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Buch – Mercedes-Benz SL – Die Baureihe 107

Trendsetter und Dauerbrenner, so lautet der Untertitel zu einem neuen Buch aus dem Heel Verlag über den Mercedes-Benz SL der Baureihe 107. Mit 18 Jahren Produktionszeit ist dieser SL bis heute die am längsten produzierte Baureihe von Mercedes-Benz und hielt sich in all den Jahren erstaunlich frisch. Ebenso einmalig bei dieser SL-Baureihe ist die Verfügbarkeit eines echten Coupés in Form des SLC. Viele Fahrzeuge sind auch heute noch anzutreffen, natürlich bevorzugt bei Veranstaltungen für klassische Fahrzeuge. Somit scheint sich ein Buch zu dem Thema immer zu lohnen.

Das Buch zeigt sich im klassischen Hochformat und kommt mit einem Schutzumschlag daher. Hier zeigt sich der SL vor dem Mercedes-Benz Museum in einer neuen Aufnahme und soll so das Interesse der potentiellen Käufer wecken. Da es zu dem Modell schon das ein oder andere Buch gibt scheint dieses, wirklich gelungene Bild auch eine gute Wahl für den Titel zu sein. Auch auf der Rückseite lassen sich weitere neue Bilder entdecken und so wird das Buch auch mit der Hoffnung auf neuen Inhalte in Verbindung gebracht. Gleich beim ersten Aufschlagen lassen sich dann technische Zeichnungen der beiden Modelle entdecken, die aus dem Archiv von Mercedes-Benz stammen und viele Ansichten der Fahrzeuge zeigen. Ein paar Textseiten weiter findet sich dann wieder ein neues Foto mit einem augenscheinlichen amerikanischen SL wieder, der im Ambiente einer baufälligen Halle steht. Dann zeigt das Inhaltsverzeichnis einen ersten Überblick über den Inhalt des Buches und verdeutlicht die vielschichtige Unterteilung in 19 Kapitel plus Anhang. Das Vorwort vom Autor blickt dann schließlich auf die Baureihe 107, die im Frühjahr 1971 als R 107 vorgestellt wurde. Dabei kommt es zum ersten Mal in der Geschichte von Mercedes-Benz dazu, dass kein W wie Wagen die Baureihe kennzeichnet, sondern das R, welches für Roadster steht. Ein kurzer Abriss der Historie des 107 findet sich hier wieder und dabei ist das Vorwort schon mit vielen Bilder geschmückt. Dabei finden sich neben bekannten, klassischen Werksaufnahmen auch wieder neue Aufnahmen wieder und auch der Einsatz im Motorsport wird schon erwähnt und abgebildet.
Kapitel 01 blickt dann auf den Nimbus SL und führt den Leser zur Einführung zunächst zurück bis zur ersten Generation des SL. Der Ursprung dieses Modells lag im Motorsport, denn der 1952 erstmals eingesetzte 300 SL war ursprünglich als reiner Rennwagen entwickelt worden und konnte auch zahlreiche Erfolge einfahren. Durch die Intention des US-Importeurs Max Hofmann wurde der 300 SL später auch für die Straße umgesetzt und wurde nicht nur durch seine Flügeltüren zur Ikone. Es folgte der passende Roadster und mit dem 190 SL auch ein kleineres Modell. Der Nachfolger wurde als Pagode bekannt und war der Vorläufer des 107. Alle bis heute erhältlichen Baureihen werden kurz erwähnt ehe das Buch auf den immer wichtigen US-Markt blickt und auch auf die Auftritte des SL in Film und Fernsehen eingeht.

