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Buch – Deutsche Autos 1920–1945

Der „Oswald“ war über viele Jahre das Nachschlagewerk für vielen Automobil-Interessierte und ist es bis heute. Vor allem die deutsche Automobil-Industrie hatte der Journalist und Historiker in seinem Fokus und in vielen Bücher hat er diese akribisch dargestellt. Der Motorbuch Verlag war dabei immer schon der Verlag, welcher einen Großteil seiner Bücher erfolgreich publizierte und so gibt es immer wieder aktualisierte Auflage mit Neuerungen zu entdecken. In den letzten Jahren wurden so viele Titel neu aufgelegt …

Opulente Automobile entstanden in Deutschland auch zwischen den Weltkriegen.

Das Buch, welches die Jahre nach dem ersten Weltkrieg bis zum Ende des zweiten Weltkrieges behandelt ist erneut eines, welches über eine stattliche Größe verfügt. Ebenso wie die hier schon vorgestellten Bücher der nachfolgenden Jahre ist das Format im großen Hochformat gewählt, wobei man scheinbar bewusst in die Breite ging. Die Stärke der Bücher ermöglicht durch die breitere Seiten ein besseres Blättern und Aufschlagverhalten. Mit knapp 600 Seiten ist das Buch über diese Epoche das umfangreichste, wobei sich hier auch noch eine erstaunliche Anzahl an heute zumeist unbekannten Automobil-Hersteller wiederfinden. Passend zu den neusten Auflage ist auch hier der Titel mit einem großen Bild gestaltet, welches in diesem Fall einen Mercedes-Benz 540 K Cabriolet B zeigt. Eines der Spitzenautomobile der Jahre vor dem verheerenden zweiten Weltkrieg. Mit solchen Modellen sollte die deutsche Wirtschaft auch ihre Stärke offen nach außen tragen. In einer recht gediegenen Farbkombination zeigt sich das opulente Cabriolet im Innenhof eines Schlosses und wurde somit in gebührenden Rahmen fotografiert. Neben dem recht präsenten Buchtitel finden sich noch zwei zeitgenössische Schwarz-Weiß-Aufnahmen wieder, welche zwei weitere Fahrzeug in ihrem realen Umfeld zeigen. Dazu findet sich noch eingeklinkt der Urheber des Buches und das Verlagslogo auf dem Titel wieder. Die Rückseite zeigt ein großes, ebenfalls zeitgenössisches Foto. Dies entstand scheinbar vor einem Hotel und liefert einen tollen Blick in die damalige Zeit. Der Klappentext weist auf die lange Tradition des Buches hin, welches nach mittlerweile zwölf, fast unveränderten Auflage nun erstmals eine umfassende Überarbeitung erfuhr und somit vor allem viele neue Bilder der Modelle liefert. Die technischen Daten wurde dabei an den aktuellen Wissenstand angepasst und berücksichtigen die aktuellen Erkenntnisse.

Adler gehört zu den bekanntesten Marken in Deutschland und stellte erstaunliche Stückzahlen her.

Nach dem Öffnen des Buches findet man sich schnell im Inhaltsverzeichnis wieder und findet eine Auflistung von erstaunlich vielen Marken, welche in den Jahren von 1920–1945 erfolgreich Automobile in Deutschland produzierten. Die alphabetische Reihenfolge sichert dabei auch im Buch selbst eine schnelle Orientierung. Unter der Überschrift Kleinste Marken finden sich zudem auch noch eine hohe Anzahl an weiteren Herstellern mit, welche nur wenige und auch gar keine Automobile herstellten, sondern eine Produktion nur anstrebten. Hier kann sicher jeder Leser noch etwas Neues entdecken.
Das Vorwort geht dann noch auf die Neuauflage des Jahres 2019 ein und beschreibt das Vorgehen der behutsamen Aktualisierung eines Klassikers der Automobil-Bücher. Mit vier ausgewiesenen Spezialisten wurde das Werk auf den aktuellsten Stand gebracht und vor allem konnte man einen hohe Anzahl an Bildmaterial in der neusten Auflage unterbringen. Hier achtete man besonders darauf möglichst unbekannte Bilder zu zeigen, wobei man sich hierbei auf zeitgenössisches Material konzentrierte. Die Identifizierung der Automobile war dabei noch einen besondere Herausforderung, welches natürlich vor allem der Zeit, in der diese Neuwagen waren, geschuldet ist. Gerade bei nicht mehr aktiven Marken, und das sind der Großteil der im Buch vertretenden, war man auf die unterschiedlichsten Experten angewiesen. Nach dem sehr aufschlussreichen Vorwort startet schließlich die Vorstellung der einzelnen Marken.

