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Buch – Lost Beauties

50 vergessene automobile Schätze – die Geschichte des Automobils brachte eine Vielzahl an unterschiedlichen Marken und Modellen hervor. Darunter gab es auch viele Modelle die heute in Vergessenheit geraten sind. In einem neuen Buch aus dem teNeues Verlag werden gleich fünfzig besonders ansehnliche Modelle vorgestellt – eine Zeitreise der besonderen Art …

Eine seltene Schönheit findet sich auch schon auf dem Titel.

Das Buch kommt im recht großen Querformat daher und zeigt auf den Titel gleich eines der fünfizig vergessenen, automobilen Schätze. Sicher werden nur die wenigsten das Modell vollumfänglich erkennen, denn dieser Riley ist ein echtes Einzelstück. Die Karosserie stammt von Schweizer Wolfgang König und er erhoffte sich die Verwirklichung einer Kleinserie. Ursprünglich war der Aufbau auf einem Bentley-Chassis geplant, König entschied sich aber für die einfachere Basis eines Riley 2.5 RMB. Trotz hochinteressanter und ungewöhnlicher Details wie den gläsernen Dachteilen, von denen zwei herausnehmbar waren, blieb es beim Einzelstück. Ein ideales Beispiel für einen echten automobilen Schatz, der sicher vergessen wurde. Zumal die Vorstellung schon im Jahr 1949 auf den Genfer Autosalon erfolgte und somit schon sehr lange her ist. Auf dem Titel finden sich noch der Buchtitel, der Untertitel sowie die Autoren und der Verlag wieder, allesamt recht zurückhaltend umgesetzt, so dass das Bild ausgesprochen gut betont wird. Die Präsentation des Fahrzeuges zeigt schon auf dem Titel das Können von Michel Zumbrunn, der für alle Fotografien im Buch verantwortlich ist. Somit kann man sich auf ein Buch mit durchgehend im gleichen Stil erstellten Aufnahmen freuen, wobei man auf der Rückseite schon drei weitere Modell entdecken kann. Dazu gibt ein kurzer Klappentext einige Hinweise auf die weiteren Modelle, welche sich im Buch wiederfinden.

Mit dem Prinz-Heinrich-Wagen gelang Ferdinand Porsche der Sieg beim gleichnamigen Rennen.

Nach dem Aufschlagen findet man sich schnell im Inhaltsverzeichnis wieder, welches eine Liste mit allen 50 Modelle aufzeigt. Diese werden im Buch in chronologischer Reihenfolge vorgestellt und reichen von 1909 bis 2002. Damit werden fast 100 Jahre Automobilbau abgebildet und sicher wird kaum ein Leser ausnahmslos alle Modelle schon vor dem Beginn des Buches kennen. Garniert wird das Inhaltsverzeichnis von vier Bildern, passend zu der Anzahl der Spalten. Diese zeigen Innenraum-Aufnahmen und zeigen auch hier, trotz der recht kleinen Abbildungsgröße, erneut den hohen Anspruch an die verwendeten Fotografien.
Das dann kommende Vorwort stammt von Andrea Zagato, der in der mittlerweile dritten Gegenration eines der berühmtesten Designstudios Italien leitet. Zagato erläutert die Besonderheiten des Buches, welches eine erstaunliche Bandbreite an unterschiedlichen Modellen zeigt, die auf unterschiedlichste Art und Weise besonders sind. Die Schönheit liegt dabei natürlich im Auge des Betrachters und sicher kann aber jeder einige Highlights entdecken. Der Text wird im Buch in Deutsch und Englisch ausgeführt, wobei sich dieser im Vorwort auf je eine Seite verteilt.

Raketenantrieb schien eine echte Alternative zu sein und Opel zeigte seine Vision davon.

