Meilenstein und Kultobjekt – das ist der Audi A2 ohne Frage, auch wenn man seinen Wert heute scheinbar besser zu schätzen weiß als zu der Zeit, in welcher der Kleinwagen in den offiziellen Audi-Preislisten stand. Mit seiner Aluminium-Karosserie und dem Audi Space-Frame-Konzept war der A2 extrem leicht und modern ausgelegt und seiner Zeit wahrlich voraus. Delius Klasing hat hierzu ein Buch im Angebot, welches auch Bestandteil der offiziellen Edition Audi Tradition ist und somit vom Hersteller unterstützt wurde.
Das Buch zeigt sich auf dem ersten Blick im großen Format, welches fast quadratisch ist. Auf einem, für Audi passenden, silbernen Hintergrund ist ein Bild eines A2 in seiner Seitenaufnahme platziert. Dabei zeigt sich der Kleinwagen recht zurückhaltend auf einer Aufnahme neben einem großen Baum, der keine Blätter trägt. Das Bild zieht sich über den kompletten Schutzumschlag und umfasst die gesamte Breite. Lediglich auf der Vorderseite findet sich aber das genannte Motiv, die restliche Fläche zeigen Himmel und Boden. Das Bild ist mit einem Hochglanz-Lack versehen, welches dafür sorgt, dass ein fast plastischer Eindruck entsteht. In großen, roten und weißen Buchstaben, und ebenfalls im Hochglanzlack, findet sich dann der Buchtitel „Audi A2“ wieder. Während der Untertitel in der passenden Breite kleiner daruntergesetzt wurde. Neben dem Hinweis auf den Autor finden sich noch die Logos vom Verlag und auch Audi wieder und eben der Hinweis auf die Edition. Auf der Rückseite des Buch findet sich dann noch ein recht umfangreicher Klappentext, in dem sich schon einige, interessante Angaben zum Kleinwagen von Audi wiederfinden. So plante man mit einer Jahres-Produktion von etwa 60.000 A2, stellte aber bis zum Produktionsende nach gut fünf Jahren etwas weniger als 180.000 A2 her. Bedingt war dies fraglos von dem extrem modernen Konzept, welches heute tatsächlich besser verstanden wird als zu den Zeiten, in denen der Audi A2 verkauft wurde. Auf dem Gebrauchtwagen-Markt erzielen gute A2 auch heute noch erstaunliche Summen, welches auch der sehr guten Qualität zu verdanken ist. Auch unter dem Schutzumschlag ist das Buch besonders, denn die Ausführung in silbernen Feinleinen und einer Prägung des Buchtitels ist sehr gelungen.
„Unsere Autos müssen sich verändern.
Prof. Helmuth Bott (*1925, †1994)
Sie müssen zielorienterter sein,
sparsamer im Verbrauch natürlicher Ressourcen,
unweltfreundlicher, sicherer …
Das bedeutet auch: Künftige Autos müssen
für einen längeren Gebrauch taugen … “
Mit diesem Zitat, welches aus einem Interview mit dem US-Magazin „Road & Track“ aus dem Jahre 1976 (!!!) stammt, startet das Buch. Fraglos ist dieser Blick in die Zukunft immer noch aktuell und sollte auch bei der Entwicklung des Audi A2 eine Rolle spielen. In unmittelbarer Nachbarschaft hierzu findet sich auch das Inhaltsverzeichnis wieder, welches eine Aufteilung in mehr als 20 Kapitel zeigt und somit eine umfangreiche Dokumentation des Audi A2 erwarten lässt.
Liebe auf den zweiten Blick ist dann die Überschrift zum Prolog, in dem der Autor seine persönliche Erfahrungen mit dem Audi A2 teilt. Schon drei A2 waren zum Zeitpunkt des Erscheinen des Buches im Besitz des Autors, der auch anfangs skeptisch gegenüber dem ungewöhnlichen Kleinwagen war. Dies sollte sich aber schnell legen und so setzte sich der kleine Ingolstädter als gern genommener Reisebegleiter nachhaltig durch. Somit kann der Leser sich sicher sein, dass der Autor viele Details aus erster Hand zu berichten weiß und auch an der akribischen Aufarbeitung der Geschichte des A2 interessiert war.
Der zündende Funke zur Entwicklung des Audi A2 ist der Leser dann im Buch auf der Spur. Beim Motoren-Symposium in Wien im Jahr 1990 sollte Dr. Ferdinand Piëch, Audi-Vorstandsvorsitzender mit mehreren Ankündigungen für Aufmerksamkeit sorgen. Hierbei ging es um den Einsatz von Direkteinspritzung, den Geräusch-Eigenschaften der Diesel-Motoren, der Partikel-Emission von Diesel- und Benzin-Motoren sowie um die Realisierung eines 3-Liter-Autos. Im Folgejahr sollte Dr. Helmut Demel, Chef der Audi-Motorenentwicklung dazu passend noch die ständig steigenden Gewichte der Automobile beklagen, welche das Erreichen der Zielen, vor allem im Bezug auf Verbrauch natürlich entgegen stehen. Das Buch vergleicht dann die Konzepte der Vergangenheit und der damaligen Gegenwart und auch die möglichen Entwicklungen um die gesteckten Ziele durch mögliche Maßnahme doch noch zu erreichen.
