Kategorien
Buch

Buch – AVUS 100

Ein rasantes Jahrhundert – die legendäre Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße in Berlin prägte über viele Jahre die Hauptstadt und blickt in diesem Jahr auf 100 Jahre nach dem Start zum ersten Rennen zurück. Passend dazu veröffentlicht der Prestel Verlag ein Buch mit dem man auf eine vielschichtige Geschichte einer einmaligen Rennbahn zurückblicken kann. Logischerweise entstanden in 100 Jahre viele Stories, die nicht in Vergessenheit geraten sollten …

Zwei Silberpfeile auf dem Weg in die Kurve – eine packende Rennszene schmückt den Titel.

Das Buch ist Teil eines umfassenden Angebots rund um das 100. Jubiläum der AVUS, welche auch an Ort und Stelle mit einer Feier in der historischen Nordkurve gefeiert wurde. Auch eine Sonderausstellung im PS.Speicher in Einbeck zählt dazu, ebenso wie eine Sonderbriefmarke der Deutschen Post. Sogar ein Hörspiel aus der Reihe Leo und die Abenteuermaschine widmet sich dem Thema und eine Dokumentation von Arte TV bringt bewegte Bilder über die AVUS in Berlin. Somit wurde das Jubiläum akribisch geplant und auf vielen Kanäle gefeiert, es empfiehlt sich hierzu auch der Blick auf die passende Webseite unter www.avus100.de.
Widmet wir uns hier aber dem Buch, welche im Querformat ausgeführt wurde. Dieses schafft ausreichend Raum für die Geschichte der AVUS. Der Titel zeigt zwei Silberpfeile, welche sich auf dem Weg in eine in roten Streifen dargestellten Kurve bewegen. Kenner können die Rennwagen schnell als die Sperrspitze der deutsche Automobil-Industrie vor dem Beginn des zweiten Weltkrieges. Unter zu Hilfenahme der Mittel der nationalsozialistischen Regierung konnten Auto Union und Mercedes-Benz das internationale Renngeschehen beherrschen. Dafür entstanden bis heute sehr faszinierende Rennwagen, welche durch die silberne Farbgebung schnell einen Spitznamen erhielten. Die Geschichte hierzu findet sich auch im Buch wieder, denn erstmals wurde der Begriff Silberpfeil auf der AVUS genannt. Der Buchtitel zeigt neben dem Motiv noch den Buchtitel nebst Untertitel und selbstverständlich finden sich auch die Autoren und das Verlagslogo wieder. Dazu gibt ein Störer den Hinweis auf den Inhalt, der mit einhundert Geschichten zur legendären Rennstrecke beschrieben wird. Die Rückseite zeigt großformatig eine alte Aufnahme der Steilkurve und den passenden Klappentext.

Ungewöhnliche Automobile gibt es im Buch viele zu Entdecken.

Nachdem Aufschlagen zeigen sich zunächst nochmals der Buchtitel AVUS 100, der über viele Medien hinweg gekonnt als prägnante Bildmarke eingesetzt wird. Geschickt nehmen zwei Linien neben der 100 die Breite des Wortes AVUS auf und verleihen der Bildmarke somit den Eindruck zu Fliegen. Schon hier kann man feststellen, mit welcher Hingabe die Aktionen rund um das Jubiläum durchdacht wurden. Das Buch zeigt zum Start einige Aufnahmen der AVUS, welche von einen Eindruck auf die vielfältige Geschichte zulässt. So kann man hier heraushängende Beifahrer in frühen Automobil-Rennen erkennen, welche mit viel Körpereinsatz das Fahrverhalten verbessern wollten. Dazu sind auch Motorräder wiederzufinden, welche ebenfalls auf der AVUS am Start standen und auch einen ersten Blick auf die legendäre Steilkurve kann man schon zu Beginn entdecken. Die Auftritte der DTM aus der guten alten Zeit in den 1990er Jahren sind bis heute legendär, denn die Starterfelder mit BMW M3, Mercedes 190E 2.5-16 Evo II und Audi V8 sorgten für viel Action. Es folgt der Blick auf das umfassende Inhaltsverzeichnis, in dem sich die 100 Geschichten wiederfinden, welche sind rund um die AVUS drehen. Diese teilen sich in drei Bereiche auf und und fokussieren jeweils den Rennsport, die Persönlichkeiten und das Zeitgeschehen. Somit kann man sich auf eine umfangreiche Darstellung der AVUS freuen und viele Geschichten entdecken, welche die Strecke über die Jahre prägten. Auch finden sich auf dieser Seite noch kurze Erläuterung zu den ersten Bildseiten wieder, so dass man auch nachvollziehen kann, was sich auf den Aufnahmen befindet und aus welche Jahr diese stammen.

