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Buch – Tourenwagen-Europameisterschaft 1970–1975

Die Geschichte des Tourenwagen-Motorsports hat unterschiedlichste Epochen und Reglements erlebt und konnte dabei immer wieder unglaublich spannenden Rennsport überzeugen. Gerade die Symbiose aus Basis-Fahrzeuge, welche käuflich zu erwerben waren und sich im Rennen mit ihren Konkurrenten um den Sieg streiten ist besonders. In der Zeit der frühen 1970er Jahre hatte die Tourenwagen Europameisterschaft ihre Hochphase. Vor kurzem veröffentlichte der Sportfahrer Verlag schon die zweite Auflage eines Buches zu dieser Zeit.

Orange, Schwarz, Weiß – das Farbschema findet sich im gesamten Buch wieder.

Das Buch ist im großen Hochformat umgesetzt und zeigt sich mit einem auffälligen Schutzumschlag im knalligen Orange. Mit weißen Strichen wurde die Kurve stilisiert, durch die sich gleich drei Fahrzeuge aus der Epoche schlängeln. Sämtliche Meister der Jahre 1970 bis 1975 sind hier vertreten, denn gegen die Werks-Einsätze von Alfa Romeo, Ford und BMW hatten die Gegner keine Chance. Sowohl die Hersteller- als auch die Fahrerwertung wurde ausschließlich mit diesen Fahrzeugen gewonnen. Unter anderem mit dem GTA von Alfa Romeo, dem Capri RS von Ford und dem 3.0 CSL von BMW waren damals besonders interessante Automobile unterwegs. Die wurden von den Herstellern auch eingesetzt um dem bekannten Motto „Win on Sunday, sell on Monday“ gerecht zu werden. Gelungen reihen sich Boliden auf dem Titel in die Kurve ein und können auch durch die reine Umsetzung im Schwarz Weiß überzeugen. Dazu gesellt sich noch der Buchtitel im großen Buchstaben, sowie etwas kleiner der Autor und auch das Verlagslogo. Die weißen Linien der Kurve ziehen sich über den gesamten Schutzumschlag und auf der Rückseite findet sich noch ein zurückhaltend eingepasster Klappentext wieder. Hier findet man schon einen Hinweis auf die Vormachtstellung der drei Hersteller, aber auch den Hinweis auf weitere Fabrikate, die in der Meisterschaft aktiv waren. Auch die Fahrer machen die Serie aus und so finden sich hier auch schon illustre Namen wieder wie Jochen Mass oder Hans Heyer. Das Buch selbst ist im reinen Schwarz eingebunden und nimmt nur auf dem Rücken mit einer orangen Prägung den Buchtitel, Autor und Verlagslogo auf. Somit ist das Buch ein optisches Highlight und lässt auf einen ebenso gelungenen Inhalt hoffen …

Die Zuschauer waren damals nah am der Strecke und konnten den Motorsport voll genießen.

Nachdem Aufschlagen findet man schnell das Farbschema orange und schwarz wieder, welches sich durch das gesamtem Buch zieht und gerade im Zusammenspiel mit den vorherrschenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen sehr gelungen ist. Eingangs findet sich folgendes Zitat wieder, welches nur zu gut die damalige Zeit beschriebt:

Die Tourenwagen-Rennen waren damals äußerst populär. Die Zuschauer waren begeistert und haben uns zugejubelt. Es waren die schönsten Rennen, auf den klassischen Rennstrecken, in Monza, auf dem Straßenkurs in Spa, in Zandvoort und auf dem alten Nürburgring.

Klaus Ludwig

Die Mischung aus tollen Rennwagen, außergewöhnlichen Rennstrecke, talentierten Fahrern und begeisterten Zuschauer war besonders und das Buch strahlt dieses schon zum Start aus. Auf einem orangen Hintergrund findet sich schließlich das Inhaltsverzeichnis wieder. Hier kann man schon einen Überblick über die Hersteller und Teams entdecken, welche im Buch kapitelweise vorgestellt werden. In der Einleitung geht der Autor auf die Wahl des Zeitraumes ein, denn dieser ist bewusst durch die im Motorsport immer wieder einhergehenden Reglements-Änderungen gewählt. Die Gruppe 5-Tourenwagen wurde 1970 von den neuen Gruppe 2-Tourenwagen abgelöst. Dies hatte zwar zur Folge, dass sich BMW werksseitig zunächst komplett zurückzog, aber gleichfalls Ford mit vollem Schwung eintrat. 1975 hingegen waren diese Gruppierung schon wieder am Ende, die Werke hatten sich erneut zurückgezogen und in der Folgesaison war die erneuerte Gruppe 5 die Basis der Tourenwagen.

