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Buch – Herbert Müller

„… alles zu langsam!“ – eines der wohl bekanntesten Zitate eines Rennfahrers überhaupt stammt vom schweizer Herbert Müller. Über seinen Werdegang gibt es nun ein brandneues Buch von McKlein Publishing, welches auch der umfangreichen Edition Porsche Museum angehört. Einige seiner größten Erfolge feierte er in Autos aus Zuffenhausen und zeitweise war er gar Werksfahrer für Porsche.

Ein großes Buch erwartet die Leser.

Das Buch ist auf dem ersten Blick ein dicker Brocken, denn es kommt mit einer beeindruckenden Stärke daher. Das große Querformat sorgt für viel Platz im Buch und gibt auch eine gute Grundlage für viele Bilder, schließlich befinden sich über 500 Farb- und Schwarz-/Weiß-Aufnahmen im Buch wieder. Die Gestaltung des Titels vom Buch vereinigt gleich drei Bilder, denn neben der schweizer Flagge findet sich auch ein Carrera RSR wieder, mit dem Herbert Müller für die Werksmannschaft von Porsche aktiv war. Dazu ist auch Herbert Müller selbst abgebildet und zeigt sich mit einer Zigarre im Mundwinkel, eines der Markenzeichen des Schweizers. So nannte man ihn auch schnell Stumpen-Herbie. Das Porträt zeigt sich im Gegensatz zum Rest vom Titel in Schwarz-Weiß, was vermutlich auch als Hinweis auf den Rennfahrer-Tod angesehen werden kann. Tragischerweise verstarb Herbert Müller bei seinem geplant letzten Rennen im Jahr 1981 bei den 1.000 km Rennen auf dem Nürburgring. Der Buchtitel selbst zeigt sich in großer, Schreibschrift anmutenden Buchstaben und wirkt so wie ein Autogramm. Untertitel, Autoren, Verlag und der Hinweis auf die Edition halten sich gelungen zurück. Die schweizer Flagge zieht sich über den Buchrücken bis auf die Rückseite des Buches, womit ein gelungener Hintergrund entsteht. Auf diesen finden sich zehn kleine Bilder von Rennwagen wieder, die er während seiner über 20 jährigen Laufbahn als Rennfahrer fuhr. Neben vielen Porsche-Modelle zeigen sich mit Ferrari und Lola auch weitere hochinteressante Rennwagen aus der Hochzeit des Motorsports. Der Klappentext ist schon recht umfangreich und bringt schon viele Fakten zum Vorschein und unterstreicht so die Besonderheiten von Herbert Müller.

Die Bedingungen bei den Rennen waren teilweise noch abenteuerlich – zumindest aus heutiger Sicht.

Im Vor – und Nachsatz zeigt das Buch ein im vollen Format platziertes Bild, welches Herbert Müller an der Start- und Zielgerade in Le Mans zeigt. Samt Helm blickt er zur Tribüne und ist als Person mit seinem charismatischen, roten Helm das einzig farbige Element und drängt sich dadurch in den Vordergrund. Die Umgebung zeigt sich im deutlich abgeschwächten Schwarz-Weiß in dadurch erhält der Leser einen sehr gelungenen Ein- und Ausstieg in das Buch. Marc Surer schrieb als schweizer Landsmann von Herbert Müller das Vorwort. Hierbei erinnert er sich an die bunte Karriere von Herbert und auch an die letzten Gespräche im Rahmen des 1.000 km-Rennens auf dem Nürburgring im Jahr 1981. Noch vor dem Vorwort finden sich schon zwei große Bilder mit einem Porsche 917 und einen Porsche 911 Carrera RSR wieder, unmittelbar im Anschluss findet sich das Inhaltsverzeichnis wieder. Das Buch gliedert sich in chronologischer Reihenfolge und führt den Leser durch die aktiven Rennfahrer-Jahre von 1960 bis 1981. Dazwischen finden sich immer wieder unterschiedliche Geschichten rund um die Geschichte von Herbert Müller. Ein weiteres Foto zeigt daneben Herbert Müller erneut beim augenscheinlich genüßlichen Zug an einer Zigarre wieder.
Zunächst startet das Buch vorab noch unter der Überschrift Eine Jugend im Aargau und blickt auf die Kindheits- und Jugendjahre von Herbert Müller. So erfährt man hier auch die frühe Faszination für jegliche Fahrzeuge und zeigt auch Bilder aus der Kindheit und erhält Informationen über die Familie Müller. Sein Vater Arthur übertrug seine Liebe für Automobil scheinbar direkt auf seinen Erstgeborenen Herbert und legte auch die Verantwortung seiner erfolgreichen Firma in dessen Hände. Ein Grund warum Herbert Müller später eigentlich nur nebenbei Rennfahrer sein konnte.