Mit dem Sponsoring wurden die Rennwagen immer bunte und entstanden unverwechselbare Designs.

Nach einem Grußwort von Hans-Joachim Stuck und dem Vorwort der Autoren bringt ein Prolog einen ersten Überblick über die AVUS und deren Geschichte. Hier finden sich auch schon weitere Bilder wieder, wie eine Karte mit dem verkürzten Streckenverlauf des Formel 1-Rennens im Jahr 1959. Die Königsklasse der Motorsport sollte nur einmal auf der AVUS gastieren und man wollte auf die bevorstehende Abgrenzung der DDR hinweisen und den Menschen nochmals die Möglichkeit geben eine hochklassige, internationale Rennveranstaltung zu besuchen. So konnten die Tickets auch für eine Ost-Mark erworben werden. Dass die Trennung zwischen dem eingemauerten West-Berlin und der umgebende DDR so extrem ausfallen würde, konnte zu dieser Zeit aber niemand wirklich vorhersehen.
Dann zeigt sich im Buch einen Doppelseite als Start zu den Geschichten rund um den Rennsport, der die AVUS natürlich nachhaltig prägen sollte und bis heute noch in der Erinnerung der Fans ist. Gerade die Anwohner, welche in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke zu Hause waren werden sich an die Geräuschkulisse erinnern können. Die Geschichten starten mit der Darstellung von den ersten erfolgreichen Rennwagen, welche auf der AVUS um die Siege mitfuhren. Dabei sind heute vergessene Marken wie NAG, Grade, NSU oder auch Bolle & Fiedler. In den Geschichten wird auch deutlich, dass sich die Herstellung von Automobilen in den Anfängen stand. Gerade die Szene in Berlin befand sich im Aufbruch und eine hohe Anzahl an Menschen versuchten sich an der Herstellung von Automobilen. So lassen sich auch noch weitere dieser kleinen Hersteller entdecken, welche auch die AVUS nutzen um ihr Können unter Beweis zu stellen. Mit Rumpler, AGA, Stock, Heim sind noch weitere, heute kaum bekannte Hersteller von Automobilen und Motorräder mit Ihren Geschichten wiederzufinden.

Auf viele Persönlichkeiten blickt das Buch auch zurück und zeigt auch den Unfall von Hans Herrmann.

Beeindruckend ist zum Beispiel der Leichtbau-Prototyp von Friedrich Eugen Maier. Der heute kaum bekannte Konstrukteur realisierte mit seinem Fahrzeug zum ersten Mal die Idee einer selbsttragenden Karosserie. Diese Idee meldete er schon 1931 zum Patent an, aber als die deutsche Führung nach einem Auto fürs Volks suchte, wurde Ferdinand Porsche für die Aufgabe ausgewählt und erschuf den legendären Käfer. Das Regime sorgte schließlich dafür, das Leichtbau Maier die notwendigen Patente aberkannt wurden oder diese nicht mehr aufzufinden waren. Der Prototyp wurde auf der AVUS von Maier getestet und bot weitere Innovationen wie den ersten verstellbaren Fahrersitz, mitlenkende Scheinwerfern und ein höhenverstellbares Fahrwerk. Ein eindrucksvoller Beweis der lebendigen Automobil-Szene zwischen den beiden Weltkriegen.
Die AVUS bot auch die Möglichkeit ungewöhnliche Ideen zu präsentieren, wie im Jahr 1928 als Fritz von Opel am Steuer des Opel RAK2 sitzt und dem geladenen Gäste die Möglichkeit präsentierte ein mit Raketen angetriebenes Automobil zu erleben. Die Erlebnisberichte blicken zurück auf ein einmaliges Erlebnis und das aerodynamisch optimierte Fahrzeug war sogar mit Tragfläche ausgestattet. Bis heute ist der RAK2 bekannt als Tell einer aufstrebenden Automobil-Gesellschaft, welche noch auf der Suche nach dem optimalen Antrieb war. Die nächste Story blickt dann auf den ersten Silberpfeil, beim AVUS Rennen im Jahr 1932. Hier trat Manfred von Brauchitsch mit einem Mercedes-Benz SSKL an, für den er bei der Karosseriefabrik Vetter aus Cannstatt eine neue aerodynamische Aluminium-Karosserie anfertigen ließ. Der eigenartige Aufbau brachte den Gefährt den Spitznamen „Gurke“ beim Publikum ein. Gegen die deutlich aktuelleren Rennwagen von Alfa Romeo oder Maserati war der Mercedes eigentlich chancenlos, aber von Brauchitsch war schon nach sechs Runden auf dem zweiten Platz. Dies animierte, ob der beachtlichen Leistung den Strecksprecher Peter Lavan zur Bezeichnung „Silberpfeil“. Eine weitere, beispielhafte Geschichte aus 100 Jahren AVUS.

