In den Anfangszeiten des Automobils galt es für die Industrie zunächst die besten Produktionsbedingungen zu finden. So nahmen sich viele Stellmacher, welche vor allem Kutsche bauten, auch dem neuen Automobil an und formten dafür die Aufbauten. In Deutschland galt Gläser Karosserie Dresden hier als einer der Bekanntesten und schuf viele, beeindruckende Automobile für verschiedene Hersteller. Eines neues Buch von SammelSUHRium blickt auf die gesamte Geschichte zurück.
Das dieser Karosseire-Betriebe mitverantwortlich waren für den Aufstieg des Automobils lässt sich nicht leugnen. Allerdings war auch genau dies paradoxerweise ihr eigener Untergang. Denn nachdem die Hersteller zu Beginn oftmals nur das Fahrgestell und den Motor sowie den Kühler lieferten, kümmerten sich die ehemaligen Stellmacher um die Karosserie und Innenraum. Die Möglichkeit der Individualisierung war extrem hoch, denn die Kunden konnten sich in wahrsten Sinne des Wortes ihr Traumauto bauen lassen.
Doch die Hersteller erhöhten im Laufe der Zeit immer mehr den Anteil der eigens hergestellten Teile und wollten auch ein entsprechendes Image für sich aufbauen. Dazu war es fraglos auch erforderlich, dass man auch das Design der Automobile bestimmen konnte. Somit wurde es immer schwieriger für die Karosserie-Bauer, was auch ein europaweites Phänomen war. Viele der deutschen Firmen verschwanden schnell, während die vorherrschenden italienischen Designstudios noch länger Bestand haben sollten.
Doch legen nur mal den Blick auf das vorliegende Buch. Dieses kommt in einem recht große Hochformat daher, zeigt dabei eine ungewöhnliche Breite. Somit gibt es in jedem Fall ausreichend Platz für eine umfassende Darstellung der Geschichte der Firma Gläser Karosserie Dresden. Der Buchtitel zeigt einen Blick in den Innenraum eines der Meisterwerke von Gläser. Der Horch 855 Special Roadster wurde nur sieben mal gebaut und ist eines der seltensten und begehrtesten Modelle aus der Historie von Auto Union und auch Gläser.
Der gewählte Bildausschnitt lässt eine detaillierten Blick zu und ganz besonders herausgearbeitet werden einige Elemente durch eine partielle Lackierung. So zeigt sich auch ein tolles Spiel zwischen glänzenden und matten Elementen, welche besonders im Gegenlicht sehr gut zu Geltung kommen. Auch die Platzierung auf einem dunkel-blauem Hintergrund sorgt für einen tollen Kontrast zum hellen Innenraum. Dazu findet sich noch der Buchtitel im dazu passenden Gelbton, eine Farbgebung welche sich auch im Buch wiederfindet. Auch das Gläser-Logo findet sich noch geschickt platziert wieder und natürlich fehlt auch nicht das Verlagslogo. Autoren und Mitwirkende sind ebenfalls noch zu entdecken.
Auch auf der Rückseite gibt es auch nich viel zu entdecken, wobei sich der dunkel-blaue Hintergrund bis hierhin durchzieht. Entdecken kann man hier weitere Logos, welche im Laufe der Jahre die Entwicklung der Firma auch unter dem Namen KWD aufzeigen. Dazu gibt es sechs Bilder und eine Zeichnung zu entdecken. Diese zeigen ein beeindruckende Reise durch die Zeit, von der Kutsche bis hin zum Wohnwagen. Die hergestellten Fahrzeuge waren im Laufe der Jahren durchaus vielfältig.
Stilvoll wie der Einband von Buch beginnt auch der erste Blick hinein. Der Vorsatz findet sich im passenden Gelbton und zunächst kann man das Wappen wieder entdecken, welches auf den Karosserien platziert wurde. Die darauf platzierte Sänfte, welche von zwei Menschen getragen wird, folgt nochmals auf der folgenden Seite im größeren Format. Ein Symbol, welches den Komfort der Produkte von Gläser Karosserie Dresden widerspiegeln sollte. Das folgende Inhaltsverzeichnis legt die chronologische Reihenfolge im Buch dar, welche von 1863 bis 1990 führt – somit deutlich mehr als 100 Jahre!
Ehe der eigentliche Text des Buches startet, folgen noch zwei Vorworte. Zum einem von Autor Michael Brandes und zum anderen vom Verleger Christian Suhr. In beiden kann man die Leidenschaft zum Thema erlesen und kann sich auf einen vollumfassende Darstellung freuen. Interessant ist hier die Tatsache, dass sich Suhr gemeinsam mit dem bekannten Autor Prof. Peter Kirchberg an die Arbeit einer Dokumentation von Gläser machen wollte. Durch Zufall erfuhren Sie dann von schon fast fertigen Werk Brandes‘. Gemeinsam wurde das Werk schließlich finalisiert und nun liegt dieser Titel schließlich vor.
