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Buch – Porsche 956 & 962 – Owners‘ Workshop Manual

Die Gruppe C hat in den 80er und 90er Jahre auf den Rennstrecken der Welt für viel Furore gesorgt und gerade in der Anfangszeit war Porsche mit seinem 956 und später auch mit dem 962 der Gegner, den es zu schlagen galt. Bei Haynes Manuals ist nun auch zu diesem Modell die Owners‘ Workshop Manual erschienen und zeigt den Rennwagen aus viele Sichten mit vielen Details.

Das Buch ist, wie alle Titel der Reihe, im kompakten Format ausgeführt und kommt optisch recht technisch daher. Dies unterstreicht natürlich den Anspruch an eine Werkstatt-Anleitung, was auch durch die Durchsichtszeichnung auf dem Titel nochmals verdeutlicht wird. Alle Modelle seit 1982 werden im Buch dabei berücksichtigt und damit auch alle Abarten des Ur-Modells 956. Nach dem Aufschlagen landet man dann schnell beim Inhaltsverzeichnis und kann die Unterteilung in acht Kapitel entdecken. Dazu zeigt das Buch eine großformatige Abbildung eines besonderen Porsche 956, denn Chassis 007 ist bis heute Rekordhalter der schnellsten Runde auf dem legendären Nürburgring und konnte diese nach einer Restaurierung wieder unter die Räder nehmen. Dann folgt noch die Einführung und die Danksagungen des Autors, der einen Blick in seine Jugend wirft und dabei auch auf die aufkommende Faszination der Gruppe C-Rennwagen. Den überlegenen Porsche konnte man sich nicht entziehen, zumal diese in den ersten Jahren keinerlei ernsthaften Gegner zu befürchten hatten.

Mit der Entwicklungsgeschichte startet dann schließlich das erste Kapitel und blickt zurück auf das Jahr 1980. In diesem Jahr gab die FIA die neuen Klassen für den Motorsport bekannt die schlicht Gruppe A, B und C hießen und unterschiedlichsten Voraussetzungen hatte. Hier war die Gruppe C die Klasse der reinen Rennwagen, von denen es auch keinen Straßenversionen geben musste. Das besondere an der Gruppe C war, dass das Reglement auf eine hohe Effizienz der Rennwagen ausgelegt war. So wollte man die Nachwehen der Ölkrise Rechnung tragen und gab den maximalen Kraftstoffvergleich vor. Porsche war in diesem Zeitraum in einer kleinen Krise, denn nachdem man in den 70er Jahren viele Rennen rund um die Welt beherrschen konnte, sollte der 911 langsam vom Markt verschwinden und die Transaxle-Modelle 924 und 928 die Zukunft von Porsche darstellen. Der 911 war dabei in der Vergangenheit immerhin die Basis der erfolgreichen Rennwagen 934 und 935. Mit dem 924 trat Porsche zwar auch in Le Mans an, hatte aber aufgrund der kleinen Klasse keinerlei Chance auf den Gesamtsieg. Man hatte aber noch den Sieg beim 500 Meilen Rennen von Indianapolis im Blick und wollte dort auch antreten, dieses wurde aber von der amerikanischen Konkurrenz verhindert, vermutlich war die Angst zu groß nach der Dominanz des 917 in der CanAm wieder von Porsche geschlagen zu werden. Nachdem Peter Schulz den Chefposten bei Porsche übernommen hatte, waren wieder Gesamtsiege in Le Mans das erklärte Ziel und man reaktiviert den noch startberchtigten Gruppe 6-Rennwagen 936 und stattet ihn mit dem Motor aus, der ursprünglich für die Indocar-Serie vorgesehen war. So gelang 1981 nochmals der Gesamtsieg mit Jacky Ickx und Derek Bell ehe die Entwicklung zum 956 startete. Hier blickt das Buch durchaus tief in die Materie und liefert auch einige Bilder aus unterschiedlichen Stadien der Entwicklung. Gerade der Ground Effect war ein wichtiger Bestandteil des großen Erfolges des Porsche 956.

