Die Baureihe 124 1984-1994
War die Baureihe 124 nun der letzte „echte“ Mercedes-Benz? Diese Floskel hält sich schon lange und wird immer wieder für verschiedene Modelle der Stuttgarter genutzt. In einen neuen Buch nimmt sich der Motorbuch Verlag der wichtigen Modellreihe der oberen Mittelklasse an, welche Ende 1984 als Nachfolger der erfolgreichen Baureihe 123 vorgestellt wurde. Diese durfte später auch erstmals die Bezeichnung Mercedes-Benz E-Klasse tragen.
Der Autor Günter Engelen ist von diversen Bücher über verschiedenen Modellreihen von Mercedes-Benz bekannt. Vor allem zum SL finden sich viele Titel auch auf autobuch.guru in der Rezension wieder. Ob der erste 300 SL, der R 107 oder der R 129 – allesamt wurden auf gelungene Art und Weise vom Autor in Buchform vorgestellt. Der nun vorliegende Titel ist im klassischen Hochformat ausgeführt und kommt doch erstaunlich kompakt daher. Mit „nur“ 256 Seiten ist der Umfang des Buches auf den ersten Blick recht übersichtlich. Dies sorgt zum anderen natürlich für ein handliches Buch, welches sich leicht auch ohne Tisch erlesen lässt.
Der Titel selbst zeigt ein Bild aus dem reichen Archiv der Daimler AG, aus dem auch viele der Aufnahmen im Buch stammen. Dadurch sorgt man zum Einen für eine hohe Authentizität, zum Anderen aber werden viele Bilder den meisten Kenner zu großen Teilen bekannt sein. Wobei es im Buch auch einige Einblicke hinter die damaligen Kulissen gibt – diese sind dann sicher nur den wenigsten Lesern schon bekannt.
Auf dem Titel findet sich noch im zurückhaltendem Weiß der Buchtitel und Untertitel wieder, so wie der Hinweis auf Autor und Verlag. Beides so platziert, dass die Wirkung des Bilder nicht beeinträchtigt wird. Die Dynamik mit welcher das elegante Coupé über den Titel zu fahren scheint, hat fast schon Sportwagen-Charakter. Dabei dürfte bekannt sein, dass man dies von dem klassischen Mercedes-Benz sichern nicht erwarten sollte. Vielmehr ist die Baureihe 124 als Langstrecken-Fahrzeug bekannt. Hierbei steht auch die notwendige Power, je nach Motorisierung, zur Verfügung, so dass das Bild dennoch durchaus stimmig ist und vor allem dem Zeitgeist entspricht.
Auf der Rückseite zeigt sich dann die inoffizielle Krönung der Baureihe in Form des Mercedes-Benz 500 E. Die Limousine war ab 1990 die erste Möglichkeit einen Achtzylinder in der E-Klasse zu fahren und wurde aufgrund der Besonderheiten gemeinsam mit Porsche gebaut. Der darunter befindliche Klappentext klärt dann auch schnell darüber auf, dass die Bezeichnung E-Klasse erst seit Mitte 1993 genutzt wird um die obere Mittelklasse in der Modell-Palette einzuordnen. Gleichfalls wird die Langlebigkeit und auch die bis heute höchste Produktionszahl als Erfolg der Baureihe ausgewiesen.
Nach dem Aufschlagen des Buches landet man dann schnell beim Inhaltsverzeichnis, welches einen ersten Blick auf den Inhalt zu lässt. Ehe sich das Buch mit dem eigentlichen Automobil auseinandersetzt, folgt der Prolog mit der Überschrift Der Aufbruch zur neuen Mittelklassebaureihe 124. Hierbei werden zunächst die Menschen hinter der Baureihe 124 vorgestellt. Neben die allgegenwärtigen Namen wie Hans Scherenberg oder Werner Breitschwerdt finden sich noch weitere, den meisten Leser sicher weniger bekannte Namen wieder, welche die neue Mercedes-Benz E-Klasse maßgeblich mit zu verantworten hatten. Mit je einem Bild und dem passenden Text werden die Menschen kompakt aber sehr prägnant vorgestellt. Auch ihr Wirken vor oder nach der Baureihe 124 findet sich hierbei wieder.
Es folgt dann noch ein Blick auf die Bedeutung der Baureihe für den Stuttgarter Hersteller in der Vergangenheit und auch ein Blick auf die Vorgänger der E-Klasse. Hier findet sich auch ein Opel Kapitän aus dem Jahr 1947 wieder, welcher als Maßstab für den Nachfolger des Mercedes-Benz 170 V gelten sollte. Dass das Angebot von Opel in der frühen Nachkriegsphase als entscheidender Konkurrent von Mercedes-Benz angesehen wurde, ist heutzutage kaum vorstellbar.