Im August 1863 erfolgte schließlich die Gründung Carl Heinrich Gläser seine Firma, welche sich zunächst auf Sattler- und Wagenbau-Arbeiten konzentrierte. Im folgenden Jahr erfolgt der damals wichtige Schritt der Aufnahme in die Innung der Sattler. Diese sicherte dem Unternehmen lukrative Aufträge und ermögliche auch die Ausbildung von Lehrlingen. Schon im August 1964 erfolgte der erste Auftrag zur Herstellung einer Chaise. Diesen verwirklichte Gläser schon damals unter der Mithilfe von weiteren Firmen und sein Anteil war vor allem die Sattler-, Polster- und Posementierarbeiten.
Das Buch startet mit diesen Details in die Geschichte von Gläser und nutzt dazu ein sehr stimmiges Layout. Grundsätzlich werden die Texte in drei Spalten aufgeteilt, von denen oftmals aber nur zwei genutzt werden. Dadurch generiert man ausreichend Raum für einen umfassende Bebilderung und auch bewusst platziertem freien Raum. So entsteht ein tolles Verhältnis von Text und Bild ohne das die Seiten zu vollgepackt wirken. Immer wieder spielt das Buch dabei mit den schon bekannten Farben dunkel-blau und dem Gelbton.
Mit dem Bau von Kutsche bewährte Gläser sich als Lieferant des sächsischen Königshauses und durfte sich als königlicher Hoflieferant bewerben. Schon recht früh widmete man sich dem Automobil, wobei das Unternehmen inzwischen August Emil Heuer gehörte, der nach dem Tod von Gläser diesen übernahm. Dieser hatte schon eine Schmiede in Radeberg gegründet und war gegenüber der neuen Technik des Automobils sehr offen. So erfolgt der Aufbau des ersten Mercedes mit Gläser-Karosserie im Jahr 1903.
Es sollte die Basis für eine lange Tradition legen und die Darstellung im Buch ist extrem detailliert und zeigt auch viele Bilder. So erhält man einen Eindruck in die damaligen Produktion, kann verschiedenste Zeichnungen entdecken und auch die weiteren Produkte wie eine Straßenbahn finden sich wieder. Zwischen den zwei Weltkriegen erschuf man sich den Ruf besonders beim Bau von Cabriolets ein Spezialist zu sein und bot ein breites Spektrum an möglichen Aufbauten an. Anhand von vielen unterschiedlichen Modellen kann man im gesamten Buch den Werbegang zu einem der besten Cabriolet-Karosserie-Bauer Deutschlands nachvollziehen.
Dazu gibt es im Buch aber noch viel mehr zu entdecken, denn nach dem zweiten Weltkrieg tauchte Gläser nicht mehr unter diesem Namen auf. Hierfür verantwortlich war auch die Nähe zu den Nationalsozialisten, welche im Buch auch offen dargestellt wird. So entstand schließlich das Karosseriewerk Dresden oder kurz KWD. Man hatte aber auf Aufbau der Modelle aus der DDR seinen festen Anteil und war unter anderen für IFA und Wartburg aktiv. Auch der Versuch den Namen Gläser in der Oberpfalz wieder zu beleben findet sich im Buch wieder. Im Anhang zeigt sich eine umfassende Auflistung vieler Kutschen, Schlitten und Wagen und Serien-Karosserien aus der Produktion von Gläser.
Fazit: Die Dresdener Firma Gläser erschuf in der Vergangenheit viele interessante Automobile. Vor allem durch die Herstellung von Cabriolets machten sich der Karosserie-Bauer einen Namen. Dabei begann die Tradition schon mit dem Kutschenbau und die Nachfolge-Firma ist bis heute noch als Zulieferer aktiv. Im Buch findet sich diese Geschichte in eine fast unglaublichen Detail-Genauigkeit wieder, wobei der Text auch durch viele Bilder unterstützt wird. Die grafische Darstellung ist dabei sehr gelungen, so dass der Leser mit Freude das Buch genießen kann.
Der Preis von knapp unter 60 Euro ist für eine solche umfassende Darstellung mehr als fair. Zumal man sich bei der Gestaltung und technischen Umsetzung des Buches betont Mühe gegeben hat. Somit werden vor allem Historiker Freude an diesem Buch haben, welches sich aber auch für alle Automobilisten fraglos eignet.
Bibliografie:
Titel: Gläser-Karosserie Dresden
Autor: Michael Brandes
Umfang: 320 Seiten, rund 700 Abbildungen
Format: 247 x 295 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 04/2022
Preis: 58,00 €
Bestell-Nr.: CS2022-01-SHR
Bestellbar beim Verlag unter:
www.sammelsuhrium.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Audi AG, Sammelsuhrium, Marco Rassfeld