The Racing Story folgt dann im zweiten Kapitel und hier wird deutlich, das der Porsche 956 und 962 für diesen Titel eine zu umfangreiche Historie hat. So traten vom Porsche 956 bei 108 Rennen mit insgesamt 527 Rennwagen an und konnte hiervon 75 Rennen gewinnen. Beim 962 waren es sogar 1852 Teilnahmen bei 343 Rennen wovon man 143 Rennen als Gewinner beenden konnte. Eine erstaunliche Quote die kaum ein anderer Rennwagen aufweisen kann. Sollte man alle Rennen in einem Buch abbilden wollen, so käme man vermutlich nicht mit einem Band aus. So werden im Buch sieben Rennen der Rennwagen vorgestellte, dafür aber auch in einer nicht zu verachtenden Ausführlichkeit. Das 1.000 km-Rennen in Brand Hatch im Jahr 1982 war vor allem für Jacky Ickx ein besonderes. Durch einen Unfall musste das Rennen sogar unterbrochen werden und es folgte ein zweiter Teil. Als erster über die Ziellinie fuhr hier ein Lancia gefahren von Teo Fabi und Roberto Patrese, knapp 2 Sekunden dahinter der Porsche 956 von Jackx Ickx und Derek Bell. Durch den Vorsprung von 6,4 Sekunden im ersten Teil des Rennens wurde der 956 zum Sieger des Rennens und Ickx konnte seinen ersten Weltmeistertitel feiern. Der Porsche 962 hatte dann seinen ersten Auftritt bei den 24 Stunden von Daytona im Jahr 1984. Das Reglement der IMSA verlangte ein paar Änderungen, unter anderem die Platzierung der Fahrerfüße hinter der Vorderachse. Mit dem Vater-Sohn-Duo Mario und Michael Andretti konnte man amerikanische Superstars gewinnen und so gelang auch der Sprung auf die Pole Position mit einer Zeit, die fast zwei Sekunden schneller war als die des zweitplatzierten March-Porsche. Nach nur 127 Runden musste der einzige Porsche 962 aber mit Motorschaden aufgeben, doch sein Auftritt im Qualifying war sehr beeindruckend. Mit dem 24 Stunden von Le Mans 1985, 1987, 1988 und 1994 werden dann noch gleich vier Auftritte der Gruppe C-Porsche beim legendären Rennen um die Uhr wiedergegeben. Auch über das 1.000 km-Rennen in Spa-Francorchamps wird noch berichtet, hier starb Stefan Bellof im Porsche 956B nach einen waghalsigen Überholmanöver gegen Jacky Ickx.

Das nächste Kapitel stellt dann die Fahrer in den Fokus und auch hier muss der Leser sich aufgrund der Masse mit einer Auswahl begnügen. Zu jedem der Fahrer gibt es eine kleine Statistik mit den gewonnenen Titeln, den Siegen bei den wichtigsten Rennen und die Anzahl der Siege mit dem Porsche 956 bzw. 962. Mit Jackx Ickx, Derek Bell, Jochen Mass, Vern Schuppan, Stefan Bellof, Hans-Joachim Stuck, Al Holbert und Bob Wollek zeigt sich hier die Crème de la Crème der Rennfahrer und ihren Einsätzen im Gruppe C-Porsche.
Die Anatomie der Porsche-Rennwagen blickt dann tief unter das Blech und liefert einige wichtige Informationen. Zunächst gibt es einen Überblick der technischen Daten der vier Varianten in Form des 956, des 956B, des 962 und des 962C. Dann folgt zunächst der Blick auf das Chassis und hier finden sich zahlreich Bilder, die dem Porsche bei einer Restauration zeigt und somit viele unbekannte und kaum gesehene Details offenlegt. Die Aerodynamik ist das folgende Thema und zeigt hier auch einige Varianten die für unterschiedlichen Streckenanforderungen entwickelt wurden. Auch die Weiterentwicklung durch die Porsche-Kunden bleibt nicht unerwähnt und zeigt auch von deren Möglichkeiten das Letzte aus dem Rennwagen rauszuholen. Beim Cockpit gab es dann sogar einige deutliche Unterschiede zwischen den Werks-Rennwagen und den Kundenversionen. So hatten die Fahrer der Werks-Porsche gleich vier Anzeigen für den Reifendruck, auf die die Kunden verzichten mussten. Weiter blickt das Buch auf die Aufhängung und die Bremsen, die Reifen und Felgen und auch auf die verwendeten Motoren. Hier lassen sich zu den insgesamt acht eingesetzten Motoren auch weitere technische Daten finden. Die Elektronik und die Schaltung sind dann noch die weitern Themen des Inside Views und beschließen zugleich das Kapitel.