Schließlich blickt Teil 1 intensiv auf die Baureihe 124 und startet passenderweise mit deren Entwicklung. Auch hier finden sich zu Beginn des Kapitels nochmals die Konkurrenten wieder, in diesem Fall mit dem aufstrebenden Audi 100 und der schon sehr ernsthaften BMW 5er-Reihe. Schon kurz nach der Vorstellung der Baureihe 123 folgte der Start zur Entwicklung des Nachfolgers. In einem Lastenheft wurde die Anforderungen an die Baureihe 124 schon früh festgelegt und zeugen schon hier von einem hohen Anspruch der Ingenieure von Mercedes-Benz. Diese Notizen, welche im Buch dargelegt werden, stammen im übrigen aus internen Unterlagen.
Dies sichert im gesamten Buch auch textlich eine hohe Authentizität und es ist durchaus interessant, welche Schwerpunkte schon früh gesetzt wurden. Neben einer deutlich verbesserten Aerodynamik sollte die neue Baureihe über eine hohe Crashsicherheit verfügen und auch im Gewicht deutlich optimiert werden. Betrachtet man heute die beiden Baureihen im Vergleich, so konnten diese Ziele fraglos erreicht werden. Natürlich gibt es noch viele weitere Punkte, welche im Buch genannt und intensiv dargestellt werden. So folgt aus technischer Sicht noch ein Blick auf die Motoren, das Fahrwerk und auch dem generellen Aufbau.
Hierbei erhält man in Buch einen tiefen Blick hinter die Kulissen. Dies zu einem durch die prägnanten Text, welche viele Entwicklungen erläutert. Bei der Lesbarkeit hilft der Aufbau des Layouts in zwei Spalten, so dass die einzelnen Zeilen eine angenehme Länge haben. Unterstützt wird der Text durch eine durchaus hohe Anzahl an Bilder, welche viele Details wiedergeben. Sei es technische Darstellungen von Motoren oder dem Fahrwerk, oder auch viele Zeichnungen aus der Entwicklung des Designs. Hier gab es zu Beginn der Entwicklung auch viele Entwürfe mit Fließheck, welche aber einen klassischen Stufenheck weichen musste. Diese hatte aber zur Optimierung der Aerodynamik einen betont hohen Kofferraum-Deckel, welches durchaus als auffälliges Merkmal gelten kann.
Einen besonderen Blick gewährt das Buch dem Leser noch auf die Modelle mit V8-Motoren, welche die Spitzenmodelle darstellen sollten. Neben der Ikone 500 E taucht hier auch der E 60 AMG auf, der die Leistungsfähigkeit nochmals anhob. Selbst der extreme Brabus V12 vom externer Veredler wird anerkennend erwähnt und auch die Modelle 400 E bzw. E 420 fehlen nicht.
Teil 2 des Buches widmet sich dann erneut intensiv der Modellhistorie von 1984 bis 1997. Hier werden die Limousine, die T-Modelle, die Coupés und die Cabriolets in einzelnen Abschnitt vorgestellt. Dabei erfährt man weitere, spezielle Details zu den Modellen, sowie deren Besonderheiten und auch deren Entwicklung. Es folgt schließlich noch ein Blick auf die Sondermodelle und die Forschung und Entwicklung. Als krönenden Abschluss findet man einen umfangreichen Anhang, in dem sich Sonderausstattungen, Lackfarben, Innenausstattung. Produktionszahlen und technische Daten entdecken lassen.
Fazit: Die erste Mercedes-Benz E-Klasse ist trotz seines Alters auch heute noch des Öfteren im Straßenverkehr anzutreffen. Alleine dies ist ein Spiegel seiner Popularität und Langlebigkeit. Somit verdient (auch) dieser Mercedes-Benz das Prädikat „Der letzte echte Mercedes-Benz“. Das Buch hierzu liefert einen gelungenen Blick auf diese Modellreihe, welche auch durch seine vier Karosserie-Bauformen besonders war. Die Informationen stammen nachweislich aus ersten Hand und machen das Buch in Zusammenhang mit den vielen Bildern aus dem Werks-Archiv zur tollen Monografie.
Der Preis von knapp unter 35 Euro geht somit auch vollkommen in Ordnung. Betrachtet man alleine den Anhang mit seinen vielen Daten rund um die Baureihe, so sind diese schon den Preis wert. Für Fans der Baureihe in jedem Fall ein weiteres Buch, was in das Regal gehört.
Bibliografie:
Titel: Mercedes-Benz E-Klasse – Die Baureihe 124 1984-1994
Autor: Günter Engelen
Umfang: 256 Seiten, 250 Bilder
Format: 230 x 265 mm
Bindung: gebunden
Auflage: 11/2021
Preis: 34,90 €
ISBN: 978-3-613-03867-7
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Motorbuch Verlag, Marco Rassfeld