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Buch – Vergessene Autos

Erloschene deutsche Marken – so der Untertitel zu einem Werk über die vielen Marken, welche in der Vergangenheit in Deutschland Fahrzeuge hergestellt haben. Niemand geringeres als die Motorsport-Journalisten-Legende Halwart Schrader ist für das Werk aus dem Motorbuch Verlag verantwortlich und blickt hierin zurück auf die große Markenvielfalt der deutsche Automobil-Industrie.

Ein Maybach Zeppelin steht stellvertretend für die hohe Kunst des Automobil-Baus.

Das Buch ist im klassischen Hochformat ausgeführt und kann beim ersten Eindruck vor allem durch seine Masse beeindrucken. Das Gewicht ist durchaus beachtlich. Der Titel wird von einem klassischen Maybach in einer gekonnten Aufnahme mit einigen Lichteffekten geschmückt. Auf der Rückseite findet sich neben den Klappentext dann noch ein Wanderer wieder, ebenfalls eine sehr bekannte, verschwundene Marke aus Deutschland. Beim ersten Blick in das Buch landet man zunächst beim Inhaltsverzeichnis, welches schon einen Überblick über die im Buch wiederzufindenen Marken bietet. Neben den 137 Marken werden auch ausgewählte Karosseriehersteller vorgestellt, die inzwischen auch nicht mehr in dieser Form existieren. Hier kommen so 24 weiterer Marken hinzu, so dass sich im Buch über 160 Hersteller wiederfinden. Das dies nicht die komplette Historie der deutschen Automobil-Industrie widerspiegelt erläutert der Autor dann in der Einleitung zum Buch und listet gleich noch zahlreiche, weitere im Buch nicht vertretende Marken auf. Wären diese alle ausnahmslos berücksichtigt worden, dann wäre das Buch vermutlich über 600 Seiten stark.

Viele Vorkriegsmarken sind heute längst vergessen.

Dann folgt die Vorstellung der einzelnen Marken in alphabetischer Reihenfolge und startet mit Adler, einer durchaus langlebigen Marke die durch die Modelle Trumpf, Junior und Standard auch heute noch sicher einigen Lesern bekannt sein dürfte. Die Marke agierte von 1900 bis 1945 und die Produktion konnte nach der Zerstörung der Werke im zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgenommen werden. Lediglich Motorräder wurde ab 1946 von Adler angeboten, der vorgestellte Prototyp eines Kleinwagens schaffte es hingegen nicht in der Produktion. Bei der Präsentation der Marken findet man eben solche Details wieder und erfährt alles Wissenswerte von den Anfängen bis zum Niedergang der Marke. Neben den Texten finden sich auch immer Bilder dazu wieder, welche je nach Marke aber nicht alle Modelle abbilden können. Für einen Überblick reicht dies aber allemal aus und gewährleistet die Darstellung der Entwicklung einer Marke.
Mit AFM folgt dann eine Marke, die sicher heute einen deutlich geringeren Bekanntheitsgrad hat als Adler. Der Name Alexander Heinrich Ludwig Reinhard Freiherr von Falkenhausen wird hingegen bei vielen Motorsport-Fans für Aufmerksamkeit sorgen. Der ehemalige Rennfahrer gründete seine einige Marke und bot von 1947 bis 1951 unter den Namen AFM einige Fahrzeuge an. Im Angebot waren dabei vor allem Rennwagen, zur einer vorgesehenen Produktion von Straßenfahrzeuge kam es nicht mehr.

Dixi war als Vorläufer von BMW vor allem durch den Lizenzbau des Austin Seven bekannt.

Mit AGA, Apollo und Argus sind drei weitere Marke vertreten, die nach dem zweiten Weltkrieg nicht mehr existierten. Dazu kommen beim ersten Buchstaben des Alphabets der umgewöhnliche Schwimmwagen Amphicar, der Ursprung von Audi mit den Modellen der Auto Union und dem kühnen Projekt eines kleinen Stadtwagens namens Chopper von AWS. Benz war dann auch eine Marke, die zwar heute nicht mehr angeboten wird, aber als Mercedes-Benz immer noch bekannt sein dürfte. Dem Ingenieur Carl Benz gelang es im Jahr 1885 mit seinem Motor-Veloziped einige hundert Meter zurückzulegen. Dies gilt als eine der Geburtsstunden des modernen Automobils, vor allem deshalb, weil es sich bei Dreirad nicht um eine Kutsche mit Motor handelte. Vielmehr verfolgt Benz den Ansatz die Antriebeinheit und das Fahrzeug als Einheit zu gestalten. Diese Idee ließ er sich im Januar 1886 auch durch ein Patent schützen. Im Jahr 1926 fusionierte man dann aus wirtschaftlichen Gründen mit der Rheinischen Motor- und Automobilfabrik und der Daimler-Motoren-Gesellschaft unter den heute noch international bekannten Markennamen Mercedes-Benz. Weitere Highlights lassen sich dann für jeden Leser entdecken, sei es noch klassische Oldtimer wie die Modelle von Bergmann-Metallurgique, Brennabor oder modernere Fahrzeuge wie Borgward oder Bitter.

