalls auf die 917, sondern zeigt diverse, weitere Modelle von Porsche die in Le Mans teilnahmen. Auch ein spektakulärer Unfall von Dieter Spoerry im 908/02 findet sich in vielen Bildern wieder. Bildunterschriften klären dazu im gesamten Buch noch über Fahrer und Modelle sowie natürlich auch den Situationen auf.
Am folgenden, Donnerstag, den 11. Juni finden weitere Trainings statt und wieder kann man einen beachtliche Anzahl an Bilder von Porsche im Renneinsatz entdecken. Immer wieder finden sich im Buch dazu noch Hinweise aus einem internen Versuchsbericht wieder, welche Fahrzeug-Einstellungen und weitere Abläufe dokumentiert haben.
Den Freitag nutzte Porsche dann um sich umfassend zu informieren und präsentieren. Zunächst besuchte die Familie Porsche die Garage in Teloché, wo man intensiv mit den Vorbereitung zum Rennen beschäftigt war. Ferry Porsches machte nach dem Mittagessen einen Stopp bei JWAE und begrüßte am Nachmittag die Vorstände von Volkswagen – schon damals war die Verbindung zu den Wolfburgern sehr eng. Am Abend folgt dann einen Veranstaltung zu der der französische Importeur Sonauto und der hiesige Porsche Club eingeladen hatten. Statt Rennaction gibt es hier also gesellschaftliche Highlights zu entdecken.
Am Samstag steigt dann die Spannung, denn um 16 Uhr wird das Rennen von Ferry Porsche mit dem Schwenk der Tricolore gestartet. Hier kann man in der Start-Aufstellung auch den Kamera-Wagen entdecken, dessen Filmaufnahme im Steve McQueen-Klassiker Le Mans zu finden sind. Auch die Konkurrenz in Form von Alfa Romeo und Ferrari kann man hier entdecken. Bis zum Sonntag gibt es nochmals viele Bilder von den Rennwagen im Rennen zu entdecken, wobei der Zieleinlauf nicht im Bild festgehalten wurde – zumindest nicht von Klaus Reichert. Somit verzichtet das Buch auch konsequent darauf.
Dafür gibt es noch einmalige Aufnahme von den nachgelagerten Ehrungen zu entdecken, welche zum großen Teil noch nicht reproduziert wurden. Zum Abschluss blickt das Buch noch auf die Schatzkammer des Porsche Unternehmensarchivs welche das Buch erst ermöglichen sollte.
Fazit: Porsche konnte im Jahr 1970 endlich seinen langersehnten Gesamtsieg beim 24 Stunden Rennen in Le Mans feiern. Sicher ist die Geschichte hierzu in unzähligen Büchern schon hinreichend dokumentiert worden. So ist das vorliegende Buch auch keine textliche Dokumentation der Ereignisse, sondern vielmehr eine künstlerisch, fotografische Aufarbeitung von zahlreichen Ereignissen rund um das Rennen. Natürlich finden sich auch Bilder vom Rennen wieder, aber das drumherum ist kaum weniger interessant. Neben den zeitgenössischen Rennwagen, finden sich auch wichtige, gesellschaftliche Ereignisse wieder. Das die Aufnahmen ausnahmslos vom Werks-Mitarbeiter Klaus Reichert stammen, macht das Werk dann noch interessanter, denn viele Motive waren bisher nicht zu sehen.
Für knapp 80 Euro erhält man ein liebevoll gestaltetes Buch mit seltenen Aufnahmen aus dem Jahr 1970. Ein neues und unerwartetes Highlight aus der Schatzkammer des Porsche Archivs, was beweist das es immer noch Bücher über Porsche geben kann, die nicht alles wiederholen. Ein Highlight!
Bibliografie:
Titel: 24 Hours of Le Mans 1970
Umfang: 204 Seiten, 150 Bilder
Format: 300 x 240 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 11/2020
Preis: 79,00 €
ISBN: 978-3-613-30961-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Motorbuch Verlag, Porsche, Marco Rassfeld
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