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Buch – Walter Röhrl Aufschrieb Evo 2

Weltmeister-Edition 1980 – im vergangenen Jahr jährte sich der erste Weltmeister-Titel von Ausnahme-Rallye-Fahrer Walter Röhrl schon zum vierzigsten mal, dies nutze McKlein Publishing für die Überarbeitung von seinem persönlichen Aufschrieb. Die eigenen Erinnerungen von Walter Röhrl sind damit schon in der vierten erweiterten und überarbeiteten Auflage erhältlich und bieten einen noch umfangreicheren Blick auf die Karriere und das Leben eines Ausnahme-Fahrers …

Nächtlicher Drift im Schnee bei der Rallye Monte Carlo – was für ein Titelbild!

Die Größe des Buches im Hochformat ist recht stattlich und auch die Anzahl der Seiten sorgt für einen sehr beachtliche Dicke. Das Titelbild der Autobiografie von Walter Röhrl ändert sich nun schon zum dritten Mal und zeigt diesmal passender weise zur Edition den Fiat 131 Abarth Rally mit dem Walter Röhrl sich gemeinsam mit dem genialen Beifahrer Christian Geistdörfer im Jahr 1980 zum Weltmeister krönen konnte. Das Bild zeigt das Team im nächtlichen Einsatz bei der legendären Rallye Monte Carlo, dessen Gewinn immer eines der Ziele von Walter Röhrl war. Der Buchtitel bildet sich aus der gedruckten Unterschrift Röhrls, welche im passenden Weiß und Blau zur Lackierung des Fiat gehalten wurde. Dazu finden sich noch die Autoren Reinhard Klein und Wilfried Müller in kleiner Schrift wieder und auch der Untertitel, die Edition und das Verlagslogo wurden hier platziert. Die Rückseite zeigt dann zwei weitere Bilder von Röhrl in jungen Opel-Jahren und bei seinem Einsatz für Audi am legendären Pikes Peak in den USA. Der Klappentext gibt einen Hinweis auf die Ergänzungen für die Weltmeister-Edition und natürlich auf die interessanten, generellen Inhalten dieser Autobiografie. Das Buch erschein im übrigen erstmals im Jahr 2002 und wurde 2012 schon einmal grundlegend überarbeitet. In der aktuellen Edition kann man sich auf mehr als 50 neue Bilder und 32 Seiten mehr freuen. So sollen natürlich alle Leser auf die Besonderheiten des Buches hingewiesen werden und die Röhrl-Fans freuen sich auf die neuen Stories und auch die Berücksichtigung von weiteren acht Jahre Un-Ruhestand.

Zu Beginn seiner Karriere startete Walter Röhrl im Jahr 1971 sehr erfolgreich auf einen Ford Capri.

Unmittelbar nach dem ersten Aufschlagen des Buches zeigt sich ein großes Bild aus der Saison 1980 und es wird deutlich, dass sich, auch begründet im großen Rallye-Archiv von McKlein, sicher viele erstklassige Bilder im Buch wiederfinden werden. Das diese das große Format ausnutzen scheint hier schon obligatorisch, denn nur so können die Aufnahmen für wahre Begeisterung sorgen. Bis zum Inhaltsverzeichnis finden sich auch gleich noch weitere Bilder, die in diesem Fall den Fokus mehr auf den Menschen Walter Röhrl legen, als auch die Fahrzeuge. Die chronologische Aufarbeitung des Lebens wird durch einige Gastbeiträge von Wegbegleitern unterstützt, welche sich an passenden Stellen in die Story einbinden. Diese kann man schon anhand des Inhaltsverzeichnisses feststellen.
Im Vorwort von Walter Röhrl erfährt man dann, dass dieser schon seit 2017 die Entwicklungsfahrten auf der Nordschleife des Nürburgrings nicht mehr fährt. Denn „ … nach 45 Jahren im Motorsport bin ich immer noch an einem Stück. Es wird wohl Zeit, alles etwas ruhiger anzugehen.“ Aber komplett lösen konnte er sich in den vergangenen Jahren dann doch nicht vom Fahren, auch wenn dies inzwischen eher auf historischen Rallye-Veranstaltungen stattfindet.
Das Buch startet dann mit „Typisch Röhrl …“ einer Reihe von Bildern, welch auf die Karriere zurückblicken. So kann man hier Röhrl bei Feiern mit Sprite zu seinem ersten Rallye-Sieg für Fiat in der WM erkennen oder aber im Ziel mit dem Audi 200 Quattro, bei der bei ihm persönlich verhassten Safari Rallye in Afrika. Ehrlich zeigt Röhrl seine Abneigung gegen die Rallye und blickt genervt statt sich über den zweiten Platz zu freuen.

Nachdem es bei Opel zu Spannungen kam, setzte sich Röhrl auch in einen Porsche oder einen BMW.

