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Buchbesprechung – Die Karmann-Story

„Haute Couture aus Osnabrück“, so der Untertitel des Buches vom Bernd Wiersch. Dieses möchte die Geschichte des Karosseriebauers aus Osnabrück bis zu bitteren Insolvenz im Jahr 2009 aufarbeiten. Einen Blick auf die überarbeitete zweite Auflage.

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Das Buch startet mit einigen großen und tollen Abbildungen von klassischen Karmann-Modellen – ein bildgewaltiger Einstieg ehe das Vorwort durch den Autor den textlichen Einstieg in das Buch vollführt. Nach einer kurzen Einleitung startet das Buch welches sich mit vielen kurzen Abschnitten durch die Zeit von der Entstehung bis zur Insolvenz von Karmann durchzieht.

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Den Beginn macht der Patriarch Wilhelm Karmann – der Firmengründer. Das Buch erläutert seinen Werdegang und unterstreicht wiederholt die wichtige Position seiner Person im Unternehmen. Nach der Übernahme der Wagenfabrik Klages in Osnabrück wurden schnelle Erfolge erzielt und die Firma ging schließlich in die Wilhelm Karmann GmbH auf. Die beiden Weltkriege machten auch Karmann zu schaffen aber in erstaunlicher Art und Weise kam die Firma immer wieder schnell auf die Räder. Die ersten Großkunden waren die Adlerwerke AG aus Frankfurt und die Hannoversche Maschinenbaufabrik AG aus Hannover, besser bekannt als Hanomag.

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Bereits vor dem zweiten Weltkrieg fing Wilhelm Karmann jun. mit seinen ersten Erfahrungen in der Firma seines Vaters an. Er wurde behandelt wie jeder andere und erfuhr keinerlei Zugeständnisse. Eine echte Ausbildung die ihn auch nach Berlin in die Firma Ambi-Budd in Berlin führte – ein direkter Konkurrent von Karmann. Der Vater hielt ihn aber noch lange zurück und der im zweiten Weltkrieg bekam Wilhelm jun. den unvermeidlichen Einberufungsbefehl. Er kehrte aber wohlbehalten zurück und übernahm die Führung nach dem Tod seines Vaters.

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Nach dem Krieg kamen dann erste Kontakte zu Volkswagen zustande die ebenso wie Karmann in einer britischen Besatzungszone angesiedelt waren. Karmann entwarf eine Cabriolet-Version des Käfer der die Firma zu großem Erfolg führen sollte und einen schnellen Wachstum förderte. Mit DKW und Hanomag waren aber auch weitere Entwicklungen entstanden. Tragisch ist dabei das Ende von Hanomag für den Karmann den Partner entwickelte, der allerdings nach seiner Präsentation auf der IAA im Jahr 1951 gestoppt wurde.

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Einen besonders großer Wurf gelang Karmann schließlich mit dem sportlichen Coupé auf Käfer Basis – dem Volkswagen Karmann Ghia. Heute noch ein sehr hübsch anzusehendes Automobil welches endlich auch Weltruhm für die Firma einbrachte. Selbstverständlich folgte vom ausgewiesenen Cabriolet-Spezialisten kurze Zeit später auch eine offene Version. Die Produktion war lange gesichert und trotzdem standen die Entwicklungen nicht still. Es wurde ein weiteres Werk in Rheine geschaffen welches mit der Produktion des Opel Diplomat A Coupé startete, es entstand ein Dependance in Brasilien und viele weitere Hersteller nutzten die Kompetenz von Karmann.

Nach dem Käfer liefen auch die Nachfolgen Golf 1 und Golf 3 in der Cabriolet-Version bei Karmann vom Band. Parallel zum Golf konnte man sogar die Produktion des direkten Konkurrenten Ford Escort Cabrio durchführen. Man schuf im Laufe der Jahre Fahrzeuge für BMW, Porsche, AMC, Chrysler, Audi, Renault, Kia und Mercedes-Benz. Ein beachtliches Portfolio allerdings war die Abhängigkeit von Volkswagen dennoch besonders groß. Nach Scirocco und Corrado, die beide nicht die erhofften Stückzahlen brachten, liefen noch das Audi 80 Cabriolet und das Audi A4 Cabriolet vom Konzernbruder aus Ingolstadt von den Bändern. Da alle Hersteller ihre Modelle durch die fortschreitende Robotertechnologie vermehrt kostengünstiger in ihren eigenen Werken produzieren konnten musste die Firma im Jahr 2009 schließlich Insolvenz einreichen und wurde aufgelöst bzw. in diversen Sparten an unterschiedliche Käufer veräußert.

Fazit: Die Karmann-Story zeichnet die Unternehmensgeschichte gut ab und bietet einen vollumfänglichen Blick auf die Geschäfte der Firma. Dabei sind auch nach dem Rückzug von Wilhelm Karmann jun. die folgenden ausschlaggebenden Personen genannt. Eine tolle und tragische Story zugleich. Einige kleinere Unstimmigkeiten wie Wiederholungen im Text und falsche Bilder schmälern den guten Eindruck ein wenig. Auch die recht sparsame Bebilderung mit oft kleinen Abbildungen scheint zuweilen etwas lieblos.
Die technischen Umsetzung ist wie so oft bei Delius Klasing tadellos und lässt keinerlei Raum für Kritik.
Für den Preis von 29,90€ erhält der Käufer einen intensiven Blick auf die Unternehmensgeschichte des vermutlich erfolgreichsten deutschen Karosserie-Betreibes. Wenn man keinen besonderen Wert auf viele Bildmaterialein legt ein durchaus faires Angebot!

Bibliografie: Die Karmann-Story – Haute Couture aus Osnabrück, Autoren: Bernd Wiersch, 208 Seiten, 80 Farbfotos, 39 S/W Fotos, 7 farbige Abbildungen, 7 S/W Abbildungen, 220 x 246 mm, gebunden mit Schutzumschlag, 2. überarbeitete Auflage 2015, Preis: 29,90€, Verlag: Delius Klasing, ISBN: 978-3-7688-3274-8
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Delius-Klasing, Marco Rassfeld