Das erste Automobil, welches dem Leser vorgestellt wird ist schließlich ein Blitzen Benz aus dem Jahr 1909. Gerade in den Pionier-Jahren der Automobil-Hersteller standen immer wieder Rekordfahrten zum Beweis der möglichen Leistung im Mittelpunkt. So erreichte der schnelle Benz schon früh einen erstaunliche Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Damit war dieses Fahrzeug das schnellste der Welt, denn weder ein Zug oder ein Flugzeug konnte zu dieser Zeit schneller fahren bzw. fliegen. Dies verdeutlicht sicher nochmal die damals beeindruckende Leistung des mit einem 21,5 Liter großen Motor ausgestatteten Benz. Diese Informationen finden sich in dem kurzen Text zum Automobil wieder und so finden sich im Buch immer wieder interessante Fakten zu den einzelnen Fahrzeugen. Durch eine optisch deutliche Trennung der Texte findet jeder Leser auch seine Sprache wieder und ein kleinerer, weiterer Text liefert dann unter der Überschrift Wie es weiterging noch weitere Informationen unterschiedlichster Art zu dem Modell. Die Bilder füllen oftmals eine ganze Seite aus und zeigen das Auto auch aus verschiedenen Ansichten. Auch unterschiedlichste Details finden sich immer wieder und machen die Darstellung besonders.
Von 1910 stammt der Prinz-Heinrich-Wagen von Austro-Daimler der von Ferdinand Porsche konstruiert wurde und beim gleichnamigen Rennen auch von ihm gefahren wurde. Nur drei solcher Fahrzeuge wurde für das Langstreckenrennen gebaut und Porsche konnte sich nach 1.800 Kilometern als Sieger feiern lassen. Der Erfolg wurde komplettiert durch den Zieleinlauf der beide anderen Fahrzeuge des gleichen Typs auf den Plätzen zwei und drei. Ein Vorgeschmack auf die Talente des Ausnahme-Konstrukteurs.

Wunderschöne Automobile sind oft mit hoher Exklusivität verbunden, wie dieser Bentley.

Mit dem Stutz Bearcat, einem Delaunay-Belleville 06 Phaeton, einen Stanley Steamer und dem schweizer Pic-Pic zeigen sich noch weitere Automobile aus dem 1910er, welche noch deutlich das Design der Kutschen fortführen sollten. Nach und nach kann man aber selbst hier schon interessante Details entdecken, welche die Automobile immer moderner werden ließen.
Nach dem ersten Weltkrieg war dann der Einfluss des aufstrebenden Flugzeugbaus immer präsenter und die Karosserien wurde deutlich aerodynamischer gestaltet. Schon der Grade-Wagen von 1922 zeigte solche Ansätze, welches auch dadurch geschuldet war das der Kleinwagen vom deutschen Flugpionier Hans Garde erdacht wurde. Den deutschen Ingenieuren wurde die Entwicklung von neuen Flugzeuge untersagt und so widmeten sich einige den Automobilen. Der offiziell als 4/16 PS angebotene Kleinwagen wurde in einer durchaus beachtlichen Stückzahl von 2.000 bis 2.500 produziert. Heute haben hiervon nur wenige überlebt. Daher ist auch der optische Eindruck etwas Außergewöhnliches.
Eine vermutliche einmalige Geschichte liefert ein Bugatti T22 Brescia aus dem Jahr 1922. Dieser ist heute in nicht guten Zustand, welches ist aber der Tatsache geschuldet ist, dass der Bugatti über 75 Jahre in einem See versenkt war. In 53 Metern Tiefe beförderte den T22 vermutlich der Schweizer Adalbert Bodé, der diesen vorher bei einem Pokerspiel von René Dreyfuss gewonnen hatte. Auf dem Weg zurück in die Schweiz sollte der Gewinner dann aber eine hohe Einfuhrsteuer bezahlen, was dazu führte das er den neun Jahre alten Bugatti den Behörden überließ. Den Erzählungen nach versenkten diese den Altwagen in Nahe gelegenen Lago Maggiore. Dort wurde das Fahrzeug 1967 entdeckt, aber erst 2009 wieder herausgehoben. Bei einer Auktion wurde der einmalige Fund an das Mullin Automotive Museum ersteigert, diesen planen den Zustand bewusst so zu belassen.