1947 – 1970 schildert dann alle Ereignisse aus den Anfangsjahren, in denen sich schon schnell das Gespür für Geschwindigkeit und auch die saubere Fahrweise herauskristallisieren sollte. Das Skifahren sollte für Röhrl eine der Lehren sein, immer die perfekte Linie zu finden und sauber durch die Kurven zu fahren. Schon mit acht Jahren konnte Röhrl seine ersten Erfahrungen hinter dem Lenkrad des väterlichen Fiat 1400 sammeln, als er um die nahegelegene Tanksteller „zirkelte“. Neben dem Skifahren begann Röhrl auch mit dem Rudern und lernte dort schon in jungen Jahre seine Frau Monika kennen, die ihn bis heute durch das Leben begleitet. Nach der Schule begann er eine Ausbildung zum Sekretär bei bischöflichen Ordinariat. Mit der Erlangung der Fahrerlaubnis wurde er dann zum Fahrer und machte viele Kilometer auf den damaligen Landstraßen, die längst nicht so befahren waren wie heutzutage. So kam es wohl auch des Öfteren vor, dass die Geschwindigkeit hier 150 km/h betrug. Dabei war Röhrl aber immer darauf bedacht die Fahrzeuge ruhig zu halten. Aber auch das Verhindern des Rauchen von seinem Fahrgast spornte Röhrl zu diesen Geschwindigkeiten an. So musste sich Dr. Zenglein aufgrund der Geschwindigkeit festhalten und hatte folglich keine Hand mehr zum Rauchen frei. Auch hier kann man nur feststellen: Typisch Röhrl …
Als erstes eigenes Auto sparte er sich Geld an um einen Porsche zu erwerben, denn „… nur ein Porsche ist ein richtiges Auto.“ lehrte ihn sein Bruder. Den 356 kaufte er durch die Verbindung zu Herbert Marecek, den er von Skiclub kannte und schätzte. Marecek war es auch, der Röhrl zum Rallye-Sport brachte. Den ersten Einsatz hatten die beiden gemeinsam bei der Rallye Bavaria im Jahr 1968 auf einen Fiat 850 Coupé. Der zarte Beginn einer beeindruckenden Karriere.

Eines der Lieblingsfahrzeuge von Walter Röhrl ist der Lancia Rally 037,
mit der er im Jahr 1983 Vize-Weltmeister wurde.

Die Geschichten, die sich in umfangreichen Text, der in zwei Spalten umgesetzt wurde, sind sehr vielfältig und interessant. Selbst aus den Anfangsjahren lassen sich einige Bilder entdecken, wobei die Bebilderung mit der Erhöhung der Bekanntheit und das Erreichen der größeren Bühnen stetig steigt. Das es sich hierbei durch die besondere Karriere von Röhrl auch eine Vielzahl an unterschiedlichen Automobilen zu entdecken gibt, freut sicher alle Leser.
1971 konnte Röhrl sich bei Kleint Racing Hamburg ein Fahrzeug sichern und damit in der deutschen Rallye-Meisterschaft an. Kleint Racing war die Sperrspitze von Ford im Rallyesport und mit Jochen Kleint war der Junior des Hauses ein großes Talent und trat neben Röhrl ebenfalls im Capri an. Nachdem man zu Beginn noch im „kleinen“ Gruppe 1-Capri antreten musste, konnte Röhrl sich schnell die folgenden Einsätze im stärkeren Gruppe 2-Capri verdienen. Im Verlauf der Saison gelang dem Duo Röhrl/Marecek zwei Siege und drei weitere Podiumsplatzierungen und war damit am Ende der Saison dritter der Meisterschaftswertung. Eine Fortsetzung dieser Erfolgsserie wurde aber durch die familiären Verhältnisse verhindert und so löste Röhrl seinen Vertrag auf.
Wieder war es aber Herbert Maracek der die Sehnsucht nach dem Rallyefahren durch eine Nachricht der ONS wiedererweckte, aber Röhrl vermisste auch zugleich die Zeit hinter dem Lenkrad. Wieder auf einen Ford Capri bekam er diesmal den international erfahrenen Beifahrer Jochen Berger zugeteilt, von dieser Kombination versprach sich Kleint augenscheinlich mehr, Bei der Olympia-Rallye bekam Röhrl dann zwar einen anderen Beifahrer zugewiesen, bewies aber abermals sein Ausnahmetalent, in dem er in der Weltspitze mit vielen Bestzeiten zum Schwitzen bringen sollte. Leider endete die Rallye aber vorzeitig durch einen technischen Defekt.

Für Audi führ Röhrl auch auf amerikanischen und deutschen Rundstrecken erfolgreich.