Der Aufbau des Layout nutzt durch einen flexiblen Einsatz von bis zu drei Spalten die Breite des Buches gut aus. So werden auf unterschiedlichste Art und Weise auch einen Vielzahl an Bildern platziert, welche sich immer im unmittelbaren Kontext zum Text befinden. So findet man im ersten Teil auch viele Köpfe, die hinter den Aussagen und Entwicklungen stecken, aber auch die passenden alten und damals aktuellen Fahrzeuge zum Vergleich. Zu den beteiligten Personen gibt es an jedem Kapitel-Ende eine kurze Vita, in der der Werdegang erläutert wird. Auch Fachbegriffe und Abkürzungen werden hierdurch getrennt vom Text erläutert und ermöglichen dadurch einen guten Lesefluss im Text. Jeder Kapiteleinstieg nimmt die Seitenaufteilung vom Titel wieder auf und zeigen den Text dort, wo auf dem Titel noch das Bild vom Audi A2 stand. Der silberne Hintergrund wird im Inhalt über einen grauen Fond simuliert, welcher durch technisch Darstellungen aufgelockert wird.
Unter dem Kürzel W10 starteten die Ingenieure bei Audi die Entwicklung eines 3-Liter-Automobils. Neben einer effektiven Motoren-Technologie war auch von Anfang an die Reduktion des Gewichtes eine der wichtigsten, notwendigen Maßnahmen um das Ziel zu erreichen. Schon 1994 wandte Audi hierzu beim neuen A8 die Audi Space-Frame-Technologie an, mit dem man eine Gewichts-Optimierung von 15,4 Prozent erreichen konnte. Audi hatte hier also schon einige Erfahrungen gesammelt, die sicher auch bei der Entwicklung des 3-Liter-Autos hilfreich sein sollten.
Eine Vision nimmt Gestalt an mit dem ersten Prototypen des 3-Liter-Autos, dem CC1. Dieser wirkt auch optisch schon wie ein früher Vorläufer des späteren A2, wie man vor allem an der Grundform mit einer kurzen, abfallenden Front und hohen Heck nachvollziehen kann. In Serie kam dann aber plötzlich der Lupo 3L TDI von Volkswagen als erstes 3-Liter-Auto, welches durch eine verbesserte Aerodynamik und Gewichtsoptimierungen gelang und natürlich durch den Einsatz eines passenden Diesel-Motors. Dieser war ab 1999 verfügbar und sorgte zwar für viel Aufsehen, aber die Verkaufszahlen entwickelten sich nicht so wie geplant. Dies stoppte den unbedingten Plan bei Audi ein solches Auto konsequent zu Ende zu entwicklen. Das Kapitel geht dann noch auf die Leichtbau-Historie bei Audi ein und zeigt dabei unter anderen auch die beeindruckenden Studie des Avus quattro und quattro Spyder aus dem Jahr 1991.
Dennoch verfolgte Audi die Idee eines hochtechnologischen Kleinwagens weiter, denn man strebt an das Modellangebot nach untern zu erweitern. Dabei wollte man nicht auf den Premium-Anspruch der Marke Audi verzichten und probte mit der Studie Al2 die Reaktion des Publikums für ein solches Modell. Mit einem vereinfachten Audi Space Frame, der den Namen „Ringo“ trug, konnte schon die erste Studie zum A2 mit einem Gewichtsvorteil gegenüber der Konkurrenz aufwarten. Auch die Entwicklung des Designs vom noch rudimentären CC1 über die noch unfertige Studie des W10, die öffentlich erst später gezeigt werden sollte, bis zum Al2 kann im man im Buch viel entdecken. So finden sich zahlreiche Skizzen wieder, die zu großen Teilen vom Designer Luc Donckerwolke angefertigt wurde. Auch die Aerodynamik mit dem Kammheck zur optimalen Verbesserung des Luftwiderstandes wird hier nochmals aufgegriffen. Die Premiere erfolgt schließlich auf der IAA im Jahr 1997 und zeigte, vor allem äußerlich schon viele Kennzeichen des späteren Serien-Modells.
Die Technik des Al2 war hingegen noch nicht in jeder Hinsicht verbrauchsideal, wie eine genauere Betrachtung offenlegt. Zumindest gegenüber den ursprünglichen Lastenheft gab es diverse Abweichungen wie zum Beispiel den Hubraum von knapp 1,2 Litern oder auch das verwendete Tiptronic-Getriebe. Zweiteres sollte sich aber in der Praxis als deutlich verbrauchseffektiver zeigen als das ursprünglich geplante CVT-Getriebe. Beim Motor hingegen fehlen bis heute die Argumente, warum man sich bei der Studie für einen Benziner entgegen einem Diesel entschied. Zwar handelt es sich nur um eine Studie und der Motor war hochmodern mit Direkteinspritzung ausgestattet, aber er benötigte im jedem Fall mehr Benzin als ein vergleichbarer Diesel, von den Kosten des Treibstoffes mal ganz abgesehen.