Ford prägte mit dem Capri in seinen verschiedenen Ausbaustufe die Serie und konnte viele Erfolge einfahren.

Es folgt dann noch ein Vorwort von Toine Hezemans, der mit zwei Fahrermeisterschaften und insgesamt 17 Divisions-Siegen der erfolgreichste Fahrer der Gruppe 2-Ära war. Zudem war er in den Jahren auch für alle drei großen Hersteller aktiv und konnte immer mit seiner Schnelligkeit überzeugen. So blickt der Niederländer auf seine Karriere in der Tourenwagen-Europameisterschaft zurück. In die Meisterschaft kam er zunächst durch Alfa Romeo, für die er schon bei der Vorbereitung auf die Saison 1970 viele Stunden Testarbeit durchführte. So waren die Italiener besonders gut vorbereitet und endete erfolgreich mit der Meisterschaft für Hezemans. Es folgten Einsätze im Alpina-BMW und später auch im Werksteam von BMW, zum Schluss folgten auch noch Einsätze für Ford mit dem Capri. Unterstützt wird der Text von vielen Bilder, die schon einen tollen Querschnitt durch die Geschichte der Europameisterschaft aufzeigen. Natürlich ist auch einen großformatige Aufnahme von Hezemans wiederzufinden. Alle Aufnahmen sind im Buch ausnahmslos zeitgenössisch und nehmen den Leser mit auf eine echte Zeitreise. Dabei können die Bilder auch oftmals durch ihre Größe beeindrucken und nutzen das Format des Buches aus. Der Text ist in zwei Spalten ausgeführt, so dass eine gute Lesbarkeit gewährleistet ist, zudem gibt es zu jedem Bild auch ein aussagekräftige Bildunterschrift. Das Layout im Buch ist erfreulich luftig aufgebaut, so dass sich eine guter Lesegenuss einstellt und man sich gut zurechtfinden kann.
Zu jedem Kapiteleinstieg nutzte das Buch im übrigen eine Doppelseite, bei der sich ein Schwarz-Orange-Bild zeigt, welche natürlich im Bezug zum kommenden Inhalt steht. Diese sorgt auch für ein schnelles Auffinden der Kapitel ohne die Seitenzahlen zu nutzen.

Auch Mazda trat in der Tourenwagen-Europameisterschaft an und es gelang fast ein Überraschungserfolg.

Der Start der Vorstellung der Hersteller und Teams obliegt den Italienern mit den Rennwagen von Alfa Romeo. Diese waren schon lange in der Tourenwagen-Europameisterschaft aktiv und Basis war der Giulia Sprint GT, der 1963 auf der IAA erstmals vorgestellt wurde. Schon 1965 war der GTA als Basismodell für den Motorsport vorgestellt worden und nur ein Jahr später waren die GTA die Rennwagen, welches es in der Division bis 1600 ccm zu schlagen galt. Bis 1969 konnte man so gleich drei Fahrer- und Hersteller-Meisterschaften feiern. So war es nur die Fortsetzung einer Serie, als man begann den Giulia Sprint GT nach dem neuen Reglement auf das Jahr 1970 vorzubereiten. Als Homologationsbasis stand diesmal kein spezieller GTA zur Verfügung, vielmehr nutzte man den 1750 GT Am, wobei Am ein Hinweis darauf war, das es sich um die Version für Amerika handelte. Der Hubraum wurde auf knapp unter 2 Liter vergrößert, so dass man den Alfa Romeo in den Nennlisten als 2000 GT Am wiederfand. Jahr für Jahr verfolgt das Buch dann die Rennen in denen die Alfa Romeos am Start waren, wobei vor allem das erste Jahr mit großen Erfolg beendet konnte. Im Folgejahr trat man auch mit dem GTA Junior in der kleineren Division an, der in dieser kaum einen Gegner kannte. 1972 wurden die Punkte-Verteilung der Divisionen angepasst und beraubte somit die Chancen der Alfa Romeo gegen die schnellen Ford Escort. Die offizielle Werksmannschaft von Autodelta setzt aus diesem Grund auch nur noch in Monza seine Rennwagen ein. 1973 konnte man die Junior-Modelle nicht mehr einsetzen, denn die kleine Division wurde gestrichen. Mit dem GT Am stand man aber immer mal wieder am Start und im schwedischen Mantorp Park zeigte man erstmals einen neuen Gruppe 2-Rennwagen auf Basis des neuen Alfetta. Diese Rennwagen setzte Autodelta im Anschluss aber nur noch in Zandvoort ein und zog sich dann aus der Meisterschaft zurück.