Die generelle Entwicklung im Laufe der Jahre finden sich im Buch auch wieder – legendär war die Steilkurve.

Neben den sehr lesenswerten, textlichen Darstellung kann das Buch mit einer umfangreichen Bebilderung glänzen. Diese Aufnahmen sind zu großen Teilen zeitgenössische und machen es dem Leser leichter sich in die entsprechende Zeit zurück zu versetzen. Ein grandioses Beispiel für diese Zeit noch vor dem ersten Weltkrieg ist auch das Auto von Manfred Curry. Den Landskiff genannte Wagen war prinzipiell ein geschickt verkleidetes Fahrrad mit vier Räder, welches dem Fahrer auch einen guten Schutz von jedem Wetter bot. Heute sicher noch den wenigsten überhaupt bekannt und ein weiterer Schatz den man im Buch entdecken kann. Der Rennsport entwickelt sich noch vor dem Krieg zum Beweis deutscher Stärke durch das Engagement vom Mercedes-Benz und Auto Union, welche mit den heute noch bekannten Silberpfeilen an der Spitze des Motorsports standen. Mitte der 1930er Jahren wird dann auch der Bau von zwei Steilkurven im Norden und Süden beschlossen, fertiggestellt wird aber nur die Nordkurve. Diese prägt mit ihrem Aufbau aus Klinkern die Strecke für lange Zeit und sorgte für spektakuläre Bilder, von denen sich im Buch auch einige wiederfinden. Auch Motorräder sorgten hier für Aufsehen und leider fuhr aber auch immer die Gefahr mit aus der Kurve zu fliegen …
Neben dem Rennsport, der mit Auftritten der Formel 1, der Deutschen Rennsport-Meisterschaft über Gruppe C bis hin zur Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft zu Legende AVUS beitragen sollte, waren auch es auch die Persönlichkeiten. Diese bringen weitere tolle Geschichten zum Vorschein und auch das Zeitgeschehen wird noch ausreichend dargestellt und macht die Entwicklung der AVUS bis ins heute nachvollziehbar. So gibt es sogar einen Rundgang durch das Berlin von heute und die Stellen, an denen man die AVUS noch heute erleben kann.

Fazit: Das Buch zur AVUS bringt gleich 100 tolle Geschichte, welche unmittelbar mit der Rennstrecke in Berlin verbunden sind. Man erfährt hier kompetent zahlreiche Details rund um die AVUS und kann tief eintauchen in die motorsportlichen Highlights aus über 70 Jahren in denen hier Rennen ausgetragen wurden. Von den Anfängen der Motorsports bis zu den letzten Rennen nach der deutschen Wiedervereinigung. Eine weite Zeitspanne, in denen sich auch die Rennwagen beachtlich entwickelten und hiervon lassen sich eine Vielzahl auch im Buch wiederfinden. Ob nun heute unbekannte Marken, spezielle Modelle oder auch angesehenen Rennserien. Die Darstellung erfolgt sehr dynamisch und folgt keinem Stereotyp. Dazu blickt das Buch noch auf die Menschen und das Zeitgeschehen und bietet einen gelungene Reportage über die AVUS.
Zum Preis von knapp unter 50 Euro erhält man ein Buch, welches eine Legende gebührend wieder aufleben lässt. Für Motorsport-Freunde eine unverzichtbare Lektüre über ein Stück deutsche Rennsport-Geschichte.

Bibliografie:
Titel: AVUS 100 – Ein rasantes Jahrhundert
Autoren: Ulf Schulz , Sven Wedemeyer
Umfang: 288 Seiten, 400 farbige Abbildungen
Format: 300 x 240 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 08/2021
Preis: 48,00 €
ISBN-Nr.: 978-3-7913-8831-1
Bestellbar beim Verlag unter: www.penguinrandomhouse.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Opel, Prestel Verlag, Marco Rassfeld