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Buch – Autobilder

Bleistiftzeichnungen von Automobilen im gebauten Kontext – der Untertitel eines Buches welches von Peter Eingartner in Eigenregie realisiert wurde verrät alles. Denn das Zusammenspiel des Automobils mit der baulichen Umgebung prägen das Gesamtbild vor allem der städtischen Umgebung. Somit dürfte es spannende Szenarien zu entdecken geben …

Kleiner Jimny in einer großen Stadt?
Schon der Titel sorgt für Neugier …

Das Buch ist im nicht großen, aber auch nicht kleinen, quadratischen Format umgesetzt und zeigt sich im gewohnten Hardcover-Einband. Der Titel zeigt schon eine der 24 Zeichnungen, welche der Architekt erschuf um die scheinbar allgegenwärtigen Automobile in der Stadt darzustellen. Kenner sehen sofort einen modernen Suzuki Jimny, der sich in einer typischen, scheinbar italienischen Altstadt befindet. Der Kontrast zwischen neuem Fahrzeugdesign und der alten Architektur der Umgebung bringt eine ganz besondere Komposition zu Tagen, welche wir heute oftmals aber als alltäglich wahrnehmen. Die Gebäude sind aber vermutlich schon so alt, dass auch Automobile aus deren Anfangsjahren dort stehen könnten. Für den Titel ist der Suzuki gar noch mit einer partiellen Glanzlackierung versehen, welches das Automobil nochmals besonders hervorhebt. Lediglich durch die Type vom Buchtitel kommt ein wenig Farbe ins Spiel, welches aber die Reinheit der Bleistiftzeichnung keinesfalls zerstört. Es sind eben diese Begegnungen zwischen Automobilen und Architektur, welche man im Buch wiederfinden kann, auch auf der Rückseite findet sich noch ein kleiner Vorgeschmack mit einem weiteren Bild wieder und dazu der Klappentext. In 24 Zeichnungen lassen sich vielfältige Szenen darstellen, welche die interessante Wechselwirkung zwischen Automobil und bebauter Umgebung zulassen.

Der Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt die Entwicklung des Stadtbildes im Laufe der Jahre.

Nach dem Aufschlagen findet sich dann gleich eine durchaus bekannte Aufnahme aus dem Archiv von der Daimler AG wieder. Diese stammt aus dem Jahr 1928 und zeigt einen Mercedes-Benz 8/38 PS Typ Roadster vor dem damals brandneuen Le-Corbusier-Haus in der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung. Aus heutiger Sicht betrachtet scheint das Automobil deutlich älter zu sein als das Haus und zeigt abermals eine interessante Sicht auf das Zusammenspiel der Architektur mit der Umgebung. Das Bild ist so bekannt, dass es nach knapp 90 Jahren von Daimler nochmals nachgestellt wurde. Dies geschah im Jahr 2016 mit dem Concept F 015 um für die kommende Bauausstellung IBA im Jahr 2027 zu werben. Dies verdeutlicht nochmals die Abhängigkeiten und gleichzeitig auch die Vergänglichkeit von Design-Objekten, zu denen fraglos auch die vielen Automobile zählen, welche das Stadtbild in der jeweiligen Gegenwart prägen,
Eine textliche Einleitung erläutert dazu passend auch nochmals die Idee hinter den Zeichnungen, während zwei weitere Bilderpaare einen Vergleich von Vergangenheit und Gegenwart zeigen. So blickt man einmal auf die Rue die Rivoli in der französischen Hauptstadt Paris, die sich schon im Jahr 1950 belebt zeigt, aber 2019 optisch deutlich voller wirkt. Ein weitere bildlicher Vergleich zeigt die Kreuzung 5th Avenue / 14th Street in New York in den Jahren 1950 und 2020. Neben der Verkehrslage ist hier auch die Anzahl der Fußgänger interessant und die deutlich anderen Automobile als in Europa.

Was könnte sonst in einer engen spanischen Straße parken, als ein Seat Ibiza?

Schließlich beginnt die Darstellung der 24 Bleistiftzeichnungen, welche wie in einer Galerie jeweils einzeln auf einer Doppelseite mit kurzer Erläuterung dazu präsentiert werden. Basis für alle Bilder lieferte Fotografien der Orte, die zunächst zufällig und später bewusst für die spätere Adaption als Bleistiftzeichnung festgehalten wurden. Die ersten Werke stammen aus dem Jahr 2017 und die Werke werden in chronologischer Reihenfolge präsentiert.
Der Start obliegt einem Bild mit einem alten Wohnwagen im Hansaviertel, Berlin-Mitte. Die Erläuterung liefert immer die Angaben zum Automobil als auch zu dem Ort, so dass sich einen klare Zuordnung nachvollziehen lässt. Das Wohnmobil stammt in diesem Fall von Hymer und ist auf Basis des Opel-Bedford-Blitz. Dessen betont Kante steht fraglos für das Automobil-, oder in diesem Fall Wohnmobil-Design der 1970er Jahren und steht auf Kopfsteinpflaster unter einer recht modernen Brücke. Dazu lässt sich noch eine klassisches Haus mit vielen Details erkennen, die auf ein älteres „Baujahr“ hinweisen. So gibt es alleine in diese Bild mehrere Details an denen man sich festhalten kann. Alles wirkt ein wenig zusammengewürfelt, aber dennoch normal. Schließlich entstanden auch die Städte und deren Architektur nach und nach, während sich das Straßenbild immer mit einer gewissen Dynamik zeigt, und je nach Jahr unterschiedliche Bilder liefert. Dies gilt natürlich bei nur einem Fahrzeuge wesentlich mehr, als bei einer hohen Anzahl an Automobilen. Sobald diese nämlich in großen Anzahl anzutreffen sind, kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit das Datum des Aufnahme recht genau bestimmen.