Auch Privat-Fahrer tummelten sich in den Starter-Feldern und sorgte für die notwendige Würze.

Die Darstellung der Hersteller und Modelle gleicht sich natürlich generell, fallen aber je nach Umfang des Engagements mehr oder weniger umfangreich aus. So sorgte Johann Abt mit seinem Abarth 1000 TCR für Aufsehen und verpasste im Jahr 1970 nur knapp die Meisterschaft. Nur die Möglichkeiten von Alfa Romeo verhinderten den Erfolg des Kempteners. Alpina BMW hielt nach dem Rückzug von BMW die Fahnen des bayrischen Herstellers hoch und setzte verschiedene Modell ein. In den Folgejahren arbeitet man eng mit BMW zusammen und brachte dem großen Coupé das Siegen bei. Zum Ende der Alpina BMW-Geschichte finden sich noch die Erinnerungen von Günther Huber, der für Alpina als Fahrer zum Einsatz kam. Die persönlichen Erinnerungen werten das Buch nochmals auf. Ford stieg 1970 in die Tourenwagen-Europameisterschaft ein und lernte schnell. Nachdem die Capri im ersten Jahr noch optimiert werden musste, gelang mit den RS 2600 in den beiden Folgejahren der Gewinn der Fahrer-Meisterschaft. Als BMW offiziell wieder zurückkam, spielten sich legendäre Duelle in der Spitzenklasse des europäischen Tourenwagen-Motorsports ab. Mit Thomas Ammerschäger erinnert sich hier noch ein Ingenieur an die wilden Zeiten und die unglaublichen Optimierungsmaßnahmen um Siege zu erreichen. Es folgt noch der Blick auf Mazda, Schnitzer-BMW und Steinmetz-Opel, die mit dem Commodore antraten. Und auch die Camaros von Chevrolet konnten für Aufmerksamkeit sorgen, denn des Öfteren konnten die Amerikaner sich die Pole Postion sichern. Die Zuverlässigkeit im Rennen war aber nicht sehr ausgeprägt. Trotzdem werteten die Camaro das Fahrerfeld immer wieder auf und hatten auch immer ihre eingefleischten Fans. AMG Mercedes, Filipinetti-Fiat, BMW und Zakspeed-Ford sind die noch folgenden Teams und Hersteller, dessen Einsätzen dargestellt werden. Mit Alain Peltier und Siegfried Müller werden dann noch zwei erfolgreiche Privat-Fahrer vorgestellt und zum Abschluss gibt es noch ein Übersicht über die Ergebnisse. Hier finden sich alle Sieger der Rennen und die drei Erstplatzieren des Endklassements wieder und somit erhält man einen guten Überblick. Auch hierzu finden sich noch Bilder wieder, welche die Statistiken gekonnt auflockern.

Fazit: Die Tourenwagen-Europameisterschaft hatte mit der Gruppe 2 Anfang der 1970er eine Hochphase mit tollen Rennwagen, interessanten Rennstrecken und einer Mischung aus erfahrenen und Nachwuchs-Rennfahrern. Vor allem Alfa Romeo, Ford und BMW prägten die Phase und die Modelle sind heute noch in guter Erinnerung. Aber auch kleinere Teams und weniger bekannte Modelle lassen sich im Buch wiederfinden. Die Aufarbeitung nach Hersteller oder Team lässt die Entwicklung dieser gut nachvollziehen, erschwert aber manchmal leicht die Übersicht. Das Buch glänzt dafür mit einem tollen Layout und einer Vielzahl an Bildmaterial, welches oftmals auch das große Format des Buches ausnutzt.
Für den Gegenwert von 75 Euro erhält man ein gelungene Dokumentation einer Hoch-Phase der Tourenwagen-Europameisterschaft. Für Motorsport-Freunde ein Muss und mit dem Erscheinen der nunmehr zweiten Auflage wieder erhältlich. Von der Erstauflage gibt es noch einen auf 250 Stück limitierte, signierte Sonderedition, die mit edlem Schuber und 16 Signaturen von Akteuren und Zeitzeugen glänzen kann, aber auch 235 Euro kostet.

Bibliografie:
Titel: Tourenwagen-Europameisterschaft 1970–1975
Autor: Harold Schwarz
Umfang: 352 Seiten, ca. 250 s/w- und 150 Farbfotos
Format: 240 x 280 mm
Bindung: Gebunden Schutzumschlag
Auflage: 2. Auflage, 05/2021
Preis: 75,– €
ISBN-Nr.: 978-3945390030
Bestellbar beim Verlag unter: www.sportfahrer-zentrale.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Sportfahrer Verlag, Paul Kooyman
, Marco Rassfeld

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