Mit dem Turbo erweiterte Porsche sein Produktportfolio im Jahr 1974 nach oben und stand hiermit in direkter Konkurrenz zu Ferrari, Lamborghini und Co.. Das zweite Buch des amerikanischen Verlags Parabolica Press nimmt sich dem Turbo 3.0 an, der nur für einen recht kurzen Zeitraum produziert wurde, ehe er vom Turbo 3.3 nahtlos abgelöst wurde. Abermals erhält man hier ein Prachtband über einen weiteren speziellen Porsche 911.
Das Buch kommt wie der Titel zum Carrera 2.7 in zwei Editionen in den Verkauf, wobei zu Rezension die üppige Publisher’s Edition zur Verfügung gestellt wurde. Diese kostet 599 € statt der 399 € für die Limited Edition, wobei beide Bücher selbstverständlich limitiert sind. Die Limited Edition kommt im klassischen Schuber daher und ist auf 2.500 Exemplar limitiert. Die Ausstattung entspricht somit der Edition vom Carrera 2.7-Buch. Die Publisher’s Edition hingegen kommt in einer sehr aufwendigen Box daher, die beim ersten Begutachten einen gewaltigen Eindruck hinterlassen kann. Lediglich 300 solcher Bücher werden auf den Markt kommen und zeichnen sich auch durch eine Nummerierung und die Signatur des Autors aus. Das Öffnen der Box bringt die das in rot gehaltene Buch zum Vorschein, welches durch ein Band herausgeschoben werden kann. Erst auf den zweiten Blick kann man noch weitere zusätzliche Features entdecken, die sich hinter einem schwarzen Blatt verbergen. In der darunterliegenden Mappe finden sich zahlreiche Archiv-Materialen, die teilweise aus dem Porsche Archiv wieder neu reproduziert wurden. So finden sich neben Pressemitteilungen sogar Dias und Werksfotos wieder. Ein toller Fundus, der einen Einblick in die Archiv-Arbeit ermöglicht. Passend hierzu findet sich in der Publisher’s Edition auch der zweite Teil der Behind the Scenes wieder, in dem auch intensiv die Arbeit nach seltenem Archiv-Material erläutert wieder. Diese 20-seitige Broschüren liegt ebenfalls der Publisher’s Edition bei. Ein durch und durch beeindruckender Auftritt, den das Buch hinlegt.
Das eigentliche Buch ist aber auch schon aufgrund der Größe beeindruckend, schließlich sind die 536 Seiten auf einem hochwertigen 170g-Papier gedruckt worden. So beläuft sich das Gesamtgewicht der Publisher’s Edition auf 6,1 kg, die Limited Edition kann immer noch stattliche 5,2 kg auf die Waage bringen. Von außen zeigt sich eine tolle Grafik mit scheinbar vorbeifahrenden 911 Turbo-Modellen die in vielen bunten Farben der 70er Jahre auf schwarzem Grund umgesetzt wurden. Diese eigens für das Buch angefertigten Grafiken finden sich auch auf dem Buch wieder, welches außen zur Unterscheidung bei der Publisher’s Edition in Rot umgesetzt wurde und bei der Limited Edition in Grün. Auch der Vorsatz kann beim ersten Aufschlagen begeistern und zeigt den Turbo 3.0-Schriftzug auf einem gelben Papier. Über dem aufwendig gestalteten Aufkleber, welcher die Limitierung kennzeichnet, findet sich dann auch die Unterschrift des Autors wieder und das folgende Inhaltsverzeichnis gibt dem Leser einen ersten Überblick der Einteilung des Buches in 11 Kapitel. Nachdem Vorworten von Jürgen Barth und Ryan Snodgrass folgt dann schließlich das erste Kapitel in dem die Wurzeln der Turbolader beschrieben werden. Mit dem Turbo 3.0 brachte Porsche die Aufladungstechnologie erstmals auf die Straße, man hatte aber schon Erfahrung im Motorsport sammeln können. Die Grundlage der Turbo-Technologie liegen aber noch weiter zurück und zwar bis ins Jahr 1905, als Dr. Alfred Büchi das entsprechende Patent anmeldete. Im Motorenbau wurde diese Technologie zunächst vor allem im Schiff- und Flugzeugbau angewendet, ehe zum Modelljahr 1962 der Oldsmobile F-85 Jetfire und der wenig später vorgestellte Chevrolet Corvair Monza die ersten Automobile waren, die mit dieser Technik zum Kauf angeboten wurden. In den 70er rückte die Technik zur Leistungssteigerung und Verbrauchsoptimierung bei vielen Herstellern in den Fokus. So entstand der Ford Capri mit optimierten Motor von Turbo May, der BMW 2002 Turbo, der Saab 900 Turbo und Opel hatte schon die Turbo-Version des Manta in der Entwicklung. Porsche sammelte erste Erfahrungen durch den Einsatz des Turbos im Rennwagen 917, der für den Einsatz in der amerikanischen Rennserie Can-Am mit einem Turbo ausgestattet wurde. Die Erfolge hieraus sind bis heute legendär. Ein kurze technische Erläuterung wie der Turbolader funktioniert rundet das erste Kapitel dann ab.