Immer mehr entfernte man sich in dieser Epoche vom kutschenhaften hin zum echten Automobil.

Mit Adler obliegt der Start einer Marken, welche heute schon lange keine Automobile mehr herstellt. Der Text liefert zunächst auch einen Überblick über die Geschichte der Marken. Adlter hatte noch im Jahr 1914 mit etwa 20% einen großen Anteil an dem noch kleinen Automobil-Bestand in Deutschland. Man knüpfte auch nach dem ersten Weltkrieg an diese Erfolg an und war in den 1930er und 1940er immer unter den vier größten Marken in Deutschland. Ein wichtiger Bestandteil für alle Statistiker ist eine Überblick über die Produktion der Adler-Modelle von 1913 bis 1940. Hier kann man schnell die immer weiter steigenden Zahlen der Modelle im Laufe der Jahre erkennen und entdeckt natürlich auch schnell den Bestseller von Adler. Mit großen Abstand ist dies der Adler Trumpf Junior, der mit seiner zweiten Serie 1E alle bisherigen Produktion in den Schatten stellen sollte. Exakt 78.827 Modelle diesen Typs wurde von 1936 bis 1941 produziert und man kann sich vorstellen, dass diese Zahl noch deutlich höher ausgefallen wäre wenn nicht der zweite Weltkrieg die Produktion zum Erliegen gebracht hätte. Auch wie sich der Hersteller in den Folgejahre nach 1945 weiterentwickelte finden sich im einleitenden Text noch wieder, welcher schon von einen erstaunlichen Anzahl an historischem Bildmaterial unterstützt wird. So kann man hier schon den Stand von Adler während der IAMA in Berlin im Jahr 1936 wiederfinden, oder eine im Schlamm steckenden Adler Standard 6 Limousine. Dieses Fahrzeug machte sich 1927 mit Clärenore Stinnes auf den Weg als erster Mensch mit einem Automobil die Welt zu umrunden – zur damaligen Zeit ein unfassbares Abenteuer.

Mannesmann war als Industriekonzern lange aktiv und stellt zwischenzeitlich auch Automobile her.

Im Anschluss an die Vorstellung der Marke folgt eine Betrachtung der einzelnen Modelle und deren Entwicklung. Hier liefert der Text einige Details zu den einzelnen Fahrzeugen und das Buch liefert dazu passend eine Vielzahl an Bilder, welche durch eine informative Bildunterschrift ergänzt werden. Die Vielfalt der Modelle bezog sich in jenen wenige auf die Technik als vielmehr auf die Karosserie-Varianten. Ob als Limousine, Landaulet, Cabriolet oder Tourenwagen, dem Käufer waren kaum Grenzen gesetzt. Dies war natürlich auch der damaligen Produktionsmethode geschuldet, bei denen die Hersteller oftmals das Chassis und den Motor fertigten, welche dann mit individuellen Karosserie von unterschiedlichsten Betrieben versehen werden konnte. Nach und nach wurden die Verbindungen von Hersteller zu Karosserie-Betrieb immer enger und entstanden kleinere Serien. Dennoch gab es auch hier immer wieder Detail-Unterschiede. Das Handwerk wurde in jeden Jahren noch großgeschrieben und von einer kompletten Serien-Produktion am Band war man zu Beginn der Epoche noch weit entfernt. Neben der Vorstellung der Modelle und deren eigene Geschichten liefert das Buch auch umfangreiche technische Daten zu den einzelnen Modellen. Diese finden sich in großen Tabellen wieder und machen das Buch, nach guter Art von Werner Oswald, zum unverzichtbaren Nachschlagewerk. Auch die Entwicklung der Preise werden hierbei aufgeführt und liefern einen weiteren, wichtigen Baustein zum Standard-Werk. Wie schnell die Entwicklung der Automobile generell voranschritt, kann man schon bei der ersten Marke gut nachvollziehen, denn von kutschenförmigen Automobile gelang hier auch die Brücken zur Stromlinien-Form, welches die Automobile gefälliger und gleichzeitig effizienter machen sollte.

