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Buchbesprechung – Jaguar XJ-S

„Hommage an den Super-GT“ so der Untertitel des brandneuen Buches von Brian Long erschienen im Heel-Verlag. Der XJ-S war der Nachfolger des E-Type hatte aber einen deutlich anderen Anspruch. Der Sportwagen E-Type wurde in seiner Produktionszeit immer weiter vom Sportwagen zum komfortablen Gran Turismo entwickelt. Genau hier setzte der neue XJ-S bei seiner Präsentation an. Er wollte nicht der Sportwagen sein, sondern dem Fahrer ermöglichen langen Strecken mit höchstem Komfort und gleichzeitig hohem Tempo zurückzulegen. Heute ist er ohne Frage ein beliebter Klassiker.

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Das Buch wurde ursprünglich im englischen Veloce Verlag veröffentlicht und wurde nun vom deutschen Jaguar-Kenner Heiner Stretkamp ins Deutsche übersetzt. Dies erklärt auch gleich das fast quadratische Format und die übliche Aufmachung. Zum Start liefert Long zunächst eine Einführung und Danksagungen zum Buch, dann zeigt das erste Kapitel „Die Jaguar-Story“ kompakt die Entstehung der Marke und die durchaus rasante Entwicklung bis zur Übernahme von Daimler. Auch die anschließenden Entwicklungen hin zur British Motor Holdings die durch die Fusion von Jaguar und BMC im Jahr 1966 entstand. Hieraus wurde schnell die British Leyland und die Unabhängigkeit von Jaguar schien unmittelbar gefährdet. Aber während der gesamten Phase der der englischen Automobil-Industrie nachhaltig schadete, konnte Jaguar eine Eigenständigkeit auf beeindruckende Weise bewahren. Und so konnte auch die Präsentation des XJ-S in den schwierigsten Zeiten gefeiert werden.

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Den direkten Weg dorthin zeigt im Buch das zweite Kapitel unter der Überschrift: „Die Geburt des XJ-S“. Der Leser bekommt hier die unterschiedlichen Designansätze zu sehen und auch die Entwicklung vom formidablen V12-Motor und der Mechanik wird eingehend vorgestellt. Immer wieder zeigt das Buch viele klassische Abbildungen die das Rad der Zeit entsprechend zurückdrehen. Zur Vorstellung die im Jahr 1975 zunächst im Mai vor ausgewählten Pressevertretern erfolgte und schließlich im September auf der IAA seine Publikumspremiere liefert das Buch auch entsprechende Anekdoten und schließlich wir die komplette Pressemitteilung im Buch nochmals veröffentlicht. Eine komplette Auflistung der technischen Daten, ein Vergleich mit den direkten Konkurrenten in Form des Maserati Merak, Mercedes 450 SLC, Jensen Interceptor und Ferrari Dino 308 zeigt die Stärken des XJ-S in der Höchstgeschwindigkeit, der Beschleunigung und des Verbrauchs. Ein guter Einstieg in die Welt des XJ-S, zu Beginn noch mit Bindestrich geschrieben.

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Einen tieferen Blick auf die erste Generation liefert das nächste Kapitel. Hier beschriebt der Autor nochmals die Präsentation ehe er die ersten Pressestimmen aus Europa aufführt. Aber gerade in den USA sollte der XJ-S zum Großteil verkauft werden und wurde dort zunächst als S-Type bezeichnet. Interessant sind hier die vielen Abbildung von Prospekten und Anzeigen, die die Einführung des XJ-S begleiteten. Auch die Pressestimmen aus der USA finden sich wieder und die Begeisterung war deutlich zu spüren. Dennoch bleib der erhoffte Erfolg aus und der XJ-S tat sich schwer in den USA. Durch die strengeren Abgasgesetzen wurde auch der V12-Motor in der Leistung beschnitten und leistete lediglich 250 PS statt 285 PS in Europa. Auch die Innenausstattung wurde nicht den Ansprüchen der US-Amerikaner gerecht. Die sollte sich aber noch ändern. Ein Blick nach Australien lässt das Buch auch nicht vermissen und auch die Studien Ascot von Bertone und XJ-S Spider von Pininfarina werden vorgestellt. Die ersten Cabrio-Umbauten von Royal Carriage Motors aus den USA und Lynx aus England bleiben ebenfalls nicht verborgen. Auf dem Chefsessel von Jaguar machte es sich im Jahr 1980 Sir John Egan breit der die englische Traditionsmarke wieder in die Erfolgsspur zurückfahren sollten. Von XJ-S war er am Anfang aber nicht voll überzeugt.

Das Erscheinen in Zeiten der Ölkrise war verständlicherweise nicht der unbedingt passende Moment zur Präsentation eines Luxus-Reise Gran Turismo mit großen V12-Motor. Kapitel vier beschreibt den folgenden „Ruf nach Sparsamkeit“. Nach ersten Anpassungen des Motors erschien die HE-Version im Jahr 1981. Mit einem vom Schweizer Michael May entwickelten Firewall-Zylinderkopf betrug die Leistung nun 295 PS, der Drehmomentverlauf war deutlich besser und so hinterließ der Motor einen noch stärkeren Eindruck. So kam der XJ-S auch in den USA wieder auf die Spur und das Angebot wurde im Oktober 1983 mit der Vorstellung des XJ-S 3.6 um einen kleineren Sechszylinder erweitert. Mit dem XJ-SC bot Jaguar zudem auch werksseitig ein Cabriolet an, welches aber noch kein vollwertiges Cabriolet darstellte. Unter den Sondermodellen zeigt der Autor die konsequentere Umsetzung durch Lynx, die inzwischen mit dem Eventer auch einen durchaus attraktiven Kombi im Angebot hatten. Auch TWR nahm sich dem XJ-S an und optimierte ihn auf 330 PS. Der XJ-SC war kurze Zeit später auch mit V12-Motor im Angebot und Jaguar dachte auch über eine Daimler-Variante nach, die aber nie umgesetzt wurde. Das Vollcabrio wurde schließlich auch durch Jaguar noch umgesetzt und im Jahr 1988 präsentiert, der XJ-SC hatte nur eine kurzes Autoleben. Viele weitere Varianten des XJ-S entstanden bis zum Jahr 1990 und der Erfolg des XJ-S hatte sein Allzeithoch mit über 11.000 Exemplaren im Jahr 1989.