Kapitel 2 blickt dann mit dem Aufbruch in die vierte SL-Generation konkret auf die Entwicklung des 107. Schon 1964 zeichnete Paul Barcq erste Entwürfe für den SL, der Designer hat bei der Markteinführung des 107 die Firma aber schon wieder verlassen. Doch es scheint durchaus erstaunlich wie nah diese Entwürfe schon dem 107 sind, man kann das Modell ohne große Schwierigkeiten erkennen. Die lange Entwicklung hatte aber auch technische Gründe, denn die immer strengeren Vorschriften in Bezug auf die Umweltbelastung machen einen weiteren Einsatz des bisher verwendeten Sechszylinder-Motor der Pagode unmöglich. So wird der Entschluss gefasst, ganz nach amerkanischem Geschmack, einen V8-Motor im SL einzusetzen. Der Platz unter der Motorhaube bei dem Pagode ist hierfür allerdings zu eng und so muss ein neues Modell her. Der verantwortliche Leiter der damaligen Stilistik-Abteilung Friedrich Geiger wird in einem kurzen Porträt gesondert vorgestellt und so seine Vita dem Leser nähergebracht. Erstaunlicherweise ist die Bekanntheit von Geiger heute kaum noch präsent, obwohl er viele bedeutende Fahrzeuge zu verantworten hatte. Des Weiteren finden sich auch erste Prototypen und Fahrversuche im Kapitel wieder und die ersten Eindrücke der Presse des neuen SL werden auch schon wiedergegeben.
Weitere Interessante Details zum Thema Styling finden sich dann in folgenden Kapitel wieder. So zeigt sich auch das lieferbare Hardtop, welches aus dem Roadster ein Ganzjahres-Fahrzeug macht und das Verdeck während der Wintermonate entscheidend schont. Aber auch weitere Details wie die Lampen mit den Lamellen, die vor Verschmutzung schützen sollen, die Sicken an den Flanken oder die erstmals von innen verstellbaren Außenspiegel werden vorgestellt. Auch der Blick in den Innenraum und die entscheidenden Entwicklungen während der langen Modelllaufzeit wird dem Leser nicht vorenthalten.
Das Fahrwerk und Fahrverhalten stehen dann im Mittelpunkt vom vierten Kapitel und das Buch stellt die moderne Schräglenkerachse im Detail vor. Dabei kann der SL auf die gemachten Erfahrungen aus dem Einsatz in der Mittelklasse von Mercedes in Form des W113/114 profitieren und stellt seinen Vorgänger in fahrdynamischer Hinsicht deutlich in den Schatten. Zudem lässt sich ein Blick auf die geläufigsten Felgen und Radkappen werfen und auch die Bremsen werden mit berücksichtigt.

Dann folgt mit dem fünften Kapitel die Vorstellung des ersten Modells in Form des 350 SL. Der Entwicklung des V8-Motors lässt sich bis in die 60er Jahre zurückverfolgen. Denn nachdem Mercedes-Benz den 6,3-Liter großen V8 für das Spitzenmodell 600 auf den Markt brachte, wird auch die Entwicklung eines kleineren V8-Motors beschossen. Im Juni 1966 erfolgt der offizielle Entwicklungsauftrag und im Herbst 1968 läuft der Motor mit dem Baumuster M116 auf den Prüfständen. Ehe der neue SL vorgestellt wird, setzt Mercedes-Benz den Motor schon im 300 SEL 3.5 sowie im 280 SE 3.5 ein. Bei der Vorstellung des R 107 sorgte der 200 PS starke Motor dann für den angemessenen Vortrieb. Mit einem Gewicht von 1.580 kg hatte der SL aber auch ein nicht zu verachtendes Gewicht vorzuweisen, auch wenn dies für die Ausführung inklusive Hardtop galt. So plante Mercedes-Benz ursprünglich eine Leistung von 220 PS für den SL, sah aber davon ab um die Zuverlässigkeit nicht zu gefährden. Um sportlich unterwegs zu sein verlangt der Motor so nach Drehzahlen, die er aber auch problemlos verträgt. Die angegebene Beschleunigungszeiten kann die Presse nicht immer erreichen aber dafür die Höchstgeschwindigkeit immer übertreffen. Weitere Entwicklungen und auch Presseberichte aus der ganzen Welt beschreiben den 350 SL noch weiter im Detail, wobei auch ein genauer Blick auf die verwendete D-Jetronic und spätere K-Jetronic geworfen wird.
Auf dem Genfer Salon im Jahr 1973 präsentiert Mercedes-Benz dann den 450 SL, der die Basis zum nächsten Kapitel darstellt. Bereits vorher wurde dieser 4,5-Liter große V8-Motor in den USA angeboten, allerdings unter dem Label 350 SL. Doch nun kamen auch die Kunden in Europa in den Genuss des vergrößerten Motors der über eine Leistung von 225 PS verfügte. Und um diese neue Kraft auch kontrolliert auf die Straße zu bekommen wurde die Hinterachse überarbeitet. Statt der Diagonal-Pendelachse kam nun eine neue Koppelachse zum Einsatz. Mit einem alternativen Antrieb setzte sich Mercedes-Benz auch schon mit dem 450 SL auseinander und verwirklichte ein Einzelstück mit Methanolantrieb und so erreicht der Motor sogar 240 PS.
Die dritte Variante des SL ist der 280 SL, mit dem erstmals auch ein Sechszylinder-Motor unter die Motorhaube der R 107 platziert wurde. Wie schon beim 450 SL lässt sich auch der kleine SL optisch nicht vom 350 SL unterscheiden und somit wird der günstigere SL zur echten Alternative. Mit einer Ersparnis von knapp 3.400 DM und gleichzeitig günstigeren Unterhaltskosten wird der 280 SL ein Erfolg. Dabei ist seine Leistung von zunächst 185 PS von dem 350 SL nicht wirklich weit entfernt, was auch dafür sorgt, das die Fahrleistungen durchaus vergleichbar sind. Da knapp 70 Prozent aller hergestellten 280 SL in Deutschland verbleiben ist er vor allem hierzulande ein Erfolg und wurde so in der langen Geschichte von R 107 zum viertmeistgebauten Model. Nur die starken Export-Typen konnte noch öfter gebaut werden.
Doch die Geschichte des SL ist hiermit noch lange nicht beendet. In jeweils einzelnen Kapitel bringt das Buch alles zu den weiteren Roadster-Modellen in Form von 380 SL, 500 SL, 420 SL, 560 SL und schließllich 300 SL. Allesamt erläutern die Geschichte und Entwicklung der Modelle und immer zeigen sich die Modelle auch in zahlreichen Aufnahmen, wobei auch viele neue zu entdecken sind.