Rabag fertigte die Modelle von Bugatti in Lizenz und war damit ein deutscher Hersteller.

Bei weniger großen Marken wie Adler erfolgt die Vorstellung im kleineren Rahmen, so gibt es keine modellbezogene Darstellung sondern eine globalere, modellübergreifende. Dies trifft zum Beispiel auf die folgenden Marken AGA und Apollo zu. Wenn eine Marke zudem im dem Zeitraum, welche das Buch abdeckt die Produktion startete oder einstellte, so erfolgt schon bei der großen Überschrift ein entsprechendes Hinweis dazu. Audi ist dann der erste Hersteller, welcher schon in der damaligen Zeit aktiv war und Automobile herstellte und bis heute noch am Markt wiederzufinden ist. Mit elf weiteren Marken, welchen das Buch zu den kleinsten Marken zählt wird dann der erste Buchstabe des Alphabets beendet. Die Vorstellung erfolgt mit einem kleinen Text zur Marke und Modell und, wenn sicher verfügbar, auch mit einem passenden Bild dazu. So kann man hier auch schon Einspurautos von Albamobil und Atlantic entdecken, welche auch einen Hinweis geben auf die damalige Entwicklung des Automobils geben.
Die Modelle, welche sich im Buch entdecken lassen, zeigen generelle eine hohe Vielfalt. So kann man vom Kleinstwagen bis zur Luxuslimousine oder Sportwagen alles entdecken. Jeder Hersteller startete mit einem gewissen Fokus und die erfolgreichen Marke hatten später die Möglichkeit ihr Modellprogramm nach und nach zu erweitern. Auch spielten zur damaligen Zeit schon Investoren eine große Rolle, was auch dazu beitragen sollte, dass die Menge der Hersteller sich nach und nach durch Zusammenschlüsse reduzieren sollte. Berühmte Beispiele sind hier sicher Benz und Mercedes sowie die Auto Union mit den Marken Audi, DKW, Horch und Wanderer. Auch unter den Konstrukteuren fanden sich damals schon berühmte Namen wie Horch, Porsche oder Röhr, welche aber nicht immer nur für die Marke mit ihrem Nachnamen aktiv waren.
Zum Abschluss liefert das Buch dann auch noch einige Information zur der Entwicklung der Produktion und Zulassung der Automobile in Deutschland und zeigt auch anhand weiterer Tabellen einen hohen Hang zur lückenlosen Darstellung der damaligen Verhältnisse.

Fazit: Der „Oswald“ ist mehr als nur ein Buch über deutsche Automobile, das Gesamtwerk des Automobil-Historikers ist deutlich umfangreicher und umfasst mehrere Titel. Als Nachschlagewerk ist keines davon verzichtbar und das vorliegende Buch ist ein wichtiger Bestandteil davon. Die Zeiten waren schwierig und von Kriegen und Wirtschaftskrisen geprägt, welches im Buch auch immer wieder thematisiert wird. Die nun umfangreich überarbeitete Neuauflage ist eine gelungene Überarbeitung des Standardwerks und wurde mit viel Hingabe realisiert. Dies kann man vor allem an den vielen Bildern merken, welche eine Vielzahl der heutigen Oldtimer in der damaligen Zeit zeigen.
Der Preis von 50 Euro ist absolut gerechtfertigt für das dicke Buch, welches sich im Bücherregal nahtlos in die Reihe der weiteren Neuauflage der Bücher der Zeiträume 1945–1975 und 1976-1995 einreiht. Für Automobilisten und Historiker ist dieses Buch weiterhin das Standard-Werk zur deutsche Automobil-Geschichte.

Bibliografie:
Titel: Deutsche Autos – 1920 – 1945
Autor: Werner Oswald
Umfang: 592 Seiten, 1204 Bilder
Format: 230 x 265 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 09/2019
Preis: 49,90 €
ISBN: 978-3-613-04142-4
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Daimler AG, Motorbuch Verlag, Marco Rassfeld