Jeder Kapiteleinstieg zeigt in übrigen einen besonderen Stil. Auf schwarzen Hintergrund wird passend zum Thema in einem leicht helleren Grauton eine Zeichnung o.ä. abgebildet und ein ebenfalls zum Thema passendes Foto präsentiert sich mit einer Glanzlackierung und wird so weiter hervorgehoben. Dazu zeigt sich noch der Titel des Kapitels und eine kurze Einführung. Mit Turbo Arrives folgt dann im zweiten Kapitel der Blick auf die Vorstellung des ersten Turbo-Modells von Porsche. Bevor das Buch hier aber direkt auf das Fahrzeug blickt, folgt erstmal ein Rückblick auf die damaligen Umstände, die mit dem Einfluss der Ölkrise für Hochperformance-Fahrzeuge keinesfalls perfekt schienen. Porsche hatte aber mit den Vorgänger wie dem Carrera RS beeindruckende Erfolge gefeiert und so wurde der Turbo inoffiziell als Nachfolger des Carrera 2.7 präsentiert. Die Reaktion des Publikums auf ein Turbo-Modell des 911 wurde schon 1973 auf der IAA mit der Präsentation der Turbo-Studie getestet. Das generelle Ziel des Turbo war die erforderlichen 400 Exemplare in einem Jahr zu produzieren um nach den Regeln der Gruppe 4 homologiert zu werden und auf der Rennstrecke wieder Erfolge einfahren zu können. Schon in zweiten Jahr konnte Porsche dann für den wichtigen US-Markt den Turbo Carrera vorstellen, der einer der wenigen verbleibenden europäischen Spitzen-Sportwagen war, der noch erhältlich war. Die strengen Abgasbestimmungen hatten viele Konkurrenten vom Markt verdrängt. Im Kapitel lassen sich noch viele internationale Werbemotive entdecken und auch die mögliche Performance des Turbo wird dargestellt. Auch ein Überblick über die Produktionszahlen und die Qualitätskontrolle bei Porsche lassen sich noch entdecken. Das ganze ist gespickt vielen vielen Aufnahmen, die zumeist historisch sind und oftmals kaum bekannt. Hier kann selbst der Turbomaniac sicher noch einiges entdecken. Beeindruckend ist auch eine Durchschnittszeichnug des Turbo, die auch ebenfalls extra für das Buch angefertigt wurde.
In den nun folgenden Kapiteln lernt man den Turbo von seinem innersten Kern kennen und der Start hierzu liefert das dritte Kapitel mit dem Antriebsstrang. Zunächst steht hier der neue Motor im Mittelpunkt, in dem die Entwicklung komplett nachvollzogen wird. Mit unglaublich vielen Details und dazu auch vielen historischen Aufnahmen aus dem Werk bleibt nix verborgen und auch die Evolution für die einzelnen Modelljahren wird aufgezeigt. Insgesamt kamen in den Turbo 3.0-Modellen fünf unterschiedliche Motoren zum Einsatz, die je nach Einsatzland den Umständen angepasst werden mussten. So verfügte der Motor in Europa über 260 PS, während die Modelle für USA und Japan sich mit 245 PS begnügen mussten. Aber auch diese gewährleisteten eine beeindruckende Performance und trugen so auch ihren Teil zum Mythos 911 Turbo bei. Immer wieder lässt sich die Detail-Verliebtheit erkennen, denn selbst die einzelnen Porsche-Nummer zu diversen Anbauteilen lassen sich wiederfinden. Dabei werden auch falsch verzeichnete Nummern aufgedeckt.
Das Rolling Chassis wird dann im folgenden Kapitel behandelt und umfasst die Aufhängung, die Federung, die Bremsen, die Felgen und Reifen inkl. des platzsparenden Ersatzreifens. Auch hier ist eine umfassendere Darstellung kaum möglich und wieder nutzt das Buch viele Bilder und Zeichnungen zu Verdeutlichung der zahllosen Details.
Die Karosserie ist dann das nächste Thema und hier kann die Seitenanzahl von über 70 Seiten schon aufzeigen wie umfassend alles dargeboten wird. Zum Start folgen hier gleich mehrere Seiten die ausschließlich aus zeitgenössischen Aufnahmen und Bildunterschriften bestehen. Der direkte Einblick in die damalige Produktion ist damit möglich und es ist durchaus interessant wieviel Handarbeit noch notwendig war um den Porsche 911 Turbo zu produzieren. Die Qualitätskontrolle nach dem Erschaffen der Karosserie zeigt den hohen Qualitätsanspruch von Porsche und auch die Vorbereitung der Lackierung und die Galvanisierung wird thematisiert ehe auch die Lackierung selbst natürlich nicht fehlen darf. Eine erneute Qualitätskontrolle folgt dann nach der Lackierung um auch diesen Prozess zu überprüfen. Einen tollen Überblick aller Farben bekommt der Leser dann durch eine beeindruckende Bildtafel, die auf mehreren Seiten die mögliche Lackierung an den Modellen zeigt. Zur Karosserie zählt aber auch die aerodynamische Entwicklung, die beim Turbo vor allem durch den großen Heckspoiler allgegenwärtig scheint. Ein entsprechender Frontspoiler war aber für die Balance ebenso unabdingbar, wie die breiten Kotflügel zur Aufnahme der breiteren Räder. Dazu finden sich auch noch weitere exterior-bezogene Details wieder, welche die Betrachtung abrunden.
