„Die aktuellsten Sportwagen der Welt und wie sie wurden, wie sie sind“ stellt ein Buch aus dem Delius Klasing Verlag vor. Dabei liegt der Fokus dem Titel entsprechend auf dem Design und soll tiefe Einblicke in die unterschiedlichen Designprozesse von gleich 16 Sportwagen geben.
Beim ersten Betrachten des Buches fällt sofort das große quadratische Format auf, welches auf eine tolle und gleichzeitig außergewöhnlichen Darstellung hoffen lässt. Haptisch gesehen zeigt sich das Buch fast samtig und verzichtet deshalb vermutlich bewusst auf einen Schutzumschlag. Der erste Eindruck ist somit durchweg sehr hochwertig und fördert die Vorfreude auf das Buch. Herausgegeben wird das Buch vom belgischen Ehepaar Bart Lenaerts und Lies De Mol, die gleichzeitig den Verlag Waft in betreiben. Logischerweise erschien der Titel auch zunächst in englischer Fassung in ihrem Verlag. Ins Deutsche übertragen wurde das Buch durch den Delius Klasing Verlag, der es dann bereits vor zwei Jahren 2014. Im Vorwort wir die Idee hinter dem Buch dargelegt und anschließend folgt eine Übersicht aller Modelle die vorgestellt werden. Nach einer doppelseitigen Bilderserie die sowohl die Autos als auch die Menschen zeigt, folgt noch eine Grafik mit der Erläuterung der wichtigsten Fachbegriffe, die im Buch immer wieder erwähnt werden. Der automobilaffine Leser wird kaum etwas Neues entdecken können, aber als weitere Zielgruppe sind sicher die Designliebhaber zu nennen.
Schließlich startet nun die Präsentation der 16 Modelle mit dem Alfa Romeo 4C. Bei jedem Modell wird zunächst eine Leitspruch und das mit einem Tuch Automobil präsentiert. Ein guter Test für das Erkennen der Automobile. Oftmals sind die Formen aber so verräterisch das es kein allzu großes Fachwissen benötigt um die Modelle zu identifizieren. Dann folgt eine weitere Doppelseite mit einem ausgewählten Foto zum Modell und eine Skizze mit dem Namen, der dem Leser endgültig auch das Modell verrät. Schließlich folgen die vielschichtigen Erläuterungen zum Entstehen des Automobils aus der Designer-Sicht. So erläutern beim Alfa Romeo 4C Marco Tencone, Alessandro Maccolini und Ramon Ginah die entscheidenden Personen ihre persönliche Blickweise und die Hintergründe zum Entstehen des kleinen Sportwagens. Es handelt es sich also hierbei nicht um eine Nacherzählung eines Autors, sondern vielmehr um die ungeschminkten Statements der Designer. Eine direktere Darstellung scheint unmöglich. Der Text wird dabei von vielen Skizzen unterstützt und auch ein Blick auf den Modellbau, eventuelle Studien und sowie das Endergebnis wird dem Leser geboten. Das Layout zeigt sich dabei sehr ausgewogen und bietet dem Thema Design eine würdige Umsetzung. Es folgt der Jaguar F-Type ein besonders wichtiges Modell für den englischen Hersteller, bei dem die Nachahmung des E-Type im Raum stand. Der BMW i8 bot den Designern die Möglichkeit sich losgelöst von Vorgängern oder anderen Einflüssen zu entwickeln. Schließlich stellt der i8 als erster echter Hybrid-Sportwagen von BMW einen Neustart dar und die Designer lassen im Buch tief in den ungewöhnlichen Prozess blicken. Mit dem Aston Martin Vanquish stellt das vierte Modell schon den zweiten mit britischen Ursprung dar. Im Buch wird aber oftmals deutlich das Design immer eine internationale Angelegenheit ist.
Es folgt der erste Sportwagen von AMG, der Mercedes SLS AMG bei dem die Flügeltüren eine direkte Verbindung zum legendären 300 SL schaffen. Gerade bei solchen Neuinterpretationen besteht immer die Möglichkeit in ein Retrodesign zu verfallen und die alten Formen in die neue Zeit zu übertragen. Bei vielen Modellen verweisen die Designer auf die Gefahr und die Schwierigkeit hin immer etwas Neues erschaffen zu müssen ohne Dinge aus der Vergangenheit zu sehr zu kopieren. Die Berücksichtigung der Flügeltüren beim SLS AMG zeigen aber nur ein Detail, welches in die Gegenwart getragen wurden. Der Rest zeigt sich sehr modern und ohne Anleihen an den 300 SL. Spannend ist die Entstehung der Viper der dritten Generation wie Mark Trostle, Scott Krugger und Klaus Busse berichten können. Zunächst war eine weitere Viper seitens der Konzernführung angesichts der wirtschaftlich schwierigen Lage nicht vorgesehen. Der Lamborghini Huracán hingegen war der logische Nachfolger des Gallardo und hier wurde eine extreme digitale Arbeitsweise gewählt. Die Designer erläutern so die Vorteile der Arbeit am Computer und die schnelle Möglichkeit Änderungen durchzuführen. Mit dem extremem McLaren P1 zeigt sich auch erstmals eine echte Rarität im Buch. Schließlich wurden nur 375 Exemplare hergestellt. Die extreme Auslegung des Designs vom P1 gefällt sicher nicht jedem, polarisiert aber auf jeden Fall. Der Erfolg gab den Engländern recht, schließlich was der P1 sehr schnell vergriffen.
