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Buch – Ludvigsens Rückspiegel

Begegnungen mit Größen aus der Welt des Automobils – solche hatte der namhafte Autor Karl Ludvigsen in seiner lebhaften, automobilen Vergangenheit vermutlich unzählige. Nun blickt er in einem Buch von Delius Klasing zurück und erinnert sich an die interessantesten Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Automobil-Industrie.

Optisch sehr gelungen zeigt sich das Cover.

Das Buch ist recht kompakt ausgeführt und kommt mit einer flexiblen Bindung daher. Diese sorgt durch den Einsatz von nicht so starren Pappen für eine gutes Handling mit dem Buch in der Hand und in diesem Fall wird dies auch noch durch die betont stumpfe Oberfläche der Außenseiten verstärkt. Zudem sorgt diese stumpfe Oberfläche für ein mattes Erscheinungsbild, welches das Buch durchaus besonders sein lässt. Dazu gibt es eine schlichte Gestaltung des Titels mit einem braunen Hintergrund, der sich von einem weißen Rand umschließen lässt. Mit verspielter Typografie zeigt sich das Buchtitel in zum Titel passender Spiegelschrift und den Farben Gelb und Weiß. Dazu gibt es noch einen kleine Abbildung mit einem Rennwagen von oben, während sich Verlag und Autor sich betont zurückhalten, werden aber auch natürlich nicht vermisst. Der Rücken nimmt den Gelbton auf und sorgt dadurch im Regal dafür, dass das kleine Buch auch auffällt und sich schnell wiederfinden lässt. Der Rücken hingegen nimmt die Farbkombination von Titel auf und zeigt auch ein kleines Bild vom Autor. Dazu gibt der Klappentext einen ersten Einblick, was den Leser im Buch alles erwartet und nennt auch schon erste Namen von interessanten Persönlichkeiten, an die sich Ludvigsen zurückerinnert. Somit glänzt das Buch bei der äußeren Aufmachung durchaus und macht sicher nicht nur die Kenner neugierig auf mehr.

Neben dem allzeit bekannten Gianni war auch Umberto Agnelli bei Fiat aktv.

Der stimmige, optische Auftritt des Buches setzt sich beim Aufschlagen dadurch fort, dass auch der Vorsatz im passenden Braunton gehalten ist. Der Nachsatz am Ende des Buches somit logischerweise auch. Man entdeckt dann die Widmung des Buches vom Autor für seine Frau, welche sich unmittelbar neben dem Inhaltsverzeichnis wiederfindet. Hier findet sich eine Auflistung von 24 Menschen wieder, die in fünf Kategorien eingeordnet wurden. Doch zunächst folgt noch eine Vorwort vom Autor, neben dem ein Fotos desselbigen aus dem Jahr 1959 mit einem Mercedes-Benz 300 SL zu finden ist. Doch dies soll das einzige Automobil sein, welches sich im Buch bildlich wiederfindet, es geht schließlich um die Menschen und die Erlebnisse mit Ihnen. Im Vorwort selbst geht der Autor auch auf seine Vita in der Auto-Welt ein und startet damit, dass er immer gerne behauptet er hätte in seinem Leben noch nie ein Vorstellungsgespräch gehabt. Viele Jobs bekam er aktiv angeboten und konnte sich oftmals seine Position aussuchen. Dabei war er auch bei den Automobil-Herstellern in führenden Positionen und prägte ohne Frage die automobile Landschaft maßgeblich mit. Auch hier tauchen schon Namen auf wie Heinz C. Hoppe, dem damaligen Leiter des Auslandsverkauf bei Mercedes-Benz oder Bob Lutz mit dem Ludvigsen schon lange befreundet war ehe beide gemeinsam über eine mögliche Stellvertreter-Position des Vorsitzenden von Ford of Europe sprachen. Allen Menschen, welche er in diesem Buch vorstellt ist in jedem Fall die Leidenschaft für das Automobil gemein.

Viele Designer prägte mit ihren Künsten die Automobile aus der jeweiligen Zeit.

Zu den Managern zählte auch Elliot Leon Ludvigsen, der als Vater von Karl die erste Person ist, welche im Buch vorgestellt wird. Es ist eine Hommage und gleichzeitig eine Verbeugung vor seinem Vater, der sich früh für einen Weg in die Industrie suchte und unter anderen für die White Motor Company und Fuller (einem Getriebe-Hersteller) aktiv war. Der Autor erinnert sich aber auch an persönliche Szenen mit seinem Vater und seinen prägenden Einfluss in einigen Sachen. Mit Ferdinand Anton Ernst Porsche folgt dann der Blick auf den Mann, der Porsche zur eigenständigen Marke mit einem unverwechselbaren Profil machen sollte. Die großen Fußstapfen seines hochangesehene Vaters, der unter anderem für die Rennerfolge der Mercedes-Benz SSK verantwortlich war, schienen fast zu groß. Aber auf ideale Art und Weise füllte sein Sohn, vor allem als Ferry bekannt, diese aus. Zu jedem Porträt gibt es zu Beginn auch immer eine Foto, welches in diesem Fall Ludvigsen und Porsche in reger Diskussion auf einer Automobilausstellung zeigt. Die dann folgenden, rein textliche Darstellung porträtiert die Menschen ganz individuell und in einem sehr gelungenen Schreibstil. So erzählt er fesselnd von Begegnungen und Entwicklungen der Personen und kann dabei den Leser in den Bann ziehen. Sicher wird auch die ein oder andere besondere Anekdote für viele neu sein, so dass man eigentlich nicht anders kann als die Text förmlich aufzusaugen. Nach Ferry wird auch die nicht minder einflussreiche Schwester Louise Piëch vorgestellt. Die Geschwister hatten eine besondere Beziehung und stimmten sich immer wieder untereinander ab und fanden auch für das Erbe ihres Vaters eine Lösung, die für beide geradezu perfekt erschien. Mit Werner Breitschwerdt, Robert Lutz, die Agnelli Brüder und Carlo Abarth finden sich noch weitere interessante Menschen wieder, die in den Spitzenpositionen der Hersteller aktiv waren.