Auch ein Citroën BX findet sich wieder und bildet das klassische Umfeld zu einer zeitlosen Umgebung.

Die reduzierte Darstellung der Bleistiftzeichnungen im Buch ist dabei auch ein Geheimnis der gelungenen Darstellung. Denn so wird dem Betrachter ermöglicht, sich mit viel Ruhe dem einzelnen Bild zu widmen. Der Fiat 500 auf dem nächsten Bild wirkt in der italienischen Altstadt wie selbstverständlich und sorgt in keinen Fall für großes Erstaunen. Der Kleinwagen präge über viele Jahre die Straßen in Italien und Europa und so verwundet es niemanden, dass eine solches Fahrzeug durch die engen Straßen fährt. Ein stimmiges Bild, welches einen zeitliche Einordnung schwierig gestaltet. Höchstens die Straßenschilder mit dem Parkverbot zeigen, dass es kein allzu altes Foto sein kann, welches hier als Basis diente. Raten muss der Betrachter dies aber nicht, denn auch der Zeitpunkt der Aufnahme findet sich neben dem Ort wieder.
Den typischen Flair einer US-amerikanischen Kleinstadt lässt sich im nächsten Bild wieder entdecken. Hier sind sowohl die Architektur und das Umfeld als auch die gezeigten Automobile typisch für die USA. Kaum sonst irgendwo ist die Masse an großen Fahrzeugen und Pick-Ups so groß wie hier. Zwar gibt es in der Zeichnung nur eienn Pick-Up zu entdecken, aber der Stil der Umgebung ist so prägend mit einer großen Veranda vor dem Haus, einer offenen Stromleitung und natürlich der Flagge der USA.

US-amerikanische Klassiker sind in den skandinavischen Staaten keine Seltenheit …

Man könnte hier sicher jeder Bild im Einzelnen besprechen, was aber den Rahmen fraglos sprengen würde. Es gibt wirklich viel zu entdecken und es gibt auch durchaus interessante Automobile zu sehen, welchen oftmals typisch für die entsprechende Umgebung sind. Sei es das japanische Toyota-Taxi in Hongkong oder der Seat Ibiza in Spanien. Oftmals ist die Wahl offensichtlich aber immer wieder gibt es auch Überraschungen wie einen Ford LTD Brougham in Berlin, eine Reihe an deutschen Klassikern in Slowenien oder einen älteren Chevrolet Camaro in Norwegen.
Eine komplette Übersicht aller Bleistiftzeichnungen liefert dann nochmals der passenden Index aller Zeichnungen und auch einen Gesamtüberblick über das bisherige Werk von Peter Eingartner zum hochinteressanten Thema Automobil in ihrer baulichen Umgebung. Die Vielfalt ist beeindruckend und wird hier nochmals verdeutlicht. Die Darstellung der Zeichnungen reduziert dazu den Eindruck auf das Wesentliche und bringt interessante Ansichten und Details zum Vorschein, welche sicher mit der normalen Fotografie – selbst wenn diese Schwarz-Weiß ist – nicht zu vergleichen ist.

Fazit: Ein kleines, aber feines Buch welches sich mit dem Zusammenspiel von Automobil-Design und Architektur widmet. Der Fokus liegt klar auf den 24 Zeichnungen in der sich unterschiedlichste Szenen aus der Welt mit den passenden Automobilen wiederfinden. Die Entwicklung beider Hauptbestandteil lässt dabei eine kaum zu erfassende Varianz zu, welche die Umgebungen so interessant machen. Das Zusammenspiel ist dabei ein ums andere Mal beeindruckend und so kann man sich in vielen Motiven im wahrsten Sinne des Wortes verlieren. Das Buch wirkt so wie eine Katalog zu einer Ausstellung in einer Galerie und bedient damit auch die künstlerische Szene.
Zu Preis von 34 Euro ist das Buch erhältlich und ist für Architekten, Automaniacs und auch Kunstliebhabern interessant. Auch dies zeugt von der hohen Vielfalt und dem Zusammensein der verschiedenen Vorlieben, welche sich im der täglichen Umgebung ergänzen.

Bibliografie:
Titel: Autobilder – Bleistiftzeichnungen von Automobilen im gebauten Kontext
Autor: Peter Eingartner
Umfang: 64 Seiten, 5 Fotografien, 24 Zeichnungen
Format: 230 x 230 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 09/2021
Preis: 34,–€
ISBN: 978-3-00-069761-6
Online Bestellbar bei: www.pro-qm.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Marco Rassfeld, Peter Eingartner