Kategorien
Buch

Buch – Durchgeboxt

Die große Enzyklopädie der Kleinserien und Eigenbauten auf VW-Käfer- und Bus-Basis – mit vielen Porsche-Beispielen. Zugegeben ein recht sperriger Untertitel zu einem neuen Buch von Schneider Media, welches von Delius Klasing vertrieben wird. Das der Käfer eine willkommene Basis für viele Umbauten war ist vielen bekannt, das Ausmaß aber den Wenigsten. Hier soll der Titel nun einen Überblick schaffen …

Tolles Einzelstück am dem Titel – V2 Sagitta.

Das Format des Buches ist klassisch, sein Umfang und seine Dicke auf dem ersten Blick sehr beeindruckend. Auf 448 Seiten finden sich 550 Hersteller die für 1.300 Modelle auf Basis des Käfer verantwortlich sind. Und schon auf dem Titel zeigt sich ein besonderes Exemplar mit dem V2 Sagitta aus dem Jahr 1951 von Kurt C. Volkhardt. Das Einzelstück ist nur ein Beispiel von vielen Konstruktionen die häufig auch nur in geringen Stückzahlen hergestellt wurden. Weitere Bilderleisten zeigen sowohl auf dem Titel, als auch auf der Rückseite weitere Derivate und verdeutlichen somit auch direkt die hohe Vielfalt der Konstruktionen, die auf Basis des Käfers im Laufe der Jahre entstanden. Auf der Beschreibung der Rückseite lassen sich auch schon erste bekannte Namen entdecken wie Colani, Rometsch, Karmann oder Puma, die sicher dem ein oder anderen Interessierten schon den zu erwartenden Inhalt aufzeigt.

In die Anfängen war die Basis oftmals noch unübersehbar.

Auf der Klappe des Schutzumschlages lassen sich dann erste Informationen zum Autor finden, der unter anderen auch schon ein Buch über die Fahrzeuge des brasilianischen Herstellers Puma veröffentlicht hat. Das Inhaltsverzeichnis wirkt dann zunächst wie eine Auflistung aus einem Katalog, zeugt aber so gleichzeitig dafür, dass die Hersteller sich schneller finden lassen. Neben der Einführung teilt sich das Buch in sieben Kapitel, in denen die einzelnen Jahre chronologisch aufgearbeitet werden. Nach dem Geleitwort und den Vorwort folgt aber zunächst noch eine Einführung, die sich unter anderem mit dem Werkstoff Kunststoff im Automobilbau auseinandersetzt. Hier werden die unterschiedlichen Kunststoffe vorgestellt und sogar die wichtigsten Modelle der internationalen Hersteller bei denen Kunststoff verwendet wurde, werden vorgestellt. Dann folgt ein Überblick über die Vorkriegs-Modelle des Käfers und zugleich dessen Entwicklung, so wie das erste Patent für eine Kunststoff-Karosserie von Ferdinand Porsche aus dem Jahr 1954. Seibst eine Kurzanleitung, wie ein Umbau auf Käfer-Basis anzugehen ist, findet sich hier noch wieder. Ein sehr gelungener Einstieg!

Im Sporteinsatz konnten die Käfer-basierenden Fahrzeuge viele Erfolge einfahren.

Die Zeitabschnitt der 30er bis 40er Jahre steht dann bei Kapitel 1 im Mittelpunkt und schon der Start zeigt einen große Aufnahme eines Denzel WD Sport im Renneinsatz, ein Modell welches vielleicht noch einigen bekannt sein könnte. Ein kurze, aber prägnante Einführung geht auf die damaligen Verhältnisse ein und bereitet den Leser auch mit einem kurzen Ausblick auf die kommenden Modelle vor. Der Berlin-Rom-Wagen von 1939 ist dann das erste Modell, welches umfangreich vorgestellt wird. Er wurde konstruiert um am geplanten Rennen teilzunehmen, welches aber aufgrund des Einbruch des Krieges nicht stattfand. Heute gilt er für viele auch als Vorläufer des ersten Porsche und zeigt aber zugleich welche Modelle auf Basis des Käfers schon früh möglich waren. Dann folgt die Aufarbeitung der Hersteller in alphabetischer Reihenfolge. Der Start obliegt Beutler, die unter anderen für die damals noch in Gmünd ansässige Firma Porsche erste Cabriolet-Prototypen des 356 bauen sollte. Auf Basis des Käfer folgten dann im Laufe der Jahre einige schöne Coupés und auch Nutzfahrzeuge wie Pritschen und Lieferwagen. Mit Denzel, Glöckler, Hebmüller und Petermax Müller finden sich noch weitere interessante Hersteller und Konstrukteure wieder. Zu jedem liefert das Buch eine kurze Geschichte und dann auch einen konkreten Blick auf die Modelle. Dabei werden alle Modelle der Produktionszeit des Hersteller berücksichtigt. So stellt der Autor zwar sicher, dass die Hersteller nicht mehrfach auftauchen, aber bricht zu gleich mit der Beschränkung auf die kapitelbildenden Jahrgänge.

Die Auswahl an Sportwagen war zeitweise sehr beachtlich.

