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Buch – Gruppe 2

Die frühen Jahre des Rallyesports – in den Anfängen waren vielen Rallye-Fahrzeuge noch nicht in internationale Klassen eingeteilt und viele Automobile standen am Start, weil der Veranstalter diese nach seinen eigenen Reglement zuließ. Trotz dieser Schwierigkeiten etablierte sich der Sport schnell und McKlein Publishing bietet auch zu der ersten und hochinteressanten Ära des Rallye-Sports ein passendes Buch an.

Wilder Ritt – der kleine Mini auf Schotter.

Das große Hochformat gibt den Bildern im Buch die Möglichkeit sich ausreichend groß zu entfalten und sorgt natürlich auch für viel Platz für den Text, der immerhin mehr als 25 Jahre abbildet. Der Zeitraum mit dem sich das Buch befasst startet konkret unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg mit dem Jahr 1946 und endet erst 1972. Im Anschluss kam es zu einer neuen Eingruppierung der Fahrzeuge, welche dann in den weiteren Titeln der Buch-Reihe behandelt werden. Mittlerweile vier Titel sind erhältlich und bilden alle Jahre bis einschließlich 1996 ab und ein weiterer Band zur den 2-Liter-World Rallye Cars ist schon in Planung. Somit hat man die Möglichkeit eine echte Bibliothek zu erhalten, welche die komplette Entwicklung der Geschichte des Rallye-Sports nacherzählt. Als Titelheld zum Gruppe 2-Buch dient ein klassischer Mini im Drift bei der Rallye Monte Carlo im Jahr 1967. Wie selbstverständlich handelt es sich um den damaligen Sieger der bekanntesten Rallye der Welt. Der kompakte Mini wurde in diesem Jahr von Rauno Aaltonen und Henry Liddon gefahren. Sicher sind die Erfolge des Mini auch heute noch präsent und zeigen auch zugleich die Besonderheit der Anfangsjahre der Rallyes. So gewann nicht einfach das schnellste Fahrzeug, sondern durch unterschiedlichsten Bestimmungen immer wieder verschiedenste Automobile. Einen kleinen Eindruck in die ersten Jahre kann man auf der Rückseite entdecken, denn hier zeigen sich schon viele Bilder mit unterschiedlichsten Modellen wieder. Zwar sind die Abbildungen hier recht klein, aber als Vorgeschmack auf den Inhalt eine gute Vorschau. Ein kurzer und prägnanter Klappentext bringt dann schon einige bekannte Fahrzeuge und auch Fahrer ins Gedächtnis zurück und weist ebenfalls noch darauf hin, dass sich der Sport in diesen Jahren vom Amateur- zum Profi-Sport entwickelte.

Gewöhnlicher Volvo gegen Porsche – damals vollkommen normal und mit Sieg-Chancen für alle.

Das Blick ins Buch zeigt schnell das Inhaltsverzeichnis und eine Aufteilung in zehn Kapitel in denen sich, neben der chronologischen Aufarbeitung auch weitere Themen, die erwähnenswert scheinen und nicht in die Schubladen bleiben sollten, wiederfinden. Daneben zeigt sich eine große Aufnahme mit der Verladung eines Triumph 2500 auf ein Schiff – ein sehr gelungener Beweis dafür wie gut große Bilder wirken können.
Das Vorwort stammt von Rauno Aaltonen, der auch als Rallye-Professor bekannt ist und bei vielen Motorsport-Fans sicher noch im Gedächtnis sein wird. Er erinnert sich an seinen Einsätze und Erfolge und auch an die Regelauslegung der Veranstalter bei der Rallye Monte Carlo im Jahr 1966. Hier wurden nämlich viele Fahrzeug aus vermeintlichen technischen Unzulänglichkeiten disqualifiziert. Zum Sieger erklärt wurde hier schließlich die eigentlich fünfplatzierte Citroen DS 21. Alle englischen Fahrzeuge davor wurden vom Endklassement ausgeschlossen, so wurde unter anderem ein Dreifach-Erfolg der Mini verhindert. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Platzierungen im Jahr 1966 als auch auf die Ergebnisse von 1965 bis 1967.
Im Anschluss gibt es noch einige Anmerkungen zum Buch vom Autor John Davenport, der ein wahrer Insider der Szene war. Er war als Journalist, Beifahrer und schließlich auch Fahrer bei den Veranstaltungen aktiv und erinnert sich mit vielen Anekdoten an diese Zeit zurück.
Einige weitere, wichtige Anmerkungen gibt es dann vor dem Start des ersten Kapitels noch zu entdecken. Hier geht das Buch auf die Anfänge der Rallye-Sports ein und auch die entsprechenden Gruppierungen, welche erst ab der Saison 1966 mit der Einführung des Appendix J offiziell wurden. Einige Bilder zeigen hier, passend zum Text, Aufnahmen aus der Zeit vor dem Jahr 1946 und der Leser wird auch über die Herkunft des Wortes „Rallye“ aufgeklärt.