Die Entstehung des SL Coupés ist dann die Überschrift zum mittlerweile schon 13. Kapitel im Buch. Dieses Modell stellt eine Besonderheit dar, denn in der langen Geschichte der großen Coupés von Mercedes-Benz wurden diese eigentlich immer auf Basis der großen Limousine entworfen. Der SLC bildete da eine Ausnahme, denn für die erste S-Klasse waren die Entwicklungen für ein Coupé aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich. So sollte der SL nun die Basis für ein großes Coupé darstellen, zumal der Druck der Konkurrenz, im Besonderen von BMW aus München, immer größer wurde. Schon zu Beginn der Entwicklung war aber geklärt, dass dieses Modell entstehen soll und so fand die offizielle Präsentationen des SLC auf dem Pariser Autosalon auch nur ein halbes Jahr nach der Premiere des SL statt. Neben dem R 107 war nun auch der C 107 erhältlich und ging schließlich im Februar 1972 in Produktion. Um bessere Platzverhältnisse auf der Rückbank zu schaffen wurde der Radstand gegenüber dem SL um 36 cm verlängert und die Gesamtlänge um 37 cm erhöht. Gegenüber seinem Vorgänger stellt der SLC aber immer noch ein kompaktes Coupé dar. Den Zugewinn an Länge musste natürlich optisch berücksichtigt werden und hier fallen vor allen die langen hinteren Seitenscheiben und auch die große Heckscheibe sofort auf. Um nicht zu gestreckt zu wirken wurden die Seitenscheiben mit einer Art Glasjalousie versehen, welche die große Scheiben optisch kleiner erscheinen ließ. Durch das feste Dach war der SLC natürlich deutlich verwindungssteifer aber auch 10 kg schwerer als der SL. Von der  Ausrichtung ist der SLC aber deutlich anderes positioniert als der SL und verfügt sogar mit seinem längerem Radstand über eine deutliche Besserung des Geradeauslaufs. Als 1981 mit dem C 126 das neue SEC-Coupé auf Basis der neuen S-Klasse auf den Markt kommt, läuft die Produktion des SLC gleichfalls aus.
Die verwendeten Treibwerksvarianten für den SLC entsprechen in großen Teilen denen des parallel produzierten SL aber es lassen sich auch hier Besonderheiten entdecken. Eine Übersicht erhält der Leser im folgenden Kapitel welches zunächst auf dem 350 SLC blickt, gefolgt vom 450 SLC und dem 280 SLC. Doch als Spitzenmodell bot Mercedes-Benz ab 1978 den 450 SL 5.0 an, der in Hinblick auf den Einsatz im Motorsport konzipiert werden sollte. Als Homologationsmodell für die Gruppe 2 sollte der 450 SLC 5.0 die Basis für einen Neueinstieg in den Motorsport liefern. So standen im Lasterhaft neben der Leistungssteigerung auch die Gewichtsersparnis. Immerhin 85 kg konnten durch diverse Maßnahme eingespart werden und die Leitung konnte auf 240 PS angehoben werden. Vor allem der Motor wurde durch den Einsatz von Aluminium ganze 40 kg leichter und zeigte den Weg für eine neue Motorengeneration auf. Optisch auffälligstes Merkmal des 450 SLC 5.0 war der auf dem Heck platzierte Gummispoiler, der den Anpressdruck erhöhen sollte. Eine aufwendige Entwicklung die im Buch im Detail wiedergegeben wird. Zum Schluss folgen mit dem 500 SLC und dem 380 SLC auch noch die letzten SLC-Varianten,  die hergestellt wurden.