Die Geschichte von John DeLorean ist wirklich interessant und Ludvigsen zeigt seinen Ansichten.

Die Designer sind dann der nächste Teil des Buches und hier obliegt Giorgetto Giugiaro die Ehre der Erstvorstellung. Der Italiener war schon früh von kreativen Prozess der Formschaffung fasziniert und konnte sich so einen Platz in der Firma von Nuccio Bertone sichern. Giugiaro lernte Bertone auf dem Turiner Autosalon im Jahr 1959 kennen und sollte nach einer ersten Zeichnung weitere Ausarbeitungen präsentieren. Diese stellte er dem großen Bertone zum Ende des Salons vor, der schnell überzeugt war von seinen Fähigkeiten. Nachdem Franco Scaglione die Firma Bertone verlassen hatte, konnte sich Giugiaro die freie Stelle sichern. So verbrachte er die ersten Jahre mit Nuccio Bertone in der Design-Abteilung und schuf schnell hochinteressante Modelle. Allerdings sollte die Studie des Chevrolet Corvair Testudo besonders prägend für Giugiaro sein. Diese zeigte zum ersten Mal einen Ansatz, welcher die zentralen Elemente der Seitenansicht und Draufsicht besonders in den Fokus zu rücken. Das Buch nutzt immer wieder auch persönliche Zitate der Menschen und lässt so teilweise einen beeindruckenden Tiefgang zu.
Es folgt Albrecht Goertz der sich mit dem BMW 507 ein automobiles Denkmal setzten sollte und auch am ersten Datsun Z beteiligt war, obwohl der Hersteller dies zunächst abstreiten sollte. Ein echter Tüftler war Larry Shinoda, der als Designchef für die Formensprache von General Motors verantwortlich war und auch den erste Corvette Sting Ray erschuf. Des Weiteren findet man mit Peter Pfeiffer, Anatole Lapine und Stefan Habsburg noch weitere interessante Menschen im Porträt wieder.

Paul Frère war als Rennfahrer ebenso aktiv wie als Journalist und lebte das Automobil.

Drei Ingenieure stellen sich dann vor und gleich die erste Geschichte von Alexander von Falkenhausen ist hochinteressant. Denn er war immer einen Schritt voraus und hatte vor allem in seine Zeit bei BMW für den Aufschwung der Marke entscheidend mit beigetragen. Doch sein Weg dorthin war steinig und führte unter anderem über seine eigene Firma AFM, die für den Motorsport der Nachkriegszeit Rennwagen herstellte. Rudolf Uhlenhaut hingegen war deshalb auch deshalb ein besonderer Ingenieur, weil er in der Lage war, den Grenzbereich der Fahrzeuge auszuloten, Somit musste er sich nicht auf die Angaben von Testfahrern verlassen und war unter anderen für den Mercedes-Benz 300 SL verantwortlich. Dieser war zunächst im Motorsport erfolgreich und sorgte dann als käufliches Straßenauto mit Flügeltüren für die sportliche Prägung der Marke. Über John DeLorean wird vermutlich immer die Pleite seiner eigenen Firma in Irland schweben, aber der Text von Ludvigsen sieht die damalige Berichterstattung durchaus kritisch und stellt die Leistungen von DeLorean heraus.
Rennfahrer dürfen natürlich bei der Zusammenfassung der wichtigsten Menschen der Automobil-Branche nicht fehlen. Mit Manuel Fangio, Phil Hill, Emerson Fittipaldi und Mario Andretti besteht die Auswahl auf echten Champions, welche zu Ihrer Zeit auch in der Spitzenklasse als unschlagbar galten.
Mit Bernard Cahier, Rodolfo Mailänder und Paul Frère beschliessen drei Automenschen den Streifzug durch einige der prägendsten Menschen rund um das Automobil.

Fazit: Karl Ludvigsen ist selbst eine Institution der Automobil-Geschichte und blickt mit diesem kleinen, aber feinen Buch auf bedeutende Menschen zurück. Dabei erfolgt die Darstellung auf unterschiedliche Art und Weise und zeigt mal ein Interview oder auch als Biografie und geht auf jeden Menschen auf ihre besondere Art und Weise ein. Die Texte sind sehr fesselnd geschreiben und zeugen von der großen Erfahrung des Autors. Dazu findet sich auch immer ein Bild der Menschen dazu im Buch wieder, ausnahmslos aber in Schwarz Weiß gehalten, was aber keinesfalls ein Nachteil ist.
Für günstige 10 Euro kann man eine automobile Zeitreise unternehmen, aktuell hat der Verlag das Buch gar auf 5 Euro reduziert – wer hier nicht zuschlägt ist selbst Schuld!

Bibliografie:
Titel: Ludvigsens Rückspiegel – Begegnungen mit Größen aus der Welt des Automobils
Autor: Karl Ludvigsen
Umfang: 224 Seiten, 25 Fotos und Abbildungen
Format: 156 x 229 mm
Bindung: flexibel gebunden
Auflage: 08/2019
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-667-11572-0
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Delius Klasing, Marco Rassfeld