1973 folgte dann das erste Jahr mit Opel und Röhrl trat mit seinem Beifahrer Jochen Berger in vielen Rallyes an, die zur WM, EM und DM gehörten. Seine Stelle beim Bischof gab Röhrl nun endgültig auf und war somit Vollprofi. Mit dem großen Commodore GS/E und später dem kompakteren Ascona 1.9 SR gelang dem neuen Duo der Sieg bei sechs Veranstaltungen. Eine durchaus beeindruckende Quote, denn besonders weit vorne waren die Opel zur damaligen Zeit noch nicht. Man sicherte sich aber den Vize-Europameistertitel, dem schon im Folgejahr die entsprechende Meisterschaft folgt. 1974 gelang dann der erste Sieg bei einem Weltmeisterschaftslauf und die Entwicklung zeigte immer weiter nach oben. 1976 kam der Kadett GT/E und hatte noch viele anfällig Stellen, so dass dieses Jahr ebenso wie 1977 enttäuscht verlief. Aber in diesem Jahr sollte sich für Röhrl einiges ändern. So trat er auf der Rundstrecke für BMW an und fuhr Rallyes im privaten Porsche 911. Im September schließlich konnte er erstmals mit seinem künftigen Beifahrer Christian Geistdörfer im Fiat 131 Abarth an zwei Rallys teilnehmen und somit die Italiener von ihrem Können überzeugen. Zum ersten Mal folgt nun im Buch eine Art Spin-Off mit den Erinnerungen von Christian Geistdörfer an seine Zeit mit Walter Röhrl. Auch dieser umfangreiche Text bringt tolle Erinnerungen zum Vorschein und wird von einer Vielzahl von Bilder passend unterstützt. Solche Seitenblicke folgen im Verlauf des Buches noch von Helmut Deimel, Karl-Heinz Goldstein und Dieter Basche und zeigen so auch andere Sichtweisen auf. Von 1978 an konnte sich das Duo Röhrl/Geistdörfer fast ausnahmslos als fester Bestandteil der Rallye-Weltmeisterschaft nennen. Mit Fiat, Opel, Lancia und Audi fuhren die beiden immer potentere Rallyewagen bis zu Gruppe B. Doch auch die letzten Einsätze auf einem 200 Quattro in der Rallye-WM oder einige weitere Rennen wie das Bergrennen in Pikes Peak 1987 oder den Giro d’Italia mit dem Lancia Beta Montecarlo Turbo im Jahr 1979 finden sich in der Autobiografie wieder. Diese endet dann auch erst im Jetzt, denn seit 1993 ist Walter Röhrl mit Porsche verbandelt und erledigt hier unterschiedlichsten Aufgaben.
Einen Statistik-Teil mit allen Einsätzen im modernen Motorsport beendet das Buch dann schließlich endgültig.

Fazit: Der Aufschrieb Evo 2 – Die Weltmeister-Edition ist das vermutlich umfangreichste Buch über das Leben und Wirken von Walter Röhrl. Durch die tollen Texte fühlt man sich oft so, als wäre man im unmittelbaren Gespräch mit Röhrl und kann seinen Ausführungen mit offenem Mund folgen. Man bekommt auch immer seine ehrliche Meinung mitgeteilt, so dass man hier keinerlei Zensur oder Schön-Schreibung erkennen kann – Röhrl ungeschminkt sozusagen. Dies macht auch einen großen Teil seinen hohen Authentizität aus und verleiht dem Buch einen unverwechselbaren Charme, Dazu ist die Bebilderung erstklassig und liefert viele tolle Aufnahmen, die oft auch im großen Format umgesetzt wurden. Hier finden sich die wichtigsten Wegbegleiter Röhrls ebenso wieder wie seinen Fahrzeuge, die er im Motorsport bewegen konnte. Das er dabei sehr oft sehr erfolgreich war, erläutert die bis heute sehr hohe Anerkennung aller Motorsport-Fans.
Für knapp 60 Euro ist das Buch für jeden Fan ein Muss und für alle Motorsport-Begeisterten einen zwingende Empfehlung. Solche Geschichten lassen sich heute sicher nicht mehr erleben und der Blick zurück sorgt ein besonders unterhaltsames Lese-Vergnügen.

Bibliografie:
Titel: Walter Röhrl – Aufschrieb Evo2 – Weltmeister-Edition 1980
Autoren: Reinhard Klein, Wilfried Müller, Walter Röhrl
Umfang: 304 Seiten, 282 Farb- und 109 Schwarz-Weiß-Fotos
Format: 240 x 300 mm
Bindung: Hardcover
Auflage: 12/2020
Preis: 59,90 €
ISBN-Nr.: 978-3-947-15631-3
Bestellbar beim Verlag unter: www.rallyandracing.com

Text: Marco Rassfeld
Fotos: McKlein Publishing, Marco Rassfeld