Die Zukunft von Lamborghini sollte der Raptor werden, einen betörende Studie von Zagato.

Weitere Modelle, die noch vor dem zweiten Weltkrieg entstanden sind der raketenangetriebene Opel RAK 2, der amerikanische Duesenberg Model J Convertible Sedan Franay und der einmalige Bucciali TAV 8-32 Berline Saoutchik. Dieser Wagen war für damalige Verhältnisse extrem flach und schien „wie aus einen Disney Cartoon“, wie das Buch richtig feststellt. Mit dem Chrysler Airflow von 1934 entstand erstmals auch eine deutlich modernere Karosserie, welche erneut deutliche aerodynamische Einflüsse offenbart. Mit Rolls-Royce und SS finden sich noch zwei bedeutende englische Automobile wieder, wobei aus dem letztern die Marke Jaguar hervorgehen sollte.Wie extrem wichtig die Rekordfahrten weiterhin waren zeigt der Auto Union Typ C Stromlinie, der schon 1937 Geschwindigkeit von über 400 km/h erreichen sollte.
Die Vielfalt der weiteren Modelle ist enorm und es gibt viel zu entdecken. Neben bekannten Marken wie Bentley, Ferrari, Fiat oder Alfa Romeo finden sich auch heute kaum bekannte Fahrzeuge wie der Kamm K3 , der Volkhart V2 Sagitta oder auch der Kleinstwagen BAG Spatz.
Die meisten Fahrzeuge stammen aus den 1950ern und das Buch bringt tatsächlich echte Schätze wieder zum Vorschein. Die dazu passenden Geschichten liefern die kompakten Texte und auch immer wieder gibt es dabei Details zu den gezeigten Fahrzeuge mit einer besonderen Geschichte. Aus den 1960er finden sich noch sechs Modelle wieder und mit dem Lamborghini Raptor findet sich auch eine Zukunftsstudie von Zagato wieder, ehe mit dem Venturi Fétish eine weitere Studie das letzte Modell im Buch ist. Zu endgültigen Abschluss findet der Leser noch eine kurze Vita der beiden Autoren wieder.

Fazit: Eine Zeitreise durch die Automobil-Industrie liefert das Buch in jedem Fall. Dabei kann man viele ungewöhnliche Automobile entdecken, die teilweise den Leser überraschen werden. Zu jedem der fünfzig Modelle finden sich beeindruckende Bilder wieder, die allesamt im gleichen Stil ausgeführt wurden. Dies macht den Eindruck der Fahrzeuge besonders und das Buch sehr stimmig. Dazu gibt es kleine aber feine Texte, welche die wichtigsten Details zu den Modelle offenlegen. Tiefgreifende technische Details sollte man aber nicht erwarten.
Der Preis von 50 Euro geht gerade noch in Ordnung, wobei die Einmaligkeit der Fahrzeuge das Buch zu Erlebnis auch für Automaniacs machen wird. Eine opulentere Aufmachung hätten die Bilder und auch die Automobile aber verdient gehabt.

Bibliografie:
Titel: Lost Beauties – 50 vergessene automobile Schätze
Autoren: Michel Zumbrunn, Axel E. Catton
Umfang: 224 Seiten, 85 farbige Abbildungen, 85 Schwarz-Weiß-Abbildungen
Sprachen: Deutsch, Englisch
Format: 290 x 235 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 06/2021
Preis: 50,– €
ISBN-Nr.: 978-3-96171-338-7
Bestellbar beim Verlag unter: www.weltbild.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: © Michel Zumbrunn
, teNeues, Marco Rassfeld