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Buch – Alfa Romeo Berlina

Beim Dingwort Verlag ist die ausgezeichnete Buchreihe zum Alfa Romeo Tipo 105/115 erscheinen. Seit kurzem ist zu den bereits veröffentlichten Titeln nun noch ein weiteres Buch über die Berlina erhältlich. Die große Limousine bekommt also nun auch ihrem gebührenden Auftritt zugestanden. Die große Anzahl der unterschiedliche Modelle, welche die Italiener auf der Basis einer Baureihe erschufen, ist auch heute noch bemerkenswert.

Eleganz war bei der Berlina in jedem Fall vorhanden.

So kommt das Buch auch im bekannten und gleichfalls außergewöhnlichen leichtem Querformat daher, was selbstverständlich den bereits erhältlichen Titeln entspricht. Auch die äußerer Aufmachung, welche betont schlicht daherkommt, scheint für Besitzer und Kenner der bisherigen Bücher sofort vertraut. Mit nur einer klassischen Seitenaufnahme, die natürlich zeitgenössisch ist, wird der Titel geschmückt und neben dem Titel und dem Autor des Buches findet sich keine weitere Information auf dem Schutzumschlag wieder. Eine betörende Schlichtheit, welche die ganze Reihe schon so zum Highlight macht. Zudem kann man es als unmittelbaren Hinweis darauf verstehen, dass die Sprache der Bilder sehr mächtig sein kann. Dies wird auch im Inhalt fast schon exzessiv gelebt, was auch schon die ersten sechs Bücher der Reihe fraglos auszeichnete und somit für die Fans von Alfa Romeo unverzichtbar machen sollte. Dazu gilt auch hier der Anspruch, dass sich ausnahmslos zeitgenössisches Bildmaterial wiederfindet, welches zu großen Teilen aus dem reichen Archiv von Alfa Romeo stammt. Aber auch weitere Quellen wie das Archiv des italienischen Automobil-Magazins Quattroruote dienten als bildliche Grundlage für das Buch.

Die ersten Presseaufnahmen von Alfa Romeo wurden schon damals in Farbe umgesetzt.

Das Buch ist wieder zweisprachig in Englisch und Deutsch umgesetzt und setzt dies mit hinter- oder nebeneinander laufenden Texten in zwei Spalten um. Im Vorwort dankt der Autor wiederholt seinem fleißigen Mithelfern bei der Realisierung auch dieses Titels und dann folgt ein erster Blick auf das Inhaltsverzeichnis. Generell finden sich hier 13 verschiedene Modelle der Berlina wieder, welche im Laufe der Produktionszeit die Namen 1750 und 2000 tragen sollten und einen ersten Hinweis auf den zu erwartenden Hubraum geben soll. Das Vorwort klärt dann zunächst über den Aufbau des Buches auf und schon viele Details lassen hier auf eine extrem aufwendige Aufarbeitung der Historie schließen. Die Basis für die neue große Limousine von Alfa Romeo sollte die sehr erfolgreiche Giulia liefern, welches auch den Zusammenhang mit der Baureihe 105 deutlich macht. Zur Unterscheidung der verschiedenen Modelle griff Alfa Romeo auf zwei weitere Zahlen zurück und so erhielt das erste Modell der Berlina die 1750 Berlina welche Ende des Jahres 1967 auf den Markt kam, die Modell-Nummer 105.48. Schon bald reichten aber die zwei Zahlen zur Unterscheidung nicht mehr aus, so dass auch der Zahlenkreis 115 zur Baureihe gehört. Die Modelle der 2000 Berlina aus dem Modelljahr 1972 für den US-amerikanischen Markt trugen so die Nummer 115.00. Auch auf die Ersatzteilkataloge und -nummern geht das Vorwort noch ein und klärt hierbei auch über mögliche Verwunderungen bei der heutigen Ersatzteilsuche auf. So vergab man bei Alfa Romeo oft neue Nummern bei verbesserten Teilen, aktualisierte aber nicht immer auch die passende Abbildung im Katalog.

Der Blick in die Produktion zeigt die unterschiedlichen Karosserie-Teile im Rohbau.

Eine weitere Einleitung geht auf die Besonderheiten der Berlina, ein ohne die Basis zu verschleiern. So erfährt man hier unter anderem, dass die Produktionskapazitäten in der hochmodernen Fabrik in Arese noch nicht ausgelastet waren und somit auch die große Limousine hier gefertigt werden konnte. Selbstverständlich konnten die italienischen Ingenieure mit der Nutzung einer Basis viele Gleichteile verwenden, schafften es aber trotzdem auf beeindruckende Art und Weise eine hohe Anzahl an unterschiedliche Fahrzeugen zu verwirklichen. Das Design der Karosserie stammt hier ebenso von Bertone wie die des legendären Giulia Sprint GT und war bewusst elegant und glatt gezeichnet. Zur Diversifizierung der Berlina gegenüber der Giulia wurde der Radstand um 60 mm vergrößert und die Fahrzeuglänge wuchs gar um stattlich 250 mm. Der zunächst eingebaute Motor hatte einen Hubraum von 1779 ccm, so dass die Modellbezeichnung eigentlich 1800 Berlina hätte lauten müssen. Durch die erfolgreiche Vergangenheit der 6C 1750 entschied sich Alfa Romeo aber wohl bewusst für diese Zahl als Namens-Angabe. Einige weitere technische Details legt das Buch auch schon hier offen, ehe der Blick auf den Prototyp der Berlina auch die bildliche Darstellung eröffnet. Das Foto des Erlkönigs stammt aus dem Archiv von Quattroruote und zeigt einen durch gut getarnten Prototypen.

Die USA war ein interessanter Markt für Alfa Romeo und benötigte grundlegende Änderungen zur Zulassung.