Nach und nach wurde die Vorbereitung der Fahrzeuge immer professioneller und die Hersteller nahmen teil.

In den ersten Jahren von 1946 bis 1952 lernt der Rallye-Sport langsam das Laufen, wie auch der Titel des ersten Kapitels offenbart. Zu jedem Jahr gibt es einen Blick auf die wichtigsten Ereignisse und Veranstaltungen mit derem Verlauf zu entdecken, wobei die Texte in den Anfangsjahren mit jedem Jahr umfangreicher werden. So entstanden nach und nach immer mehr Veranstaltungen, ohne das es einen übergreifende Meisterschaft gab.
Erst ab 1953 gab es schließlich die Europameisterschaft in deren Kalender sich immerhin schon zehn Veranstaltungen wiederfanden. Dabei war der Ablauf dieser aber immer noch sehr individuell und so mussten sich die Teams immer wieder auf unterschiedliche Verhältnisse einstellen. Die Meisterschaft selbst war einen Fahrer-Europameisterschaft, eine Hersteller-Wertung gab es anfangs noch nicht. Dies gab den Fahrer also auch die Möglichkeit sich zu jeder Veranstaltung ein passendes Fahrzeug zu suchen. So gewann der spätere Europameister Helmut Polensky zwei Rallyes – die „Rallye Travemünde“ im Fiat 1100 und die „Rallye International des Alpes“ im Porsche 356. Die übrigen Rallyes wurde immer von unterschiedlichen Fahrern gewonnen, was für die große Ausgeglichenheit des Feldes steht. Auch eine gesonderte Wertung der Frauen gab es zu Beginn der Meisterschaft, welche 1953 von Greta Molander aus Norwegen gewonnen wurde.
In den Jahren 1957 bis 1959 folgte dann der endgültige Aufstieg der Skandinavier, welche immer mehr ihre Fahrkünste nutzen konnten und viele Siege einfuhren. Man begann auch langsam mit einen konkreteren Einteilung der unterschiedlichen Fahrzeuge in Gruppen, wobei es immer mehr weg ging vom klassischen Serienmodell hin zu getunten und optimierten Wettbewerbsfahrzeugen. Das Feld blieb aber weiterhin bunt und zeigte Fahrzeuge wie den Saab 93, den Austin-Healey 100 oder auch den Volvo PV444. Immer mehr hin führte der Sport auch zum Werkssport und verschiedene Hersteller arbeiteten an der Professionalisierung des Sports mit. Unter anderem war hier auch Mercedes-Benz besonders engagiert.

Eine unbeschwerte Zeit waren die Anfangsjahre, aber auch immer war die Gefahr des Motorsports vorhanden.

Schon 1960 sicherte sich schließlich Walter Schock mit einem Mercedes-Benz 220 SE den Titel, während bei den Damen Pat Moss-Carlsson schon ihre zweite Europameisterschaft feiern konnte. Sie verließ sich dabei auf die Fahrzeuge von Austin und nutzte den Austin-Healey 3000 ebenso wie den Austin A40. Die bekannten Nachnamen lassen sich hierbei leicht erklären, denn Pat war die Schwester von Stirling Moss, einer Rennfahrer-Legende. Später dann heiratete sie Eric Carlsson, der sich in der Rallye-Szene schon einen Namen gemacht hatte. Die Bebilderung wird im übrigen nach und nach umfangreicher und auch die Größe der Aufnahmen scheint zu steigen. Dies ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass der Sport immer populärer wurde und somit auch besser dokumentiert wurde. Die Szene, in denen sich die Fahrzeuge hier wiederfinden lassen, zeigen immer noch die verschiedenen Abarten des Sports, der sich aber immer mehr Richtung der einzelnen Wertungsprüfungen und entsprechend notwendigen Verbindungsetappen wandelte.
Goldene Zeiten lautet dann die Überschrift zum mittlerweile schon fünften Kapitel im Buch. Der Rallye-Sport entwickelte sich konsequent weiter und zur Re-Organisation trug man die Europameisterschaft im Jahr 1963 nicht aus. Trotzdem gab es interessante Rallyes in denen sich unterschiedlichste Fahrzeuge um den Sieg bemühten. Ein gutes Beispiel hierfür ist gleich die erste Veranstaltung des Jahres – die traditionsreiche Rallye Monte Carlo. Hier gewann der Schwede Erik Carlsson zum zweiten Mal in Folge mit einem Saab 96, während sich im Feld Fahrzeuge wie der kleine Mini Cooper, die avantgardistische Citroën DS 21 und der amerikanische Ford Falcon Sprint um die Platze balgten. Bei der Langstrecken-Rallye Lüttich-Sofia-Lüttich gewann schließlich Mercedes-Benz mit dem neuen 230 SL Es war also immer viele los und schon 1964 wurde auch wieder eine offizielle Europameisterschaft ausgefahren.