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Das der XJ-S auch im Motorsport eine wichtige Rolle spielte zeigt das fünfte Kapitel. Eine tragende Figur ist hier Bob Tulius, der die ersten Einsätze des XJ-S in der amerikanischen SCCA-Meisterschaft mit seinem Team Group 44 umsetzte. Dabei konnte er schon im ersten Einsatzjahr 1975 durchaus beachtliche Erfolge erzielen. Für das Jahr 1976 trat er in der TransAm-Meisterschaft an und konnte die Fahrermeisterschaft für sich entscheiden. In der Herstellerwertung erreichte man den zweiten Platz. 1978 konnte Tulius seine Meisterschaft sogar wiederholen und nun gelang auch der Titel in der Herstellerwertung. Jaguar nutzte diese erfolgreichen Einsätze auch in seiner Werbung. Nach einer Budgetkürzung durch British Leyland, die den Einsatz in den Jahren 1979 und 1980 nicht ermöglichte kehrte der XJ-S im Jahr 1981 auf die Rennstrecke zurück. Das Reglement erlaubte die Nutzung einer Gitterrohrrahmen-Konstruktion mit einer Silhouette-Karosserie und so wurde der wohl extremste Renn-XJ-S durch Group 44 aufgebaut. Tulius wurde zweiter in der Fahrermeisterschaft und in direkter Folgen entstanden auch die ersten Rennwagen der XJR-Serie mit der Jaguar auch in Le Mans wieder erfolgreich werden sollte.
Das offizielle Rennprogramm in Europa durch Leyland wurde von Tom Walkinshaw und seiner Firma TWR betreut. In der europäischen Tourenwagenmeisterschaft wurde der XJ-S von 1982 bis 1984 eingesetzt und im dritten Jahr trat man nach Erreichen der Fahrer- und Hersteller-Weltmeisterschaft aus der Serie zurück.

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Im sechsten Kapitel zeigt das Buch die optisch sehr auffällige Überarbeitung des nun XJS genannten Modells zum Modelljahr 1991, der Bindestrich entfiel nun. Inzwischen war der XJS schon zum Klassiker gereift und sollte noch bis zum Jahr 1996 im Angebot bleiben. Der Sechszylinder wurde nun mit 4-Liter Hubraum geliefert und der sportliche XJR-S verfügte nun über 333 PS. Zum Modelljahr 1993 kam der V12-Motor mit 6-Liter Hubraum zum Einsatz und auch hier stellt das Buch der Pressemitteilung vor. Mit Sondermodellen wurde nochmals versucht den Verkauf anzukurbeln ehe im April 1996 die Produktion eines Longsellers eingestellt wurde.

Das Buch blickt auch noch kurz auf den Nachfolger XK8 und zeigt dazu auch Interessante Prototypen. Im Anhang I gibt der erfahrene XJ-S-Fahrer und Autor noch Tipps zum Kauf und zur Restaurierung eines Modells. Anhang II liefert schließlich noch einen Überblick der Produktionszahlen des XJ-S bzw. XJS.

Fazit: Ein erstaunlich komplettes Buch über einen wichtigen Meilenstein in der Modellgeschichte von Jaguar. Dem Autor ist seine Leidenschaft für das Modell durchaus anzumerken und so ist das Buch eine durch und durch würdige Hommage an dem Super-GT. Viele Abbildungen auch von seltenen Aufnahmen diverser Prototypen runden das Buch sehr gut ab. Lediglich die technischen Daten hätten sich besser in einem Anhang gemacht, als zwischen den Texten. Aber auch so ist das Buch ein wichtiges Buch über ein wichtiges Automobil entstanden in guter, alter englischer Tradition.
Druck und Bindung sind wiedermal sehr gut und lassen kaum Raum zur Kritik.
Zum Preis von 49,95€ erhält der Leser ein Standardwerk zum Jaguar XJ-S und jeder Besitzer oder Fan sollte dieses Buch im Regal haben. Der scheinbar recht hohe Preis für ein verhältnismäßig kleines Buch relativiert sich schnell durch den hervorragenden Inhalt. Kaum ein Detail zum XJ-S bleibt verborgen, aber eine technischen Dokumentation sollte man nicht erwarten. Vielmehr eine hohe Portion Lesegenuss und eine Blick auf die weltweiten Reaktionen auf den XJ-S.

Bibliografie:
Titel: Jaguar XJ-S – Hommage an den Super-GT
Autor: Brian Long
Umfang: 160 Seiten, ca. 270 meist farbige Abbildungen
Format: 253 x 248 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 2016
Preis: 49,95 €
ISBN-Nr.: 978-3-95843-170-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.heel-verlag.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Heel, Marco Rassfeld