Eine Design-Ikone des Automobilbaus ist der Porsche 911. Wie man diese Ikone behutsam weiterentwickelt ohne die Fans zu verschrecken legen die Designer im Buch ebenfalls dar. Dabei kommt auch der Hybrid-Sportwgan 918 zum Vorschein, der einen ganz anderen Ansatz verfolgte und in einem extrem gelungenen Design endete. Eine amerkanische Legende ist gleichfalls die Corvette. Auch hier wurde das Design mit der Einführung der siebten Generation behutsam aber bestimmt modernisiert. Einige Details sorgten sogar für böse Briefe der Fans an die Designer! Als Corvette ist die C7 aber sicher zweifellos zu erkennen. Deutlich härtere Einschnitte im Design hat die Corvette schon in der Vergangenheit durchleben müssen. Ein klassischer GT ist der Bentley Continental GT der unter schwierigen Bedingungen entstanden ist. Nach der Übernahme durch die Volkswagen Gruppe suchte der englischer Hersteller nach einer neuen Identität und es war eine neue Modellreihe geplant, bei der zunächst die Limousine und später das Coupé auf den Markt kommen sollte. Die Designer schlugen aber mehr in Richtung des Coupés und setzten sich zum Glück damit durch. Eine Limousine wird auch angeboten, aber den deutliche größeren Erfolg konnte das Coupé erzielen. Sogar ein Cabrio auf Coupé-Basis wurde noch umgesetzt. Dieses war nicht vorgesehen und machte die Entwicklung deutlich schwieriger. Ein weiteres Coupé der Luxusklasse stellt der Maserati Granturismo dar der mit einigen Zitaten der reichen Markenhistorie aufwarten konnte. Abermals ohne wirklich retro zu wirken.
Eine neue Klasse belegte Audi mit dem R8, vor allem vorangetrieben durch die großen Erfolge der Audi-Rennwagen in Le Mans und Co. Eine unverbrauchte Basis also bei denen die Designer mit den Veröffentlichen einer Studie die Reaktion des Publikums testeten. Der Le Mans quattro von 2003 konnte mit nur wenigen Änderungen zum R8 weiterentwickelt werden. Auch hier mussten die Designer später noch eine Spider-Version aus dem Hut zaubern. Ein schwieriges Unterfangen welches aber als absolut gelungen gelten darf. Eine absolute Sonderstellung aller Automobile nimmt die Marke Bugatti ein. Zumindest seit der Übernahme durch die Volkswagen Gruppe und dem Traum von Ferdinand Piëch einen Sportwagen zu schaffen der mehr als 1000 PS entwickelt und übe 400 km/h schnell ist. Hier waren die Designer also besonders gefordert und die Zusammenarbeit mit den technischen Ingenieuren war unabdinglich. Durch einen internen Designwettbewerb entstand schließlich der Veyron der alles bisher gesehene vergessen ließ. Die geglückte Berücksichtigung des Grills in Hufeisenform ist dabei nur eines von vielen erstklassigen Details. Eine ganze andere Welt zeigt der japanische Nissan GT-R. Das Design ist bewusst japanisch gehalten und wirkt vielleicht ein wenig hölzern. Aber der Erfolg gibt den Designer durch und durch recht und zeigt das die Tradition einer langen Modellreihe wichtig ist. Schließlich blickt der GT-R auf viele Ahnen zurück und seine erste Karosserie war gar die einer viertürigen Limousine. Den Abschluss bildet der Hybridsportwagen LaFerrari, bei dem die Italiener ohne Unterstützung von Pininfarina auskommen wollten und mussten. In der Ahnenreihe der Supersportler F40, F50 und Enzo zeigt der LaFerrari die aktuelle Spitze des technisch und auch optische möglichen. Ein extreme Auslegung die nur von Ferrari so ungesetzt werden kann. Bei allen anderen Herstellern wurde es einfach nicht passen. Zum Schluss folgen noch einige Zitate und eine weitere Bilderserie mit dem Blick „Hinter den Kulissen“.
Fazit: Ein unglaublich stimmiges Buch über 16 schöne Sportwagen und deren Designer. Die Darbietung des Buches zeigt einen extrem hohen Anspruch und das Layout ist passend zum Thema erstklassig umgesetzt. Technische Informationen darf man aber nicht erwarten, diese sind bewusst nicht berücksichtigt. Die Einblicke in die verschiedenen Designprozesse ist durch die ungefilterte Erläuterung der direkt Beteiligten einmalig. So werden die vielschichtigen technischen und handwerklichen Möglichkeiten dargestellt und auch die Berücksichtigung von unterschiedlichsten externen Einflüssen wird immer wieder berücksichtigt. Eine Vielzahl von Skizzen und Bildern von Modellen und Computeranimationen zeigen die große Auswahl an Möglichkeiten zur Findung des finalen Designs.
Technisch glänzt das Buch mit tollem hapitschem Cover und einem erstklassigen Druck und ebenso guter Bindung.
Ein Buch für alle Automobilfanatiker die Wert auf gutes Design legen. Aber auch Designer können das Buch genießen und an den vielen Skizzen werden sie sicher ihre Freude haben. Der Preis von 59,90 € scheint zwar recht üppig ist aber bei genauer Betrachtung durchaus gerechtfertigt.
Bibliografie:
Titel: Ever since I was a young boy I’ve been drawing Sports Cars – Die aktuellsten Sportwagen der Welt und wie sie wurden, wie sie sind
Herausgeber: Bart Lenaerts, Lies de Mol
Umfang: 252 Seiten, 159 Farbfotos, 116 Schwarz-Weiß-Fotos, 128 farbige Abbildungen, 39 Schwarz-Weiß-Abbildungen
Format: 298 x 298 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 2014
Preis: 59,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-7688-3872-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Daimler AG, Marco Rassfeld
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