Die Sicht der Fahrer lässt dann einige Fahrer direkt aus dem Cockpit berichten und hier ist immer wieder die erstaunliche Kurvengeschwindigkeit ein Thema. Der schon erwähnte Ground Effect sorgte für bisher nicht mögliche Geschwindigkeiten in den Kurven und verlangte so von dem ein oder anderen Fahrer ein Umdenken.
Eine komplette Chassis-Auflistung aller 27 Porsche 956 und 91 Porsche 962 sind dann leider wieder nicht möglich und das Buch konzentriert sich auf acht wichtige Exemplare, die alle etwas Besonderheit an sich haben.
Auch die Sicht der Teams werden dem Leser noch dargeboten und blickt zurück auf das Team von Richard Lloyd, das am vielen Rennen mit dem Canon-Porsche teilnahm. Dann zeigt sich ein besonderer Sponsor mit Dallas, wobei bis heute nicht endgültig geklärt ist für welches Produkt die Werbung gedacht war. Auch die Einsätze des amerikanischen Teams von John Fitzpatrick werden vorgestellt und das Battle zwischen Derek Bell und Hans-Joachim Stuck thematisiert. Dann ist auch das Design bei den zahllosen Einsätzen der Porsche-Rennwagen ein Thema.
Was es heißt einen Porsche 956 oder 962 zu kaufen, restaurieren und besitzen erfährt der Leser dann im letzten Kapitel und erhält hier tolle Eindrücke in die Szene.
Die Anhänge zeugen dann nochmals sehr eindrucksvoll vom großen und langjährigen Erfolg des Porsche 956 und 962 mit einer Übersicht der gewonnenen Meisterschaften, der gewonnenen Rennen und die erfolgreichsten Chassis und Fahrer.

Fazit: Der langjährige Einsatz der Porsche 956 und 962 war für die Gruppe C sehr prägend und lange Zeit galten die Rennwagen aus Zuffenhausen für unschlagbar. Das Buch blickt auf diese große Geschichte zurück und kann durch eine geschickte Auswahl der wichtigsten Ereignisse dennoch überzeugen. Eine vollumfängliche Dokumentation würde den Rahmen der Owners‘ Workshop Manual einfach zu deutlich sprengen. So reduziert sich das Buch auch in erster Linie aus die Werksrennwagen und liefert hierzu viele Informationen. Die Anatomie des Rennwagens wird hingegen wie gewohnt sehr gut dokumentiert und zeigt abermals einmalige Einsichten auch im Bild.
Für umgerechnet unter 30 Euro ist das Buch dann aber eine sichere Empfehlung für die unzähligen Porsche-Fans und auch denen der Gruppe C.

Bibliografie:
Titel: Porsche 956 and 962 – Owners‘ Workshop Manual
Autor: Nick Garton
Umfang: 160 Seiten
Format: 270 x 210 mm
Sprache: Englisch
Bindung: gebunden
Auflage: 02/2018
Preis: £25.00
ISBN-Nr.: 978-0-85733-796-2
Bestellbar beim Verlag unter: www.haynes.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Porsche, Marco Rassfeld