Eine zweite Fingerübung zeigte Audi dann wenig später auf der Tokyo Motor Show mit dem Al2 open end. Durch ein geschicktes Dach-Konzept ließ sich diese Studie in einen offenen Pickup verwandeln und sollte allen Anforderungen des jungen Lifestyle-Kunden Rechnung tragen.
Schließlich ist es soweit und der Audi W10 wird serienreif, denn schon kurz nach den Vorstellungen des beiden Studien entschied der Vorstand von Audi noch im November 1997 den Bau des Audi A2. Die Vorarbeiten waren schon weit fortgeschritten durch die Forschungen zum 3-Liter-Auto und auch zu den recht konkreten Design-Ansätzen durch die Studien. So dauerte es nur bis zur nächsten IAA im Jahr 1999, bis der Audi A2 seine offiziellen Weltpremiere feiern konnte. Der nun verwendete Audi Space Frame war eine nochmals deutlich weiterentwickelte Form der vorangegangenen Studien welche durch komplexere Gebilde des Aluminiums einen noch deutlicheren Gewichtsvorteil gegenüber der konventionelle Stahl-Konstruktion versprach. Audi setzte auch einen großen Wert auf einen hochwertige Anmutung, denn schließlich wollte man den A2 auch im Premium-Segment der Kleinwagen platzieren, so weit dies möglich erschien. Von diesem Qualitätsanspruch profitieren die Besitzer eines A2 im übrigen bis heute. Das Buch geht nun intensiv und über mehrere Kapitel hinweg auf jedes noch so trivial erscheinende Detail ein und zeigt auch die typischen Schwachstellen auf, Die Produktion in Neckarsulm wird dabei ebenso dargestellt wie die außergewöhnlichen Werbestrategien zur Markteinführung des Audi A2. Auch die Meinung der Presse und viele technische Feinheiten werden dem Leser hier kompetent und umfangreich angeboten. Dabei schafft es das Buch aber erstaunlicherweise keine Langeweile aufkommen zu lassen. Die Texte sind toll geschrieben und die Fotos und Illustrationen liefern einen wirklich tiefen Blick in die Technik des Audi A2.
Auch Wasserstoff als Treibstoff wurde mit dem A2H2 genannten Entwicklungsfahrzeug getestet und schließlich gelang Audi mit dem A2 TDI 3L auch noch die Realisierung eines 3-Liter-Autos. Dazu musste der A2 aber an unterschiedlichsten Stellen noch optimiert werden und war eine teuere Ausnahmeerscheinung auf den Straßen. Generell war der Erfolg des A2 auch nicht so groß wie man sich ihn bei Audi erhofft hatte und man versuchte mit diversen Austattungspaketen diesen voran zu treiben. Dies gelang leider nur bedingt, so dass man das Modell ohne echten Nachfolger einstellte.
Das Buch blickt noch eingehend auf die typischen Mängel des A2 als Gebrauchtwagen, zeigt viele Testberichte und zum Schluss auch alle Zahlen, Daten und Fakten des Audi A2 auf.
Fazit: Der Audi A2 ist ein Ausnahme-Kleinwagen, der heute scheinbar beliebter ist als zu „Lebzeiten“. Somit hat auch dieses Modell, als noch nicht mal offizieller Youngtimer, schon ein Buch verdient. Das was hier dem Leser geboten wird, kann an Detailreichtum und Tiefgang kaum übertreffen werden, denn kein Detail bleibt hier wirklich verborgen. Vom ersten Gedanken an ein innovativen Kleinwagen bis zur Einstellung der Produktion und dem Leben als Gebrauchtwagen wird einfach alles dargelegt was man sich vorstellen kann. Das findet dazu noch in sehr gut geschriebenen Texten statt, so dass ein toller Lesefluss entsteht und man sich wundert wie schnell ein solcher Titel doch gelesen werden kann. Dazu gibt es auch noch ein umfangreiche Bebilderung, welche alleine durch die Vielzahl der Abbildungen sicher jedem Leser noch Neuheiten liefern kann.
Somit steht absolut außer Frage, dass der zudem mit unter 40 Euro noch günstiger Titel ein festen Platz in eine gut sortierten Automobil-Bibliothek haben sollte. Schließlich war die Innovationskraft des Audi A2 besonders, auch wenn Sie zu Verkaufszeiten noch nicht verstanden werden konnte. Umso wertvoller erscheinen die Fahrzeuge heute noch …
Bibliografie:
Titel: Audi A2 – Meilenstein und Kultobjekt
Autor: Dirk-Michael Conradt
Umfang: 252 Seiten, 363 Fotos und Abbildungen
Format: 279 x 297 mm
Bindung: Gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 07/2018
Preis: 39,90€
ISBN: 978-3-667-11398-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.delius-klasing.de
Text: Marco Rassfeld
Fotos: Audi AG, Delius Klasing, Marco Rassfeld
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