Schließlich wird das erste Serienmodell der Tipo 105.48 intensiv vorgestellt. Dies umfasst, wie bei den weiteren Modellen zunächst einen Überblick des verwendeten Nummernkreises der Fahrgestellnummern. Schon hier nutzte Alfa Romeo die Möglichkeit die unterschiedlichen Modelle deutlich zu unterscheiden und die spätere Suche nach Ersatzteilen zu vereinfachen. Deshalb ließ man bewusst auch einige Nummern weg um einen Wechsel zu dokumentieren. Dazu gibt es auch einen Überblick über die notwendigsten technische Daten, welche selbstverständlich einer offiziellen Publikation von Alfa Romeo entnommen wurden. Somit stellt der Autor auch hier eine höchstmögliche Authentizität her und auch die nun zu findenden Abbildungen wurden von Alfa Romeo für die Veröffentlichung in der Presse und in der eigenen Dokumentation verwendet. So findet man viele Aufnahmen von außen wieder, von denen auch einige schon farbig umgesetzt wurden. Die zeigen das noch neue Modell aus unterschiedlichen Blickwinkeln und auch einige Details kann man hier entdecken. Doch interessanter sind für viele Alfisti vermutlich die zahllosen Aufnahmen welche ungewöhnliche Ansichten offenlegen. Sei es diversen Blicke in den Innenraum riskieren zu können, oder die Technik wie Motor und Getriebe genau studieren zu können. Die Bilder sind allesamt im großen Format ausgeführt und werden von je einer Bildunterschrift begleitet, die über den entsprechenden Inhalt aufklärt. Es folgen auch noch Aufnahmen von der Presse-Vorstellung in Balocco, der Publikums-Weltpremiere auf dem Autosalon Brüssel im Januar 1968 oder den Testfahrten durch Journalisten. Selbst einen tiefen Einblick in die damaligen Produktion lässt das Buch zu und zeigt die unterschiedliche Baugruppen in unterschiedlichen Stadien auf. Die technische Verbesserungen werden zudem auch noch textlich aufgeführt und legen die stetige Weiterentwicklung dar.

Immer wieder zeigt sich im Buch auch der Innenraum und textlich wird jede Änderung dokumentiert.

Auch interessant sind die Aufnahmen der „Mille Miglia di Montagna“, bei der das Magazin Quattroruote gemeinsam mit dem ISAM S.p.A. die 1750 Berlina intensiv testen konnte und tolle Aufnahmen in den Bergen machte. Ein wunderschönes Zeitdokument, welches auch die damaligen Verhältnisse der sehr aufwendigen Tests offenlegt.
Mit dem Giardinetta Veloce schuf die Carrozzeria Pavesi auf Basis des Tipo 105.48 einen Kombi, welcher eine erstaunliche Eleganz an den Tag legte. So kann die zweigeteilte Heckklappe überzeugen und auch das verbaute Glasdach rundet das Paket sehr gut ab. Eine echte Rarität und schon deshalb ein Highlight.
Mit Edizione bezeichnet Alfa Romeo eine grundlegende Überarbeitung eines Modells und im Fall des 1750 Berlina wurde die Edizione 1970 auf dem Turiner Salon im November 1969 vorgestellt und umfasste zahlreiche Änderungen. Diese werden allesamt auch textlich aufgeführt und finden sich natürlich auch auf vielen Abbildungen im Buch wieder. Für eine seitliche Aufnahme des Innenraum ließ Alfa Romeo gar die komplette B-Säule entfernen. Ein Aufwand der heute geradezu lächerlich erscheint aber in Zeiten ohne CAD und Photoshop durchaus notwendig war um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Des Weiteren finden sich noch die besonderen Modelle des 1750 Berlina für den anspruchsvollen Markt in den USA im Buch wieder und auch die seltene Automatik-Version wird gesondert vorgestellt. Selbst diese Variante bekam auch folgerichtig eine eigene Typennummer. Schließlich bildeten die 2000 Berlina-Versionen die letzte Ausbaustufe der Modellreihe und werden in gleich sechs Versionen dem Leser gewohnt umfassend präsentiert.
Zum Abschluss des Buches werden noch alle Produktionsmengen offengelegt, die nach Modelljahr sortiert schnell die exotischen Automatik-Modelle oder auch die US-Versionen entlarven.

Fazit: Viel mehr Hingabe als bei diesem neuen Buch zu einem Typen aus der legendären 105/115-Serien kann man nicht wiedergeben. Mit unglaublicher Detailverliebtheit steht das neuste Buch einer faszinierenden Reihe den ersten sechs Titel in Nichts nach und führt diese vielmehr ehrenvoll fort. Die vielen, zeitgenössischen Aufnahmen zeigen die Modelle aus unterschiedlichen Perspektiven und legen auch ungewöhnliche Ansichten offen. Dazu gibt der Text viele Information in erstaunlich kompakter Form wieder und legt auch jedwede Weiterentwicklung offen. Man merkt mit jeder Seite die Faszination des Autors für die Marke aus Italien.
Der Preis von 69 € ist absolut gerechtfertigt für das Gebotene und das Buch ist so oder so ein Muss für alle Fans der Marke.

Bibliografie:
Titel: Alfa Romeo Berlina
Autor: Patrick Dasse
Umfang: 216 Seiten, 131 Schwarz-Weiß-Photos und 47 Farbphotos
Format: 257 x 229 mm
Sprache: Englisch, Deutsch
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 10/2020
Preis: 69 €
ISBN-Nr.: 978-3-87166-067-2
Bestellbar beim Verlag unter: www.dingwort-verlag.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Dingwort Verlag, Alfa Romeo, Marco Rassfeld