Mit Ferrari 512 fuhr der Schweizer zahlreiche Rennen und passte diese immer wieder an die Bedingungen an.

1960 fuhr Herbert Müller schließlich seine ersten Autorennen, wobei seine Liebe auch den Motorrädern galt. So realisierte er mit Walter Kausch den Einbau eines Norton-Motors in einem Hürlimann GT, fortan Norton-Spezial genannt. Hiermit gelangen bei den ersten Rennen schon erste Achtungserfolge, aber ebenso war er sich bewusst das dieser Wagen zum echten Erfolg nicht reichen würde. So schuf er für 1961 einen Cooper an und konnte schon in dieser ersten volle Saison die ersten Siege einfahren. Am Ende war er gar der Zweitplatzierter in Kategorie Rennwagen der schweizer Meisterschaft.
1962 bekam Herbert dann von seinem Vater einen drei Jahre alten Porsche 718 RSK zur Verfügung gestellt, denn er wollte die hohen Ambitionen des Junior natürlich unterstützen. Zum diesem Jahr finden sich auch viele Aufnahmen aus den Rennen im Buch wieder und der Text ist deutlich umfangreicher als noch bei den ersten beiden Jahren. Hier werden alle Rennen in chronologischer Reihenfolge nacherzählt, natürlich mit einem speziellen Blick auf die Ereignisse die Herbert Müller tangierten. Diese Prinzip ist im gesamten Buch zu finden und zitiert hierbei auch immer wieder die zeitgenössische Presse, insbesondere die eidgenössische Powerslide. Der umfangreiche Text wurde hierzu in einer leider recht kleinen Schrift umgesetzt, so dass zum Lesen zumindest eine ausreichende Beleuchtung notwendig ist. Die Bebilderung ist recht umfangreich und die passenden Bildunterschriften liefern notwendige Details. Ende des Jahrs 1961 nahm Herbert Müller an einem Lehrgang in Monza teil, der vom Rennfahrer, Journalisten und Buchautor Paul Frère geleitet wurde. Gesucht wurden hier schweizer Rennfahrer, die für die neu gegründete Scuderia Filipinetti fahren sollten.

Nach dem 917 besann sich Porsche auf die Basis und setzte den 911 in Rennen ein, mit am Steuer war Herber Müller.

Ein folgt ein ersten Seitenblick auf die Scuderia Filipinetti, für die Herbert Müller in den Jahren 1963 bis 1970 ins Volant griff. Der Rennstall wurde von Georges Filipinetti gegründet, der vor allem die Möglichkeiten der schweizer Rennfahrer in der internationalen Rennszene erweitern wollte. Nachdem im ersten Jahr 1962 nur Jo Siffert für die Scuderia fuhr, kam schon im Folgejahr auch Herbert Müller zum Einsatz. Die Fahrzeuge waren dabei erstaunlich vielschichtig und so kamen neben einem Lotus-Formel 1 auch ein Ferrari 250 GTO oder auch ein Chevrolet Impala zum Einsatz. Mit dem Jahren war die Scuderia auch die höchsten Klassen des Motorsports aktiv und setzte hochinteressante Rennwagen von unterschiedlichsten Herstellern ein. Unmittelbar nach dem Tod von Georges Filipinetti im Jahr 1973 stellte man den Rennbetrieb ein, nachdem schon im Jahr davor eine französischer Mineralöl-Konzern sich an der Scuderia beteiligt hatte. Bis heute ist der besondere Name aber noch im Gedächtnis vieles Motorsport-Fans tief verwurzelt.
1963 zeigte Herbert Müller sein Talent auch in der Formel 1 und lag bis kurz vor dem Ende des Rennens in Pau hintern den hochfavorisierten Lotus-Piloten. Leider ging ihm dann aber der Sprit aus, so dass er durch einen Tankstopp noch zurückfallen sollte. Nachdem er im ersten Jahr bei der Scuderia Flilpinetti Herbert noch auf unterschiedlichsten Fahrzeuge zum Einsatz kam, fuhr er 1964 fast ausschließlich Porsche-Modelle wie den 904 Carrera GTS oder auch den Elva-Porsche auf verschiedenen Bergrennen. Hiermit wurde Herbert Müller auch Vizemeister in der damals sehr populären Europa-Bergmeisterschaft.