Bis hierhin sind vom dem Buch gerade knapp über 200 Seiten beschrieben und im weiteren Verlauf des Buches wird die Beschreibung des Turbo 3.0 um viele weitere Punkte ergänzt. Das Interieur mit all seinen Facetten wird im nunmehr schon sechsten Kapitel vorgestellt und hier lässt sich abermals vieles entdecken. Sei es die unterschiedlichen Sitze, die verwendeten Materialien, das Armaturenbrett mit seinen unterschiedlichen Uhren oder die Möglichkeiten den Turbo mit Radios auszustatten.
Ein besonders interessantes Kapitel blickt dann auf die Spezial-Modelle, die von Porsche hergestellt wurden, angefangen mit dem Show Car aus dem Jahr 1973. Hier finden sich weitere exklusive Modelle die teilweise der Entwicklung dienten, der Familie Porsche und ihren Angehörigen als fahrbarer Untersatz dienten oder für besondere Kunden speziell hergestellt wurde. Auch die Turbo-Modelle, welche auf den Messen vorgestellt wurden sind hier verzeichnet und der erste Prototyp der Slat Nose-911er ist ebenfalls vertreten. Eine tolle Auflistung besonderer Porsche, die ihres gleichen sucht.
Auch der Motorsport darf natürlich nicht fehlen und der direkte Ableger des Turbo, der 934 mit dem Porsche in der Gruppe 4 erfolgreich war. Aber das selbst der 911 Turbo in einigen Rennen von Privatfahrer erfolgreich eingesetzt werden konnte beeindruckt und ist ein nicht unbedingt bekannter Fakt.
In dem verbleibenden Kapitel stehen noch die erhältlichen Accessoires, die Porsche-eigene Literatur und die umfangreichen Produktionsdaten mit allen Anpassungen während der Produktion im Mittelpunkt, ehe im Anhang noch die Ausstattungen und die technischen Daten aufgezählt werden.
Fazit: Das zweite Buch von Parabolica Press kann ausnahmslos begeistern und setzt dort an, wo die Geschichte des Carrera 2.7 endete. Somit ist der Titel ein logischer Nachfolger und hebt die Qualität der Umsetzung dazu noch auf ein kaum denkbares Niveau. Die Publisher’s Edition ist mit weiteren exklusiven Extras und der aufwendigen Box eine wahre Augenweide und ein Highlight einer jeden Buchsammlung. Der gebotene, textliche Inhalt zum Turbo 3.0 ist bei beiden Edition identisch und kann ebenfalls voll überzeugen, denn eine umfassendere Darstellung eines Modells ist kaum möglich. Das Layout orientiert sich hierbei ebenfalls am Vorgänger-Titel und es lassen sich auch wieder Parallelen zum Carrera RS-Buch erkennen. Dies ist aber keinesfalls ein Nachteil, denn mit dem klaren und aufgeräumten Design lassen sich viele Bilder integrieren ohne optisch langweilig zu wirken. Ein komplette Porsche-Bibliothek kann auf keines dieser Bücher verzichten, in denen die wichtigen Meilensteine der noch frühen Ära des Porsche 911 eingehend dokumentiert wurden.
Der Preis von knapp 600 Euro für die Publisher’s Edition schreckt sicherlich erst einmal ab, aber der Auftritt des Buches lässt diese Zweifel schnell schwinden. Die komplexe Umsetzung und die Extras sind echte Leckerbissen und eine echte Rarität auf dem Büchermarkt. Für 200 Euro weniger ist die Limited Edition ebenfalls stolz eingepreist und bietet rein inhaltsmäßig zum Turbo 3.0 das Gleiche. Die Entscheidung kann dann jeder Interessent für sich entscheiden, wobei die Publisher’s Edition sicher schneller vergriffen sein dürfte, wie das Beispiel vom Vorgänger-Buch zum Carrera 2.7 zeigt.
Bibliografie:
Titel: Turbo 3.0
Autor: Ryan Snodgrass
Umfang: 536 Seiten, 1.113 Farbfotos, 315 Schwarz-/Weißfotos, 60 Illustrationen
Format: 286 x 336mm
Bindung: Hardcover mit Box
Auflage: 02/2018
Preis: 599 €
ISBN-Nr.: 978-0-9962682-6-4
Bestellbar beim Verlag unter: www.parabolicapress.com
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Bonhams, Parabolica Press, Marco Rassfeld
Eine Antwort auf „Buch – Turbo 3.0“
[…] nicht im 356 zum Einsatz kommen sollte und auch das Buch-Highlight von Ryan Snodgrass in Form des Turbo 3.0-Buch wird gewürdigt. Mit dem Sooner zeigt sich eine norwegische Alternative zum amerikanischen Singer, […]