Veritas schuf nach dem Krieg interessante Renn- und Sportwagen, zumeist auf BMW-Basis.

Sehr putzig waren auch die zahlreichen Kleinstwagen, welche zur Motorisierung der deutschen Bevölkerung nach dem zweiten Wetlkrieg beitrugen. Der Umstieg von den Motorräder zu den Automobilen vollzog sich zunächst oftmals in kleinen Schritten, weshalb es zu heute oft belächelten Konstruktionen kam. So schuf auch Egon Brütsch mit seinen Modellen interessante Alternativen zum Motorrad, die allerdings kein wirtschaftlicher Erfolg wurden. Das auch einige Nutzfahrzeuge vertreten sind, erwähnt der Autor auch schon in der Einleitung. Ein solches Beispiel findet sich unter anderem mit dem Fahrzeugen von Büssing bzw. Büssing-NAG im Buch wieder. So kann man hier auch die Entwicklung einiger Nutzfahrzeuge über Bussen bis zu schweren Lastkraftwagen nachvollziehen. Nach und nach lassen sich im Buch viele Unternehmen entdecken, die sich mit dem Bau von Fahrzeugen in der Branche etablierten wollten. Dieses gelang aber im Buch keinem Hersteller. Auch einige Vorgängerfirmen von heute etablierten Herstellern finden sich darunter, so auch Dixi, die mit dem Lizenzbau eines Austin Seven echte Erfolge einführen. Und auch DKW hatte ein gutes Ansehen bei seinen damaligen Kunden und war auch nach dem Weltkrieg noch aktiv, ging aber später mit dem letzten Modell in Audi auf.

Auch die wichtigsten Karroseriehersteller finden sich im Buch wieder.

Zwischendurch zeigen sich dann auch immer wieder einige Fotos sogar als großformatige, doppelseitige Abbildungen und liefern eine tollen Eindruck von ausgewählten Modellen. Die Anzahl der Hersteller ist sehr groß und sicher wird fast jeder Leser noch eine Marke entdecken, die vorher noch vollkommen unbekannt war. Hierzu zählen sicherlich vielmals die Hersteller welche vor den Kriegen aktiv waren und sich nach 1945 nicht mehr behaupten konnte oder die Produktion schon vorher eingestellt haben. Die Anzahl dieser Hersteller ist dabei auch besonders groß und ein ums andere Mal kann man auch Lesen, dads die heutige Anzahl der noch bekannten, existierenden Fahrzeuge sehr gering ist. Hexe, Koco oder M.A.F sind da nur einige Beispiele.
Unter den Karosseriehersteller finden sich dann viele bekannte Namen, die heute nicht mehr am Markt sind. Durch die selbsttragende Karosserie wurde der Einsatz einer eigens gefertigten Spezialkarosse nach und nach obsolet. Namen wie Baur, Erdmann & Rossi, Hebmüller oder Karmann haben heute noch einen gute Klang und viele der dort gebauten Fahrzeuge sind echte Klassiker.

Fazit: Der Streifzug durch die verschollenen Marken der deutschen Automobil-Geschichte bringt viele längst vergessen Marken wieder zum Vorschein. Oftmals sind diese heute vollends vergessen und selbst Spezialisten können in diesem Buch noch die wichtigsten Informationen zu den Herstellern finden. Die Präsentation erfolgt mit guten Texten und immer auch unter der Zuhilfenahme einiger Bilder. Diese zeigen zumeist in zeitgenössischen Aufnahmen einige der gebauten Modelle zeigen. Eine besonders umfangreiche Darstellung ist aufgrund des Platzes natürlich nicht möglich, aber auch nicht Ziel des Buches.
Zum Preis von knapp 70 Euro erhält man ein kaum verzichtbares Buch für die gut sortierte Automobil-Bibliothek.

Bibliografie:
Titel: Vergessene Autos – Erloschene deutsche Marken
Autor: Halwart Schrader
Umfang: 352 Seiten
Format: 230 x 305 mm, 456 s/w Bilder & 221 Farbbilder
Bindung: gebunden
Auflage: 08/2017
Preis: 69,00 €
ISBN: 978-3-613-03996-4
Bestellbar beim Verlag unter: www.motorbuch.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Tim Scott ©2018 Courtesy of RM Sotheby’s, Marco Rassfeld