1981 trat Herbert Müller noch einmal mit einem modernisierten Porsche 908 an – es war seine letzte Fahrt.

Mit vielen verschiedenen Rennwagen konnte Herbert Müller auch in den Folgejahren sein Können zeigen, dabei musste er sich aber auch immer mehr um die Firma kümmern, denn sein Vater verstarb im Jahr 1964 an einem Gehirnschlag. Die Rennerei bleib aber zeitlebens sien größtes Hobby und auch heute noch kann man nur staunen, wie er die hohe Anzahl an Veranstaltungen mit seinen beruflichen Pflichten verbringen konnte. Sein großes Ziel war aber immer die höchste Klasse im Motorsport – die Formel 1. Bei der Scuderia Flilpinetti gab es hierzu immer wieder Planungen dies zu realisieren, aber wirklich umgesetzt wurde dies nie. Beeindruckend ist aber die Vielzahl der Rennwagen in denen Herbert Müller bei den Rennen antrat. So folgten 1965 Einsätze in einer Shelby Cobra 427, einem Ferrari 365P1, einem Ferrari 250 LM sowie einem Ford GT40 oder auch noch die Porsche Modellen 904 Carrera GTS und dem 904/8 Spyder. Alleine die Bilder hierzu werden die Motorsportfans in helle Freude versetzen, denn kaum ein Rennfahrer nutzte so viele unterschiedliche Fahrzeuge,
Die Welt des Rennsports begleitete der Schweizer über mehr als 20 Jahre und konnte zweimal die Targa Florio gewinnen, im Jahr 1966 auf einem Porsche 906 mit dem Belgier Willy Mairesse für die Scuderia Filipinetti und 1973 im offiziellen Porsche-Werkseinsatz mit dem Carrera RSR und dem Niederländer Gijs van Lennep. Beim legendären 24 Stunden Rennen in Le Mans trat er 13 mal an, konnte aber keinen Sieg einfahren. Dabei kam er unter anderen auch für Matra im Jahr 1969 zu einem Werkseinsatz. Ab 1970 fuhr er im Ferrari 512S und später auch im modifizierten 512M, diese Modelle sollten ihn über lange Zeit begleiten und waren auch die Basis zum Herbert Müller Racing Team.
Die Vielfalt von Herbert Müller ist in jedem Fall beeindruckend und macht die Geschichte des charismatischen Rennfahrer hochinteressant. Es gibt eine Menge zu entdecken und ein Statistik-Teil mit allen Renn-Ergebnissen beschließen das Buch.

Fazit: Stumpen-Herbie ist bis heute vermutlich vielen Motorsport-Fans noch im Gedächtnis. In über zwanzig Jahren war der Schweizer im Rennsport aktiv und fuhr dabei eine erstaunliche Anzahl an unterschiedlichen Rennwagen. Sein großes Ziel die. Formel 1 erreichte er zwar nie richtig, aber dafür baute er im Hauptberuf auch noch eine erfolgreiche Firma auf. Die Vielfältigkeit ist somit absolut beeindruckend und die Biografie von Herbert Müller blickt in einem dicken Buch auf diese Zeit zurück.
Zum Preis von knapp unter 80€ erhält man einen Teil Motorsport-Geschichte auf das kein Fan verzeichnen sollte. In der umfangreichen Bebilderung finden sich immer wieder auch Aufnahmen wieder, welche neu sein dürften.

Bibliiografie:
Titel: Herbert Müller – „… alles zu langsam!“
Autoren: Jörg-Thomas Födisch, Rainer Roßbach
Umfang: 384 Seiten, 253 Farb- und 257 Schwarz-Weiß-Fotos
Format: 300 x 245 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 06/2021
Preis: 79,– €
ISBN-Nr.: 978-3-947-15633-7
Bestellbar beim Verlag unter: www.rallyandracing.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: McKlein, Marco Rassfeld