Das Mercedes-Benz es ernst meinte mit dem Motorsport kann der Leser dann im 15. Kapitel erfahren. Mit dem SLC wurde hierbei der Fokus auf die Langstrecken-Rallyes gelegt und die erste Veranstaltung dieser Art war die Vuelta a la América del Sur im Jahr 1978 in Südamerika. Hier war der 450 SLC am Start da der 450 SLC 5.0 noch nicht homologiert war. Um nicht zu viel Aufsehen zu erregen war Mercedes-Benz nicht offiziell am Start und der 450 SLC landete immerhin am Schluss der langen Rallye auf dem vierten Platz. Der Leser kann sich an einem Bericht über die Abläufe der Veranstaltung erfreuen und findet auch einiges an passendem Bildmaterial im Buch wieder. Bis zum Ende des Jahres 1980 nimmt Mercedes-Benz mehr oder weniger offiziell an unterschiedlichen Veranstaltungen teil und kann auch den ein oder anderen Erfolg einfahren. Für die folgende Saison soll der 500 SL den 450 SLC 5.0 ablösen und mit Walter Röhrl und Christian Geistdörfer hat Mercedes-Benz auch schon die amtierenden Weltmeister unter Vertrag und die Vorbereitungen sind im vollem Gange ehe das Projekt abrupt gestoppt wird.
Weitere Nebenschauplätze in denen der SLC und der SL die Motorsportbühne betreten finden sich im Buch erfreulicherweise ebenso wieder wie die Möglichkeiten der Veredelung. Tuning war vor allem in den 80er Jahren extrem beliebt und so finden sich im Buch Modelle von AMG, Lorinser, Koenig Special oder Brabus wieder. Ein Blick auf den 107er in der heutigen Zeit schließt das Buch textlich ab und gibt wichtige Hinweise für alle Leser, die nun auf dem Geschmack gekommen sind sich einen 107 zu kaufen wollen oder gar schon einen besitzen.
Damit ist das Buch aber noch keinesfalls am Ende angelangt, denn nach den umfangreichen technischen Daten und Produktionszahlen folgt die Entschlüsselung der Codes zum 107. Hans-Peter Lange ist Leiter des Archivs der Mercedes-Benz Interessengemeinschaft e.V. (MBIG) und hat durch langes Studium vieler Literatur eine vermutlich einmalige Sammlung der verwendeten Codes vom Mercedes-Benz 107 zusammengetragen. Dieser werden im Buch präsentiert und liefern so alle Informationen die sich ein Besitzer zu seinem 107 nur wünschen kann. So werde aufgeführt: die Fahrzeug-Varianten, die Produktionsdaten, die Vertriebsliteratur, die Preislisten zur Zeit der Baureihe, die Preisentwicklung, die Polsterungen, die Lackierungen, die Sonderausstattungen und schließlich auch die Entschlüsselung der Datenkarte.

Fazit: Ein neues Buch zum am längsten produzierten SL von Mercedes-Benz scheint auf dem ersten Blick kaum noch etwas Besonderes zu sein. Aber was Autor Heribert Hofner und auch Hans-Peter Lange hierzu abliefern ist nun wirklich einen Blick wert. Das Buch ist mit vielen neuen Bildern geschmückt und zeigt sich in einem frischen und leichten, aktuellen Layout. Dazu wird der SL und auch der SLC mit vielen Details vorgestellt ohne aber dabei allzu technisch zu werden. Wichtige Bauteile oder auch Menschen werden in extra Beiträge gesondert vorgestellt und stören so in keinem Fall den Lesefluss. Gegenüber den bisherigen Titeln kommt der Motorsport hier keinesfalls zu kurz und auch die Tuning-Derivate werden zumindest kurz vorgestellt. Für Fans scheint aber gerade die Code-Aufschlüsselung sicher unverzichtbar zu sein und machen das Buch zu einem wahren Standardwerk.
Die technische Umsetzung kann gefallen und der scheinbar einfache Schutzumschlag gefällt sowohl durch das Layout als auch durch die Haptik.
39,95€ ist der vom Heel Verlag aufgerufenen Preis für das Buch und erscheint in allen Belangen an sehr fair. Die solide Umsetzung und der tolle Inhalt machen dieses Buch zu einem Kauftipp. Eine sichere Investition in eine umfangreiches Buch zum Mercedes-Benz R 107 / C 107.

Bibliografie:
Titel: Mercedes Benz SL – Die Baureihe 107 – Trendsetter und Dauerbrenner
Autor: Heribert Hofner
Umfang: 288 Seiten
Format: 245 x 290 mm
Bindung: gebunden mit Schutzumschlag
Auflage: 08/2017
Preis: 39,95 €
ISBN-Nr.: 978-3-95843-422-6
Bestellbar beim Verlag unter: www.heel-verlag.de

Text: Marco Rassfeld
Fotos: Mercedes, Marco Rassfeld