Viele der Fahrzeuge finden sich noch nach Hersteller sortiert im Anhang des Buches wieder.

Die Jahre 1966 bis 1969 laufen im Buch unter dem Titel „Zeit für Experimente“, denn es waren zwar die ersten Jahren unter dem neuen Appendix J der FIA und somit klaren Gruppierungen, aber nach wie vor konnten die Veranstalter bestimmte Gruppe bevorzugen. Die Meisterschaft kürte nun am Ende der Saison den jeweiligen Meister in den Gruppen 1, 2 und 3 und dies sorgte sowohl bei den Fans als auch bei den Teams und Fahrer für eine gewisse Unübersichtlichkeit. Über der Rallye Monte Carlo des Jahre 1966 liegt zudem bis heute ein dunkler Schatten durch die schon erwähnt Disqualifikation der englischen Spitzen-Teams. Dieses Vorgehen sorgte sogar beim offiziellen Siegerteam für Unbehagen und Pauli Toivonen verweigerte gar die Annahme des Siegerpokals. 1968 kürte man dann zum ersten Mal auch einen Marken-Europameister wobei dieser Titel an Ford GB gehen sollte und bei den Fahrer gab es wieder nun ein Meister, der über alle Gruppen geehrt wurde.
In den letzten drei Jahren bis 1972 entwickelte sich die Meisterschaft immer weiter und war somit der Prototyp der kommenden Weltmeisterschaft. Die Fahrzeuge wurden immer professioneller aufgebaut und das Feld war gespickt von tollen Fahrzeugen wie dem Porsche 911, der Alpine A110, dem Lancia Fulvia oder natürlich auch dem Ford Escort. Die Bebilderung wird auch immer weiter mit farbigen Aufnahmen versehen, welches einen tollen Eindruck in die damalige Zeit liefert.
Das Buch blickt des Weiteren noch auf die Fahrzeuge und Hersteller und im Anhang, der als Kapitel 9 gekennzeichnet ist, werden weitere interessante Themen dem Leser dargelegt. So kann man tiefer blicken auf die Rolle der Frauen im Rallyesport, die Technik der Fahrzeuge, die nicht im offiziellen Kalender verzeichneten Rallyes in Korsika und Afrika. Dazu gibt es noch viele große und kleine Anekdoten zu entdecken, welche tolle Stories zum Vorschein bringen. Nach dem Epilog mit dem Ausblick auf die folgenden Jahr folgt zum Abschluss noch ein umfangreicher Statistik-Teil mit den zehn bestplatzierten Teams. Auch die Endstände der Meisterschaften finden sich hier natürlich noch wieder.

Fazit: Die Anfänge des Rallye-Sports waren wild und ungestüm, dies beweist in jedem Fall das Buch über die Zeit von 1946 bis 1972. Die Regeln und Eingruppierungen mussten sich noch finden und auch die Meisterschaft machte ein erstaunliche Entwicklung durch. Der Titel bietet einen sehr umfangreiche textliche Darstellung der über 25 Jahre Rallyesport und kann dazu mit tollen Bildern begeistern. Kaum etwas wird man hier vermissen und auch einige interessante Themen abseits der Veranstaltungen und tolle Anekdoten finden sich im Buch wieder und runden das Darstellung sehr gelungen ab. Das Buch wurde demnach auch vollkommen zureicht mit den Autobuch Preis ausgezeichnet.
Für knapp unter 50 Euro kann man die Grundlage zu einer umfassenden Rallye-Bibliothek kaufen. Die Zusammenfassung der Entwicklung von Jahr zu Jahr wird auch bei den weiteren Titeln der Serie fortgeführt und sicher jeder Rallye-Fan wird sich eine solche Bibliothek wünschen. Deshalb hier auch nochmals die Links zu den Rezensionen der bisher erhältlichen Titeln (alle auch in Englisch erhältlich):
Gruppe 4 – Das Jahrzehnt der Heckschleudern – 1973–1982
Gruppe B – Aufstieg und Fall der Rallye-Monster – 1983–1986
Gruppe A – Rallye-Wölfe im Schafspelz – 1987–1996

Bibliografie:
Titel: Gruppe 2 – Die frühen Jahre des Rallyesports
Autoren: John Davenport, Reinhard Klein
Umfang: 256 Seiten, 82 Farb- und 337 in Schwarzweiß-Fotos
Format: 245 x 300 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 05/2014
Preis: 49,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-927-45872-7
Bestellbar beim Verlag unter: www.rallyandracing.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: McKlein Publishing, Marco Rassfeld