Die 50er Jahre stellen die Basis zum zweiten Kapitel dar und zeigen schon deutlich mutigere Formen und extremere Abwandlungen. Die Krise wandelte sich langsam zum Wirtschaftswunder und die Käufer wollten sich mehr und mehr von dem Großteil der Standard-Käfer abheben. So entstand auch in den USA oder Australien interessante Automobile wie der heckflossenbewehrte Almquist El Morocco oder der Ascort TSV 1300. Sichtbar größer wird in diesem Kapitel auch die Zahl der Eigenbauten, bei denen gewiefte Hobby-Schrauber sich den eigenen Traumwagen bauten. Doch auch weitere bekannte Hersteller wie Devin, Enzmann oder Wendax finden sich wieder.
Noch spannender wurde die kommender 60er Jahre, zu denen das passende Titelmotiv ein Buggy von Bruce Meyers abbildet. Die Buggy-Welle war aber nur eine Spielart, in der nun neue Fahrzeug auf Käfer-Basis entstanden. Schon auf der ersten Seite des Kapitels finden sich die sportlichen Fahrzeuge von Albar wieder, die teilweise auf schon vorhandenen Lizenzen anderer Hersteller basierten. So war der schweizer Albar Jet eigentlich ein Custoka Strato ES aus Österreich. Der Sonic war dann ein neues Modell, welches mit einem modernen Design für viel Aufmerksamkeit sorgen konnte. Die Umsetzung der Automobile wurde immer professioneller und so entstanden auch ernsthafte Fahrzeuge unter anderem von Apal, der Country Buggy von Volkswagen Australien oder die Modelle von brasilianischen Hersteller Gurgel.

Das Buch zeigt zum Abschluss auch noch eine stattliche Anzahl an unbekannten Modellen.

Unter dem Titel Kunstwerke aus GFK folgt dann das inzwischen schon vierte Kapitel und stellt die Modelle der 70er Jahre vor. Hier zeigt auch der Kapiteleinstieg erneut eine gekonnte Fahrzeugwahl mit dem Sterling aus den USA. Dieser war ein Lizenzbau des englischen Nova, der mit extrem flacher Karosserie viele Nachahmer fand. Nicht alle hiervon waren sauber lizensiert. Mit den ersten Neo-Classics und auch Umbauten zu Campingmobilen wurde das Angebot dazu erneut erweitert. Bekannteste Hersteller dürften hier wohl Intermeccanica und Miura sein. Die Vielfalt bringt aber weiterhin auch viele unbekannte Modelle zum Vorschein.
In den noch folgenden Kapitel stehen die 80er Jahre (Kapitel 5), die 90er Jahre bis heute (Kapitel 6) und die unbekannten Eigenbauten (Kapitel 7) im Mittelpunkt. Die Zeiten für den Absatz von KitCars wurden aufgrund der erhöhten Sicherheitsbestimmungen immer komplizierter und die gesetzlichen Anforderungen gleichfalls immer höher. Der vor kurzem vorgestellte Memminger Roadster 2.7 basiert zwar weiterhin auf der Käfer-Plattform, aber die Umbauten wurden hierbei beispielhaft immer umfangreicher. Das Buch zeigt zwar viele Modell auf, ist zugleich aber auch nicht komplett, wie die vielen unbekannten Fahrzeugen im abschließenden Kapitel zeigen.

Fazit: Das Wort Enzyklopädie ist für diese Buch mehr als passend, denn eine solch umfangreiche Darstellung aller bekannten Modelle, die in der Basis eng mit dem Käfer verwand sind ist einmalig. Schon die beeindruckende Anzahl von 950 Herstellern und Konstrukteure lasst aufhorchen. Die vielen Modelle zeugen oftmals direkt von den Verhältnissen der damaligen Zeit und der Leser kann auch sehr gut die Entwicklung der einzelnen Marken nachvollziehen. Die Vielfalt der umgesetzten Modelle ist überwältigend und zeigt viel mehr als nur Buggys oder sportliche Fahrzeuge. Auch zahlreiche Geländewagen, Replikas oder Neo-Classics finden sich unter anderem wieder. Die Darstellung ist katalogartig und auch deshalb sehr gelungen. Je nach Informationsstand fallen die Vorstellungen in Umfang unterschiedlich aus. Auch die Bebilderung liefert hier unterschiedliche Ergebnisse aber kann dennoch überzeugen.
Für den vergleichsweise günstigen Preis von knapp 60 Euro liefert dann Buch beeindruckt viele Information über jegliche Käfer-Derviate, die im Laufe der vielen Jahr realisiert wurden. Das Buch ist fraglos ein neues Standardwerk zu diesem weiten Thema, welches in jedes gut sortiertes Autobuch-Regal gehört.

Bibliografie:
Titel: Durchgeboxt – Die große Enzyklopädie der Kleinserien und Eigenbauten auf VW-Käfer- und Bus-Basis
Autor: Thomas Braun
Umfang: 448 Seiten, 1750 Fotos und Abbildungen
Format: 231 x 275 mm
Bindung: Gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 10/2018
Preis: 59,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-667-11444-0
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Bonhams, Marco Rassfeld

Eine Antwort auf „Buch – Durchgeboxt“

[…] Der Autor Thomas Braun ist für akribische Arbeiten bekannt und ist auch für den Titel Durchgeboxt verantwortlich, der alle offenen Fragen über Volkswagen-Derivate aus Kleinserien und diverse […]